Faire Besteuerung: Neues EU-weites System zur Beilegung von Steuerstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten

Am 1. Juli 2019 sind neue EU-Vorschriften in Kraft getreten, die eine schnellere und wirksamere Beilegung von Steuerstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten ermöglichen und so doppelt besteuerten Unternehmen und Einzelpersonen das Leben vereinfachen und Steuersicherheit bieten sollen.

Das seit Langem erwartete neue System wird Mitgliedstaaten helfen, eine Lösung für Steuerstreitigkeiten zu finden, die sich aus der Auslegung und Anwendung internationaler Vereinbarungen und Übereinkommen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung ergeben können. Derzeit sind geschätzte 2000 solcher Streitigkeiten in der EU anhängig, von denen etwa 900 schon länger als zwei Jahre dauern.
Die neue Regelung sorgt dafür, dass Streitigkeiten von Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern im Zusammenhang mit Steuerübereinkommen und insbesondere Doppelbesteuerung rascher und wirksam gelöst werden. Diese Streitigkeiten sind problematisch für Unternehmen und Einzelpersonen, weil sie Unsicherheit, unnötige Kosten und Liquiditätsprobleme verursachen. Außerdem sorgt die neue Richtlinie für mehr Transparenz bei Steuerstreitigkeiten in der EU.
Der Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, Pierre Moscovici, erklärte: „Ein faires und effizientes Steuersystem in der EU sollte unter anderem sicherstellen, dass dieselben Einkünfte nicht zweimal von zwei verschiedenen Mitgliedstaaten besteuert werden. Geschieht dies, sollte das Problem rasch und effizient gelöst werden. Ab heute wird es viel einfacher, Steuerstreitigkeiten beizulegen. Die Rechte von Unternehmen – und insbesondere kleiner Unternehmen – und Einzelpersonen, die aufgrund von Doppelbesteuerung mit Liquiditätsproblemen konfrontiert sind, werden erheblich gestärkt. Die Betroffenen können künftig davon ausgehen, dass ihre Steuerangelegenheiten von den zuständigen Justizbehörden in einem akzeptablen und vorhersehbaren Zeitraum gelöst werden, statt sich jahrelang zu verzögern.“
Zu Doppelbesteuerung kommt es, wenn zwei oder mehr Länder das Recht auf Besteuerung derselben Einkünfte bzw. Gewinne eines Unternehmens oder einer Person beanspruchen. Ursache dafür können beispielsweise eine Inkongruenz zwischen den nationalen Vorschriften verschiedener Rechtsordnungen oder unterschiedliche Auslegungen derselben Bestimmung eines bilateralen Steuerabkommens sein. Bis gab es nur ein multilaterales Übereinkommen, das es Steuerbehörden ermöglichte, eine Steuerstreitigkeit in einem Schlichtungsverfahren regeln zu lassen, welches jedoch der Steuerpflichtige selbst nicht einleiten konnte. Außerdem waren die Steuerbehörden bisher nicht verpflichtet, eine abschließende Einigung zu erzielen.
Wie funktioniert das Verfahren zur Beilegung von Steuerstreitigkeiten?
Die neue Richtlinie über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten dürfte zu einer besseren Beilegung von Steuerstreitigkeiten beitragen, da die Mitgliedstaaten fortan rechtlich verpflichtet sind, zu einer abschließenden Lösung zu gelangen:
Steuerpflichtige, die mit Steuerstreitigkeiten aufgrund bilateraler Steuervereinbarungen oder -übereinkommen konfrontiert sind, welche die Abschaffung der Doppelbesteuerung vorsehen, können nun ein Verständigungsverfahren anstrengen, in dessen Rahmen die betreffenden Mitgliedstaaten versuchen müssen, den Streit binnen zwei Jahren gütlich beizulegen.
Ist nach Ablauf dieser zwei Jahre keine Lösung in Sicht, kann der Steuerpflichtige die Einsetzung eines Beratenden Ausschusses beantragen, der eine Stellungnahme abgibt. Tun die Mitgliedstaaten dies nicht, kann der Steuerpflichtige vor einem nationalen Gericht klagen und die Mitgliedstaaten zum Handeln zwingen.
Der Beratende Ausschuss setzt sich aus drei unabhängigen Mitgliedern bzw. Vertretern der zuständigen Behörden zusammen, die von den betreffenden Mitgliedstaaten benannt werden. Er muss binnen sechs Monaten eine Stellungnahme abgeben, die von den betroffenen Mitgliedstaaten durchgeführt werden muss, es sei denn, sie einigen sich binnen sechs Monaten nach der Stellungnahme auf eine andere Lösung.
Wird die Entscheidung nicht umgesetzt, so kann der Steuerpflichtige, wenn er die abschließende Entscheidung akzeptiert und innerhalb von 60 Tagen ab der Mitteilung dieser Entscheidung auf das Recht auf jegliche innerstaatliche Rechtsbehelfe verzichtet hat, vor den nationalen Gerichten die Durchsetzung der Entscheidung beantragen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, dem Steuerpflichtigen die abschließende Entscheidung mitzuteilen und den gesamten Wortlaut oder eine Zusammenfassung der Entscheidung zu veröffentlichen.
Die neue Richtlinie findet auf alle Beschwerden Anwendung, die ab dem 1. Juli 2019 zu Streitfragen im Zusammenhang mit Einkommen oder Vermögen eingereicht werden, welches in einem Steuerjahr, das am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnt, erwirtschaftet wird. Die zuständigen Behörden können vereinbaren, die Richtlinie auf Beschwerden anzuwenden, die vor diesem Datum oder in Bezug auf frühere Steuerjahre eingereicht werden.
(Europäische Kommission, Pressemitteilung IP/19/3377 vom 1. Juli 2019)

Ist die Bremer Wettbürosteuer verfassungswidrig?

Der 2. Senat des Finanzgerichts Bremen hat das Bundesverfassungsgericht angerufen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die im Juli 2017 eingeführte kommunale Vergnügungssteuer für das Vermitteln und Verfolgen von Wetten (Wettbürosteuer) verfassungswidrig ist. Es holt daher die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein, das allein die Kompetenz hat, im konkreten Normenkontrollverfahren über die Ungültigkeit eines Gesetzes zu entscheiden.

Mit der Wettbürosteuer wird in Bremen und Bremerhaven das Vermitteln von Wetten in Wettbüros, in denen das Verfolgen von Wetten an Bildschirmen möglich ist, besteuert. Steuerschuldner ist der Betreiber des Wettbüros. Bemessungsgrundlage ist die Anzahl der Bildschirme im Wettbüro. Der Steuersatz beträgt für jeden Kalendermonat 60 Euro je Bildschirm. Die Klägerin, die in Bremen Wettvermittlungsstellen betreibt, wendet sich gegen ihre Heranziehung zu der Steuer.
Das Finanzgericht Bremen ist davon überzeugt, dass die Heranziehung der Zahl der Bildschirme als Bemessungsgrundlage den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) verletzt. Ein solcher Stückzahlmaßstab ist nach Auffassung des Gerichts ungeeignet für die Bemessung der Wettbürosteuer, weil ihm der nach dem Gebot der steuerlichen Lastengleichheit erforderliche Bezug zu dem eigentlichen Steuergegenstand fehlt. Die Steuer ist auf Abwälzung auf den Wettkunden als eigentlichen Steuerträger angelegt. Sein über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehender Aufwand soll besteuert werden. Doch dieser Aufwand des Wettkunden ergibt sich nicht aus der Anzahl der Bildschirme in einem Wettbüro.
(FG Bremen, Pressemitteilung vom 27.06.2019 zum Vorlagebeschluss vom 19.06.2019 – 2 K 37/19)

Sonderausgabenabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen für Pflichtbeiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen

Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ist § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG bei der Besteuerung von Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger (§ 1 Abs. 4 EStG) nicht anwendbar. Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen können daher aufgrund der bisherigen Regelung nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat dagegen mit Urteil vom 6. Dezember 2018 in der Rechtssache C-480/17 „Montag“ entschieden, dass Artikel 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) – Niederlassungsfreiheit – dahingehend auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der eine in diesem Mitgliedstaat beschränkt steuerpflichtige Person, die dort zur Einkommensteuer veranlagt wird, Pflichtbeiträge an eine berufsständische Altersversorgungseinrichtung, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit aufweisen, aus der die in diesem Mitgliedstaat zu versteuernden Einkünfte erzielt wurden, nicht in einem Umfang, der dem Anteil an diesen Einkünften entspricht, von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer abziehen kann, während eine gebietsansässige, unbeschränkt steuerpflichtige Person solche Beiträge in den im nationalen Recht vorgesehenen Grenzen von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer abziehen kann.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher bis zu einer gesetzlichen Neuregelung des § 50 Abs. 1 EStG für den Sonderausgabenabzug von Beiträgen an berufsständische Versorgungseinrichtungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG bei der Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger das Folgende:

  • Der Sonderausgabenabzug für Pflichtbeiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i. V. m. Abs. 2 und 3 EStG ist im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung auch beschränkt Steuerpflichtigen zu gewähren, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft sind und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Für Staatsangehörige der Schweizerischen Eidgenossenschaft gilt dies nur, sofern sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt entweder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder in der Schweiz haben. – Voraussetzung für die Berücksichtigung der Pflichtbeiträge im Rahmen des Sonderausgabenabzugs ist, dass die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung auf einer für die inländische Berufsausübung erforderlichen Zulassung beruht.
  • Für die Ermittlung der insoweit abzugsfähigen Sonderausgaben sind die Pflichtbeiträge entsprechend dem Anteil der inländischen Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 EStG, die aus der – durch die Zulassung ermöglichten – Berufsausübung erzielt werden, an dem Gesamtbetrag der in- und ausländischen Einkünfte aus der durch die Zulassung ermöglichten Tätigkeit zu berücksichtigen. Der Sonderausgabenabzug ist zur Vermeidung einer doppelten Berücksichtigung ausgeschlossen, soweit die Pflichtbeiträge im Rahmen der Einkommensbesteuerung im Wohnsitzstaat tatsächlich abgezogen worden sind.
  • Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
    Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
    (BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2301 / 19 / 10004 :001 vom 26.06.2019)

    Vater muss an Mutter ausgezahltes Kindergeld an Familienkasse zurückerstatten

    Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass ein Vater zu Unrecht gezahltes Kindergeld auch dann an die Familienkasse zurückerstatten muss, wenn es nicht an ihn, sondern auf seine Anweisung auf ein Konto der Mutter ausgezahlt wurde, auf das er keinen Zugriff hat.

    Zugunsten des Klägers wurde für seinen Sohn Kindergeld festgesetzt und bis einschließlich Januar 2018 auf das vom Kläger im Kindergeldantrag angegebene Konto seiner Ehefrau ausgezahlt. Bereits im Juli 2017 war der Sohn verstorben, so dass die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2017 aufhob und den Kläger aufforderte, das für die Zeit von August 2017 bis Januar 2018 bereits gezahlte Kindergeld in Höhe von 1.154 Euro zu erstatten.
    Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, das Kindergeld sei auf das Konto der von ihm getrenntlebenden Ehefrau ausgezahlt worden, auf das er keinen Zugriff habe.
    Einspruch und Klage blieben hingegen erfolglos. Auch das Finanzgericht hielt den Einwand des Klägers für irrelevant. Die Familienkasse habe nur aufgrund der Zahlungsanweisung des Klägers an die Ehefrau gezahlt mit dem Ziel, die Kindergeldforderung des Klägers zu erfüllen. Daher sei nicht die Ehefrau, sondern der Kläger Empfänger der Leistung gewesen und müsse nun das zu Unrecht gezahlte Kindergeld zurückerstatten.
    (FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 26.06.2019 zu Urteil vom 13.06.2019 – 5 K 1182/19)

    Gattungsbezeichnung bei Textilien ist keine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung

    Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass auch bei Textilien im Niedrigpreissegment die bloße Gattungsbezeichnung (z.B. „T-Shirts“ oder „Jacken“) keine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung darstellt, so dass der Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

    Der Kläger betreibt einen Großhandel mit Textilien. Das Finanzamt kürzte im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung den vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerabzug aus diversen Rechnungen aufgrund mangelhafter Warenbezeichnungen. Hierbei handelt es sich um Rechnungen, bei denen die Waren lediglich mit Stichworten wie „Blusen“, „Jacken“, „Pullover“, „T-Shirts“, „Tops“ oder „Röcke“ bezeichnet werden. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass im Textilgroßhandel insbesondere im Niedrigpreissektor detailliertere Bezeichnungen nicht handelsüblich seien.
    Dem ist der 5. Senat des Finanzgerichts Münster nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Rechnungen enthielten keine hinreichenden Leistungsbeschreibungen und berechtigten daher nicht zum Vorsteuerabzug. Eine Rechnung müsse Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, um eine mehrfache Abrechnung der Leistung auszuschließen. Daher müsse der Leistungsgegenstand eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen.
    Dies erfordere insbesondere eine handelsübliche Bezeichnung der Leistung, was bei lediglich abstrakten Warenbezeichnungen wie in den streitbefangenen Rechnungen nicht der Fall sei. Eine eindeutige und leicht nachprüfbare Identifizierung der einzelnen Leistungen lasse sich anhand dieser Bezeichnungen nicht vornehmen. Die Waren hätten vielmehr weitergehend umschrieben werden müssen, etwa nach Hersteller, Modelltyp, Schnittform, Material, Muster, Farbe, Größe oder unter Bezugnahme auf eine Artikel- oder Chargennummer. Die Angabe zumindest gewisser solcher Merkmale sei auch im Niedrigpreissektor zumutbar, denn auch der Weiterverkauf an Endverbraucher in einem Ladenlokal erfordere eine Sortierung nach Modelltypen und Größen. Andere Unterlagen zur Identifizierung der Leistungen habe der Kläger nicht vorgelegt.
    Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
    (FG Münster, Mitteilung vom 17.06.2019 zu Urteil vom 14.03.2019 – 5 K 3770/17)

    Erzbistum Köln muss Steuermittelverwendung nicht offenlegen

    Das Erzbistum Köln muss der Presse keine Auskunft über die Verwendung von Kirchensteuermitteln erteilen. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden und damit die Klage einer Journalistin des Recherchenetzwerks „Correctiv“ abgewiesen.

    Die Klägerin begehrt vom Erzbistum Köln Auskunft darüber, ob, in welcher Form und in welcher Höhe es Kirchensteuermittel investiert hat. Sie ist der Auffassung, ihr stehe ein presserechtlicher Auskunftsanspruch nach § 4 Abs. 1 Landespressegesetz NRW zu. Diese Regelung sieht ein Informationsrecht der Presse gegenüber Behörden vor. Das Erzbistum sei Behörde im Sinne dieser Vorschrift, weil nicht nur die Erhebung, sondern auch die Verwendung der Kirchensteuermittel Ausdruck staatlich verliehener Hoheitsrechte sei.

    Das Gericht ist dem nicht gefolgt und hat im Wesentlichen ausgeführt: Das Erzbistum sei keine Behörde im Sinne des Presserechts. Maßgeblich hierfür sei, ob durch das Erzbistum hoheitliche Aufgaben wahrgenommen oder hoheitliche Befugnisse ausgeübt würden. Derartiges hoheitliches Handeln liege bspw. bei der Kirchensteuererhebung vor. Hiervon sei jedoch die Steuermittelverwendung, auf die sich die Klägerin bezieht, zu unterscheiden. Die Verwendung dieser Mittel unterfalle dem Grundrecht der Religionsfreiheit und dem verfassungsrechtlich gewährleisteten religiösen Selbstbestimmungsrecht der Kirche. Sie gehöre damit zum geschützten Bereich innerkirchlichen Handelns.

    Das Gericht hat gegen sein Urteil die Berufung zugelassen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheiden würde.

    (VG Köln, Pressemitteilung vom 13.06.2019 zu Urteil vom 13.06.2019 – 6 K 1988/17)

    Bund der Steuerzahler: Die Schuldenuhr läuft jetzt langsamer rückwärts

    Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat heute seine Schuldenuhr umgestellt, weil der Staat seine Schulden langsamer abbaut als zuvor. Jetzt beträgt der Schuldenabbau nur noch 66 Euro pro Sekunde. Zuvor zeigte die Schuldenuhr Deutschlands einen sekündlichen Schuldenabbau von 94 Euro an.

    Zusätzlich zur Änderung des Schuldenuhr-Tempos reagiert der Bund der Steuerzahler nach eigener Aussage auf neue Zahlen aus dem Statistischen Bundesamt zur gesamtstaatlichen Verschuldung – danach stehen Bund, Länder und Kommunen derzeit mit insgesamt mehr als 1.900 Milliarden Euro in der Kreide. „Erfreulich ist, dass die meisten Länder die Rekordsteuereinnahmen weiter dazu nutzen wollen, um ihre Schulden bis Jahresende schrittweise abzubauen. Daran sollte sich die Bundesregierung ein Beispiel nehmen und in einen aktiven Schuldenabbau einsteigen, der im Haushaltsplan manifestiert sein muss“, fordert BdSt-Präsident Reiner Holznagel. „Wenn die Politik ihre Altschulden in wirtschaftlich guten Zeiten tilgt, investiert sie in die Zukunft unseres Landes! Daraus resultierende Zinsersparnisse schaffen nämlich finanzielle Spielräume in den öffentlichen Haushalten.“

    Die 4 wichtigsten Fakten zum neuen Schuldenuhr-Tempo

    • Der kürzlich beschlossene Landeshaushalt Bayerns für das laufende Jahr sieht eine Netto-Tilgung von Kreditmarktschulden im Umfang von 250 Millionen Euro vor.

    • 10 der 16 Länderhaushalte sehen einen aktiven Schuldenabbau vor.

    • Weitere 4 Länder sowie auch der Bund planen dieses Jahr mit einer Schwarzen Null.

    • Das Schlusslicht bilden – im laufenden Jahr – zum einen Schleswig-Holstein, das aufgrund von Altlasten der HSH Nordbank mit einer Nettokreditaufnahme von rund 355 Millionen Euro plant, und zum anderen Nordrhein-Westfalen mit 120 Millionen Euro.

    Hintergrund: So funktioniert die Schuldenuhr Deutschlands

    Die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler veranschaulicht, ob die Politik am Schuldenmachen festhält oder den Schuldenberg abbaut. Bei der Veränderung pro Sekunde werden die geplanten Nettokreditaufnahmen bzw. -tilgungen der Kernhaushalte von Bund, Ländern und Kommunen erfasst – diese Haushalte werden direkt von der Politik gesteuert und damit verantwortet. Der ebenfalls auf der Schuldenuhr angezeigte Gesamtschuldenstand umfasst darüber hinaus auch die Schuldenentwicklung bei den so genannten Kassenverstärkungskrediten sowie die Schulden der öffentlichen Schattenhaushalte. Die Schuldenuhr wird regelmäßig aktualisiert, sobald sich Daten der Kernhaushalte ändern und das Statistische Bundesamt neue Zahlen zur Gesamtverschuldung vorlegt.

    (Bund der Steuerzahler Deutschland e.V., Presseinformation vom 27.6.2019)

    Mehr Befugnisse für Finanzkontrolle Schwarzarbeit

    Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit erhält weitere Befugnisse im Kampf gegen illegale Beschäftigung, Steuerhinterziehung und Sozialleistungsmissbrauch: der Bundesrat stimmte einem entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages am 28. Juni 2019 zu.

    Menschenhandel und Scheinarbeit bekämpfen
    Das Gesetz weitet die Befugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit aus, die beim Zoll angesiedelt ist. Sie soll Scheinarbeit oder vorgetäuschte Selbständigkeit, Menschenhandel und Arbeitsausbeutung aufdecken – zudem missbräuchliches Anbieten von Schrottimmobilien oder Kindergeldmissbrauch.
    Tagelöhnerbörsen im Fokus
    Ermittler prüfen künftig auch solche Fälle von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit, bei denen Dienst- oder Werkleistungen noch gar nicht erbracht wurden, sich aber bereits anbahnen – zum Beispiel auf sog. Tagelöhnerbörsen. Sie verfolgen zudem Fälle von vorgetäuschten Dienst- oder Werkleistungen, die nur dazu dienen, unberechtigt Sozialleistungen zu erhalten.
    Missbrauch beim Kindergeld unterbinden
    Um Missbrauch von Kindergeld zu verhindern, erhält die Familienkasse eigene Prüfungskompetenzen. Neu nach Deutschland zugezogene EU-Bürgerinnen und Bürger sind in den ersten drei Monaten vom Leistungsbezug ausgeschlossen, sofern sie keine inländischen Einkünfte erzielen. Auch laufende Kindergeldzahlungen kann die Familienkasse in begründeten Zweifelsfällen künftig vorläufig einstellen.
    Inkrafttreten und Verkündung
    Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es tritt einen Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
    (Bundesrat, Mitteilung vom 28.06.2019)

    Zustimmung zu Sonderabschreibungen beim Mietwohnungsneubau

    Private Investoren erhalten Klarheit: Der Bundesrat hat den Sonderabschreibungen beim Mietwohnungsneubau zugestimmt. Der Bundestag hatte die Neuregelungen bereits im Dezember 2018 verabschiedet. Der Bundesrat hatte den Gesetzesbeschluss damals von der Tagesordnung abgesetzt.

    Insgesamt 28 Prozent abzuschreiben
    Das Gesetz ermöglicht privaten Investoren, befristet für vier Jahre fünf Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten einer neuen Wohnung bei der Steuer geltend zu machen – zusätzlich zur bereits geltenden linearen Sonderabschreibung über zwei Prozent. Damit können in den ersten vier Jahren insgesamt 28 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten einer neuen Mietwohnung steuerlich abgeschrieben werden.
    Ziel: Bezahlbaren Wohnraum schaffen
    Voraussetzung für die Sonderabschreibung ist, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen. Hierdurch soll der Bau bezahlbarer Mietwohnungen angeregt werden.
    Voraussetzung: dauerhaft bewohnt
    Um sicherzustellen, dass die neuen Wohnungen nicht als Ferienwohnungen (unter-)vermietet werden, hat der Bundestag in seinem Gesetzesbeschluss klargestellt, dass die Wohnungen dauerhaft bewohnt sein müssen.
    Vorgesehen sind darüber hinaus auch Steuerbegünstigungen für Investitionen in bestehende Gebäude. Auch sie greifen nur, wenn sie zu neuem Wohnraum führen.
    Unterzeichnung und Inkrafttreten
    Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es tritt einen Tag nach der Verkündung in Kraft.
    (Bundesrat, Mitteilung vom 28.06.2019)

    Keine Steuersatzermäßigung für Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld

    Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld sind nicht als Entschädigung ermäßigt zu besteuern. Es handelt sich vielmehr um laufenden Arbeitslohn, wie der Bundesfinanzhof (BFH) zu Zahlungen einer Transfergesellschaft im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses entschieden hat.

    Im Streitfall wechselte der Kläger – nach mehr als 24 Jahren Beschäftigungszeit – wegen der Stilllegung eines Werkes des Arbeitgebers zu einer Transfergesellschaft. Für die einvernehmliche Aufhebung des langjährigen Beschäftigungsverhältnisses zahlte der bisherige Arbeitgeber dem Kläger eine Abfindung. Gleichzeitig schloss der Kläger mit der Transfergesellschaft ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Dauer von zwei Jahren mit dem Ziel ab, dem Kläger Qualifizierungsmöglichkeiten zu eröffnen und seine Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Den Kläger trafen arbeitsvertraglich geregelte Mitwirkungs- und Teilnahmepflichten. Er hatte den Weisungen der Transfergesellschaft zu folgen. Ein Beschäftigungsanspruch bestand nicht.

    Grundlage für das neue Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft war die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Transfergesellschaft verpflichtete sich zur Zahlung eines Zuschusses zum Transferkurzarbeitergeld. Das Finanzamt (FA) behandelte die Aufstockungsbeträge als laufenden, der normalen Tarifbelastung unterliegenden Arbeitslohn nach § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Kläger war demgegenüber der Auffassung, es handele sich um eine ermäßigt zu besteuernde Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG für den Verlust seines früheren Arbeitsplatzes.

    Der BFH bestätigte die Auffassung des FA. Die Aufstockungsbeträge seien dem Kläger aus dem mit der Transfergesellschaft geschlossenen Arbeitsverhältnis zugeflossen und durch dieses unmittelbar veranlasst. Daher stellten sie eine Gegenleistung für die vom Kläger aus dem Arbeitsverhältnis geschuldeten Arbeitnehmerpflichten dar. Der Annahme von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit stehe nicht entgegen, dass der Kläger weder einen Anspruch auf Beschäftigung gegenüber der Transfergesellschaft hatte noch diese zur tatsächlichen Beschäftigung des Klägers verpflichtet war. Der BFH begründete dies damit, dass ein Arbeitgeber auf die Arbeitsleistung eines Mitarbeiters auch ganz verzichten könne, ohne dass dies Einfluss auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses habe.

    (BFH, Pressemitteilung Nr. 36 vom 13.6.2019 zu Urteil vom 12.3.2019 – IX R 44/17)