EU-rechtswidrige Pauschalbesteuerung: BMF legt Verfahren bis zu gesetzlicher Neuregelung fest

Die Pauschalbesteuerung nach § 6 Investmentsteuergesetz (InvStG) verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und ist damit EU-rechtswidrig. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 09.10.2014 in der Rechtssache C-326/12 entschieden.

In einem aktuellen Schreiben regelt das Bundesfinanzministerium (BMF) jetzt, wie bis zu einer gesetzlichen Umsetzung des Urteils bei Erträgen aus EU-/EWR-Investmentfonds zu verfahren ist.

Nach dem EuGH-Urteil muss ein Steuerpflichtiger, der Anteile an einem ausländischen Investmentfonds gezeichnet hat, die Möglichkeit haben, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachweisen lässt. Der Inhalt, die Form und das Maß an Präzision, denen die Angaben genügen müssen, um in den Genuss der transparenten Besteuerung zu kommen, müssten von der Finanzverwaltung bestimmt werden, um dieser die ordnungsgemäße Besteuerung zu ermöglichen. Daher scheide die Möglichkeit einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen aus.

Das ausführliche Schreiben mit den Anweisungen des BMF steht auf den Seiten des Ministeriums (www.bundesfinanzministerium.de) als pdf-Datei zum Download unter der Rubrik „Service/BMF-Schreiben“ bereit.

(Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 28.07.2015, IV C 1 – S 1980-1/11/10014 :005)

Wann ist ermäßigt besteuerter Arbeitslohn möglich?

Eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit kann gemäß § 34 Absatz 2 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes ermäßigt zu besteuernd sein. Der BFH hat sich jetzt mit Urteil vom 7.6.2015 – Aktenzeichen VI R 44/13 – dazu geäußert, in welchen Fällen die Tarifermäßigung greifen kann.

Arbeitslohn, der für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet wird, kann als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nach der sogenannten Fünftelregelung zu besteuern sein, wenn wirtschaftlich vernünftige Gründe für die zusammengeballte Entlohnung vorliegen. Nach § 34 Absatz 2 Nummer 4 2. Halbsatz EStG ist eine Tätigkeit mehrjährig, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

Um einmalige (Sonder-)Einkünfte, die für die konkrete Berufstätigkeit unüblich sind und nicht regelmäßig anfallen, muss es sich nicht handeln. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass die Tätigkeit selbst von der regelmäßigen Erwerbstätigkeit abgrenzbar ist oder die in mehreren Veranlagungszeiträumen erdiente Vergütung auf einem besonderen Rechtsgrund beruht, der diese von den laufenden Einkünften unterscheidbar macht.

Elektronische Lohnsteuerbescheinigung 2016

Das Bundesfinanzministerium hat bereits die von den Arbeitgebern für 2016 zu beachtenden Grundsätze bei der Ausstellung von elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen veröffentlicht. Entsprechend frühzeitig können sich die Unternehmen darauf einstellen.

Gemäß § 51 Absatz 4 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes ist das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung zu bestimmen. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wurde das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2016 auf den Internetseiten des BMF bekannt gemacht.

Der Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung kann vom amtlichen Muster abweichen, wenn er sämtliche Angaben in gleicher Reihenfolge enthält und in Format und Aufbau dem bekannt gemachten Muster entspricht.

Bei der Ausstellung des Ausdrucks der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung sind die Vorgaben im BMF-Schreiben vom 30.7.2015 zu beachten. Dieses ist ebenfalls auf den Internetseiten des Bundesfinanzministeriums abrufbar.

Seeschifffahrt: Gesetzentwurf sieht Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts vor

Der Hamburger Senat setzt sich für eine Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts in der Seeschifffahrt ein.

Er hat am 04.08.2015 beschlossen, einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einzubringen, der bis Ende 2020 eine Erhöhung auf 100 Prozent vorsieht. Der Senat argumentiert mit dem anhaltenden Kostendruck in der Seeschifffahrt.

Der 40-prozentige Lohnsteuereinbehalt und die damit verbundene teilweise Reduktion der Mehrkosten der deutschen Flagge seien nicht mehr ausreichend. Folge sei, dass Schiffe unter deutscher Flagge zunehmend ausgeflaggt würden. Dies habe negative Auswirkungen auf die Ausbildung und Beschäftigung. Deswegen drohe der Verlust des seemännischen Know-hows.

Bisher sei es so, dass Arbeitgeber von Seeleuten 60 Prozent der entstandenen Lohnsteuer an das Finanzamt abführen und 40 Prozent einbehalten dürfen. Die Besatzungsmitglieder müssten dafür in einem mehr als 183 Tage dauernden zusammenhängenden Heuerverhältnis stehen. Das reiche jedoch nicht, den Wettbewerbsnachteil der deutschen Flagge im Vergleich zu anderen europäischen Flaggen zu reduzieren und die Beschäftigung unter deutscher Flagge zu fördern. Die Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts von 40 auf 100 Prozent sei aus Hamburger Sicht ein geeignetes Instrument, da vergleichsweise kurzfristig Kostenentlastungen für Schiffe unter deutscher Flagge geschaffen würden.

Mit der Befristung des Lohnsteuereinbehalts bis Ende 2020 werde die Möglichkeit zur Evaluierung der Maßnahme geschaffen. Gleichzeitig werde dem Maritimen Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung in der Seeschifffahrt zwischen Bund, norddeutschen Küstenländern, Verband Deutscher Reeder und der Gewerkschaft ver.di die Möglichkeit gegeben, gegebenenfalls Alternativen der Sicherung des seemännischen Know-hows zu eruieren, so der Hamburger Senat.

Senat Hamburg, PM vom 04.08.2015

Metallbildhauer: Lieferung von „Feuerschalen“ unterliegt dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz

Der 14. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg entschied zugunsten des Klägers, dass der Mehrwertsteuersatz für „Feuerschalen“ als Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst 7 v. H. beträgt.

Der Kläger, ein freischaffender Metallbildhauer, stellt u. a. aus Stahl pro Woche mehrere individuell gefertigte „Feuerschalen“ her. Diese können mit Festbrennstoffen oder mit einem mit flüssigen Brennstoffen befüllten Fackeleinsatz im Innen- und Außenbereich verwendet werden.

Nach Auffassung des 14. Senats sind die „Feuerschalen“ Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst und keine Handelswaren. Handelswaren unterliegen im Gegensatz zu Originalerzeugnissen der Bildhauerkunst dem Regelsteuersatz von 19 v. H. Die „Feuerschalen“ seien als Gebrauchsgegenstände nicht schon infolge ihres schlichten äußeren Erscheinungsbilds und ihrer Nutzungsmöglichkeiten eine Handelsware. Auf deren Wert oder die Qualität der Kunst komme es nicht an. Erforderlich sei eine Gegenüberstellung der „Feuerschalen“ mit vergleichbaren industriellen oder handwerklichen Produkten anhand objektiv erkennbarer Kriterien. Maßgebend sei nach der Rechtsprechung, dass es sich bei dem Werk, der „Feuerschale“, um eine höchst persönliche Schöpfung handelt, mit der der Künstler einem ästhetischen Ideal Ausdruck verleiht. Der künstlerische Eindruck müsse prägend sein. Die Steuerermäßigung diene der Förderung der Kunst, indem sie einen steuerlichen Anreiz für den Erwerb von Kunst schaffe. Bei den „Feuerschalen“ des Klägers dominiere infolge des Herstellungsprozesses, der gewählten Form und Farbe die Gestaltung der Flammen. Jede „Feuerschale“ sei aufgrund der Vorgehensweise des Klägers ein Unikat. Jede „Feuerschale“ habe einen über die schlichte Reproduktion hinausreichenden individuellen, schöpferischen Charakter. Dem stehe nicht die vom Finanzamt vorgelegte unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke des Bundes- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung entgegen, nach der die „Feuerschalen“ als „den Kohlebecken ähnliche, nicht elektrische Haushaltsgeräte, für Feuerung mit Festbrennstoffen“ eingeordnet wurden. Denn diese sei für Umsatzsteuerzwecke nicht verbindlich.

FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 06.08.2015 zum Urteil 14 K 3317/13 vom 22.06.2015

Strafe bei nicht fristgerechter Vorlage von Unterlagen

Bei Frage der Festsetzung von Verzögerungsgeld alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, entschied das FG des Saarlandes.

Die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes gegen einen Steuerpflichtigen gemäß § 146 Absatz 2b der Abgabenordnung wegen nicht fristgerechter Vorlage von Unterlagen erweist sich dann als ermessensfehlerhaft, wenn bei der Ermessensabwägung nicht berücksichtigt wird, dass der Steuerpflichtige auf die Anforderungen des Außenprüfers einen Teil der angeforderten Unterlagen eingereicht hat und dadurch die Fortsetzung der Prüfung ermöglicht wurde. Dies stellt das Finanzgericht des Saarlandes klar.

Es hebt hervor, dass die gesetzlich vorgegebene Sanktionsuntergrenze von 2.500 Euro keinen Bagatellbetrag darstellt. Deswegen sei die Ermessensausübung vordergründig hinsichtlich des Entschließungsermessens («Ob») sorgfältig unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Dauer der Fristüberschreitung, den Gründen und dem Ausmaß der Pflichtverletzungen sowie der Beeinträchtigung der Außenprüfung, vorzunehmen.

(Finanzgericht des Saarlandes, Gerichtsbescheid vom 28.01.2015 – 1 K 1102/13)

Vermarktungskostenzuschuss eines Filmfonds kann als partiarisches Darlehen zu beurteilen sein

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Zahlung eines Einmalbetrags für Medien-, Marketing- und Kinostartkosten (sog. Vermarktungskostenzuschuss) durch einen Filmproduktionsfonds an den zum Alleinvertrieb des Films berechtigten Lizenznehmer ungeachtet der Bezeichnung als „verlorener Zuschuss“ als Gewährung eines gewinnabhängigen (partiarischen) Darlehens gesehen werden kann. Voraussetzung ist, dass mit der Zahlung eine Erhöhung der Lizenzgebühren verbunden und die Rückzahlung des Betrags abgesichert ist.

In dem Urteilsfall hatte ein Filmproduktionsfonds in den USA Kinospielfilme produzieren lassen und mit deren Vertrieb durch Lizenzvertrag eine niederländische Firma betraut. Der Fonds verpflichtete sich gegen erhöhte Lizenzgebühren zur Leistung eines erheblichen Vermarktungskostenzuschusses, wobei der Rückfluss des hingegebenen Betrages durch Bankgarantien abgesichert war. Das Finanzamt versagte dem Fonds den sofortigen Abzug des Vermarktungskostenzuschusses als Betriebsausgaben und vertrat die Auffassung, der hingegebene Betrag sei in einem über die Laufzeit des Lizenzvertrages linear aufzulösenden aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu erfassen. Es berücksichtigte dementsprechend im Streitjahr nur einen anteiligen Abzug der Kosten. Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieb erfolglos.

In seinem Revisionsurteil bestätigte der BFH das angefochtene FG-Urteil zwar im Ergebnis, gelangte aber zu der Auffassung, in der Sache liege ein partiarisches Darlehen vor, weil sich der Fonds die Gewährung des Zuschusses durch erhöhte Lizenzzahlungen habe entgelten lassen und angesichts der gewählten Vertragskonstruktion kein Ausfallrisiko zu tragen gehabt habe. Damit schied ein sofortiger voller Abzug des hingegebenen Zuschusses als Betriebsausgabe ebenso aus wie die vom FG angenommene anteilige Berücksichtigung als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten. Aufgrund des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbotes blieb es im Ergebnis jedoch beim anteiligen Abzug der Kosten für das Streitjahr.

(BFH, Pressemitteilung Nr. 55 vom 05.08.2015 zu Urteil vom 21.05.2015 – IV R 25/12)

Veränderungen bei der Gültigkeit von Freistellungsaufträgen nach dem 1. Januar 2016

Durch Änderung des § 45 d EStG verlieren Freistellungsaufträge ohne gültige steuerliche Identifikationsnummer (IdNr.) ab 1. Januar 2016 ihre Gültigkeit. Darauf weist das Bundeszentralamt für Steuern hin.

Es sei darauf zu achten, dass Freistellungsaufträge, die für einen unbefristeten Zeitraum erteilt wurden, zum 1. Januar 2016 ungültig werden, wenn diesen keine IdNr. zugeordnet werde.

Es genüge, wenn dem Institut, bei dem der Freistellungsauftrage beauftragt wurde, die IdNr. mitgeteilt werde. Ein neuer Freistellungsauftrage müsse nicht erteilt werden.

(Bundeszentralamt für Steuern, Mitteilung vom 27.07.2015)

2016: Künstlersozialversicherung stabil bei 5,2 Prozent

Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung bleibt im Jahr 2016 stabil bei 5,2 Prozent. Der Entwurf der Künstlersozialabgabe-Verordnung 2016 wurde am 29.07.2015 an die Verbände und Länder zur Stellungnahme versandt.

Das im vergangenen Jahr verabschiedete Gesetz zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes wirkt und verhindert einen weiteren Anstieg des Abgabesatzes. Intensivere Prüfungen der Deutschen Rentenversicherung und der Künstlersozialkasse bei den Arbeitgebern sorgen für eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Unternehmen und so für eine solide Finanzbasis der Künstlersozialkasse.

Über die Künstlersozialversicherung werden derzeit rund 180.000 selbständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die selbständigen Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 Prozent) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 Prozent), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, finanziert. Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage erhoben. Der Abgabesatz wird jährlich für das jeweils folgende Kalenderjahr festgelegt. Bemessungsgrundlage sind alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte.

(Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Mitteilung vom 29.07.2015)

Mandantenbrief August 2015