Steuerliche Wirkung einer Gewinnverteilungsabrede für den Fall der Nichtinvestition nach § 7g EStG

Ist ein Investitionsabzug einer Personengesellschaft rückgängig zu machen, ist die daraus resultierende Gewinnerhöhung entsprechend der Gewinnverteilungsabrede auf die Gesellschafter zu verteilen. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden.

Die Klägerin und die zum Klageverfahren Beigeladene waren Gesellschafterinnen einer GbR. Die GbR bildete im Streitjahr 2010 im Gesamthandsvermögen einen Investitionsabzugsbetrag. Die sich daraus ergebende Gewinnminderung wurde auf die beiden Gesellschafterinnen entsprechend ihrer Gewinnanteile aufgeteilt.

Im September 2011 erklärte die Beigeladene schriftlich, dass sie alle Steuern, die im Fall einer Nichtinvestition entstehen, persönlich tragen werde. Zum 31.12.2012 wurde die GbR wegen interner Differenzen aufgelöst. Die Beigeladene führte den Betrieb der GbR als Einzelunternehmen fort. Die ursprünglich geplanten Investitionen nahm sie nur teilweise vor.

Das beklagte Finanzamt löste den Investitionsabzug für das Streitjahr 2010 teilweise auf. Die darauf beruhende Gewinnerhöhung verteilte es entsprechend der ursprünglichen Gewinnverteilung auf die Klägerin und die Beigeladene.

Dagegen wehrte sich die Klägerin. Sie machte geltend, dass sie die Nichtinvestition nicht zu vertreten habe. Durch die von der Beigeladenen im Jahr 2011 abgegebene schriftliche Erklärung sei die Gewinnverteilungsabrede wirksam geändert worden. Die Beigeladene habe die korrekturbedingten Steuern daher alleine zu zahlen.

Dem ist das Finanzgericht nicht gefolgt. Der Senat führte aus, dass der aus der Auflösung des Investitionsabzugsbetrags resultierende Gewinn zu Recht anhand der ursprünglichen Gewinnverteilungsabrede aufgeteilt worden sei. Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugs sei rückgängig zu machen. Auch wenn der Betrieb unentgeltlich auf die Beigeladene übergegangen sei, sei die Korrektur bei der GbR als Rechtsvorgängerin vorzunehmen.

Das Gericht lehnte eine Berücksichtigung der im Jahr 2011 geänderten Gewinnverteilungsabrede ab. Die Erklärung der Beigeladenen sei für das Streitjahr 2010 ohne Bedeutung, weil eine Gewinnverteilungsabrede nicht rückwirkend geändert werden könne. Das Gericht wies indes darauf hin, dass der Klägerin zivilrechtliche Ansprüche gegen die Beigeladene zustehen könnten.

Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

(FG Düsseldorf, Mitteilung vom 13.06.2019 zu Urteil vom 08.05.2019 – 15 K 1457/18)

Ausbildungswilligkeit des Kindes kann durch eine nachträgliche Erklärung des Kindes nachgewiesen werden

Das Finanzgericht Düsseldorf hat entschieden, dass eine schriftliche Erklärung eines Kindes über seine Ausbildungswilligkeit auch für zurückliegende Zeiträume Bedeutung haben kann.

Die Klägerin bezog für ihr volljähriges Kind fortlaufend Kindergeld. Nachdem das Kind arbeitsunfähig erkrankt war, wurde sein Ausbildungsverhältnis vom Arbeitgeber vorzeitig beendet. Auf eine Nachfrage der beklagten Familienkasse teilte das Kind schriftlich mit, dass es nach Beendigung seiner Erkrankung schnellstmöglich eine Ausbildung aufnehmen wolle.

Die Familienkasse vertrat die Ansicht, dass die Klägerin für den Zeitraum zwischen der Beendigung der Ausbildung und dem Eingang des Schreibens des Kindes zu Unrecht Kindergeld erhalten habe. Für diesen Zeitraum bestehe kein Kindergeldanspruch, weil die Erklärung des Kindes nur für die Zukunft wirke. Die Klägerin müsse das ausgezahlte Kindergeld zurückzahlen.

Dagegen wehrte sich die Klägerin mit Erfolg. Das Finanzgericht Düsseldorf entschied, dass das Kindergeld zu Recht gezahlt worden sei. Das Kind sei in dem betreffenden Zeitraum ausbildungswillig gewesen. Dies sei durch die Erklärung des Kindes hinreichend nachgewiesen worden. Diese Erklärung habe keine rechtsgestaltende Wirkung, sondern sei eine Tatsachenbekundung zum Nachweis der Ausbildungsbereitschaft. Diese Erklärung habe auch für den Zeitraum vor Eingang bei der Familienkasse Bedeutung.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die vom Finanzgericht zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. III R 35/19 anhängig.

(FG Düsseldorf, Mitteilung vom 11.06.2019 zu Urteil vom 26.04.2019 – 7 K 1093/18; BFH-Az.: III R 35/19)

Doppelte Haushaltsführung: Kosten für Einrichtungsgegenstände voll abziehbar

Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat für eine im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzten Wohnung fallen nicht unter die Höchstbetragsbegrenzung von 1.000 Euro und sind daher grundsätzlich in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden.

Im Streitfall hatte der Kläger eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung begründet. Aufwendungen für die Miete nebst Nebenkosten sowie Anschaffungskosten für die Einrichtung machte er als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nur in Höhe von 1.000 Euro je Monat an, da die Abzugsfähigkeit der Kosten für die Unterkunft nach der Neufas-sung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2004 auf diesen Höchstbetrag begrenzt sei. Dem widersprach das Finanzgericht (FG). Die Kosten der Einrichtung (Absetzung für Abnutzung auf angeschaffte Einrichtungsgegenstände und Aufwendungen für geringwertige Wirtschaftsgüter) seien keine Kosten der Unterkunft und seien daher nicht mit dem Höchstbetrag abgegolten. Da die übrigen Kosten den Höchstbetrag nicht überschritten hätten, seien die Aufwendungen in voller Höhe abzugsfähig.
Der BFH bestätigte die FG-Entscheidung. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind nur die Kosten der Unterkunft auf den Höchstabzugsbetrag von 1.000 Euro gedeckelt. Davon sind aber Aufwendun-gen für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände nicht umfasst, da diese nur für deren Nut-zung und nicht für die Nutzung der Unterkunft getätigt werden. Die Nutzung der Einrichtungsgegenstände ist nicht mit der Nutzung der Unterkunft als solcher gleichzusetzen. Derartige Aufwendungen sind daher – soweit sie notwendig sind – ohne Begrenzung der Höhe nach abzugsfähig.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 35 vom 06.06.2019 zu Urteil vom 04.04.2019 – VI R 18/17)

Grunderwerbsteuerpflicht für ein Kaufrechtsvermächtnis

Erwirbt der Bedachte durch Vermächtnis das Recht, von dem Beschwerten den Abschluss eines Kaufvertrags über ein zum Nachlass gehörendes Grundstück zu fordern, unterliegt der Kaufvertrag der Grunderwerbsteuer. Das hat der BFH entschieden.

Die Richter erklärten, eine Steuerbefreiung nach den Bestimmungen für Erwerbe von Todes wegen scheide aus, da Rechtsgrund des Übereignungsanspruchs der Kaufvertrag sei und nicht das Vermächtnis. Ob ein Vermächtnis einen Anspruch auf Übereignung oder ein Recht auf Abschluss eines Kaufvertrags gewähre, sei durch Auslegung des Vermächtnisses zu ermitteln.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Schwester des Klägers erwarb als Alleinerbin nach dem Tod des Vaters u.a. eine Eigentumswohnung und wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Zugunsten des Klägers hatte der Vater u.a. folgendes Vermächtnis angeordnet: „Ich vermache meinem Sohn ein Ankaufsrecht an meiner Eigentumswohnung im Haus M. Der Ankaufspreis entspricht dem Verkehrswert der Eigentumswohnung zum Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts.“ Mit notariell beurkundetem Vertrag erwarb der Kläger die Eigentumswohnung zu dem seinerzeit aktuellen Verkehrswert in Höhe von 45.000 Euro. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.250 Euro fest.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Zur Begründung führte das erstentscheidende Finanzgericht Köln (Urteil vom 28.10.2015, Az. 5 K 585/14) aus, der Grundstückserwerb sei nicht von der Grunderwerbsteuer befreit. Zwar sei der Erwerb durch Kaufrechtsvermächtnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.V.m. § 3 Nr. 2 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) grundsätzlich grunderwerbsteuerbefreit. Anders verhalte es sich allerdings, wenn dem Bedachten nur das Recht eingeräumt sei, das Grundstück zum Verkehrswert zu kaufen. Dann habe das Vermächtnis keinen Zuwendungscharakter, sondern nur instrumentale Bedeutung. Erbschaftsteuerrechtlich sei ein solcher Fall mangels Bereicherung des Bedachten nicht relevant. Eine Befreiung des Erwerbsvorgangs von der Grunderwerbsteuer nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG scheide aus. Denn Ziel der Vorschrift sei die Vermeidung der Doppelbesteuerung desselben Lebenssachverhalts mit Erbschaftsteuer und mit Grunderwerbsteuer.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG. Ob der Erwerb von Todes wegen Erbschaftsteuer auslöse, sei für die grunderwerbsteuerrechtliche Betrachtung ohne Belang. Das Finanzamt beantragte, die Revision als unbegründet zurückzuweisen – was der BFH mit dem vorliegenden Urteil getan hat.
Der Erwerb des Grundstücks durch den Kläger von seiner Schwester aufgrund des ihm vom Vater vermachten Ankaufsrechts ist nicht nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Eine Steuerbefreiung ist ebenso wenig nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG oder § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG gegeben.
(BFH, Urteil vom 16.1.2019 – II R 7/16)

Steuerermäßigung wegen Unterbringung in einem Pflegeheim

Die Steuermäßigung für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, kann der Steuerpflichtige nur für seine eigene Unterbringung in einem Heim oder für seine eigene Pflege in Anspruch nehmen. Dies hat der Bundesfinanzhof zu § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.

Im Streitfall hatte der Kläger die Aufwendungen seiner Mutter für deren Aufenthalt in einem Seniorenheim übernommen. Er machte diese Kosten, soweit sie auf Pflege und Verpflegung seiner Mutter entfielen, gemäß § 35a EStG steuermindernd geltend. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Dies gilt auch für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind (§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG). Finanzamt und Finanzgericht (FG) gewährten die beantragte Steuerermäßigung jedoch nicht.
Der BFH bestätigte die FG-Entscheidung. Ein Abzug der geltend gemachten Aufwendungen gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG kam nicht in Betracht, weil es sich nicht um Kosten handelte, die dem Kläger wegen seiner eigenen Unterbringung in einem Heim oder zu seiner eigenen Pflege erwachsen sind. Für Aufwendungen, die die Unterbringung oder Pflege einer anderer Personen betreffen, scheidet die Steuerermäßigung dagegen aus.
Über den Abzug der Aufwendungen bei der Mutter des Klägers musste der BFH im Streitfall nicht entscheiden.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 33 vom 29.5.2019 zu Urteil vom 3.4.2019 – VI R 19/17)

Solidaritätszuschlag vollständig und zügig abschaffen

Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung (BWV) bewertet in einem Gutachten die rechtlichen und finanzwirtschaftlichen Aspekte des von der Regierungskoalition geplanten Abbaus des Solidaritätszuschlags.

„Die Bundesregierung sollte den Solidaritätszuschlag vollständig und zügig abschaffen“, empfiehlt der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, in seiner Funktion als BWV. „Hierfür sollte sie im neuen Finanzplan 2019 bis 2023 die erforderlichen Planungsreserven vorsehen.“
Nach den Plänen der Regierungskoalition sollen mittlere und untere Einkommen ab dem Jahr 2021 beim Solidaritätszuschlag entlastet werden. Im Übrigen soll der Solidaritätszuschlag über das Ende des Finanzplanungszeitraums hinaus unverändert fortgeführt werden.
„Diese Vorgehensweise birgt erhebliche Risiken – verfassungsrechtliche und finanzwirtschaftliche“, sagte Scheller. „Die Grundlage für den Solidaritätszuschlag fällt Ende 2019 weg. Wie im Fall der Kernbrennstoffsteuer ist die Gefahr real, dass der Bund zu milliardenschweren Steuerrückzahlungen verurteilt wird.“ Dies würde ein erhebliches Loch in die Finanzplanung des Bundes reißen, so Scheller.
Nach Einschätzung des BWV wäre es möglich, zumindest bis zum Ende des neuen Finanzplanungszeitraums im Jahr 2023 einen vollständigen Abbau umzusetzen – auch mit Blick auf die Vorgaben der Schuldenregel. „So sähe eine realistische Haushalts- und Finanzplanung aus, die ausreichend Vorsorge trifft“, erläuterte Scheller.
Der BWV macht in seinem Gutachten Vorschläge, wie die Mindereinnahmen gegenüber der aktuellen Finanzplanung kompensiert werden könnten. Darunter fällt eine kritische Überprüfung der Leistungen des Bundes für Aufgaben von Länder und Kommunen sowie der vielfältigen Steuervergünstigungen. Zur Vermeidung von Einnahmeverlusten könnte ggf. auch der Einkommensteuertarif umgestaltet werden. Soweit die Regierung die im Koalitionsvertrag angestrebte Spreizung der Einkommensteuerbelastung beibehalten will, ist der zur Finanzierung der Deutschen Einheit eingeführte Solidaritätszuschlag das falsche Instrument.
Hintergrund:
Der Solidaritätszuschlag ist eine steuerliche Ergänzungsabgabe, deren Aufkommen allein dem Bund zufließt. Er wurde im Jahr 1995 angesichts der damals schwierigen Haushaltslage zur Finanzierung des „Aufbaus Ost“ eingeführt. Diese im Wesentlichen über den Solidarpakt II bereit gestellte Finanzierung läuft Ende 2019 aus; eine weitere Sonderfinanzierung der neuen Länder durch den Bund ist nicht vorgesehen. Zudem hat sich die Haushaltslage des Bundes seit 1995 deutlich verbessert. Somit entfällt eine verfassungsrechtlich tragfähige Begründung für den Solidaritätszuschlag. Ergänzungsabgaben sollen auch nur einen temporären besonderen Finanzbedarf decken.
(Bundesrechnungshof, Pressemitteilung vom 4.6.2019)

Rechtsprechungsänderung zum Zuständigkeitswechsel bei Abrechnungsbescheiden

Geht die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung wie etwa bei einem Wohnsitzwechsel oder einer Betriebsverlegung von einer Finanzbehörde auf eine andere Finanzbehörde über, ist dies auch beim Erlass eines Abrechnungsbescheids zu beachten. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Zusammenhang mit Säumniszuschlägen wegen festgesetzter und nicht rechtzeitig gezahlter Einkommensteuer entschieden.

Der BFH hat damit seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der für den Erlass eines Abrechnungsbescheids auch nach einem Wechsel der (örtlichen) Zuständigkeit diejenige Finanzbehörde zuständig bleiben sollte, die den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, um dessen Verwirklichung gestritten wird, festgesetzt hat (so noch BFH-Urteil vom 12. Juli 2011 VII R 69/10, BFHE 234, 114). Die Finanzverwaltung war dem nicht gefolgt.
Nach nunmehr geänderter BFH-Rechtsprechung gilt der sog. Grundsatz der Gesamtzuständigkeit auch in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit für Steuern vom Einkommen und vom Vermögen natürlicher Personen (§ 19 der Abgabenordnung –AO–). Das jeweils zuständige Finanzamt ist nicht nur für die eigentliche Besteuerung (§§ 134 ff. AO), sondern darüber hinaus auch für die Erhebung (§§ 218 ff. AO) und Vollstreckung (§§ 249 ff. AO) der betreffenden Steuern und gegebenenfalls auch für die Entscheidung über einen Einspruch (§ 367 Abs. 1 Satz 2 AO) zuständig – und zwar auch dann, wenn sich der Streit auf Jahre bezieht, die vor dem Zuständigkeitswechsel liegen.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 34 vom 29.5.2019 zu Urteil vom 19.3.2019 – VII R 27/17)

Keine Inanspruchnahme Minderjährige bei Kontenleihe

Der 7. Senats des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass die Nutzung eines Kontos des minderjährigen Kindes durch den Vater zur Abwicklung seines betrieblichen Zahlungsverkehrs nicht dazu führt, dass das Kind durch einen Duldungsbescheid für rückständige Steuern des Vaters in Anspruch genommen werden kann.

Die Klägerin hatte im Alter von 11 Jahren ein Girokonto eröffnet und wurde dabei von ihren Eltern vertreten. Der in der Baubranche tätige Vater veranlasste seine Kunden, Rechnungsbeträge auf dieses Konto zu überweisen. Dies führte zu Einzahlungen auf das Konto von insgesamt ca. 90.000 Euro. Nachdem die Klägerin volljährig geworden war, nahm das Finanzamt sie im Wege eines Duldungsbescheids in Anspruch und forderte sie auf, rückständige Steuern ihres Vaters in Höhe von ca. 23.200 Euro zu zahlen und berief sich dabei auf das Anfechtungsgesetz.
Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Der Senat ging zwar davon aus, dass der Vater der Klägerin in Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt hatte, indem er seine Kunden veranlasst hatte, Zahlungen auf das Konto der Klägerin vorzunehmen. Allerdings könne nicht davon ausgegangen werden, dass die damals minderjährige Klägerin diese Absicht kannte. Die Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Vaters könne der Klägerin auch nicht deshalb zugerechnet werden, weil der Vater ihr gesetzlicher Vertreter war. Eine derartige Zurechnung komme zwar grundsätzlich in Betracht, finde ihre Grenzen jedoch dann, wenn Eltern ihre rechtlichen Möglichkeiten als gesetzliche Vertreter missbrauchen. Der Minderjährigenschutz genieße insoweit Vorrang vor dem staatlichen Recht, Steuern einzutreiben. Im Übrigen sei die Klägerin durch die Zahlungen auch nicht bzw. nicht mehr bereichert. Es sei nicht ersichtlich, dass entsprechende Vermögenswerte noch vorhanden seien.
(FG Münster, Mitteilung vom 15.05.2015 zu Urteil vom 20.03.2019 – 7 K 2071/18)

Garagenkosten mindern Nutzungswert des Fahrzeugs nicht

Die anteilig auf die Garage eines Arbeitnehmers entfallenden Grundstückskosten mindern nicht den geldwerten Vorteil für die Überlassung eines Fahrzeugs durch den Arbeitgeber.

Der Kläger bekam von seinem Arbeitgeber ein Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt. Der als Arbeitslohn zu versteuernde Nutzungsvorteil wurde unstreitig nach der sog. 1%-Methode berechnet. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger anteilige Garagenkosten in Höhe von ca. 1.500 Euro geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab. Zur Begründung seiner Klage reichte der Kläger eine Bescheinigung seines Arbeitgebers ein, nach der eine mündliche Vereinbarung getroffen worden sei, das Fahrzeug nachts in einer abschließbaren Garage abzustellen.
Das Gericht wies die Klage ab. Eine Minderung des Nutzungsvorteils trete nur ein, wenn der Arbeitnehmer ein Nutzungsentgelt zahle oder einzelne nutzungsabhängige Kosten des betrieblichen Pkw trage. Nutzungsabhängige Kosten seien nur solche, die für den Arbeitnehmer notwendig sind, um das Fahrzeug nutzen zu dürfen, etwa Kraftstoffkosten oder Leasingraten. Für die Inbetriebnahme des Fahrzeugs sei die Unterbringung in einer Garage jedoch nicht notwendig. Die vorgelegte Arbeitgeberbescheinigung belege auch nicht, dass die Unterbringung in einer Garage zwingende Voraussetzung für die Überlassung des Fahrzeugs gewesen sei.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Münster, Mitteilung vom 15.05.2019 zu Urteil vom 14.03.2019 – 10 K 2990/17)

Wiederholte befristete Zuordnung zu einer Baustelle begründet keine erste Tätigkeitsstätte

Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber wiederholt befristet von seinem Arbeitgeber auf einer Baustelle dessen Auftraggebers eingesetzt, begründet er dort auch dann keine erste Tätigkeitsstätte, wenn der Einsatz insgesamt ununterbrochen länger als vier Jahren andauert.

Der Kläger war als angestellter Elektromonteur seit mindestens 2010 ununterbrochen auf der Baustelle der Auftraggeberin seiner Arbeitgeberin eingesetzt. Die Auftraggeberin hatte dabei jeweils befristete Aufträge an die Arbeitgeberin von längstens 36 Monaten erteilt. Auf dieser Grundlage wurde auch der Kläger auf der Baustelle eingesetzt. Die Arbeitgeberin hatte den Kläger im Arbeitsvertrag keiner ersten Tätigkeitsstätte i. S. v. § 9 Abs. 4 EStG zugeordnet.
Für das Streitjahr 2014 machte der Kläger Fahrtkosten zur Baustelle an 227 Tagen mit einem Kilometersatz von 0,30 Euro für die Hin- und Rückfahrt sowie Verpflegungsmehraufwendungen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte dagegen nur die Entfernungspauschale mit der Begründung, dass die Baustelle nach einem Einsatz von mehr als 48 Monaten zur ersten Tätigkeitsstätte des Klägers geworden sei.
Dies sah der 1. Senat des Finanzgerichts Münster anders und gab der Klage vollumfänglich statt. Der Kläger habe im Streitjahr 2014 keine erste Tätigkeitsstätte gehabt, so dass er Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostengrundsätzen abziehen könne. Mangels arbeitsvertraglicher Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte durch die Arbeitgeberin sei nach dem Gesetz maßgeblich, ob der Kläger der Baustelle für die Dauer des Dienstverhältnisses oder für mehr als 48 Monate zugewiesen worden sei. Hierfür sei nicht darauf abzustellen, dass der Kläger rückwirkend betrachtet mehr als 48 Monate auf der Baustelle tätig war. Vielmehr sei im Wege einer Prognosebetrachtung anhand objektiver Umstände zu prüfen, ob der Kläger davon ausgehen konnte, für einen so langen Zeitraum auf der Baustelle eingesetzt zu werden. Dies sei vorliegend aufgrund der stets befristeten Beauftragung seiner Arbeitgeberin durch ihre Auftraggeberin nicht der Fall. Dementsprechend habe der Kläger insbesondere seine Wohnsituation nicht danach ausrichten können.
(FG Münster, Mitteilung vom 15.05.2019 zu Urteil vom 25.03.2019 – 1 K 447/16)