BFH: Kein vorläufiger Rechtsschutz gegen Solidaritätszuschlag

Dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Solidaritätszuschlags kommt Vorrang gegenüber dem Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu. Dies hat der BFH unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entschieden.

Dem stehe nicht entgegen, dass das Niedersächsische Finanzgericht mit Beschluss vom 21. August 2013 7 K 143/08 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erneut zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes angerufen hat, erklärten die Richter.

Der Streitfall betraf das Jahr 2012. Vom Arbeitslohn der Antragsteller war der Solidaritätszuschlag einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden. Die Antragsteller begehrten die vorläufige Rückzahlung des von ihnen entrichteten Solidaritätszuschlags von ca. 715 €.

Der BFH lehnte dies ab. Das öffentliche Interesse am Vollzug des Solidaritätszuschlaggesetzes sei wegen der Sicherung einer geordneten Haushaltsführung vorrangig. Eine vorläufige Nichterhebung des Solidaritätszuschlags würde dazu führen, dass das Solidaritätszuschlaggesetz faktisch außer Kraft gesetzt werden würde. Dies hätte Einnahmenausfälle in Milliardenhöhe zur Folge. Es könne offen bleiben, ob der Vorlagebeschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der festgesetzten Solidaritätszuschläge begründen könne. Der BFH habe bereits früher entschieden, dass das Solidaritätszuschlaggesetz verfassungsgemäß sei (Urteile vom 21. Juli 2011 II R 52/10, BFHE 234, 250, BStBl II 2012, 43, und II R 50/09, BFH/NV 2011, 1685). Das BVerfG habe die dagegen erhobenen Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen.

(BFH, Pressemitteilung Nr. 47 vom 06.07.2016 zu Beschluss vom 15.6.2016 – II B 91/15)

Umsatzsteuerpflicht beim Sale-and-lease-back

Die Leistung des Leasinggebers beim Sale-and-lease-back-Geschäft kann als Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung beim Leasingnehmer umsatzsteuerpflichtig sein, wie der Bundesfinanzhof entschieden hat.

Im Streitfall hatte ein Leasinggeber elektronische Informationssysteme gekauft, die der Verkäufer entwickelt hatte und deshalb bilanziell nicht ausweisen konnte. Der Leasinggeber verleaste die Informationssysteme sogleich an den Verkäufer als Leasingnehmer. Der Leasinggeber erhielt vom Leasingnehmer für den Kauf ein Darlehen in Höhe von 2/3 des Nettokaufpreises. Über die Leasinggebühren stellte der Leasinggeber eine sog. Dauerrechnung über die volle Vertragslaufzeit aus, in der er Umsatzsteuer offen auswies und dabei auf den Leasingvertrag Bezug nahm. Da der Leasingnehmer in Zahlungsverzug geriet, kündigte der Leasinggeber den Vertrag vorzeitig. Der Leasinggeber ging davon aus, dass er umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht habe und daher zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Zudem wollte er nur die tatsächlich erhaltenen Leasingraten versteuern. Demgegenüber verweigerte das Finanzamt (FA) den Vorsteuerabzug, da der Leasinggeber umsatzsteuerfrei Kredit gewährt habe. Aufgrund der Rechnungserteilung und eines sich aus der Rechnung ergebenden unzutreffenden Steuerausweises ging das FA darüber hinaus von einer Steuerschuld des Leasinggebers aus. Die hiergegen beim Finanzgericht (FG) eingereichte Klage war erfolglos.

Auf die Revision des Leasinggebers hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben: Der Leasinggeber habe dem Leasingnehmer keinen Kredit gewährt. Maßgeblicher Leistungsinhalt sei es vielmehr gewesen, dem Leasingnehmer die Aktivierung einer Forderung als Gegenwert für die selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter zu ermöglichen. Aufgrund der Vertragsgestaltung konnte der Leasingnehmer so insbesondere ein höheres Eigenkapital ausweisen, was z.B. eine Kreditaufnahme erleichtern kann.

Der BFH entschied zudem, dass der Leasinggeber in seiner Rechnung Umsatzsteuer nicht fehlerhaft ausgewiesen habe. Entscheidend war hierfür die Bezugnahme auf den Leasingvertrag. Im zweiten Rechtsgang hat das FG nunmehr zu entscheiden, ab welchen Zeitpunkt die Leasingraten aufgrund des Zahlungsverzugs des Leasingnehmers als uneinbringlich zu behandeln sind und die Umsatzsteuer deswegen zu berichtigen ist.

(BHF, Pressemitteilung Nr. 50 vom 20.7.2016 zu Urteil vom 6.4.2016 – V R 12/15)

ausgleichsfähige Verluste bei Schneeballsystem

Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass der vermeintliche Kauf von Blockheizkraftwerken im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems zu ausgleichsfähigen Verlusten aus Gewerbebetrieb führen kann.

Der Kläger bestellte insgesamt drei Blockheizkraftwerke und zahlte an die Verkäuferin vorab den jeweiligen Kaufpreis. Für zwei dieser Blockheizkraftwerke, die nach den vertraglichen Vereinbarungen im Namen und auf Rechnung des Klägers betrieben werden sollten, mietete er von einem mit der Verkäuferin verbundenen Unternehmen zugleich einen Container und eine Standortfläche an und schloss einen „Premium Service Vertrag“ ab. Das dritte Blockheizkraftwerk verpachtete er für die Dauer von zehn Jahren an die Verkäuferin, die dieses selbst betreiben sollte. Tatsächlich wurden die Blockheizkraftwerke niemals geliefert und in Betrieb genommen. Vielmehr war der Kläger nach den in einem Strafverfahren getroffenen Feststellungen Opfer eines betrügerischen Schneeballsystems geworden.

Die angefallenen Aufwendungen (insbesondere AfA, Schuldzinsen und gezahlte Vorsteuern) überstiegen in den Streitjahren die Einnahmen des Klägers (Provisionen und Umsatzsteuererstattungen). Die Verluste machte der Kläger als Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend. Das Finanzamt versagte die Anerkennung der Verluste mit dem Hinweis darauf, dass es sich bei den getätigten Investitionen nicht um einen Gewerbebetrieb, sondern um Kapitalanlagen gehandelt habe, so dass das Abzugsverbot für Werbungskosten (§ 20 Abs. 9 EStG) eingreife. Nach einer bundeseinheitlich abgestimmten Verwaltungsauffassung lägen partiarische Darlehen vor, soweit die Anleger die Blockheizkraftwerke selbst hätten betreiben sollen und sonstige Kapitalforderungen, soweit Pachtverträge mit der Verkäuferin abgeschlossen wurden.

Die Klage hatte hinsichtlich der beiden Blockheizkraftwerke, die nach den vertraglichen Vereinbarungen im Namen und auf Rechnung des Klägers betrieben werden sollten, Erfolg. Insoweit habe sich der Kläger gewerblich betätigt, so dass der Abzug von in der Vorbereitungsphase entstandenen Verlusten zulässig sei. Insbesondere liege eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor, weil dem Kläger nach den vertraglichen Vereinbarungen die Erträge zugestanden hätten und er auch das Verlustrisiko getragen habe. Zudem habe er eine Verfügungsbefugnis und hinreichende (Mit-)Entscheidungsmöglichkeiten hinsichtlich der Kraftwerke gehabt. Ein partiarisches Darlehen könne demgegenüber nicht angenommen werden, da kein Kapitalrückzahlungsanspruch vereinbart worden sei. Da für die Beurteilung allein die Perspektive des Klägers maßgeblich sei, sei es unerheblich, dass auf Seiten der Verkäufer in nie die Absicht bestand, die Blockheizkraftwerke zu liefern und in Betrieb zu nehmen.

Soweit der Kläger die Vereinbarung getroffen hat, das dritte Blockheizkraftwerk an die Verkäuferin zu verpachten, liege kein Gewerbebetrieb vor. Insbesondere könne keine gewerbliche Betriebsverpachtung im Ganzen angenommen werden, weil von vornherein eine Verpachtung beabsichtigt gewesen sei. Allerdings bestünden auch keine Anhaltspunkte für Einkünfte aus Kapitalvermögen, so dass es sich insoweit um Einkünfte aus Leistungen im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG handele. Aufgrund der Verlustausgleichsbeschränkung seien die Verluste gesondert festzustellen und dürften nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

(FG Münster, Mitteilung vom 15.04.2016 zu Urteil vom 11.03.2016 – 4 K 3365/14)