Steuerschulden: Zoll vollstreckt Forderung in Höhe von mehr als 1,4 Millionen Euro

Das Sachgebiet C beim Hauptzollamt Frankfurt am Main konnte eine Forderung gegen einen in Thailand wohnhaften deutschen Staatsbürger erfolgreich vollstrecken. Dieser schuldete einem nordrhein-westfälischen Finanzamt seit dem Jahr 2019 über 1,4 Millionen Euro Einkommensteuer, Solidaritäts- sowie Säumniszuschläge.

Der Reisende hatte eigenständig 27,3 Kilogramm Gold im Wert von mehr als 1,5 Millionen Euro zur Ausfuhr nach Dubai angemeldet. Er konnte zwar glaubhaft machen, das in seinem Handgepäck mitgeführte Gold legal erworben zu haben und zur Bestreitung seines Lebensunterhalts in Thailand zu benötigen, jedoch ergab eine interne Abfrage die offene Steuerforderung.

Das Gold wurde im Rahmen der Vollstreckung der Forderung des nordrhein-westfälischen Finanzamts zur Sicherung der Begleichung der aktuellen Steuerschuld einbehalten. Sollte der Reisende die offene Steuerforderung binnen sechs Wochen nicht begleichen, wird das sichergestellte Gold zu deren Begleichung verwertet.

Der Zoll erinnert in seiner Pressemitteilung zu diesem Vorfall daran, dass Mitführende, die mit Barmitteln im Gesamtwert von 10.000 Euro oder mehr nach Deutschland ein- beziehungsweise aus Deutschland ausreisen, diesen Betrag beim Zoll schriftlich anmelden müssen.

Gleichgestellte Zahlungsmittel wie Gold müssen bei der Einreise nach oder Ausreise aus Deutschland auf Befragung der Zollbediensteten mündlich angezeigt werden.

zoll.de, Pressemitteilung vom 22.7.2022

Identifikationspflicht beim Handel mit Kryptowährungen

Auftraggeber und Begünstigte sollen in Zukunft bei der Übertragung von Kryptowerten identifiziert werden müssen. Dies erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/2824) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (20/2531).

Darin versichert die Bundesregierung, sie setzte sich auf europäischer und internationaler Ebene für einen verlässlichen rechtlichen Rahmen für Kryptowerte einschließlich Stablecoins ein. Mit der EU-Verordnung „Markets in Crypto Assets“ werde ein wettbewerbsfähiger und sicherer Rechtsrahmen für Kryptowerte einschließlich Stablecoins und für wesentliche Krypto-Dienstleistungen geschaffen.

Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, gibt es bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zunehmend Verdachtsmeldungen mit dem Indikator Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährungen. So gingen 2018 570 dieser Meldungen ein, 2019 waren es bereits 760. 2020 stieg die Zahl auf 2.050 und 2021 auf 5.230. Bis Ende Mai 2022 betrug die Zahl der Verdachtsmeldungen 3.340

Bundestag, hib-Meldung 386/2022 vom 28.07.2022

Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld: Steuerfreiheit endet zum Jahresende

Die Steuerfreiheit der Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld endet mit Ende des Jahres. Hierauf weist der Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt hin.

Hintergrund: Der Gesetzgeber bestimmt in § 3 Nr. 28a Einkommensteuergesetz, dass Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.02.2020 beginnen und vor dem 01.01.2022 enden, geleistet werden, steuerfrei sind.

Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 28a EStG sei begrenzt auf 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III, erläutert der Steuerberaterverband. Zunächst sei die Steuerbefreiung bis 31.12.2020 befristet gewesen. Mit dem Jahressteuergesetz 2020 habe der Gesetzgeber die Regelung bis zum 31.12.2021 verlängert.

Eine weitere zeitliche Verlängerung der Steuerbefreiung habe der Gesetzgeber dagegen (bislang) nicht beschlossen, so der Steuerberaterverband weiter. Damit gelte die Befreiungsregelung letztmalig für Lohnzahlungszeiträume, die vor dem 01.01.2022 enden. Ab Januar 2022 seien derartige Arbeitgeberzuschüsse steuerpflichtig.

Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt, PM vom 08.12.2021

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur 6%-Verzinsung – Steuerverwaltung sorgt für vorläufige Umsetzung

Mit seinem am 18.08.2021 veröffentlichten Beschluss[1] hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die gesetzlich geregelte 6%-Verzinsung von Steuerforderungen und Steuererstattungen für verfassungswidrig erklärt. Die Finanzämter dürfen das Gesetz nur noch für Verzinsungszeiträume bis einschließlich 31.12.2018 weiter anwenden. Für Verzinsungszeiträume ab 01.01.2019 hat das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet, eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Der Gesetzgeber hat dafür Zeit bis zum 31.07.2022.

Die Entscheidung des BVerfG hat insbesondere folgende Auswirkungen:

– Es geht erstens ausdrücklich nur um Nachzahlungs- und Erstattungszinsen, nicht um Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen[2]. Anträge wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit solcher anderer Zinsen werden die Finanzämter – entsprechend dem weiter geltenden Gesetz – ab sofort wieder ablehnen. Im Ergebnis müssen diese anderen Zinsen jetzt gezahlt werden.

– Es geht zweitens nur um die gesetzliche 6%-Regelung zur Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen für die Zeit ab 2019. Für die Zeit bis dahin hat das BVerfG das Gesetz ausdrücklich für weiter anwendbar erklärt. Mit anderen Worten: Zinsfestsetzungen für die Zeit bis 31.12.2018, die bislang wegen der ausstehenden Entscheidung des BVerfG noch vorläufig oder in ihrer Wirkung ausgesetzt waren, sind nun als endgültig anzusehen. Wenn die Finanzämter bislang für die Zeit bis 31.12.2018 auf die Zahlung von Nachzahlungszinsen im Wege der Aussetzung der Vollziehung vorläufig verzichtet haben, ist damit jetzt Schluss: Die Steuerpflichtigen müssen auch diese Beträge nachentrichten.

– Dagegen hat das BVerfG den Finanzämtern jegliche Festsetzung von Zinsen auf Steuerforderungen und -erstattungen für die Zeit ab 2019 untersagt. Sie dürfen ab sofort für die Zeit ab 2019 „neue“ Zinsen gar nicht mehr verlangen, sondern müssen hierfür abwarten, wie der Gesetzgeber die Dinge neu regeln wird.

– Aktuell ist somit offen, wie für die Zeit ab 2019 zu verfahren sein wird. Denn nach der Entscheidung des BVerfG ist es nun Sache des Gesetzgebers, für die Zeit ab 01.01.2019 eine Ersatzregelung zur Verzinsung von Nachzahlungen und Erstattungen zu treffen. Bundestag und Bundesrat haben hierfür Zeit bis zum 31.07.2022, und sie können die Regelung auch rückwirkend ab 2019 in Kraft setzen.

– Endgültige, nicht mehr änderbare Zinsfestsetzungen für Zeiten ab 01.01.2019 sind (wegen der sog. „Bestandskraft“ solcher Bescheide) hiervon grundsätzlich nicht betroffen[3].

– Bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber verfahren die Finanzämter bei Zinsfestsetzungen für die Zeit ab 01.01.2019 mit vorläufiger Wirkung wie folgt[4]:

o Neu zu erlassende Bescheide, mit denen eine erstmalige Festsetzung von Nachzahlungs- oder Erstattungszinsen einhergehen würde, werden von vornherein in Bezug auf diese Zinsen vorläufig „auf null“ gesetzt, bis der Gesetzgeber die Ersatzregelung geschaffen hat und das Finanzamt diese sodann auf die Fälle – ggf. rückwirkend – anwenden kann.

o Bescheide, die vor der Entscheidung des BVerfG ergangen waren und die noch nicht endgültig sind, bleiben grundsätzlich weiterhin nicht endgültig, solange sie von keinem der Beteiligten „angefasst“ werden. D. h. die in den Bescheiden enthaltenen Zinsfestsetzungen sind weiterhin „in der Welt“, aber mit dem Status „vorläufig“ (= bis zur Neuregelung des Gesetzgebers), und dies auch unabhängig davon, ob die betreffenden Zinszahlungen geleistet, gestundet oder in anderer Weise ausgesetzt worden sind. Sobald der Gesetzgeber spätestens bis 31.07.2022 die Ersatzregelung getroffen haben wird und damit für alle Beteiligten klar sein wird, welche Änderungen sich konkret ergeben, werden die Finanzämter diese Änderungen eigenständig und grundsätzlich ohne weiteren „Anstoß“ der Steuerpflichtigen in jedem einzelnen Fall von sich aus vornehmen. Das wird dann auch maschinell möglich sein.

o Bei Bescheiden, die vor der Entscheidung des BVerfG ergangen sind und die jetzt – warum auch immer – geändert werden (müssen), kommt es darauf an, ob sich durch die Änderung für den Steuerpflichtigen eine (weitere) Nachzahlung ergibt oder ob ihm etwas zu erstatten ist: Bei einer (weiteren) Nachzahlung wird das Finanzamt die diesbezüglichen (weiteren) Zinsen – wie bei den Neufestsetzungen (siehe oben) – vorläufig „auf null“ setzen. Bei einer Erstattung (wegen nachträglich verminderter Nachzahlungshöhe) wird das Finanzamt die insoweit zu viel gezahlten Zinsen mit erstatten. Maßgeblich ist also der Änderungsbetrag (nach oben bzw. nach unten). Oder umgekehrt ausgedrückt: Die Zinsen in Bezug auf den gegenüber der bisherigen Festsetzung unveränderten Teil bleiben vorläufig unangetastet – mit der Betonung auf „vorläufig“. Denn all dies gilt nur bis zur Ersatzregelung durch den Gesetzgeber.

o Je nachdem, wie der Gesetzgeber sodann die Ersatzregelung ausgestaltet, werden die Finanzämter die Nachzahlungs- und Erstattungszinsen zu gegebener Zeit entsprechend neu festsetzen.

Mit diesem Vorgehen beachten die Steuerverwaltungen von Bund und Ländern sowohl die Entscheidung des BVerfG als auch die Hoheit und Kompetenz des Gesetzgebers für die zu treffende Ersatz-/Neuregelung. Keine Bürgerin und kein Bürger und kein Unternehmen muss befürchten, hierdurch Nachteile zu haben. Das berechtigte Anliegen aller Steuerpflichtigen, bei der Verzinsung von Steuernachforderungen und von Steuererstattungen gesetzes- und verfassungsgerecht behandelt zu werden, werden die Finanzämter umfassend beachten: Sie werden in der Regel ohne weiteres Zutun der Steuerpflichtigen nach Maßgabe der bis 31.07.2022 vom Gesetzgeber zu erlassenden Neuregelung die Verzinsung für die Zeiten ab 01.01.2019 „glattziehen“.

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[1] vom 08.07.2021 – 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17

[2] und auch nicht um Prozesszinsen

[3] außer dass die Finanzämter auch aus bestandskräftigen Zinsfestsetzungen die Zahlung noch offener/nicht entrichteter Beträge nicht mehr fordern dürfen

[4] In die Bescheide werden entsprechende Aussagen in Form von Nebenbestimmungen und Erläuterungen aufgenommen. Details hierzu enthält das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 17.09.2021 – IV A 3 – S 0338/19/10004 :005 -, das im Bundessteuerblatt Teil I und auf den Internetseiten des BMF veröffentlicht wird.

Landesamt für Steuern Niedersachsen, Pressemeldung vom 17.9.2021

Anhebung der pauschalen Steuerfreibeträge für kommunale Mandatsträger ab 2021

Nach der Erhöhung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale durch das Jahressteuergesetz 2020 ergeben sich nun auch für kommunale Mandatsträger weitere steuerliche Erleichterungen. Durch die Anhebung der Steuerfreibeträge wird der ehrenamtliche Einsatz im kommunalen Bereich anerkannt und wertgeschätzt.

Für ihre Arbeit im kommunalpolitischen Bereich bspw. im Gemeinde- oder Stadtrat erhalten die ehrenamtlichen Mitglieder eine Aufwandsentschädigung. Der steuerlich abzugsfähige Aufwand wird dabei durch pauschale Beträge steuerfrei gestellt. Hierbei gilt der sog. Ratsherrenerlass, der die Freibeträge anhand der Einwohnerzahl der Gemeinde oder Stadt und des Landkreises staffelt. Die Freibeträge des sog. Ratsherrenerlasses wurden mit Unterstützung von Niedersachsen ab 2021 um 20 Prozent angehoben, nachdem sie seit 12 Jahren nicht mehr angepasst worden sind. Hiernach ergeben sich folgende Beträge:

in einer Gemeinde oder Stadt mit monatlich jährlich
höchstens 20.000 Einwohnern 125,00 Euro 1.500,00 Euro
20.001 bis 50.000 Einwohnern 199,00 Euro 2.388,00 Euro
50.001 bis 150.000 Einwohnern 245,00 Euro 2.940,00 Euro
150.001 bis 450.000 Einwohnern 307,00 Euro 3.684,00 Euro
mehr als 450.000 Einwohnern 367,00 Euro 4.404,00 Euro
in einem Landkreis mit monatlich jährlich
höchstens 250.000 Einwohnern 245,00 Euro 2.940,00 Euro
mehr als 250.000 Einwohnern 307,00 Euro 3.684,00 Euro

Die Aufwandsentschädigungen bleiben jedoch mindestens in Höhe des in der Lohnsteuer-Richtlinie genannten Betrags von 250 Euro monatlich steuerfrei. Bei einer Einwohnerzahl bis zu 150.000 in einer Gemeinde oder Stadt sowie bei höchstens 250.000 Einwohnern in einem Landkreis gilt daher grundsätzlich der Betrag von 250 Euro.

Finanzministerium Niedersachsen, Pressemitteilung vom 23.08.2021

Weniger Betriebsprüfungen 2020

Im vergangenen Jahr sind rund 30.000 Betriebe weniger von den Finanzbehörden kontrolliert worden als im Jahr zuvor.

Während 2019 rund 188.000 Betriebe geprüft wurden, waren es 2020 nur rund 159.000. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/28322) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/27790) hervor.

Die Prüfquote sank von 2,2 auf 1,8 Prozent. Die Zahl der Prüfer bei den Finanzämtern sank im selben Zeitraum von 13.240 auf rund 12.660.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die von den Ländern verhängten Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie auch Auswirkungen auf die Tätigkeit der Steuerprüfer hatten.

(Deutscher Bundestag, hib-Meldung Nr. 565/2021 vom 28.4.2021)

Keine Sperrfrist für EU-Ausländer bei bereits bestehendem Kindergeldanspruch

Der 8. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass die dreimonatige Sperrfrist für zugezogene EU-Ausländer nach § 62 Abs. 1a EStG nicht gilt, wenn bereits vor Begründung des inländischen Wohnsitzes ein Kindergeldanspruch bestand.

Die Klägerin zog im Juli 2020 mit ihren beiden Kindern von Bulgarien nach Deutschland. Ihr Ehemann, der Vater der Kinder, lebte bereits seit Ende 2019 in Deutschland und ging hier einer Vollzeitbeschäftigung nach, während die Klägerin selbst nicht erwerbstätig war.

Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag der Klägerin für die ersten drei Monate (Juli bis September 2020) ab, weil die Klägerin keine laufenden inländischen Einkünfte erzielt habe. Ab Oktober 2020 erhielt die Klägerin Kindergeld.

Der 8. Senat des Finanzgerichts Münster gewährte der Klägerin auch für die Monate Juli bis September 2020 Kindergeld. Die in § 62 Abs. 1a EStG vorgesehene dreimonatige Sperrfrist für nicht erwerbstätige EU-Ausländer ab Begründung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland greife im Streitfall nicht ein. Für die Begründung eines Wohnsitzes sei auch ein fiktiver Familienwohnsitz gemäß Art. 67 Satz 1 der EG-Verordnung Nr. 883/2004 ausreichend. Die Klägerin habe einen solchen fiktiven Wohnsitz bereits vor ihrem Zuzug nach Deutschland gehabt, weil ihr Ehemann hier gewohnt und gearbeitet habe. Dieses Verständnis entspreche auch dem Zweck der Sperrfrist, das deutsche Sozialsystem vor einer unangemessenen Inanspruchnahme zu schützen und eine Anreizwirkung des Kindergeldes für den Zuzug nach Deutschland zu vermeiden. Dieser Zweck könne nicht erfüllt werden, wenn bereits vor dem Zuzug ein inländischer Kindergeldanspruch bestanden habe. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht auf das Differenzkindergeld beschränkt, weil Deutschland wegen der Erwerbstätigkeit des Ehemannes vorrangig zuständig sei und daher kein bulgarischer Kindergeldanspruch bestehe.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

(FG Münster, Mitteilung vom 15.01.2021 zum Urteil 8 K 2975/20 Kg vom 10.12.2020)

Achtung Fehlerquelle: Obacht beim Befüllen von Zeile 22 der Umsatzsteuererklärung

Steuerpflichtige müssen im Rahmen ihrer machen. Konkret müssen sie kennzeichnen: Sind sie Soll- oder Istversteuerer? Nach Datenlage des BMF kommt es hier häufig zu Missverständnissen. Der DStV fasst daher nochmal das Wichtigste zusammen.

„1, 2 oder 3 – letzte Chance – vorbei.“ Viele Steuerpflichtige „stehen“ derzeit nicht richtig beim Befüllen der Zeile 22 der Umsatzsteuererklärung. Formal genauer: beim Vordruckmuster USt 2 A. Mit den Ziffern 1, 2 bzw. 3 gibt der Steuerpflichtige Auskunft über seine Art der Umsatzbesteuerung (vgl. BMF-Schreiben vom 14.12.2018 – III C 3 – S-7344 / 18 / 10002, BStBl I 2018, S. 1409).

Mit der Ziffer „1“ gibt er an, dass er die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten berechnet (sog. Sollversteuerung).

Mit der Ziffer „2“ gibt er an, dass er die Steuer unter den Voraussetzungen des § 20 UStG nach vereinnahmten Entgelten berechnet (sog. Istversteuerung).

Mit der Ziffer „3“ gibt der Steuerpflichtige an, dass sich die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (Istversteuerung) nur auf einzelne Unternehmensteile erstreckt.

Achtung: Die Besteuerung von Anzahlungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG spielt für die Eintragung in Zeile 22 keine Rolle.
Wann kann ein Unternehmer Umsätze nach vereinnahmtem Entgelt berechnen?

Der Grundsatz lautet: Umsatzsteuer ist nach dem vereinbarten Entgelt zu berechnen (Sollversteuerung). Bestimmte Unternehmer können jedoch beantragen, dass die Steuer nach dem vereinnahmten Entgelt berechnet wird, also wenn der Unternehmer das Geld auch physisch „in der Tasche“ hat.

Diese sog. Istversteuerung kommt für Unternehmer in Betracht, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 Euro betragen hat. Ferner kann die Istversteuerung von Unternehmern beantragt werden, die das Finanzamt aufgrund von Härten von der Buchführung befreit hat (vgl. § 148 AO). Schließlich können auch Freiberufler die Istversteuerung beantragen. Aber: Führen Freiberufler Buch, müssen sie ihre Umsätze nach vereinbartem Entgelt versteuern. Es spielt dabei keine Rolle, ob sie zur Buchführung verpflichtet sind oder dies freiwillig tun (Abschn. 20.1 Sätze 6 f. UStAE).

Der BFH hatte in der Vergangenheit entschieden, dass der Antrag auf Istversteuerung auch konkludent gestellt werden kann (BFH, Urt. v. 18.08.2018, V R 47/14). Der Steuererklärung müsse aber erkennbar zu entnehmen sein, dass die Umsätze auf Grundlage vereinnahmter Entgelte erklärt worden seien. Dies war der Auslöser für die Einführung der besagten Zeile 22 in der Umsatzsteuererklärung ab dem Besteuerungszeitraum 2019.

Hinweis: Aufgrund der Fehleintragungen in den vergangenen Jahren wird im Rahmen der Erstellung der Muster der Umsatzsteuererklärung 2021 der Text in Zeile 22 des Vordruckmusters USt 2 A noch einmal konkretisiert und in der Anleitung genauer erläutert werden.

(Deutscher Steuerberaterverband e.V., Mitteilung vom 06.10.2020)

Abbruchkosten und Restwert sind nach räumlicher und zeitlicher Nutzung des abgebrochenen Objekts aufzuteilen

Abbruchkosten und Restwert eines zuvor zeitweise vollständig fremdvermieteten und zeitweise teilweise selbst genutzten Gebäudes sind sowohl nach dem räumlichen als auch nach dem zeitlichen Nutzungsumfang aufzuteilen. Dies hat der 4. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.

Die Klägerin erwarb im Dezember 2011 einen Bungalow, den sie zunächst vollständig vermietete. Nach dem Tod der Mieterin vermietete sie ab dem 1.9.2014 lediglich einen Teil des Objekts mit Ausnahme der Kellerräume an eine neue Mieterin. Die Klägerin kündigte den Mietvertrag zum 31.10.2016 und brach den Bungalow im März 2017 ab. In der Folgezeit errichtete die Klägerin ein Mehrparteienhaus, das sie ausschließlich vermietete. Den Restwert des Bungalows, des Inventars sowie die Abbruchkosten machte die Klägerin im Streitjahr 2017 in vollem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt kürzte den Werbungskostenabzug um den Anteil der nicht mitvermieteten Kellerräume.

Der hiergegen erhobenen Klage gab der 4. Senat des Finanzgerichts Münster statt. Der 4. Senat hat zunächst ausgeführt, dass dem Grunde nach neben den Abbruchkosten auch die Restwerte des Gebäudes im Wege einer technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung als Werbungskosten abzugsfähig seien. Sie seien vorrangig durch die bisherige Nutzung des Objekts veranlasst, weil es nicht in Abbruchabsicht erworben worden sei und auch noch kein vollständiger Verbrauch der Substanz eingetreten sei. Abbruchkosten und Restwert seien allerdings grundsätzlich nicht in voller Höhe, sondern anteilig abzugsfähig. Die Aufteilung sei sowohl zeitanteilig als auch nach der Art der Nutzung der Flächen vorzunehmen. Maßgeblich sei die gesamte Nutzungsdauer der Immobilie seit der Anschaffung durch die Klägerin von 57 Monaten. Hiervon entfielen 31 Monate auf eine vollständige Vermietung und die übrigen 26 Monate auf eine flächenmäßig anteilige Vermietung zu 78,4 %. Dies führe zu einer privaten Veranlassung des Abbruchs von 9,8 %. Nach den allgemeinen Grundsätzen zum Veranlassungsprinzip sei eine Veranlassung von unter 10 % steuerlich unerheblich und die Kosten in vollem Umfang abzugsfähig.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

(FG Münster, Pressemitteilung vom 15.09.2020 zu Urteil vom 21.08.2020 – 4 K 855/19)

Kaufpreis eines im Wege einer mittelbaren Grundstücksschenkung zugewandten Grundstücks kann Vergleichswert für dieses Grundstück i. S. d. § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG sein

Die Beteiligten stritten über die Bewertungsmethode bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung. Die Tochter des Klägers erwarb ein bebautes Grundstück zum Preis von 920.000 Euro. Den für die Zahlung des Kaufpreises erforderlichen Geldbetrag hatte der Kläger ihr zuvor geschenkt.

Zum Zwecke der Festsetzung der Schenkungsteuer ermittelte das beklagte Finanzamt einen Grundbesitzwert für das von der Tochter erworbene Grundstück. Das Finanzamt stellte einen Wert i. H. v. 920.000 Euro fest. Dabei legte es im Vergleichswertverfahren den von der Tochter gezahlten Kaufpreis i. H. v. 920.000 Euro zugrunde.

Der Kläger wehrte sich gegen den aus seiner Sicht zu hohen Wertansatz. Er begehrte die Bewertung des Grundstücks mit dem niedrigeren Sachwert. Er vertrat die Ansicht, es keine gesetzliche Regelung gebe, wonach der Kaufpreis des zu bewertenden Grundstücks selbst der Bewertungsmaßstab sei. Das Vergleichswertverfahren sei nicht anwendbar, weil das Gesetz eine Mehrzahl von vergleichbaren Grundstücken verlange. Das Finanzamt habe aber nur den Kaufpreis eines einzigen Grundstücks herangezogen.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.05.2020 abgewiesen und entschieden, dass das Finanzamt zu Recht das Grundstück im Wege des Vergleichswertverfahrens mit dem von der Beschenkten gezahlten Kaufpreis bewertet hat.

Die einschlägige Vorschrift (§ 183 BewG) ist nach Ansicht der Richter dahingehend zu verstehen, dass ein einzelner Verkaufspreis als Vergleichswert ausreicht, wenn er das zu bewertende Grundstück selbst betrifft und zeitnah im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt wurde. Es sei kein Grund ersichtlich, warum der tatsächliche Wert eines Grundstücks nur zu Gunsten der Steuerpflichtigen im Wege der Öffnungsklausel zu berücksichtigen sein sollte, aber nicht im Rahmen des Vergleichswertverfahrens.

Der Wortlaut des Gesetzes stehe dieser Gesetzesauslegung nicht entgegen. Zwar verlange die gesetzliche Regelung die Heranziehung von „Grundstücken“. Die Verwendung eines Begriffs in der Mehrzahl bedeute aber nicht zwingend, dass tatsächlich mehrere Gegenstände der genannten Art vorliegen müssen. Die Verwendung des Plural könne auch der Verwendung des Wortes als Oberbegriff dienen.

(FG Düsseldorf, Mitteilung vom 13.08.2020 zu Gerichtsbescheid vom 26.05.2020 – 11 K 3447/19 BG; BFH-Az. II R 14/20)