Dividenden: Steuerfreie Ausschüttungen einer Luxemburger Investment-Gesellschaft

Kapitalgesellschaften, die zu mindestens 25 % an einer Luxemburger Investment-Gesellschaft in der Rechtsform der Société d’investissement à capital variable (SICAV) beteiligt sind, müssen die von dieser im Jahr 2010 erhaltenen Ausschüttungen (Dividenden) in Deutschland nicht versteuern. Dies gilt selbst dann, wenn der Luxemburger Fiskus von dem ihm zustehenden Quellenbesteuerungsrecht keinen Gebrauch gemacht und die Ausschüttungen unversteuert gelassen hat. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Im Streitfall hatte die Klägerin, eine deutsche GmbH, nahezu alle Anteile einer Luxemburger SICAV gehalten. Bei der SICAV handelt es sich um eine besondere Form der Aktiengesellschaft, die mit der deutschen Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital vergleichbar ist. In dem im Streitjahr 2010 zwischen Deutschland und Luxemburg geltenden Abkommen zur Vermeidung der doppelten Besteuerung (DBA) aus dem Jahr 1958 war geregelt, dass Dividenden, die eine Kapitalgesellschaft über die Grenze an eine andere Kapitalgesellschaft leistet, im Empfängerstaat steuerfrei sind, wenn die Beteiligung mindestens 25 % beträgt (sog. abkommensrechtliches Schachtelprivileg). Dem Staat, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, stand das Recht zur Besteuerung der Dividende „an der Quelle“ zu. Von diesem Quellenbesteuerungsrecht hat Luxemburg im Fall der SICAV allerdings keinen Gebrauch gemacht.

Während die Klägerin die von der SICAV im Jahr 2010 bezogenen Ausschüttungen als steuerfrei ansah, hielt das Finanzamt das abkommensrechtliche Schachtelprivileg nicht für einschlägig. Zu Unrecht, wie der BFH jetzt entschieden hat. Dass Luxemburg von dem ihm in Bezug auf die Ausschüttungen der SICAV zustehenden Besteuerungsrecht keinen Gebrauch gemacht habe, ändere nichts an dem im DBA vereinbarten Verzicht Deutschlands auf sein Besteuerungsrecht.

Die Entscheidung des BFH ist zur Rechtslage des Jahres 2010 ergangen. Inzwischen haben Deutschland und Luxemburg ein neues DBA abgeschlossen, das seit dem Jahr 2014 in Kraft ist. Dieses neue Abkommen enthält eine sog. Rückfallklausel, nach der nur diejenigen aus Luxemburg stammenden Einkünfte in Deutschland steuerfrei sind, die in Luxemburg tatsächlich besteuert werden.

BFH, Pressemitteilung vom 02.09.2021 zu Urteil vom 15.03.2021, I R 61/17

Steuerermäßigungen: Begünstigung von Maßnahmen der öffentlichen Hand

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BFH zur Begünstigung von haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen der öffentlichen Hand, die nach öffentlich-rechtlichen Kriterien abgerechnet werden (z. B. BFH-Urteil vom 21. Februar 2018, VI R 18/16, BStBl II S. 641), wird im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder das BMF-Schreiben vom 9. November 2016 (BStBl I S. 1213) zur Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen (§ 35a EStG) wie folgt geändert:

  • Rdnr. 2 wird um folgenden Absatz ergänzt: „Für Handwerkerleistungen der öffentlichen Hand, die nicht nur einzelnen Haushalten, sondern allen an den Maßnahmen der öffentlichen Hand beteiligten Haushalten zugutekommen, ist eine Begünstigung nach § 35a EStG ausgeschlossen (z. B. Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes oder Erschließung einer Straße). Insoweit fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang der Handwerkerleistungen mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers (BFH-Urteil vom 21. Februar 2018, BStBl II S. 641).“

  • In Rdnr. 22 wird Satz 3 gestrichen.

  • In der Anlage 1 „Beispielhafte Aufzählung begünstigter und nicht begünstigter haushaltsnaher Dienstleistungen und Handwerkerleistungen“ werden jeweils das Beispiel „Straßenreinigung“ und das Beispiel „Winterdienst“ wie folgt neu gefasst:

Maßnahme begünstigt nicht begünstigt Haushaltsnahe Dienstleistung Handwerkerleistung
Straßenreinigung
– Fahrbahn X
– Gehweg X X
Winterdienst
– Fahrbahn X
– Gehweg X X

Die Regelungen dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Zum Dokument auf der Internetseite des BMF (PDF)

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 8 – S-2296-b / 21 / 10002 :001 vom 01.09.2021

Umsatzsteuer: Lokale Meldung für Retouren trotz OSS-Verfahren?

Teilnehmende am One-Stop-Shop-Verfahren sind verunsichert, wie sie umsatzsteuerlich mit Retouren und ähnlichen Sachverhalten von im ersten Halbjahr 2021 ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen umgehen müssen. Der DStV regt in einer Stellungnahme gegenüber dem BMF eine Billigkeitsregelung an und schreibt:

Ein scheinbar einfacher Sachverhalt droht umsatzsteuerlich zu einem Dilemma zu führen: Ein am One-Stop-Shop-Verfahren (kurz: OSS) teilnehmender Unternehmer erhält im Juli 2021 Retoursendungen, die er im Juni (vor Inkrafttreten des OSS) ins EU-Ausland geliefert hatte.

Es ist klar, dass der Unternehmer die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage berichtigen muss – und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. In dem vorgenannten Fall: Juli 2021.

Die Frage ist jedoch, im Rahmen welcher Meldung zu korrigieren ist. Es käme die Meldung mittels OSS oder die lokale Meldung im EU-Ausland in Frage.

Der Gesetzestext bringt leider keine Klarheit. Ein Blick in die Gesetzesbegründung verdeutlicht jedoch: Mit dem OSS-Verfahren sollte explizit vermieden werden, dass Unternehmer für Umsatzsteuerzwecke in jedem Mitgliedstaat identifiziert werden müssen. Vielmehr soll die Meldung über eine zentrale Stelle in einem einzigen Mitgliedstaat erfolgen können (vgl. BT-Drs. 19/22850, Seite 128). Das würde im genannten Beispiel für eine Berichtigung im Rahmen des OSS sprechen.

In einer Service-Information der DATEV liest man hingegen mit Verweis auf eine Aussage des Bundeszentralamtes für Steuern, dass solche Retourfälle nicht über das OSS-Verfahren berichtigt werden könnten.

Aus Sicht des DStV widerspricht dies jedoch dem Gesetzeszweck und führt in der Praxis zu massivem bürokratischem Zusatzaufwand. Der DStV regt – die Gesetzesintention im Blick – in seiner Stellungnahme S 05/21 eine verwaltungsseitige Billigkeitsregelung an.

Es sollte aus Billigkeitsgründen nicht beanstandet werden, wenn Korrekturen hinsichtlich Lieferungen und sonstiger Leistungen auch dann über das OSS-Verfahren gemeldet werden, wenn sie bereits vor Inkrafttreten des OSS-Verfahrens erbracht wurden und in Veranlagungszeiträumen nach Inkrafttreten korrigiert werden müssen.

DStV, Mitteilung vom 01.09.2021

Anonymes Hinweisgeberportal freigeschaltet

Die baden-württembergische Steuerverwaltung führt das bundesweit erste anonyme Hinweisgebersystem für Finanzämter ein. Das neue Hinweisgeberportal bietet Bürgerinnen und Bürgern einen sicheren und anonymen Kommunikationsweg, um Verstöße gegen Straf- und Steuergesetze anzuzeigen.

Finanzminister Dr. Danyal Bayaz: „So können wir Steuerbetrug besser verfolgen und für mehr Steuergerechtigkeit sorgen. Außerdem treiben wir die Digitalisierung voran und ermöglichen eine einfache Kommunikation zwischen Steuerverwaltung und Bürgerinnen und Bürgern.“

Anonyme Anzeigen nimmt die Steuerverwaltung in Baden-Württemberg bisher direkt entgegen. Die Anzeigen können telefonisch, schriftlich, persönlich oder per E-Mail erfolgen. Häufig fehlen dabei wesentliche Informationen und aufgrund der Anonymität sind keine Rückfragen möglich. Durch das neue webbasierte Hinweisgebersystem können Bürgerinnen und Bürger künftig auch digital, sicher und trotzdem anonym und diskret mit der Steuerverwaltung kommunizieren. Der Zugriff auf personenbezogene Daten der Hinweisgeberin oder des Hinweisgebers ist ausgeschlossen. Dies schafft zusätzliches Vertrauen. Über einen digitalen Postkasten besteht zudem die Möglichkeit eines anonymen Dialogs für Rück- und Nachfragen. Durch vorgegebene Pflichtfelder werden mehr qualifizierte Angaben und dadurch eine Steigerung der Qualität anonymer Anzeigen erwartet. Dadurch könnte auch die Zahl steuerstrafrechtlicher Ermittlungsverfahren steigen. Der digitalisierte und strukturierte Vorgang ermöglicht außerdem, dass mehr Anzeigen erfasst werden können.

zum Hinweisgeberportal

Weitere Informationen

Die „Einrichtung eines anonymen Hinweisgebersystems für die Steuerverwaltung“ ist eine Maßnahme des Projekts „Finanzamt der Zukunft“ (FiZ). Das Projekt greift einen innovativen Ansatz zur digitalen Verwaltungsentwicklung auf. Darin werden verschiedenste digitale und innovative Maßnahmen pilotiert und auf ihre Praxistauglichkeit hin erprobt. Darüber hinaus soll die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Steuerberaterinnen und Steuerberatern verbessert und transparenter werden.

OFD Karlsruhe, Mitteilung vom 30.8.2021

Erbschaft- und Schenkungsteuer 2020 um 19,4 % gestiegen

Im Jahr 2020 haben die Finanzverwaltungen in Deutschland Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen in Höhe von 84,4 Milliarden Euro veranlagt. Das steuerlich berücksichtigte geerbte und geschenkte Vermögen stieg damit um 5,9 % gegenüber dem Vorjahr.

Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, erhöhte sich die festgesetzte Erbschaft- und Schenkungsteuer um 19,4 % auf 8,5 Milliarden Euro. Dabei entfielen auf die Erbschaftsteuer 6,8 Milliarden Euro (+14,0 %) und auf die Schenkungsteuer 1,8 Milliarden Euro (+45,8 %).

Die im Vorjahresvergleich höheren Erbschaft- und Schenkungsteuerfestsetzungen beruhen zum einen auf einem Anstieg des veranlagten Grundvermögens (unbebaute und bebaute Grundstücke) um 22,5 % auf 32,6 Milliarden Euro. Zum anderen wurden im Jahr 2020 Anteile an Kapitalgesellschaften in Höhe von 5,2 Milliarden Euro (+12,4 %) und land- und forstwirtschaftliches Vermögen von 1,5 Milliarden Euro (+35,8 %) festgesetzt. Das restliche übrige Vermögen erhöhte sich auf 35,7 Milliarden Euro (+17,5 %). Der Rückgang des übertragenen Betriebsvermögens auf 15,6 Milliarden Euro (-20,2 %) führte dazu, dass die festgesetzte Steuer nicht noch höher ausfiel. Aus der Gesamtsumme des übertragenen Vermögens von 90,7 Milliarden Euro ergibt sich nach Abzug von Nachlassverbindlichkeiten das steuerlich berücksichtigte Vermögen von 84,4 Milliarden Euro.

Vermögensübertragungen durch Erbschaften gestiegen, Schenkungen leicht rückläufig

Das steuerlich berücksichtigte geerbte Vermögen ist 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 13,8 % auf 50,2 Milliarden Euro gestiegen. Hier wurden insbesondere 21,4 Milliarden Euro (+25,9 %) Grundvermögen und 30,5 Milliarden Euro (+15,9 %) übriges Vermögen (zum Beispiel Bankguthaben, Wertpapiere, Anteile und Genussscheine) übertragen. Auch das veranlagte geerbte Betriebsvermögen wuchs nach einem Rückgang im Jahr 2018 im zweiten Jahr in Folge. Im Jahr 2020 stieg es im Vorjahresvergleich um 32,8 % auf 3,9 Milliarden Euro.

Durch Schenkungen wurden im Jahr 2020 Vermögensübertragungen in Höhe von 34,2 Milliarden Euro veranlagt. Das waren 4,0 % weniger als im Vorjahr. Seit der Erbschaftssteuerreform im Jahr 2016, bei der die Verschonungsregelungen für die Übertragung von Betriebsvermögen beschränkt wurden, sind Schenkungen von Betriebsvermögen rückläufig. Im Jahr 2020 wurden 11,7 Milliarden Euro Betriebsvermögen und damit 29,7 % weniger als im Vorjahr festgesetzt. Das veranlagte geschenkte Grundvermögen stieg auf 11,2 Milliarden Euro (+16,5 %). Das übrige Vermögen betrug 10,4 Milliarden Euro (+19,8 %).

Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 25.04.2021

Anhebung der pauschalen Steuerfreibeträge für kommunale Mandatsträger ab 2021

Nach der Erhöhung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale durch das Jahressteuergesetz 2020 ergeben sich nun auch für kommunale Mandatsträger weitere steuerliche Erleichterungen. Durch die Anhebung der Steuerfreibeträge wird der ehrenamtliche Einsatz im kommunalen Bereich anerkannt und wertgeschätzt.

Für ihre Arbeit im kommunalpolitischen Bereich bspw. im Gemeinde- oder Stadtrat erhalten die ehrenamtlichen Mitglieder eine Aufwandsentschädigung. Der steuerlich abzugsfähige Aufwand wird dabei durch pauschale Beträge steuerfrei gestellt. Hierbei gilt der sog. Ratsherrenerlass, der die Freibeträge anhand der Einwohnerzahl der Gemeinde oder Stadt und des Landkreises staffelt. Die Freibeträge des sog. Ratsherrenerlasses wurden mit Unterstützung von Niedersachsen ab 2021 um 20 Prozent angehoben, nachdem sie seit 12 Jahren nicht mehr angepasst worden sind. Hiernach ergeben sich folgende Beträge:

in einer Gemeinde oder Stadt mit monatlich jährlich
höchstens 20.000 Einwohnern 125,00 Euro 1.500,00 Euro
20.001 bis 50.000 Einwohnern 199,00 Euro 2.388,00 Euro
50.001 bis 150.000 Einwohnern 245,00 Euro 2.940,00 Euro
150.001 bis 450.000 Einwohnern 307,00 Euro 3.684,00 Euro
mehr als 450.000 Einwohnern 367,00 Euro 4.404,00 Euro
in einem Landkreis mit monatlich jährlich
höchstens 250.000 Einwohnern 245,00 Euro 2.940,00 Euro
mehr als 250.000 Einwohnern 307,00 Euro 3.684,00 Euro

Die Aufwandsentschädigungen bleiben jedoch mindestens in Höhe des in der Lohnsteuer-Richtlinie genannten Betrags von 250 Euro monatlich steuerfrei. Bei einer Einwohnerzahl bis zu 150.000 in einer Gemeinde oder Stadt sowie bei höchstens 250.000 Einwohnern in einem Landkreis gilt daher grundsätzlich der Betrag von 250 Euro.

Finanzministerium Niedersachsen, Pressemitteilung vom 23.08.2021

Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig

Mit am 18.08.2021 veröffentlichten Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen in § 233a in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (im Folgenden: AO) verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5 % zugrunde gelegt wird.

Die Verzinsung von Steuernachforderungen mit einem Zinssatz von monatlich 0,5 % nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten stellt eine Ungleichbehandlung von Steuerschuldnern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber Steuerschuldnern, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt wird, dar. Diese Ungleichbehandlung erweist sich gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG für in die Jahre 2010 bis 2013 fallende Verzinsungszeiträume noch als verfassungsgemäß, für in das Jahr 2014 fallende Verzinsungszeiträume dagegen als verfassungswidrig. Ein geringere Ungleichheit bewirkendes und mindestens gleich geeignetes Mittel zur Förderung des Gesetzeszwecks bestünde insoweit in einer Vollverzinsung mit einem niedrigeren Zinssatz. Die Unvereinbarkeit der Verzinsung nach § 233a AO mit dem Grundgesetz umfasst ebenso die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen. Das bisherige Recht ist für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften dagegen unanwendbar.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.

Keine Kappung der Kirchensteuerprogression bei Einkünften aus Kapitalvermögen

Mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid hat der 4. Senat des Finanzgerichts Münster zum Erlass von Kirchensteuer wegen Kappung der Progression bei Vorliegen von Einkünften aus Kapitalvermögen neben tariflichen Einkünften Stellung genommen.

Die Kläger sind Mitglieder der römisch-katholischen Kirche und werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 2015 erzielten sie der tariflichen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte in Höhe von ca. 370.000 Euro und daneben Kapitaleinkünfte in Höhe von knapp 250.000 Euro, die nach § 32d EStG dem Einkommensteuersatz von 25 % unterworfen wurden. Hieraus resultierte eine Kirchensteuerfestsetzung von ca. 18.000 Euro, deren Berechnung zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.

Die Kläger beantragten eine Begrenzung der Kirchensteuer gemäß der Bischöflichen Anordnung zu Kirchensteuerhöchstbeträgen auf 4 % des zu versteuernden Einkommens. Dies lehnte der Beklagte ab, da nach § 32d EStG besteuerte Kapitaleinkünfte nicht unter diese Begrenzung fielen.

Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat die auf Erlass eines Teilbetrags der Kirchensteuer gerichtete Klage abgewiesen, da die Kläger keinen Anspruch auf einen solchen Erlass hätten.

Der begehrte Erlass könne zunächst nicht auf § 227 AO gestützt werden, da die Erhebung der vollständigen Kirchensteuer nicht unbillig erscheine. Die mit der Progression der Einkommensteuer verbundene Höhe der Kirchensteuer treffe alle Steuerpflichtigen ab einer gewissen Einkommenshöhe gleichermaßen und sei daher vom Gesetzgeber gewollt.

Auch aus dem Kirchensteuerrecht ergebe sich kein Erlasstatbestand. Weder das KiStG NRW noch die KiStO des Beklagten enthielten Aussagen zu Kappung der Progression bzw. zu einem entsprechenden Erlass der Kirchensteuer.

Schließlich sei auch die von den Klägern angeführte Bischöfliche Anordnung nicht geeignet, den begehrten Erlass zu begründen. Dabei könne offenbleiben, ob diese Anordnung überhaupt eine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Kirchensteuererlass darstellen kann. Jedenfalls lägen die hierin genannten Voraussetzungen nicht vor. Zum einen sei ausdrücklich geregelt, dass die dem 25 %-igen Steuersatz für Kapitaleinkünfte unterliegenden Beträge bei der Kappung außer Ansatz blieben. Zum anderen wären die Kapitaleinkünfte in die Bemessungsgrundlage für den Kappungsbetrag von 4 % einzubeziehen, wodurch der Höchstbetrag noch oberhalb der festgesetzten Kirchensteuer läge.

FG Münster, Mitteilung vom 16.08.2021 zu Gerichtsbescheid vom 15.06.2021 – 4 K 1768/20

Steuerliche Erleichterungen für Helferinnen und Helfer in Impfzentren

Bereits im Februar hatten die Finanzministerien von Bund und Ländern sich auf eine steuerliche Entlastung der freiwilligen Helferinnen und Helfer in Impfzentren festgelegt. Diese können von der sog. Übungsleiter- oder von der Ehrenamtspauschale profitieren, wonach Vergütungen für bestimmte Tätigkeiten bis zu einem festgelegten Betrag steuerfrei sind.

Diese Erleichterungen gelten nun auch, wenn das Impfzentrum von einem privaten Dienstleister betrieben wird oder die Helferinnen und Helfer in den Zentralen Impfzentren und den Kreisimpfzentren über einen privaten Personaldienstleister angestellt sind.

Nach den steuerlichen Vorschriften ist es für die Übungsleiter- und die Ehrenamtspauschale eigentlich notwendig, dass die freiwillig Tätigen über einen gemeinnützigen oder öffentlichen Arbeitgeber – das Land oder eine Kommune – angestellt sind, damit die Pauschalen greifen können. Allerdings ist die Struktur der in kürzester Zeit eingerichteten Impfzentren sehr unterschiedlich ausgestaltet, nicht alle Impfzentren werden zum Beispiel direkt von einer Kommune, dem Land oder einer gemeinnützigen Einrichtung betrieben. Das baden-württembergische Finanzministerium und das Sozialministerium haben sich daher intensiv dafür eingesetzt, dass ausnahmsweise eine Gleichbehandlung aller Freiwilligen für die Zeiträume 2020 und 2021 unabhängig von der Struktur des Impfzentrums erfolgt. Hierauf haben sich nun Bund und Länder zusammen verständigt.

Weitere Informationen

Nach der Abstimmung zwischen Bund und Ländern gilt für all diejenigen, die direkt an der Impfung beteiligt sind – also in Aufklärungsgesprächen oder beim Impfen selbst – die Übungsleiterpauschale. Diese Regelung gilt für Einnahmen in den Jahren 2020 und 2021. Die Übungsleiterpauschale lag 2020 bei 2.400 Euro, 2021 wurde sie auf 3.000 Euro jährlich erhöht. Bis zu dieser Höhe bleiben Einnahmen für eine freiwillige Tätigkeit steuerfrei.

Wer sich wiederum in der Verwaltung und der Organisation von Impfzentren engagiert, kann die Ehrenamtspauschale in Anspruch nehmen. Für das Jahr 2020 betrug sie bis zu 720 Euro, seit 2021 sind bis zu 840 Euro steuerfrei.

Sowohl Übungsleiter- als auch Ehrenamtspauschale greifen lediglich bei Vergütungen aus nebenberuflichen Tätigkeiten. Dies ist in der Regel der Fall, wenn sie im Jahr nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitstelle in Anspruch nehmen. Dabei können auch solche Helferinnen und Helfer nebenberuflich tätig sein, die keinen Hauptberuf ausüben, etwa Studentinnen und Studenten oder Rentnerinnen und Rentner.

Die Übungsleiterpauschale und die Ehrenamtspauschale sind Jahresbeträge, die einmal pro Kalenderjahr gewährt werden. Bei verschiedenen begünstigten Tätigkeiten werden die Einnahmen zusammengerechnet.

Finanzministerium Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 20.08.2021

Keine Steuerbefreiung für beamtenrechtliches pauschales Sterbegeld

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Zahlung eines beamtenrechtlichen Sterbegeldes, das pauschal nach den Dienstbezügen bzw. dem Ruhegehalt des Verstorbenen bemessen wird, nicht steuerfrei ist.

Die Klägerin war zusammen mit ihren beiden Geschwistern Erbin ihrer verstorbenen Mutter (M), die als Ruhestandsbeamtin vom Land Nordrhein-Westfalen (NRW) eine Pension bezog. Den Erben stand nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ein Sterbegeld in Höhe der doppelten Bruttobezüge des Sterbemonats der M zu. Auf Antrag der Klägerin zahlte das Landesamt NRW das Sterbegeld nach Abzug von einbehaltener Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag auf das von der Klägerin verwaltete Konto der M.

Das Finanzamt sah das Sterbegeld als steuerpflichtige Einnahmen der Klägerin an und erhöhte deren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um den Bruttobetrag des Sterbegeldes. Zugleich gewährte es einen Freibetrag für Versorgungsbezüge sowie den Werbungskosten-Pauschbetrag und rechnete die einbehaltenen Abzugsbeträge an. Das von der Klägerin angerufene Finanzgericht war dagegen der Ansicht, die Zahlung des Sterbegeldes sei nach § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei. Dem ist der BFH entgegengetreten.

Bei dem Sterbegeld handele es sich um steuerbare, der Klägerin als Miterbin der M zuzurechnende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Diese seien auch auf Grund der Besonderheiten der einschlägigen beamtenrechtlichen Regelungen der Klägerin –und nicht der Erbengemeinschaft– zugeflossen und nur von dieser zu versteuern. Das Sterbegeld sei nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Diese Steuerbefreiung komme nur für Bezüge in Betracht, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt worden seien. Dies sei bei den vorliegenden Bezügen nicht der Fall. Das Sterbegeld habe nur den Zweck, den Hinterbliebenen die Bestreitung der mit dem Tod des Beamten zusammenhängenden besonderen Aufwendungen zu erleichtern, d.h. z.B. die Kosten für die letzte Krankheit und die Bestattung des Beamten zu tragen. Es werde jedoch unabhängig davon ausgezahlt, ob anlässlich des Todesfalls tatsächlich Kosten entstanden seien. Das pauschale Sterbegeld orientiere sich daher nicht an einer typisierend vermuteten Hilfsbedürftigkeit des Empfängers.

BFH, Pressemitteilung vom 19.08.2021 zu Urteil vom 19.04.2021 – VI R 8/19