Mecklenburg-Vorpommern: Finanzamtsschreiben werden verständlicher

Bescheide und Schreiben der Finanzämter sollen verständlicher werden. Die von den Ländern entwickelten Grundregeln sind seit Beginn des Jahres im Rahmen einer Pilotstudie von Bürgerinnen und Bürgern getestet worden – mit großem Erfolg.

Kürzere Sätze, persönliche Ansprache, Verben statt Substantive – oft reichen schon kleine Veränderungen, um Behördenschreiben deutlich verständlicher zu machen. Auf Fachsprache muss nicht gänzlich verzichtet werden, allerdings sollte diese nicht Überhand nehmen und – wenn möglich – erläutert und durch Beispiele veranschaulicht werden.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Pilotstudie, die die Steuerverwaltungen der Länder zusammen mit dem Leibniz-Institut für Deutsche Sprache zu Beginn dieses Jahres durchgeführt hatte. Bürgerinnen und Bürger waren aufgerufen im Rahmen einer anonymen Befragung, die Verständlichkeit von Behördentexten zu bewerten. Ergebnis: Die überarbeiteten steuerlichen Fachtexte wurden in den allermeisten Fällen als „signifikant besser“ bewertet als die Ursprungstexte.

Fachleute der Länder hatten zuvor in Arbeitsgruppen Grundregeln für Fachtexte und Behördenschreiben entwickelt. Mit der Pilotstudie erfolgte nun der erste – sehr erfolgreiche – Praxistest. Die Befragung der Bürgerinnen und Bürger brachte zudem noch weitere hilfreiche Hinweise, die die „Sprache der Finanzverwaltung“ verständlicher und damit bürgernäher machen.

Finanzminister Reinhard Meyer: „Nicht nur beim Sport kommt es auf die B-Note an. Auch in der Steuerverwaltung ist es wichtig, dass neben der formalen Richtigkeit auch die Verständlichkeit eine tragende Rolle spielt. Die Finanzverwaltung ist dabei auf dem richtigen Weg, das hat die Pilotstudie gezeigt. Jetzt müssen wir diese Erkenntnisse schnellstmöglich auch in die Praxis umsetzen.“

Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern, Pressemitteilung Nr. 39/21 vom 10.8.2021

Keine Gewerbesteuer auf sog. Rendering-Leistungen von Architekten

Architekten, die ausschließlich sog. Rendering-Leistungen anbieten, sind freiberuflich und nicht gewerblich tätig, wenn bei den Tätigkeiten ein Gestaltungsspielraum besteht. Dies hat der 9. Senat des Finanzgerichts Köln entschieden.

Die Kläger sind Architekten und boten Visualisierungs-Dienstleistungen für fremde Architektenentwürfe an (sog. Rendering). Beim Rendering werden Entwurfs-Planungen mithilfe einer Grafik-Software dreidimensional veranschaulicht, damit der Betrachter einen Eindruck von der Wirkung eines Bauwerks bekommt. Das Finanzamt unterwarf die Einkünfte aus diesen Leistungen der Gewerbesteuer. Bei der Visualisierung fremder Architektenentwürfe stehe die Anwendung technischer Fertigkeiten und die Beherrschung der entsprechenden Grafik-Software im Vordergrund. Die Kläger hätten einen so begrenzten eigenen Gestaltungsspielraum, dass die Tätigkeit im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht mehr dem Berufsbild eines Architekten entspreche und daher als gewerblich anzusehen sei. Hiergegen wandten sich die Kläger mit ihrer Klage.

Die Klage hatte Erfolg. Der 9. Senat des Finanzgerichts Köln stellte fest, dass die Kläger typische Architektentätigkeiten im Bereich der gestalterischen Planung ausübten. Das Visualisieren/Rendern von Architekturprojekten gehöre unstreitig zur typischen Architektentätigkeit. Rendering sei inzwischen ein unerlässlicher Teil des Architekturstudiums. Die Spezialisierung auf einen für die Architektur typischen Teilbereich sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit unschädlich. Die komplexen Aufgabenstellungen bei der Planung und Errichtung von Bauwerken erforderten unterschiedliche Spezialisierungen. Die Kläger würden in einem Planungsstadium tätig, in dem nur ein grober Entwurf des Bauprojektes vorliege und viele Ausstattungsdetails noch fehlten. Daher seien sie auch ausreichend gestalterisch beteiligt und „hauchten“ dem Objekt durch ihre Tätigkeit erst „Leben“ ein.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

FG Köln, Pressemitteilung vom 10.08.2021 zum Urteil 9 K 2291/17 vom 21.04.2021 (rkr)

Künstlersozialabgabe voraussichtlich auch im Jahr 2022 bei 4,2 Prozent

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zur Künstlersozialabgabe-Verordnung 2022 (KSA-VO 2022) die Ressort- und Verbändebeteiligung eingeleitet.

Nach der neuen Verordnung wird auch im Jahr 2022 der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung unverändert 4,2 Prozent betragen.

Ermöglicht wurde dies durch den Einsatz zusätzlicher Bundesmittel (Entlastungszuschuss) in Höhe von insgesamt knapp 84,6 Millionen Euro. Damit wird einer Belastung der abgabepflichtigen Unternehmen entgegengewirkt und den negativen wirtschaftlichen Folgen gerade für die Kultur- und Kreativbranche durch die Corona-Pandemie Rechnung getragen. Gleichzeitig ist die solide Finanzierung der wichtigen sozialen Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern sowie Publizistinnen und Publizisten in der Künstlersozialversicherung weiterhin gewährleistet. Bereits im letzten Jahr wurden zusätzliche Bundesmittel in Höhe von 32,5 Millionen Euro zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes zur Verfügung gestellt.

Was ist die Künstlersozialversicherung?

Über die Künstlersozialversicherung werden derzeit mehr als 190.000 selbstständige Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die selbstständigen Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 Prozent) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 Prozent), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, finanziert. Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage erhoben. Der Abgabesatz wird jährlich für das jeweils folgende Kalenderjahr festgelegt und beträgt derzeit 4,2 Prozent. Bemessungsgrundlage sind alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte.

BMAS, Pressemitteilung vom 06.08.2021

BMF: Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung

Durch die Änderung der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) wird festgelegt, dass künftig EU-Taxameter und Wegstreckenzähler ebenfalls über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zum Schutz vor unprotokollierten Änderungen und Löschungen der digitalen Grundaufzeichnungen verfügen müssen.

EU-Taxameter und Wegstreckenzähler sind technisch mit elektronischen oder computergestützten Kassensystemen und Registrierkassen nicht vergleichbar, so dass die technischen Anforderungen an EU-Taxameter und Wegstreckenzähler festgelegt werden.

Kassen- und Parkscheinautomaten der Parkraumbewirtschaftung werden aufgrund der Vergleichbarkeit zu Fahrscheindruckern von dem Anwendungsbereich ausgenommen.

Ladepunkte für Elektro- oder Hybridfahrzeuge werden ebenfalls vom Anwendungsbereich der KassenSichV ausgenommen.

Für den Beleg, der von elektronischen oder computergestützten Kassensystemen und Registrierkassen auszugeben ist, werden als zusätzliche Mindestangaben der Prüfwert und der fortlaufende Zähler, der vom Sicherheitsmodul festgesetzt wird (Signaturzähler), festgelegt. Diese zusätzlichen Angaben ermöglichen eine Belegverifikation auch außerhalb der Geschäftsräume der Steuerpflichtigen und sind damit sowohl für die Finanzverwaltung als auch für die Steuerpflichtigen effektiv und ressourcenschonend.

-> Zur verkündeten Verordnung (PDF auf der Seite des BMF)

Bundesfinanzministerium, Mitteilung vom 09.08.2021

BMF: Verordnung über Anforderungen an elektronische Wertpapiere (eWpRV)

Der gemeinsame Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz für eine Verordnung über Anforderungen an elektronische Wertpapierregister (eWpRV) konkretisiert die Anforderungen an die Führung von elektronischen Wertpapierregistern nach dem am 10. Juni 2021 in Kraft getretenen Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG). Der Entwurf wurde auf der Grundlage von §§ 15 und 23 eWpG erstellt. Die Verordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

Das eWpG ermöglicht, bei der Begebung von Schuldverschreibungen und Investmentfonds-Anteilscheinen auf die bisher vorgeschriebene Wertpapierurkunde zu verzichten und die Wertpapiere stattdessen über deren Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister zu begeben.

Elektronische Wertpapierregister sind entweder vom Zentralverwahrer oder einer Depotbank geführte zentrale Register oder mittels der Blockchain-Technologie oder vergleichbarer Technologien geführte Kryptowertpapierregister. Registerführende Stellen müssen dabei nach dem eWpG verschiedene Anforderungen erfüllen.

Der Referentenentwurf der eWpRV zielt darauf ab, für registerführende Stellen möglichst rechtssichere Rahmenbedingungen zu schaffen und zugleich ein hohes Niveau an Anlegerschutz sicherzustellen. Hierfür enthalten sind in den

  • §§ 2 bis 11 eWpRV – Entwurf Regelungen, die sowohl für zentrale Register als auch Kryptowertpapierregister gelten sollen, und in den

  • §§ 12 bis 20 eWpRV – Entwurf weitere Regelungen, die nur auf Kryptowertpapierregister anzuwenden sind.

Weiter enthalten sind die allgemeinen Anforderungen an die Einrichtung und die Führung eines elektronischen Wertpapierregisters, die zu verwendenden Authentifizierungsinstrumente, die Zugänglichkeit des verwendeten Quellcodes oder Anforderungen an kryptographische Verfahren und Schnittstellen (vgl. §§ 4, 10, 13, 14, 15 und 18 eWpRV – Entwurf).

Im Übrigen werden näher bestimmt die

  • Festlegungs- und Dokumentationspflichten, die registerführende Stellen erfüllen müssen (§§ 2, 8, 11, 12 eWpRV – Entwurf),

  • erforderlichen Angaben, die ein elektronisches Wertpapierregister enthalten muss (§§ 3, 6, 7 eWpRV – Entwurf),

  • Bedingungen der Teilnahme an und Einsichtnahme in elektronische Wertpapierregister (§§ 9, 17 eWpRV – Entwurf),

  • nähere Bestimmungen zur Liste der Kryptowertpapiere, die die BaFin nach § 20 Absatz 3 eWpG führt (§ 16 eWpRV – Entwurf) und

  • eine Regelung zu den von registerführenden Stellen vorzusehenden Eintragungsarten (§ 5 eWpRV – Entwurf).

In Erwartung der weiteren Marktentwicklung im noch gänzlich neuen Feld der Führung elektronischer Wertpapierregister können zu einem späteren Zeitpunkt weitere Regelungen getroffen werden, soweit sich diese als erforderlich erwiesen haben.

BMF, Mitteilung vom 05.08.2021

Regierung: Corona-Konjunkturpaket ein Erfolg

Das vom Koalitionsausschuss am 3. Juni 2020 angesichts der Corona-Pandemie vorgelegte Konjunkturpaket ist nach Ansicht der Bundesregierung ein Erfolg.

Deutschland sei besser durch das Krisenjahr 2020 gekommen als alle anderen großen europäischen Volkswirtschaften, erklärt sie in ihrer Antwort (19/31764) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/30861).

Zudem setze das darin enthaltene Zukunftspaket wichtige Impulse für anstehende Transformationsprozesse, insbesondere bei Klimaschutz und Digitalisierung.

Von den Mitteln, die im Rahmen dieses Programms in den Bundeshaushalt 2020 eingestellt worden seien, seien gut 53,5 Milliarden Euro abgeflossen. Durch Steuerentlastungen entgangene Einnahmen sind den Ausführungen der Regierung zufolge in dieser Zahl nicht enthalten.

Mit diesen sowie einer Reihe weiterer ausgabenwirksamer Maßnahmen, die unabhängig vom Konjunkturprogramm sind, erklärt die Bundesregierung die Zahl von 300 Milliarden Euro, die Wirtschaftsminister Peter Altmaier den Fragestellern zufolge Anfang Juni 2021 als Volumen der Corona-Maßnahmen genannt hat.

Bundestag, hib-Meldung 949/2021 vom 09.08.2021

Rückwirkende Steuerermäßigung für kleine unabhängige Brauereien

Durch Artikel 13 des Gesetzes zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer (Bundesgesetzblatt 2021 Teil I Nr. 28 vom 08.06.2021, S. 1259 – 1274) ist die Biersteuermengenstaffel von 2003 rückwirkend zum 01. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2022 vorübergehend wiedereingeführt worden.

Die zentral vom Hauptzollamt Stuttgart durchzuführenden Versteuerungen (Steuerlagerinhaber und registrierte Empfänger mit Dauererlaubnis) werden weitgehend automatisiert im IT-Fachverfahren BIBER abgewickelt. Dort stehen die geänderten Staffelsteuersätze voraussichtlich ab dem Monat August 2021 zur Verfügung. Die für den zurückliegenden Besteuerungszeitraum des Jahres 2021 erforderlichen Änderungsbescheide zu zentral vom Hauptzollamt Stuttgart durchgeführten Versteuerungen werden voraussichtlich bis Mitte September automatisiert erstellt.

Auch in allen anderen Fällen, in denen zu hohe Staffelsteuersätze zugrunde gelegt worden sind, werden die Steuerfestsetzungen geändert, wenn die Abweichung von der rückwirkend zutreffenden Biersteuer mindestens zehn Euro beträgt (§ 156 Abs. 1 Satz 3 AO i.V.m. § 32 BierStV) und die sonstigen abgabenrechtlichen Voraussetzungen für eine Korrektur vorliegen.

Wegen der für eine Erstattung erforderlichen Angaben zur Bankverbindung wird sich das örtlich zuständige Hauptzollamt zeitnah mit den Betroffenen in Verbindung setzen.

Hinweis: Die Änderung der Steuerfestsetzungen wird von den Hauptzollämtern in die Wege geleitet. Ein Antrag der Steuerpflichtigen ist hierfür nicht erforderlich. Es wird daher gebeten, von diesbezüglichen Nachfragen bei den Hauptzollämtern zunächst abzusehen.

Zoll.de, Mitteilung vom 3.8.2021

Regierung gegen Steuerfreiheit von gespendetem Kaffee

Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, dass Kaffee, der etwa wegen Erreichens des Mindesthaltbarkeitsdatums an gemeinnützige Organisationen gespendet wird, von der Kaffeesteuer befreit werden soll.

Sie widerspricht damit in ihrer Antwort (19/31728) einem in einer Kleinen Anfrage (19/31452) enthaltenen Vorschlag der FDP-Fraktion.

Die Regierung verweist dabei unter anderem darauf, dass des sich bei Kaffee nicht um ein Lebensmittel, sondern um ein Genussmittel handele.

Bundestag, hib-Meldung 936/2021 vom 02.08.2021

Bayern: Anleitung für durch die Flutkatastrophe betroffene Unternehmen zur Herabsetzung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung

Um die durch die Flutkatastrophe betroffenen Unternehmen bestmöglich zu unterstützen und liquide zu halten, setzen die Finanzämter in Bayern auf Antrag die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen für 2021 herab bzw. erstatten diese im Bedarfsfall gar vollständig wieder zurück.

Die Herabsetzung/Erstattung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen ist indes nur für unmittelbar und nicht unerheblich von der Flutkatastrophe betroffene Unternehmen vorgesehen.

Der einfachste und schnellste Weg der Antragstellung zur Herabsetzung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021 besteht in der Übermittlung einer berichtigten Anmeldung über das ELSTER-Online-Portal entsprechend des Vordrucks: Anmeldung der Sondervorauszahlung „USt 1 H“.

WICHTIG: Der Antrag muss die Anmeldung als Berichtigung kennzeichnen (Kennzahl 10 = „1“ in Zeile 22). Auszufüllen ist somit die Zeile 22 (Kennzahl 10) mit einer „1“ und die Zeilen 24 und 25 (Kennzahl 38) mit jeweils „0“. Die Eintragungen in den Zeilen 24 und 25 mit jeweils „0“ führen zu einer vollständigen Erstattung der Sondervorauszahlung.

In der Zeile 34 (Kennzahl 23) ist durch Eingabe einer „1“ auf zusätzliche Angaben hinzuweisen. Darüber hinaus sind im Elster-Eingabefeld für Freitext die Gründe für die unmittelbare und nicht unerhebliche Betroffenheit des Unternehmens durch die Folgen der Flutkatastrophe darzulegen. Ein gesondertes Schreiben ist dann nicht erforderlich.

Die Antragstellung über einen Papiervordruck, schriftlich oder per Fax führt zu einer nicht prognostizierbaren Verzögerung des Erstattungsverfahrens.

Die Übermittlung einer berichtigten Anmeldung hat keine Auswirkung auf eine gewährte Dauerfristverlängerung nach § 46 UStDV, diese bleibt unverändert bestehen.

Bayerisches Landesamt für Steuern, Mitteilung vom 28.7.2021

Bundesgerichtshof bestätigt Urteil im bundesweit ersten Cum-Ex-Strafverfahren

Bisheriger Prozessverlauf und Sachverhalt:

Das Landgericht hat den Angeklagten S. im Zusammenhang mit sog. Cum-Ex-Geschäften in den Jahren 2007 bis 2011 wegen Steuerhinterziehung in mehreren Fällen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt; gegen den Mitangeklagten D. hat es wegen mehrerer Fälle der Beihilfe zur Steuerhinterziehung eine Bewährungsstrafe von einem Jahr verhängt. Zudem hat es bei dem Angeklagten S. Taterträge in Höhe von 14 Millionen Euro sowie bei dem Bankhaus W. als der Einziehungsbeteiligten in Höhe von ca. 176 Millionen Euro eingezogen.

Dem Urteil des Landgerichts lagen folgende Feststellungen zugrunde:

Der Angeklagte S. und Verantwortliche des Bankhauses W., insbesondere die gesondert Verfolgten Dr. O. und Sc., verabredeten in den Jahren 2007 bis 2011, deutsche Finanzbehörden durch wahrheitswidrige Erklärungen zur Erstattung angeblich gezahlter Kapitalertragsteuer in Millionenhöhe zu veranlassen, die tatsächlich aber nicht entrichtet wurde. Hierfür plante und organisierte der Angeklagte S. eine Vielzahl vom Bankhaus W. durchgeführter Cum-Ex-Leerverkaufsgeschäfte, die wie folgt abliefen: Das Bankhaus W. kaufte in der Dividendensaison der Jahre 2007 bis 2011 von Leerverkäufern jeweils kurz vor dem Hauptversammlungstag Aktien mit Dividendenanspruch (sog. „Cum-Aktien“); die Leerverkäufer lieferten – wie von vornherein geplant und auch gewollt – Aktien ohne Dividendenanspruch (sog. „Ex-Aktien“) und leisteten zur Kompensation an das Bankhaus W. je eine Ausgleichszahlung (sog. Dividendenkompensationszahlung), für die ab dem Jahr 2007 Kapitalertragsteuer zu entrichten ist. Allen Beteiligten war als Bankkaufleuten bekannt, dass diese Steuer weder auf Seiten der Leerverkäufer noch sonst einbehalten wurde. Gleichwohl stellte das Bankhaus W. sich selbst Steuerbescheinigungen zur Vorlage bei den Finanzbehörden aus, mit denen es – fälschlicherweise – den angeblichen Steuereinbehalt bestätigte. Unter Vorlage dieser Bescheinigungen bei den Finanzbehörden erreichten insbesondere die gesondert Verfolgten Dr. O. und Sc., dass an die Einziehungsbeteiligte zu Unrecht insgesamt über 166 Millionen Euro ausbezahlt wurden. Aus diesen Taterträgen erwirtschaftete die Einziehungsbeteiligte weitere 10 Millionen Euro.

In den Jahren 2009 bis 2011 war der Angeklagte S. noch an weiteren Fällen maßgeblich beteiligt, in denen die umgesetzte Strategie dem Vorgehen in den Eigenhandelsfällen des Bankhauses W. entsprach, jedoch eigens für diesen Zweck gegründete Fonds die Rolle des Leerkäufers übernahmen. Nach Vorlage – inhaltlich falscher – Steuerbescheinigungen, die den angeblichen Steuereinbehalt für die durchgeführten Cum-Ex-Transaktionen bestätigten, zahlten die Finanzbehörden an die Fonds zu Unrecht über 226 Millionen Euro aus.

Der Angeklagte S. profitierte von den Geschäften insgesamt in Höhe von 14 Millionen Euro. Hingegen war der Angeklagte D. an den Profiten nicht beteiligt; ihm kamen auch nur unterstützende Aufgaben zu.

Entscheidung des Senats:

Der u.a. für Steuerstrafsachen zuständige 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die gegen dieses Urteil von allen Verfahrensbeteiligten – mit unterschiedlicher Reichweite und Angriffsrichtung – eingelegten Revisionen verworfen und nur den Schuldspruch in Bezug auf den Angeklagten D. unter Aufrechterhaltung der verhängten Strafe dahin geändert, als dieser Angeklagte einer einheitlichen Beihilfe schuldig ist.

Mit seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Auffassung der Vorinstanz bestätigt, dass die Geltendmachung tatsächlich nicht einbehaltener Kapitalertragsteuer gegenüber den Finanzbehörden auf der Grundlage derartiger Cum-Ex-Geschäfte den Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt.

An einer vorsätzlichen Begehung konnte – wie das Landgericht ohne Rechtsfehler ausgeführt hat – kein Zweifel bestehen, weil die Beteiligten um den Dividendenstichtag herum bewusst arbeitsteilig auf die Auszahlung nicht abgeführter Kapitalertragsteuer hingewirkt haben. Zum Zeitpunkt der Begehung der Taten sah das Gesetz bereits in den insoweit einschlägigen Vorschriften eine klare und eindeutige Regelung vor, gegen die die Beteiligten nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts verstoßen haben. Dies ergibt sich schon daraus, dass nur die tatsächlich einbehaltene Kapitalertragsteuer zur Anrechnung und Auszahlung angemeldet werden darf. Zudem betrifft die von der Revision angeführte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum wirtschaftlichen Eigentum solche Konstellationen nicht, weil der bloße Abschluss derartiger Leerverkaufsabreden kein wirtschaftliches Eigentum begründen konnte.

Die Revisionen des Angeklagten S. und des Bankhauses W. gegen die sie betreffenden Einziehungsentscheidungen blieben ohne Erfolg. Das Landgericht hat auf Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen der jeweiligen Einziehung zu Recht bejaht und anhand der erzielten Taterträge und der hieraus gezogenen Nutzungen die Höhe der Einziehungsbeträge zutreffend bestimmt. Jedenfalls auf Grund der durch das Jahressteuergesetz 2020 vom 21. Dezember 2020 neu eingeführten Regelung des § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB ist die Einziehung auch nicht wegen Verjährung ausgeschlossen. Ebenso wenig drang die Staatsanwaltschaft mit ihrer Beanstandung durch, das Landgericht habe bei den Einziehungsanordnungen zu Unrecht zugunsten des Angeklagten S. und der Einziehungsbeteiligten eine gesamtschuldnerische Haftung angeordnet. Die getroffene Anordnung weist keinen Rechtsfehler auf.

Mit der Entscheidung des Senats ist das Urteil des Landgerichts rechtskräftig.

(BGH, Pressemitteilung vom 28.7.2021 zu Urteil vom 28. Juli 2021 – 1 StR 519/20