Eingeschränkte Abfärbewirkung bei Beteiligungseinkünften einer Personengesellschaft

Einkünfte einer Personengesellschaft aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen werden aufgrund zusätzlicher gewerblicher Beteiligungseinkünfte bei der Einkommensteuer in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert, unterliegen aber nicht der Gewerbesteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Danach ist § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht als der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt.
Im Streitfall erzielte eine KG hauptsächlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Daneben wurden ihr in geringem Umfang (negative) gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen an anderen Personengesellschaften zugerechnet.
Einkommensteuerrechtlich gelten die Einkünfte einer Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in zwei Fällen insgesamt als gewerblich. Diese sog. Abfärbewirkung greift ein, wenn zu den Einkünften einer Personengesellschaft auch Einkünfte aus originär gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG) oder aus der Beteiligung an einer anderen gewerblichen Perso-nengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG) gehören.
Für Gesellschaften, die neben nicht gewerblichen Einkünften auch solche aus einer originär ge-werblichen Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG) erzielen, hatte der BFH bereits ent-schieden, dass geringfügige gewerbliche Einkünfte nicht zur Abfärbung führen. Auf eine solche Geringfügigkeitsgrenze berief sich im Streitfall auch die KG in Bezug auf ihre gewerblichen Betei-ligungseinkünfte. Sie machte geltend, dass eine Abfärbung der gewerblichen Beteiligungseinkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG angesichts deren Geringfügigkeit unverhältnismäßig sei.
Dem folgte der BFH nicht. Einkommensteuerrechtlich führen nach seinem Urteil gewerbliche Beteiligungseinkünfte unabhängig von ihrem Umfang immer zur Umqualifizierung nicht gewerblicher Einkünfte. Es handele sich insoweit um eine grundsätzlich zulässige Typisierung, mit der Einkünfte einer Einkunftsart insgesamt einer anderen Einkunftsart zugeordnet werden. Nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles könne diese Umqualifizierung für den Steuerpflichtigen auch zu steuerrechtlichen Vorteilen wie etwa bei einer Verlustberücksichtigung oder einer Rück-lagenbildung führen.
Im Hinblick auf die Gewerbesteuer sei die Abfärbewirkung aufgrund gewerblicher Beteiligungs-einkünfte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG) – anders als die Abfärbewirkung bei originär ge-werblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG) – aber nur dann verfassungsgemäß, wenn die infolge der Abfärbung gewerblichen Einkünfte nicht gewerbesteuerbar seien. Nur so werde eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Personengesellschaften gegenüber Einzel-unternehmern vermieden.
In seiner Begründung bezog sich der BFH auf den Schutz des Gewerbesteueraufkommens als Gesetzeszweck. Die Abfärbewirkung aufgrund originär gewerblicher Tätigkeit verhindere, dass in-folge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Tätigkeiten einer Gesellschaft gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen werden. Diese Gefahr bestehe bei gewerblichen Beteiligungseinkünften nicht, so dass es insoweit keiner Abfärbewirkung bedürfe. Zudem seien die gewerblichen Beteiligungseinkünfte, die bei der Obergesellschaft (im Streitfall: KG) einkommensteuerrechtlich zur Gewerblichkeit der weiteren Einkünfte führen, bei ihr im Hinblick auf die gewerbesteuerrechtliche Kürzung ohnehin nicht mit Gewerbesteuer belastet.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 46 vom 1.8.2019 zu Urteil vom 6.6.2019 – IV R 30/16)

Steuerliche Behandlung von Pflegegeldern: Abgrenzungsfrage zwischen „Vollzeitpflege“ und „Betreuung in einer anderen Einrichtung“

Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG in Grenzfällen zwischen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII und der Betreuung in einer anderen Einrichtung gem. § 34 SGB VIII.

Mit dieser Abgrenzungsfrage hat sich der 2. Senat des FG in einem Urteil vom 27. Februar 2019 (Az. 2 K 8/19) auseinandergesetzt.
Im Streitfall hatte die Klägerin, eine aus Ehegatten bestehende GbR, in ihrem Haus bis zu sechs Pflegekinder aufgenommen. Die Beteiligten stritten darüber, ob die gezahlten Pflegegelder aufgrund einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei waren oder es sich um eine steuerpflichtige Betreuung in einer anderen Einrichtung gem. § 34 SGB VIII handelte.
Für den Senat stand unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entscheidend die Tatsache im Vordergrund, dass die Betreuung den Gesellschaftern der Klägerin persönlich übertragen worden war: der Dienstleistungsvertrag war mit den beiden Gesellschaftern abgeschlossen worden. Im Unterschied zu einem Kinderheim, in dem die Betreuung zumindest auch durch – durchaus wechselnde – angestellte Erzieher erbracht werde, seien die Kinder und Jugendlichen im Streitfall eher wie bei einer typischen Pflegefamilie in den persönlichen Haushalt der Gesellschafter der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Beschäftigung einer Teilzeitkraft stehe dem nicht entgegen. Selbst wenn im Sozialrecht eine Einordnung des Streitfalls möglicherweise eher unter § 34 SGB VIII zu erfolgen habe, schlösse dies eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG nicht zwingend aus. Denn der BFH habe ausdrücklich offengelassen, ob bei Mischformen eine Anwendung der Befreiungsnorm in Betracht zu ziehen sein könne (BFH-Urteil vom 5. November 2014 Az. VIII R 29/11, BStBl II 2017 S. 432 Rnr. 62).
Das Urteil ist rechtskräftig.
(FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 04.07.2019 zu Urteil vom 27.02.2019 – 2 K 8/19)

Rechtliche Gestaltung im Zusammenhang mit Bondstripping kann missbräuchlich sein

Das FG Düsseldorf hat zu der steuerlichen Behandlung einer Gestaltung Stellung genommen, bei der mittels eines sog. Bondstrippings der Unterschied zwischen dem Abgeltungssteuersatz und dem individuellen Einkommensteuertarif genutzt werden sollte, um Steuervorteile zu erlangen.

Der Kläger erwarb im Jahr 2013 eine deutsche Bundesanleihe mit einer Laufzeit von über 20 Jahren. Nach einer Teilung der Anleihe im Wege des sog. Bondstrippings veräußerte er die Zinsscheine an eine Bank. Den Anleihemantel veräußerte er an eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger war. Die GmbH wiederum veräußerte den Anleihemantel weiter. Die Mittel zum Erwerb des Anleihemantels hatte der Kläger der GmbH darlehensweise zur Verfügung gestellt. Zwischen dem Erwerb der Bundesanleihe und den Veräußerungen vergingen ca. 2 Wochen.
Wenige Tage später wiederholte der Kläger dieses Vorgehen (Erwerb einer Bundesanleihe, Bondstripping, Veräußerung der Zinsscheine, Veräußerung des Anleihemantels an die GmbH und Weiterveräußerung durch die GmbH).
Der Beklagte sah in der vom Kläger gewählten Gestaltung einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten. Die Verluste aus der Veräußerung der Anleihemäntel seien lediglich mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen, insbesondere den Gewinnen aus der Veräußerung der Zinsscheine, verrechenbar.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger eine Erhöhung seiner Einkommensteuerfestsetzung 2013 und die Feststellung eines verrechenbaren Verlustes, der sich über einen Verlustrücktrag in das Jahr 2012 steuerlich auswirken sollte. Er vertrat die Ansicht, dass die Erlöse aus der Veräußerung der Zinsscheine der Abgeltungssteuer unterlägen. Durch die Veräußerung der Anleihemäntel habe er einen verrechenbaren Verlust erlitten, der dem allgemeinen Einkommensteuertarif unterliege. Die Anschaffungskosten der Bundesanleihen seien nach dem Bondstripping ausschließlich den Anleihemänteln zuzuordnen.
Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Zwar unterliege der Gewinn aus der Veräußerung der Zinsscheine grundsätzlich dem Abgeltungssteuersatz, während der Verlust aus der Veräußerung der Anleihemäntel grundsätzlich dem allgemeinen Steuertarif unterliege. Der Verlust aus der Veräußerung der Anleihemäntel sei aber erheblich geringer als der vom Kläger geltend gemachte Betrag. Die vorzunehmende Neuberechnung führe zu einer Herabsetzung der Einkommensteuer 2013, was vom Kläger aber nicht begehrt werde und daher nicht ausgesprochen werden dürfe.
Der Senat entschied, dass die Anschaffungskosten der im Privatvermögen gehaltenen Bundesanleihen nach dem Bondstripping auf den Anleihemantel und die Zinsscheine aufzuteilen seien. Zwar greife das Bondstripping nicht in die Substanz der Anleiheforderung ein. Durch das Bondstripping seien aber die zukünftigen Zinsansprüche zu eigenständigen Wirtschaftsgütern geworden. Dies führe zu einer Wertminderung des Anleihemantels. Aufteilungsmaßstab seien die jeweiligen Marktwerte des Anleihemantels einerseits und der Zinsscheine andererseits.
Der Senat führte außerdem aus, dass die Klage auch dann keinen Erfolg gehabt hätte, wenn die Anschaffungskosten der Bundesanleihen vollständig dem Anleihemantel zugeordnet würden. In diesem Fall läge ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vor. Die durchgeführten Transaktionen hätten allein der Steuerminderung gedient. Es hätten hohe dem allgemeinen Steuertarif unterliegende und voll verrechenbare Verluste generiert werden sollen, denen entsprechend hohe positive Einkünfte gegenüberstehen, die lediglich dem Abgeltungssteuersatz unterliegen. Auch die Zwischenschaltung der vom Kläger beherrschten GmbH stelle einen Gestaltungsmissbrauch dar; sie habe nur dazu gedient, die Veräußerungsverluste aus dem Anwendungsbereich der Abgeltungssteuer herauszunehmen.
Bezüglich der Aufteilung der Anschaffungskosten der im Privatvermögen gehaltenen Bundesanleihe nach einem Bondstripping hat der Senat dem Zwischenurteil des FG Düsseldorf vom 17.12.2018, Az. 2 K 3874/15 F widersprochen (zur Pressemitteilung zu dieser Entscheidung klicken Sie bitte hier). Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die vom Senat zugelassene Revision ist unter dem Az. VIII R 15/19 beim Bundesfinanzhof anhängig.
(FG Düsseldorf, Mitteilung vom 16.07.2019 zu Urteil vom 29.03.2019 – 1 K 2163/16; BFH-Az.: VIII R 15/19)

Keine Erstattung von Vorsteuerüberhängen aus vorinsolvenzrechtlicher Zeit an den Insolvenzverwalter

Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass im Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung unter Bestellung eines sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters begründete Vorsteuererstattungsansprüche dem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil und nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen sind. Dies hat zur Folge, dass keine Erstattung an den Insolvenzverwalter erfolgt.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH & Co. KG. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens war er bereits als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter) bestellt worden. Für den Zeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung machte der Kläger Vorsteuerüberhänge geltend und beantragte eine entsprechende Festsetzung zugunsten der Insolvenzmasse. Dies lehnte das Finanzamt ab, da die Vorsteuern dem vorinsolvenzrechtlichen Vermögensteil zuzuordnen seien.
Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster hat die Klage abgewiesen und zunächst auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung verwiesen, wonach ein Unternehmen nach den Erfordernissen des Insolvenzrechts in einen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil, die Insolvenzmasse und das insolvenzfreie Vermögen aufzuteilen sei, zwischen denen keine Umsatzsteuern verrechnet werden dürften. Maßgeblich für die Aufteilung sei die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nicht die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt. In diesem Zeitpunkt unterliege die Insolvenzmasse nämlich noch nicht der Beschlagnahme.
Dieser Beurteilung stehe auch die Vorschrift des § 55 Abs. 4 InsO nicht entgegen, wonach Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit dessen Zustimmung begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten gelten. Diese Regelung erfasse nach ihrem Wortlaut nur Verbindlichkeiten, nicht aber Forderungen der Masse. Forderungen und Verbindlichkeiten seien auch nach dem Gesetzeszweck nicht gleichzustellen. Die Regelung sei vielmehr eingeführt worden, um den Nachteil auszugleichen, den der Fiskus als Gläubiger hinzunehmen hat, denn er könne – anders als andere Insolvenzgläubiger – keine Vorkehrungen gegen drohende Verluste von vom schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten treffen. Vor diesem Hintergrund liege auch keine verfassungswidrige Privilegierung des Fiskus vor.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Münster, Mitteilung vom 15.07.2019 zu Urteil vom 12.06.2019 – 5 K 166/19)

Kindergeld: Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitausbildung bei einem bereits erwerbstätigen Kind

Haben volljährige Kinder bereits einen ersten Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang erlangt, setzt der Kindergeldanspruch aufgrund eines weiteren Ausbildungsgangs voraus, dass dieser noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist und die Ausbildung die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes bildet. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat, reicht es nicht aus, wenn lediglich eine berufsbegleitende Weiterbildung vorliegt, da dann bereits die Berufstätigkeit im Vordergrund steht und der weitere Ausbildungsgang nur neben dieser durchgeführt wird.

Die Klägerin ist die Mutter einer im März 1991 geborenen Tochter. Die Tochter befand sich bis Juli 2013 in einer Ausbildung zur Verwaltungsangestellten. Von November 2013 bis Juli 2016 absolvierte sie einen berufsbegleitenden Angestelltenlehrgang II zur Verwaltungsfachwirtin. Daneben stand sie in einem Vollzeitarbeitsverhältnis bei einer Stadtverwaltung. Die Familienkasse lehnte eine Weiterzahlung des Kindergelds ab August 2013 mit der Begründung ab, dass die Tochter bereits eine erste Berufsausbildung abgeschlossen habe und während der Zweitausbildung einer zu umfangreichen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt. Es sah den Angestelltenlehrgang II noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung an und verpflichtete die Familienkasse das Kindergeld bis März 2016 weiterzuzahlen.
Dagegen war die Revision der Familienkasse begründet. Für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur dann ein Kindergeldanspruch, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Zwar können auch mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammen zu fassen sein, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Eine solche einheitliche Erstausbildung liegt nach dem Urteil des BFH jedoch dann nicht mehr vor, wenn die nach Erlangung des ersten Berufsabschlusses aufgenommene Erwerbstätigkeit bereits die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der Weiterbildung oder dem Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Beruf dienen. Damit präzisiert der BFH den Erstausbildungsbegriff.
Dagegen lehnte der BFH eine Dienstanweisung der Familienkassen ab, nach der eine einheitliche Erstausbildung nur dann angenommen werden könne, wenn die Absichtserklärung zur Fortführung der Erstausbildung spätestens im Folgemonat nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnitts vorgelegt wird. Ebenso wenig sah es der BFH als schädlich an, dass der zweite Ausbildungsabschnitt eine Erwerbstätigkeit zur Abschlussvoraussetzung macht.
In einem ähnlich gelagerten Fall, in dem die Tochter nach der Ausbildung zur Bankkauffrau ein berufsbegleitendes Studium zur Bankfachwirtin aufnahm, widersprach der BFH mit einem weiteren Urteil vom 21. März 2019 III R 17/18 zudem der Verwaltungsauffassung, dass eine einheitliche Erstausbildung nur dann in Betracht komme, wenn sämtliche Ausbildungsmaßnahmen öffentlich-rechtlich geordnet sind.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 42 vom 18.7.2019 zu Urteil vom 20.2.2019 – III R 42/18)

Mietkosten können auch nach Beendigung der doppelten Haushaltsführung abzugsfähig sein

Die Miete für eine ursprünglich für eine doppelte Haushaltsführung genutzte Wohnung kann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer einer neuen Arbeitsplatzsuche als vorweggenommene Werbungskosten abgezogen werden. Dies hat 7. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.

Der Kläger ging einer Beschäftigung in Berlin nach, hatte seinen Lebensmittelpunkt aber weiterhin unstreitig in Nordrhein-Westfalen. Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zum 31. August 2015 behielt der Kläger seine Wohnung in Berlin bei und bewarb sich in der Folgezeit auf eine Vielzahl von Arbeitsplätzen im gesamten Bundesgebiet, von denen drei in Berlin und Umgebung lagen. Nach Zusage einer Stelle in Hessen zum 1. Januar 2016 kündigte der Kläger die Mietwohnung in Berlin fristgerecht zum 29. Februar 2016.
Das Finanzamt erkannte die Mietkosten für die Wohnung in Berlin nur bis zum Ende der mietvertraglichen Kündigungsfrist der Wohnung damit bis einschließlich November 2015 an. Der Kläger begehrte demgegenüber einen Werbungskostenabzug auch für die Dezembermiete in Höhe von rund 240 Euro.
Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage stattgegeben. Die Miete für den Monat Dezember 2015 sei zwar nicht mehr durch die doppelte Haushaltsführung veranlasst. Bei den Aufwendungen handele es sich jedoch um vorweggenommene Werbungskosten, denn es sei ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen erkennbar. Der Kläger habe sich weiterhin auf Arbeitsstellen in Berlin und Umgebung beworben und die Wohnung unmittelbar nach Zusage einer neuen Arbeitsstelle an einem anderen Ort gekündigt. Aus diesem Grund werde die mögliche private Nutzung der Wohnung, etwa für mögliche Wochenendbesuche, überlagert. Zu berücksichtigen sei auch, dass eine vorzeitige Kündigung und eine etwaige Neuanmietung einer anderen Wohnung für den Kläger teurer gewesen wären als die Beibehaltung der verhältnismäßig günstigen Wohnung.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Münster, Mitteilung vom 15.07.2019 zu Urteil vom 12.06.2019 – 7 K 57/18)

Mietvertrag zwischen Lebensgefährten über hälftige Nutzung der gemeinsam bewohnten Wohnung ist steuerlich nicht anzuerkennen

Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied, es liegt kein steuerrechtlich anzuerkennendes Mietverhältnis vor, wenn die Klägerin und Vermieterin die zur Hälfte vermietete Wohnung gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und Mieter bewohnt.

Das Mietverhältnis halte keinem Fremdvergleich stand. Ein fremder Dritter lasse sich nicht auf eine bloße Berechtigung zur Mitnutzung einer Wohnung ohne Privatsphäre, ohne ihm individuell und abgrenzbar zugewiesene Wohnräume ein. Der Vortrag, jeder habe jeweils ein Schlafzimmer zur ausschließlichen individuellen Nutzung, könne nicht überprüft werden und widerspreche dem Mietvertrag. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft sei jedenfalls auch eine Wirtschaftsgemeinschaft, deren wesentlicher Bestandteil das gemeinsame Wohnen sei. Daher sei kein zivilrechtlicher Vertrag, sondern die persönliche Beziehung („innere Bindung“) der Partner die Grundlage des gemeinsamen Wohnens. Beide Partner tragen nach ihren Kräften finanziell zur gemeinsamen Lebensführung bei, wozu auch das Wohnen gehöre. Die erklärten Mieteinnahmen seien steuerlich nicht berücksichtigungsfähige „Beiträge zur gemeinsamen Haushaltsführung“ und Aufwendungen für diese Wohnung nicht abzugsfähig.
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Immobilie mit mehreren Wohnungen. Im Erdgeschoss befindet sich ihr Büro, das Dachgeschoss vermietet sie an einen fremden Dritten zu Wohnzwecken und das Obergeschoss bewohnt sie mit ihrem Lebensgefährten. Dieser überwies ihr im Streitjahr monatlich einen als Miete bezeichneten Betrag in Höhe von 350 Euro und ein Haushaltsgeld in Höhe von 150 Euro. Die Klägerin und ihr Lebensgefährte haben ein als Mietvertrag bezeichnetes Dokument unterzeichnet. Danach vermietet die Klägerin die Wohnung im Obergeschoss „zur Hälfte“ für 350 Euro inklusive Nebenkosten monatlich. In ihrer Einkommensteuererklärung erklärte sie Verluste aus Vermietung und Verpachtung des Ober- und des Dachgeschosses. Das beklagte Finanzamt wich zunächst nicht von den erklärten Angaben ab und erließ einen Einkommensteuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach einer Außenprüfung änderte das Finanzamt diesen Bescheid. Es berücksichtigte den auf die Vermietung an den Lebensgefährten entfallenden Verlust nicht mehr.
(FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 15.07.2019 zu Urteil vom 06.06.2019 – 1 K 699/19)

Keine Tarifbegünstigung bei Realteilung mit Verwertung in Nachfolgegesellschaft

Verwertet der bei der Realteilung einer Sozietät ausscheidende Sozius den ihm im Rahmen der Realteilung zugewiesenen und zum gemeinen Wert entnommenen Mandantenstamm dadurch, dass er diesen in eine Nachfolgegesellschaft einlegt und anschließend auch aus dieser gegen Abfindung ausscheidet, liegt nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) kein tarifbegünstigter Aufgabegewinn vor. Denn es werden dann nicht bereits mit der Realteilung der Sozietät die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit aufgegeben.

Der Kläger war Gesellschafter einer Rechtsanwaltssozietät, die in mehreren Großstädten Standor-te unterhalten hatte. Die Sozietät wurde im Jahr 2001 durch Realteilung aufgelöst, was zu einer Betriebsaufgabe führte. Ihr Vermögen wurde auf Nachfolgegesellschaften, die die Partner der einzelnen Standorte gegründet hatten, übertragen. Auch der Kläger wurde zunächst Gesellschafter einer solchen Nachfolgegesellschaft, schied jedoch unmittelbar nach deren Gründung gegen Zahlung einer Abfindung aus dieser Gesellschaft aus. Er war der Meinung, der im Zusammenhang mit der Auflösung der Sozietät entstandene anteilige Aufgabegewinn sei tarifbegünstigt zu besteuern, da er wirtschaftlich betrachtet aus der Sozietät ausgeschieden sei. Daneben habe er auf Ebene der Nachfolgegesellschaft einen Veräußerungsverlust erlitten.
Der VIII. Senat des BFH gewährte dem Kläger die streitige Tarifbegünstigung gem. §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 4, 34 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes für den anteiligen Aufgabegewinn aus der Sozietät nicht. Die Tarifbegünstigung setze im Fall einer Betriebsaufgabe durch Realteilung voraus, dass die anteiligen vermögensmäßigen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit des Realteilers in der Sozietät aufgegeben werden. Hieran fehle es, wenn der Kläger die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner beruflichen Tätigkeit in der Sozietät in Gestalt des anteiligen Mandantenstamms erst mit seinem Ausscheiden aus der Nachfolgegesellschaft endgültig aus der Hand gebe.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 40 vom 11.7.2019 zu Urteil vom 15.1.2019 – VIII R 24/15)

Kein inländischer Wohnsitz eines hauptsächlich im Ausland lebenden Ehegatten

Der 1. Senat des FG Hamburg hat eine Klage abgewiesen, mit der der Steuerpflichtige die Zusammenveranlagung mit seiner vorwiegend im Ausland lebenden Ehefrau begehrte.

Die Eheleute hatten 2010 in Kenia geheiratet und besaßen dort ein Wohngrundstück zu Eigentum. Im Jahr der Eheschließung verbrachte die Ehefrau 42 Tage in Deutschland, in den Streitjahren 2012 und 2013 21 bzw. 23. Tage. Der Ehemann hielt sich in den Wintermonaten ca. 10 Wochen in Kenia auf. Die Ehefrau reiste jeweils mit einem Visum für kurzfristige Aufenthalte (Erlaubnis für Aufenthalte von maximal 90 Tagen je 189 Tage) ein. Vom 8. September bis 8. Dezember 2011 war die Ehefrau in der Wohnung ihres Ehemannes in Hamburg gemeldet. Aufgrund der am 12. September 2013 beantragten und ihr am 19. September 2014 erteilten Aufenthaltserlaubnis meldete sie sich ab dem 24. Oktober 2014 wieder in Hamburg an.

Das Gericht hat einen Wohnsitz der Ehefrau in der Wohnung ihres Mannes in Hamburg während der Streitjahre verneint. Ihr sei bereits aus aufenthaltsrechtlichen Gründen nicht uneingeschränkt eine jederzeitige Nutzung möglich gewesen. Vor allem sei sie aber nur mit zeitlich beschränkten Visa für Kurzaufenthalte in Deutschland gewesen. Die generelle Vermutung, dass ein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte seinen Wohnsitz dort habe, wo sich seine Familie befinde, sei im Streitfall durch die konkreten tatsächlichen Verhältnisse widerlegt. Ihre Aufenthalte in Deutschland seien lediglich als Besuche zu qualifizieren.

Gewissermaßen als Trostpflaster wurden Unterstützungszahlungen an die Ehefrau als außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen berücksichtigt.

(FG Hamburg, Pressemitteilung zu Urteil vom 12.4.2018 – 1 K 202/16, Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH: Az. III B 65/18)

Spendenabzug bei Schenkung unter Ehegatten mit Spendenauflage

Ein Ehegatte kann eine Spende auch dann einkommensteuerlich abziehen, wenn ihm der Geldbetrag zunächst von dem anderen Ehegatten geschenkt wird. Voraussetzung ist hierfür nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), dass die Ehegatten zusammenveranlagt werden und dass aufgrund einer Auflage im Schenkungsvertrag die Verpflichtung besteht, den Geldbetrag an einen gemeinnützigen Verein weiterzuleiten.

Im entschiedenen Fall hatte der – kurz darauf verstorbene – Ehemann (E) seiner Ehefrau einen Geldbetrag von 400.000 Euro geschenkt. Die Ehefrau (Klägerin) gab Teilbeträge von insgesamt 130.000 Euro an zwei gemeinnützige Vereine weiter. Hierzu war sie möglicherweise aufgrund einer Auflage des Schenkers verpflichtet. Die Vereine stellten Zuwendungsbestätigungen auf den Namen der Klägerin aus.
Das Finanzamt versagte den Spendenabzug mit der Begründung, die Ehefrau habe nicht freiwillig gehandelt, sondern aufgrund einer Verpflichtung, die der E ihr auferlegt habe. Dem schloss sich das Finanzgericht (FG) an.
Auf die Revision der Klägerin hob der BFH dieses Urteil auf und verwies die Sache an die Vorinstanz zurück. Das FG muss aufklären, ob der E der Klägerin den Geldbetrag mit der Auflage geschenkt hat, einen Teilbetrag an die Vereine weiterzugeben. Dann wäre ihr der Spendenabzug zu gewähren. Die erforderliche Freiwilligkeit sei auch dann zu bejahen, wenn die Klägerin als Spenderin zu der Zuwendung zwar rechtlich verpflichtet gewesen sei, diese Verpflichtung – wie hier im Schenkungsvertrag – aber ihrerseits freiwillig eingegangen sei. Auch komme es bei zusammenveranlagten Eheleuten nicht darauf an, welcher der Eheleute mit einer Zuwendung wirtschaftlich belastet sei. Dies folge bereits aus dem Wortlaut des § 26b EStG.
In seinem Urteil äußert sich der BFH in grundsätzlicher Weise zu den Merkmalen des Spendenbegriffs wie etwa der Unentgeltlichkeit, der Freiwilligkeit und der wirtschaftlichen Belastung. Die Entscheidung wird daher die weitere Rechtsprechung maßgeblich beeinflussen.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 15 vom 20.3.2019 zu Urteil vom 15.10.2019 – X R 6/17)