Nachweis der Besteuerung ausländischen Arbeitslohns durch Arbeitgeberbescheinigung möglich

Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Gerichtsbescheid entschieden, dass für den Nachweis der Besteuerung von Arbeitslohn in Indien eine Arbeitgeberbescheinigung ausreichen kann. Die Vorlage eines Einkommensteuerbescheides und eines hierauf bezogenen Zahlungsnachweises sind für die Inanspruchnahme der Freistellung gemäß § 50d Abs. 8 EStG nicht in jedem Fall zwingend erforderlich.

Der Kläger war im Jahr 2008 an insgesamt 241 Tagen für seine inländische Arbeitgeberin in Indien tätig, verfügte aber weiterhin über einen Wohnsitz in Deutschland. Ein im Auftrag der Arbeitgeberin tätiger indischer Steuerberater erstellte eine Auflistung, aus der die Höhe der indischen Lohnsteuern hervorgeht und die auch den Namen des Klägers enthält. Ferner existieren Zahlungsbelege über die von der Arbeitgeberin gezahlten Beträge. Eine Einkommensteuererklärung gab der Kläger in Indien nicht ab.

Das Finanzamt unterwarf den indischen Arbeitslohn des Klägers der deutschen Besteuerung. Eine Freistellung komme gemäß § 50d Abs. 8 EStG nicht in Betracht, weil die tatsächliche Steuerzahlung im Ausland nicht durch Steuerbescheid oder personenbezogene Quellensteuerbescheinigung nachgewiesen worden sei. Zur Begründung seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trug der Kläger vor, dass die in Indien abgeführte Lohnsteuer abgeltende Wirkung entfalte und er keine weiteren Unterlagen vorlegen könne.

Das Gericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der inländische Arbeitslohn des Klägers sei von der deutschen Besteuerung freizustellen und lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.

Aufgrund seines inländischen Wohnsitzes sei der Kläger im Streitjahr 2008 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Der in Indien erzielte Arbeitslohn sei jedoch nach den Regelungen des DBA-Indien von der deutschen Besteuerung freizustellen, weil der Kläger sich an mehr als 183 Tagen in Indien aufgehalten habe.

Dem stehe § 50d Abs. 8 EStG, wonach eine Freistellung nach einem DBA nur gewährt wird, wenn der andere Staat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat oder ein Nachweis über die Festsetzung und Entrichtung der ausländischen Steuern vorgelegt wird, nicht entgegen. Vorliegend habe der Kläger nachgewiesen, dass sein Arbeitslohn in Indien dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurde. Dies ergebe sich aus der Auflistung des indischen Steuerberaters, den hierzu vorgelegten Zahlungsbelegen und den erläuternden Bescheinigungen der Arbeitgeberin. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die abgeführte Lohnsteuer im Rahmen einer Jahresveranlagung erstattet bekommen hat. Eine solche Veranlagung sei in Indien nicht durchgeführt worden und habe auch nicht durchgeführt werden können, da der Kläger dort nicht über die erforderliche „Permanent Account Number“ verfügt habe. Selbst wenn der Kläger verpflichtet gewesen wäre, in Indien eine Steuererklärung abzugeben, ließe dies die inländische Freistellung des Arbeitslohns nicht entfallen, weil tatsächlich eine indische Besteuerung stattgefunden habe. Entscheidend sei lediglich, dass der Arbeitslohn überhaupt besteuert wurde. Ob Steuern in zutreffender Höhe gezahlt wurden, sei nicht von Bedeutung. Die Vorlage eines Jahressteuerbescheids und eines Zahlungsbelegs sei nach Sinn und Zweck der Regelung in § 50d Abs. 8 EStG nicht zwingend geboten und werde auch von der Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 3. Mai 2018, BStBl. I 2018 S. 643) nicht verlangt.

Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

(FG Münster, Mitteilung vom 15.06.2020 zu Gerichtsbescheid vom 17.04.2020 – 1 K 1035/11)

(Gescheiterte) Abwehr der Rückforderung eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück aufgrund eines Schenkungswiderrufs

Aufwendungen zur (im Ergebnis gescheiterten) Abwehr einer Rückforderung des Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück aufgrund eines Widerrufs der Schenkung nach § 530 BGB stellen weder (nachträgliche) Anschaffungskosten noch sofort abziehbare (Sonder-)Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar.

Der Widerruf der Schenkung nach § 530 Abs. 1 BGB bzw. deren Widerruflichkeit stellen keine dingliche Belastung des geschenkten Gegenstands dar, deren Ablösung zu nachträglichen Anschaffungskosten führt.

Aufwendungen zur Abwehr einer Rückforderung des Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück stehen im Zusammenhang mit der Abwehr von Gefahren für das der Einkunftserzielung dienende Vermögen; ein für den Werbungskostenabzug erforderlicher Veranlassungszusammenhang mit der Erzielung von Vermietungseinkünften besteht nicht.

(BFH, Urteil vom 10.12.2019 – IX R 19/19)

Entfernungspauschale bei Hin- und Rückweg an unterschiedlichen Arbeitstagen

als Werbungskosten zu berücksichtigen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat.

Der Kläger suchte regelmäßig arbeitstäglich seinen Arbeitsplatz auf und kehrte noch am selben Tag von dort nach Hause zurück. Vereinzelt erfolgte die Rückkehr nach Hause jedoch erst an einem der nachfolgenden Arbeitstage. Der Kläger machte auch in diesen Fällen sowohl für die Hin- als auch die Rückfahrt die vollständige Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend. Damit hatte er jedoch weder beim Finanzgericht noch beim BFH Erfolg.

Zur Abgeltung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale von 0,30 € für jeden Entfernungskilometer anzusetzen. Die Entfernungspauschale gilt sowohl den Hinweg von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte als auch den Rückweg ab. Legt ein Arbeitnehmer die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an unterschiedlichen Arbeitstagen zurück, kann er die Entfernungspauschale für den jeweiligen Arbeitstag folglich nur zur Hälfte, also in Höhe von 0,15 € pro Entfernungskilometer, geltend machen.

(BFH, Pressemitteilung 26/20 vom 12.6.2020 zu Urteil vom 12.2.2020 – VI R 42/17)

Begünstigung der Thesaurierung

Die Bundesregierung erläutert in ihrer Antwort (19/19391) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/18994) die Thesaurierungsbegünstigung nach Paragraph 34a des Einkommensteuergesetzes.

Von dem Optionsrecht könnten alle Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften unabhängig von ihrer Größe Gebrauch machen, heißt es. Zur tatsächlichen Inanspruchnahme würden keine gesonderten Schätzungen für kleine und mittlere Unternehmen vorliegen.

Auf die Frage der Abgeordneten, ob die Regierung Anreize für Unternehmen plant, damit diese große Teile des Gewinns wieder in ihr Unternehmen investieren, antwortet die Regierung, mögliche gesetzliche Maßnahmen im Bereich der Unternehmensbesteuerung seien aktuell Gegenstand der Erörterung innerhalb der Bundesregierung. Die Erörterungen seien noch nicht abgeschlossen.

(Bundestag, hib-Meldung Nr. 576/2020 vom 03.06.2020)

Kein Aktienerwerb bei einer Überführung vom Betriebs- in das Privatvermögen

Die Überführung von vor 2009 erworbenen Aktien vom Betriebs- in das Privatvermögen steht einem Erwerb nicht gleich. Ein späterer Veräußerungsgewinn führt deshalb nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster mit Gerichtsbescheid vom 26.03.2020 entschieden (Az. 8 K 1192/18 F).

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, erwarb im Jahr 2007 ein Aktienpaket. Bis zum Jahr 2011 erzielte sie als gewerblich geprägte Gesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Jahr 2011 endete die gewerbliche Prägung und die Klägerin erklärte die Betriebsaufgabe. Fortan war sie ausschließlich vermögensverwaltend tätig. Bei den an der Klägerin beteiligten natürlichen Personen bilden die im Eigentum der Gesellschaft stehenden Wirtschaftsgüter seither (anteilig) Privatvermögen, was im Jahr 2011 – auch im Hinblick auf das Aktienpaket – zur Aufdeckung und Versteuerung stiller Reserven führte. Im Jahr 2014 veräußerte die Klägerin das Aktienpaket. Im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung auf den 31.12.2014 behandelte das Finanzamt den Gewinn aus der Veräußerung des Aktienpakets auch insoweit als steuerpflichtige Gewinne aus Kapitalvermögen, als der Gewinn auf die an der Klägerin beteiligten Privatpersonen entfiel. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, dass sie die Aktien vor Inkrafttreten der Regelungen zur Abgeltungsteuer zum Veranlagungsjahr 2009 erworben habe und ein Veräußerungsgewinn deshalb gemäß der gesetzlichen Übergangsregelung nicht steuerbar sei. Das Finanzamt blieb bei seiner Auffassung mit der Begründung, dass die später veräußerten Aktien im Rahmen der Beendigung der gewerblichen Prägung der Klägerin in das Privatvermögen der Gesellschafter überführt worden seien und diese Überführung einem Erwerb im Jahr 2011 – und damit nach Inkrafttreten der Regelungen zur Abgeltungsteuer – gleichstehe.

Der 8. Senat hat der Klage stattgegeben. Zwar treffe es zu, dass Gewinne aus der Veräußerung von Aktien gemäß der seit dem 01.01.2009 geltenden Fassung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG unabhängig von der Dauer der Behaltensfrist steuerpflichtig seien. Gemäß der Übergangsvorschrift des § 52 Abs. 28 Satz 11 EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung gelte dies aber nur für solche Aktien, die vor dem 31.12.2008 erworben worden seien. Unter einem Erwerb im Sinne dieser Vorschrift seien nur Vorgänge zu erfassen, die mit einem Rechtsträgerwechsel – jedenfalls im Hinblick auf das wirtschaftliche Eigentum – einhergingen. Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen enthielten auch keine „Erwerbsfiktion“, nach der die Entnahme in das Privatvermögen einem Erwerb gleichstehe. Auch aus der Gesetzesbegründung zum Entwurf des Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 ergebe sich nicht, dass der Gesetzgeber die Überführung eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen als Erwerb ansehen wollte. Im Streitfall habe die Beendigung der gewerblichen Prägung nicht zu einem Rechtsträgerwechsel geführt.

(FG Münster, Pressemitteilung vom 02.06.2020 zu Gerichtsbescheid vom 26.03.2020 – 8 K 1192/18; BFH-Az.: VIII R 12/20)

Form und Ort der Akteneinsicht richten sich nach FGO und nicht nach DSGVO

Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) entschied mit Beschluss vom 17. Dezember 2019 (Az. 2 K 770/17), dass Einsicht in Papierakten grundsätzlich nur in den Räumen eines Gerichts oder einer Behörde unter Aufsicht eines im öffentlichen Dienst stehenden Bediensteten möglich sind. Es gebe keinen Rechtsanspruch auf die Übersendung von Akten oder die Überlassung vollständiger Kopien.

Form und Ort der Akteneinsicht werde durch § 78 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausdrücklich geregelt. Danach werde den Beteiligten Einsicht in die in Papierform geführten Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten „in Diensträumen“ gewährt. Kanzleiräume eines Rechtsanwalts seien keine Diensträume. Besondere Gründe, die ausnahmsweise eine Aktenübersendung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Der Prozessbevollmächtigte könne nach Akteneinsicht an einem anderen Gericht oder einer Behörde dem FG eine Liste mit Aktenseiten, die er kopiert haben wolle, vorlegen. „Soweit nicht von vornherein ersichtlich wäre, dass die Klägerin bereits im Besitz entsprechender Kopien oder Mehrfertigungen ist, würde der Senat dem entsprechenden Wunsch der Klägerin vollumfänglich entsprechen.“ § 78 Abs. 3 Satz 2 FGO verpflichte das FG nicht, Behördenakten zu digitalisieren. Daher müsse das FG keine elektronische Fassung der in Papierform geführten Behördenakten herstellen und hierauf einen elektronischen Zugriff ermöglichen. Aus Art. 15 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ergebe sich auch kein Anspruch auf Übersendung von Aktenkopien. Dessen Anwendung im Finanzgerichtsverfahren normiere die FGO nicht. Dies entspreche Art. 23 Abs. 1 Buchst. f DSGVO zum Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und von Gerichtsverfahren. Die FGO gehe dem Datenschutzrecht und dem Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO vor.

Der Prozessbevollmächtigte einer Klägerin hatte beim FG beantragt, ihm Akteneinsicht durch Übersendung der vollständigen Akten im Original oder in Kopie in seine Kanzleiräume zu gewähren. Er verwies in seinem Antrag auf das „Gebaren“ des Beklagten, der erst nach Aufforderung des Senats nach der mündlichen Verhandlung die Akten im Original vorgelegt hatte. Dies mache eine umfangreiche Recherche am Arbeitsplatz erforderlich. Eine solche sei ihm in einem Gericht weder möglich noch zumutbar. Bei den hamburgischen Gerichten gebe es auch keinen Kopierer für Externe. Die Klägerin beantragte außerdem die Übersendung vollständiger Kopien der Akten gemäß Art. 15 DSGVO.

(FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 02.06.2020 zu Beschluss vom 17.12.2019 – 2 K 770/17)

Zahlung zur Dauer-Unterbringung eines sog. Problemhundes ist keine Spende

Eine zweckgebundene Zahlung zur Dauer-Unterbringung eines sog. Problemhundes in einer Tierpension kann nicht als Spende abgezogen werden. Das hat das Finanzgericht Köln entschieden.

Als „Gassigängerin“ eines Tierschutzvereins wuchs der Klägerin ein sog. Problemhund ans Herz, der nicht mehr vermittelbar war. Da die Klägerin den Hund nicht selbst aufnehmen konnte und dem Tierschutzverein entsprechende Mittel fehlten, zahlte die Klägerin 5.000 Euro für die dauerhafte Unterbringung des Hundes in einer gewerblichen Hundepension. Der als gemeinnützig anerkannte Tierschutzverein stellte hierfür eine Spendenbescheinigung aus, die die Klägerin bei ihrer Einkommensteuererklärung vorlegte.

Das Finanzamt erkannte die Zahlung nicht als Spende an. Mit der hiergegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass der von ihr geleistete Betrag dem Tierschutz gedient habe. Es sei unerheblich, dass das Geld dem Tierschutzverein nicht zur freien Verfügung gestanden habe.

Dem folgte das Gericht nicht und versagte den Spendenabzug. Der Tierschutzverein habe nicht selbst über den Betrag verfügen können. Die Klägerin habe gerade keine „Zuwendung zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke“ in das Vereinsvermögen gemacht, sondern eine gezielte Zuwendung zur Versorgung eines ganz bestimmten, ihr besonders wichtigen Tieres. Die Zahlung sei eher als Unterhaltsleistung anzusehen. Bei dieser besonderen Gestaltung habe die Klägerin auch nicht auf die Spendenbescheinigung vertrauen dürfen.

Der Bundesfinanzhof in München hat auf die durch die Klägerin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 12.12.2019 die Revision zugelassen, die unter dem Aktenzeichen X R 37/19 geführt wird.

(FG Köln, Pressemitteilung vom 02.06.2020 zu Urteil vom 11.12.2018 – 10 K 1568/17; BFH-Az.: X R 37/19)

Erbschaft- und schenkungsteuerliche Folgen einer Teilerbauseinandersetzung

Erbschaft- und schenkungsteuerliche Folgen einer Teilerbauseinandersetzung drei Jahre nach Erbfall, wenn das auf einen Miterben übertragene Hofgut kurz nach der Auseinandersetzung veräußert wird.

In zwei Streitfällen klagte die Erbengemeinschaft der im April 2015 verstorbenen Erblasserin. Diese war Alleinerbin ihres im März 2015 verstorbenen Vaters. Ihre Mutter war bereits 2009 verstorben. Deren Erben waren jeweils zur Hälfte die Erblasserin und ihr Vater. Zu diesem Nachlass gehörten ein an einen Dritten zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtetes Hofgut sowie ein Grundstück. Das Finanzamt setzte die Grundbesitzwerte für das Grundvermögen auf den Stichtag Januar 2009 fest, den für das Grundstück in Höhe von 570.000 Euro und für das Hofgut in Höhe von 732.094 Euro. Diese Feststellungsbescheide wurden angefochten. Erbschaftsteuer wurde festgesetzt. Im Mai 2012 schlossen die Erblasserin und ihr Vater einen Teilerbauseinandersetzungsvertrag. Danach ging das Alleineigentum des Grundstücks auf den Vater und des Hofguts auf die Erblasserin über. Nach Auffassung des beklagten Finanzamts führte dieser Vorgang zu einer gemischten Schenkung des Vaters an die Erblasserin. Hiergegen klagte die Erbengemeinschaft (Az. 7 K 3078/18). Es liege keine gemischte Schenkung vor. Die Beteiligten seien von der Wertgleichheit des Grundbesitzes ausgegangen. Außerdem sei die Berechnung fehlerhaft.

Im Juni 2012 veräußerte die Erblasserin das Hofgut an einen fremden Dritten für 3.140.000 Euro. Dies führte dazu, dass das Finanzamt den Grundbesitzwert des Hofguts unter Berücksichtigung des Liquidationswerts änderte und zum Stichtag Januar 2009 (Erbfall) in Höhe von 2.042.689 Euro und zum Zeitpunkt der Teilerbauseinandersetzung in Höhe von 2.092.884 Euro feststellte. Hiergegen wurde Einspruch eingelegt. Sodann änderte das beklagte Finanzamt die Erbschaftsteuerbescheide. Den Erben (Erblasserin und Vater) wurde jeweils hälftig der Grundbesitzwert für das Grundstück und das Hofgut sowie in Bezug auf das Hofgut der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag zugerechnet. Auch hiergegen klagte die Erbengemeinschaft (Az. 7 K 3343/18). Es seien weder die Nachlassgegenstände noch der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag den Erben hälftig zuzurechnen, sondern unter Berücksichtigung der Teilerbauseinandersetzung seien das Hofgut und die Vergünstigungen der Erblasserin und das Grundstück deren Vater zuzurechnen.

In beiden Verfahren machte die Erbengemeinschaft außerdem geltend, die angesetzten Grundbesitzwerte seien zu hoch.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) wies am 12. Februar 2020 beide Klagen ab. Es überprüfte jeweils die Wertansätze nicht. Die gesondert festgestellten Grundbesitzwerte seien für die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerfestsetzung bindend. Die Feststellungsbescheide seien als Grundlagenbescheide gesondert anzufechten und in diesen Verfahren die Grundbesitzwerte zu überprüfen.

Im Verfahren 7 K 3343/18 (die Revision wurde zugelassen) führte das Gericht aus, mit dem Tod der Mutter der Erblasserin seien die Erblasserin und ihr Vater je zur Hälfte Erben geworden und ihnen daher jeweils hälftig das Vermögen zuzurechnen. Etwas Anderes ergebe sich nicht aus § 13a Abs. 3 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) in der Fassung vom 24. Dezember 2008. Diese Norm führe nicht zu einer abweichenden Zuordnung des begünstigten Gegenstands zum Bewertungsstichtag nach der Erbquote, sondern regle, dass dem Erwerber des begünstigten Vermögens die vollen Freibeträge nach § 13a ErbStG zugutekommen. Der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag stünden als Steuervergünstigungen dem Erben zu, der das begünstigte Vermögen weiterhin bewirtschafte. Begünstigt sei auch die Verpachtung des Hofguts zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung. Verpachtet hätten die Erblasserin und ihr Vater. Hieran ändere die Teilerbauseinandersetzung nichts, auch wenn das Gesetz keine zeitliche Grenze vorgebe, bis wann die Teilung des Nachlasses stattgefunden haben müsse. Die Finanzverwaltung verlange eine zeitnahe Teilerbauseinandersetzung. Dies entspreche dem Sinn und Zweck der Steuervergünstigung. Nach der Gesetzesbegründung sollten Entlastungen für den Erwerb des begünstigten Vermögens vom Erwerber für die Betriebsfortführung und den Erhalt von Arbeitsplätzen genutzt werden. Begünstigt werden soll, wer das Unternehmen tatsächlich fortführt. Dies seien im Streitfall die Erblasserin und ihr Vater gewesen. Die Erblasserin habe kein Interesse an der Fortführung des Unternehmens gehabt. Dies belege ihr Verkauf des Hofguts kurze Zeit nach der Teilerbauseinandersetzung.

Diese Teilerbauseinandersetzung führte nach dem Urteil des 7. Senats des FG im Verfahren 7 K 3078/18 zu einer gemischten Schenkung. Der höherwertigen Leistung des Vaters (Übergabe seines Anteils am Hofgut) stehe eine Gegenleistung von geringerem Wert (Erhalt eines Anteils am Grundstück) gegenüber. Objektiv sei der hingegebene Anteil des Vaters wesentlich höher gewesen. Für die Wertermittlung seien die zum Stichtag der Teilerbauseinandersetzung ermittelten Werte maßgebend. Diese seien bindend. Bei einem zeitnahen Verkauf des anlässlich der Teilerbauseinandersetzung erworbenen Gegenstands sei der Liquidationswert anzusetzen. Nach Auffassung des Gerichts sei bei einer solch gravierenden Differenz der festgestellten Werte auch der subjektive Tatbestand zu bejahen. „Die Erben wussten zum Zeitpunkt der Teilerbauseinandersetzung um das Werteungleichgewicht.“ Es sei ihnen klar gewesen, dass das Hofgut in Kürze für über 3 Mio. Euro verkauft werde. Das Finanzamt habe die Schenkungsteuer zutreffend berechnet. Seit 1. Januar 2009 orientiere sich die Bewertung von Grundbesitz an dessen gemeinen Wert. Der Wert der Bereicherung sei durch bloßen Abzug der Gegenleistung vom Grundbesitzwert des zugewandten Grundbesitzes zu ermitteln.

(FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 02.06.2020 zu den Urteilen 7 K 3078/18 und 7 K 3343/18 vom 12.02.2020)

Keine Berichtigung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids bei fehlender Erfassung der vom Steuerpflichtigen ordnungsgemäß erklärten Einkünfte

Der Steuerpflichtige verdient 128.641 Euro, erklärt diese Einkünfte ordnungsgemäß seinem Finanzamt (FA), muss aber im Ergebnis keine Einkommensteuer zahlen. Denn wie der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden hat, kann ein bestandskräftiger Steuerbescheid nicht mehr nachträglich vom FA nach § 129 der Abgabenordnung (AO) berichtigt werden, wenn die fehlende Erfassung der vom Steuerpflichtigen ordnungsgemäß erklärten Einkünfte trotz ergangener Prüf- und Risikohinweise im Rahmen eines Risikomanagementsystems nicht auf einem bloßen „mechanischen Versehen“ beruht.

Der Kläger hatte in seiner auf dem amtlichen Vordruck eingereichten Einkommensteuererklärung u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 128.641 € erklärt. Beim Einscannen der Unterlagen im Veranlagungsbezirk des FA wurde die Anlage S zur Einkommensteuererklärung versehentlich übersehen, so dass eine Erfassung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers unterblieb. Nach maschineller Überprüfung der eingescannten Daten durch ein Risikomanagementsystem gingen im Veranlagungsbezirk mehrere Prüf- und Risikohinweise ein, die u.a. auf Einkünfte „des Ehemanns/der Ehefrau von weniger als 4.200 Euro“ hinwiesen und eine „personelle Prüfung“ des als „risikobehaftet“ eingestuften Falls vorsahen.

Die zuständige Sachbearbeiterin bearbeitete diese Prüf- und Risikohinweise, prüfte jedoch nicht, ob die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers zutreffend im Einkommensteuerbescheid übernommen worden waren. Erst im Folgejahr wurde der Fehler erkannt und der Einkommensteuerbescheid nach § 129 Satz 1 AO berichtigt. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass das FA zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheids berechtigt gewesen sei. Der BFH folgte dem nicht und gab dem Steuerpflichtigen recht.

§ 129 Satz 1 AO erlaubt nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (sog. mechanische Versehen), die beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufen sind. § 129 AO ist dagegen nicht anwendbar, wenn dem Sachbearbeiter des FA ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum unterlaufen ist oder er den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt hat. Im vorliegenden Fall beruhte der fehlerhafte Einkommensteuerbescheid darauf, dass die zutreffende Höhe der im Bescheid angesetzten Einkünfte nicht aufgeklärt wurde, obwohl aufgrund der Risiko- und Prüfhinweise Zweifel an der Richtigkeit dieser Einkünfte bestanden und deshalb eine weitere Sachaufklärung geboten war. Das schließt das Vorliegen eines bloß mechanischen Versehens und damit die Anwendung der Berichtigungsnorm des § 129 AO aus.

(BFH, Pressemitteilung Nr. 25 vom 28. Mai 2020 zu Urteil vom 4.1.2020 – VIII R 4/17)

Vergebliche Prozesskosten können bei der Erbschaftsteuer abgezogen werden

Erst kein Glück, dann noch Pech: Der Erblasser gibt zu Lebzeiten sein Vermögen weg; ein nach dem Erbfall vom Erben angestrengter Prozess auf Rückgabe geht verloren und schließlich versagen Finanzamt (FA) und Finanzgericht auch noch den Abzug der Prozesskosten bei der Erbschaftsteuer – so geschehen in diesem Fall des Bundesfinanzhofs.

Das höchste deutsche Steuergericht ist dem nun entgegengetreten: Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, sind als Nachlassregelungskosten vom Erwerb von Todes wegen abzugsfähig; die faktische „Steuerfreiheit“ bei misslungener Rückforderung steht dem Abzug nicht entgegen.

Der 1999 verstorbene Erblasser hatte seine Porzellansammlung 1995 einem städtischen Museum geschenkt. Die Erben forderten nach seinem Tod von der Stadt die Rückgabe der Sammlung mit der Begründung, dass der Erblasser bei der Schenkung nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Die Klage und die eingelegten Rechtsmittel waren jedoch erfolglos und die Erben blieben auf den Prozesskosten sitzen. Sie machten daher die Kosten bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit steuermindernd geltend. Weil dies vom FA jedoch abgelehnt wurde, zogen die Erben erneut vor Gericht. Und diesmal mit Erfolg.

Der BFH begründete seine Entscheidung mit § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG). Danach sind als Nachlassverbindlichkeiten u.a. die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Zu diesen Ausgaben können auch Kosten zählen, die der Erbe durch die gerichtliche Geltendmachung von (vermeintlichen) zum Nachlass gehörenden Ansprüchen des Erblassers zu tragen hat. Die Kosten müssen in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses anfallen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG). § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG steht dem Abzug der Prozesskosten als Nachlassverbindlichkeiten nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Schulden und Lasten nicht abzugsfähig, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegen. Die Vorschrift gilt nur für vom Erblasser begründete Schulden und Lasten und ist deshalb nicht auf Nachlassregelungskosten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG anwendbar.

Vergebliche Prozesskosten für die Rückholung der Porzellansammlung des Erblassers sind damit grundsätzlich abzugsfähig; sie müssen aber im Einzelnen nachgewiesen werden. Das Gleiche gilt für die Kosten der anwaltlichen Vertretung.

Wie der BFH weiter entschied, ist dagegen der Abzug von Prozesskosten ausgeschlossen, die dem Erben entstanden sind, weil er Schadensersatz wegen verspäteter Räumung und Herausgabe einer geerbten Wohnung vom Mieter verlangt hat. Bei diesen Ausgaben handelt es sich um nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwertung (vgl. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG).

(BFH, Pressemitteilung Nr. 23 vom 22. Mai 2020 Urteil vom 6.11.2019 – II R 29/16)