An ausländische Investoren gerichtete, modellhafte Investitionskonzeption zur Beteiligung an einem Windpark: Kein Steuerstundungsmodell

Die Konzeption eines Windparks in Form von 13 vorgegründeten Personengesellschaften, die jeweils eine Windkraftanlage betreiben sollen, stellt nach Auffassung des 9. Senats des Niedersächsischen FG jedenfalls dann kein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15 b Abs. 2 EStG dar, wenn das vorgefertigte Konzept, das sich ausschließlich an dänische Investoren richtete, weder auf im Inland erzielbare Steuervorteile oder einen im Inland entstehenden Steuerstundungseffekt aufbaut noch mit solchen Steuervorteilen oder Steuerstundungseffekten geworben wird.

Im Streitfall war Klägerin eine von insgesamt 13 inländischen Personengesellschaften, die im Windpark X jeweils eine Windenergieanlage betreiben. Alle Betreibergesellschaften des Windparks sind eingebunden in ein Vertragsgeflecht mit Firmen einer Unternehmensgruppe, die deutschlandweit mehrere Hundert Windkraftanlagen konzipiert hat und betreut. Die Initiatoren des Konzepts hatten zuvor die Personengesellschaften vorgegründet mit jeweils einer dänischen Komplementär-GmbH und einer dänischen GmbH als Kommanditistin und „Platzhalter“ für jeweils ein bis max. drei potentielle dänische Investoren. Im Vorfeld der Vermarktung waren bereits die Nutzungsverträge über die Grundstücke, Generalunternehmerverträge über den Bau der Anlagen, Darlehenskonditionen und Einspeiseverträge vorverhandelt bzw. abgeschlossen und eine Infrastrukturgesellschaft, an der sich die Investoren ebenfalls beteiligen mussten, gegründet worden. Allein der Umfang der Fremdfinanzierung konnte von den potentiellen Investoren bestimmt werden. Nach dem Konzept sollte sich für die dänischen Investoren über die Laufzeit von 20 Jahren eine erhebliche Vorsteuerrendite ergeben.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung würdigte das beklagte Finanzamt das Konzept insgesamt als Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15 b Abs. 2 EStG und stellte für die Klägerin und den dänischen Investor als Kommanditisten (Beigeladener) die in den Streitjahren 2006 bis 2008 erwirtschafteten Verluste als nur verrechenbar fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das FG Niedersachsen gab der Klage jedoch statt. Es ging zwar mit dem Finanzamt davon aus, dass ein vorgefertigtes Konzept im Sinne des § 15 b Abs. 2 EStG vorlag. Gleichwohl verneinte der 9. Senat das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells, weil sich dieses Konzept ausschließlich an dänische Investoren richtete und für diese allein die dänischen Steuerrechtsverhältnisse und die garantierten Strompreise nach dem EEG entscheidend waren für den Erwerb der Beteiligung. Allein der Vortrag des Finanzamts, die dänischen Investoren könnten nach dem Konzept entstandene Verluste im Rahmen ihrer beschränkten Steuerpflicht mit anderen positiven Einkünften verrechnen, war aus Sicht des Senats insoweit nicht hinreichend. Im Übrigen wies das FG darauf hin, dass negative Einkünfte bedingt durch die Inanspruchnahme degressiver AfA oder Sonderabschreibungen bei betriebswirtschaftlich sinnvollen Investitionen typische Anlaufverluste sind, die nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht in den Anwendungsbereich des § 15 b EStG fallen sollen.

(FG Niedersachsen, Sonderveröffentlichung zur Pressemitteilung vom 21.08.2019 zum Urteil 9 K 139/13 vom 15.05.2019; nrkr)

Internationaler Vergleich: Die wichtigsten Steuern

Das Bundesfinanzministerium hat die Broschüre „Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich“ neu aufgelegt.

Neben gesamtwirtschaftlichen Kennzahlen gibt es Informationen und zahlreiche Schaubilder zur Besteuerung des Gewinns von Kapitalgesellschaften, zur Ertragsbesteuerung natürlicher Personen, zu Einkommen-/Lohnsteuer und Sozialabgaben auf Arbeitseinkommen, zu Vermögensteuern, zur Besteuerung des Finanzsektors so wie zu Umsatzsteuersätzen.
Das BMF weist darauf hin, dass die Übersichten und Grafiken den Rechtsstand zum Ende des Jahres 2018 beschreiben. Angekündigte oder beschlossene Maßnahmen, die sich erst ab 2019 auswirken, seien noch nicht erfasst.
Die Broschüre kann kostenlos auf der Internetseite des BMF heruntergeladen werden (PDF):
2019-08-08-die-wichtigsten-steuern-im-internationalen-vergleich-2018-ausgabe-2019.pdf

Einkommensteuer: Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 EStG

Mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (UStAVermG) vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I Seite 2338, BStBl I S. 1377) wurde die neue Steuerbefreiung § 3 Nummer 15 EStG in das Einkommensteuergesetz aufgenommen, um Arbeitgeberleistungen für bestimmte Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr sowie im öffentlichen Personennahverkehr zu begünstigen.

Ziel dieser Begünstigung ist es, die Arbeitnehmer verstärkt zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu veranlassen, um die durch den motorisierten Individualverkehr entstehenden Umwelt- und Verkehrsbelastungen sowie den Energieverbrauch zu senken.
In einem aktuellen Schreiben gibt das Bundesfinanzministerium (BMF) einen Überblick über die einzelnen Steuerbefreiungstatbestände sowie Aufzeichnungs- und Nachweispflichten.
Das Schreiben ist ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn der Arbeitgeber für die bis zum 31. Dezember 2019 erbrachten Leistungen im Sinne des § 3 Nummer 15 EStG eine bisher durchgeführte Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG oder Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG fortführt.
Hat der Arbeitnehmer eine Fahrberechtigung vor dem 1. Januar 2019 erworben, für die er auch nach dem 1. Januar 2019 noch Zahlungen erbringt, können die Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers ab dem 1. Januar 2019 steuerfrei nach § 3 Nummer 15 EStG bleiben.
Zuschüsse des Arbeitgebers zu der vom Arbeitnehmer vor dem 1. Januar 2019 erworbenen und bezahlten Fahrberechtigung fallen hingegen nicht unter die ab 1. Januar 2019 geltende Steuerfreiheit nach § 3 Nummer 15 EStG.
Das komplette 16-seitige Schreiben steht auf der Internetseite des BMF zum Download bereit: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Lohnsteuer/2019-08-15-steuerbefreiung-nach-paragraf-3-Nummer-15-EStG.pdf?__blob=publicationFile&v=1
(BMF-Schreiben vom 15.8.2019, Az. IV C 5 -S 2342/19/10007 :001)

Fahrschulunterricht ist nicht umsatzsteuerfrei

Fahrunterricht in einer Fahrschule zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 (Kraftfahrzeuge mit zulässiger Gesamtmasse von nicht mehr als 3.500 kg) ist nicht umsatzsteuerfrei.Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs handelt es sich um sog. spezialisierten Unterricht, nicht aber um die Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen wie es für den umsatzsteuerfreien Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnend ist.

Im Streitfall betrieb die Klägerin, eine GmbH, eine Fahrschule. Sie wies in den von ihr ausgestellten Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert aus, weil sie der Auffassung war, ihre Leistungen seien umsatzsteuerfrei. Dem folgten weder das Finanzamt noch das Finanzgericht. Der BFH wies die Revision der Fahrschule zurück. Im Revisionsverfahren hatte der BFH ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gerichtet. Dieses hatte der EuGH mit seinem Urteil A & G Fahrschul-Akademie vom 14. März 2019 C 449/17 (EU:C:2019:202) beantwortet.
Nach dem Urteil des BFH ist der von der Fahrschule geleistete Fahrunterricht nicht nach innerstaatlichem Recht steuerfrei. Denn es handelt sich mangels der hierfür erforderlichen Bescheinigung nicht um eine dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung, die i.S. von § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes steuerfrei ist. Die Fahrschule kann sich auch nicht unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL mit dem danach von der Umsatzsteuer zu befreienden „Schul- und Hochschulunterricht“ berufen. Denn der Fahrunterricht in einer Fahrschule ist nach dem im Streitfall ergangenen EuGH-Urteil ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt und der deshalb nicht unter den Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL fällt (EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie, EU:C:2019:202, Rz 29, 30). Dem hat sich der BFH angeschlossen.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 50 vom 16.8.2019 zu Urteil vom 23.5.2019 – V R 7/19)

BMF: Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung

Das Bundesfinanzministerium äußert sich in einem Schreiben zur wahlweisen Verwendung von vermögenswirksamen Leistungen zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung und zu in diesem Zusammenhang gewährten Erhöhungsbeträgen des Arbeitgebers.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nehme ich zur wahlweisen Verwendung von vermögenswirksamen Leistungen zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung und zu in diesem Zusammenhang gewährten Erhöhungsbeträgen des Arbeitgebers wie folgt Stellung:
1. Allgemeines
Mit § 100 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wurde zum 1. Januar 2018 durch das Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) vom 17. August 2017 (BGBl. I Seite 3214, BStBl I Seite 1278) ein neues Fördermodell zur betrieblichen Altersversorgung mittels BAV-Förderbetrag eingeführt. Nach § 100 Absatz 3 Nummer 2 EStG kann der BAV-Förderbetrag nur für einen vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Beitrag zur betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung beansprucht werden. Die zusätzlichen Beiträge können z. B. tarifvertraglich, durch eine Betriebsvereinbarung oder auch einzelvertraglich festgelegt sein. Im Gesamtversicherungsbeitrag des Arbeitgebers enthaltene Finanzierungsanteile des Arbeitnehmers sowie die mittels Entgeltumwandlung finanzierten Beiträge oder Eigenbeteiligungen des Arbeitnehmers sind nicht begünstigt (s. auch Rz. 111 des BMF-Schreibens vom 6. Dezember 2017, BStBl 2018 I S. 147).
2. Wahlweise Verwendung von vermögenswirksamen Leistungen zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung und in diesem Zusammenhang gewährte Erhöhungsbeträge des Arbeitgebers
Macht ein Arbeitnehmer (z. B. aufgrund eines entsprechenden Tarifvertrags) von der Möglichkeit Gebrauch, zusätzliche vermögenwirksame Leistungen des Arbeitgebers für den Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung über die Durchführungswege Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung im Rahmen einer Entgeltumwandlung zu verwenden, sind diese Beiträge unter den sonstigen Voraussetzungen nach § 3 Nummer 63 EStG steuerfrei.
Dies gilt auch für in diesem Zusammenhang gewährte Erhöhungsbeträge des Arbeitgebers (z. B. erhöhter Beitrag zur betrieblichen Altersversorgung i. H. v. 26 Euro statt vermögenswirksamer Leistungen i. H. v. 6,65 Euro) und für Erhöhungsbeträge des Arbeitgebers, die von einer zusätzlichen Entgeltumwandlung abhängen (z. B. erhöhter Beitrag zur betrieblichen Altersversorgung i. H. v. 50 Euro, wenn der Arbeitnehmer 13 Euro seines Arbeitslohns umwandelt).
Die zuvor genannten Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung (für die betriebliche Altersversorgung verwendete vermögenswirksame Leistungen und Erhöhungsbeträge) erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen für den BAV-Förderbetrag. Die Voraussetzung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ (§ 100 Absatz 3 Nummer 2 EStG) ist nicht erfüllt. Es entspricht im Übrigen auch nicht der Intention des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, entsprechende Beiträge, die auch zu einer Zuschusspflicht nach § 1a Absatz 1a und § 23 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) führen, zu fördern.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
(BMF-Schreiben vom 8.8.2019, Az. IV C 5 – S 2333/19/10001)

Erleichterungen bei Steuererklärung

Wer für seine Steuererklärung nicht das Online-Portal „mein ELSTER“ nutzen kann oder will, soll in der Steuererklärung 2019 die bereits der Steuerverwaltung elektronisch vorliegenden Daten nicht mehr in die Formulare eintragen müssen.

Die entsprechenden Felder, in denen grundsätzlich Daten elektronisch vorliegen, werden in den Papiervordrucken für die Abgabe der Steuererklärung 2019 entsprechend gekennzeichnet sein, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (19/11987) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/11496), die sich nach aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung zur Vereinfachung der Steuererklärung erkundigt hatte.
Zu den Daten, die der Steuerverwaltung bereits elektronisch vorliegen, gehören vom Arbeitgeber übermittelte Lohnsteuerbescheinigungen, Mitteilungen über den Bezug von Rentenleistungen, Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, Vorsorgeaufwendungen (Riester- oder Rürup-Verträge), Lohnersatzleistungen sowie Beiträge der Vermögensbildungsbescheinigung. Dieser sogenannte Belegabruf („vorausgefüllte Steuererklärung“) soll noch um Kirchensteuerzahlungen, Erstattungen von Kirchensteuer, Spenden und zum Beispiel den Grad der Behinderung erweitert werden.
(Deutscher Bundestag, hib-Meldung Nr. 890/2019 vom 14.8.2019)

Kein Nachweis der fast ausschließlich betrieblichen Nutzung eines Pkw durch nachträglich erstellte Auflistungen

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die für Zwecke des § 7g EStG erforderliche fast ausschließliche betriebliche Nutzung eines Pkw nicht durch nachträglich erstellte Unterlagen nachgewiesen werden kann.

Der als Rechtsanwalt tätige Kläger bildete für die geplante Anschaffung von Pkw in den Streitjahren 2009 und 2013 Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG. Tatsächlich schaffte er innerhalb der Reinvestitionsfristen jeweils gebrauchte Audi Q5 an. Da er keine Fahrtenbücher führte, ermittelte er die Privatnutzung nach der 1 %-Methode. Aus diesem Grund ging das Finanzamt nicht von einer fast ausschließlich betrieblichen Nutzung der Fahrzeuge aus und versagte die Investitionsabzugsbeträge. Der Kläger reichte zum Nachweis der betrieblichen Fahrten für die Zeiträume ab Anschaffung der Fahrzeuge bis zum Schluss des jeweiligen Folgejahres Aufstellungen seiner betrieblichen Fahrten ein, die eine Mitarbeiterin anhand der Terminkalender nachträglich erstellt hatte. Die gesamten Laufleistungen der Fahrzeuge errechnete der Kläger anhand von Händler- bzw. Werkstattrechnungen sowie einem Foto des Tachostandes. Hiernach ergaben sich rechnerisch betriebliche Anteile von (knapp) über 90 %. Ferner hätten für Privatfahrten weitere Fahrzeuge zur Verfügung gestanden.
Der 7. Senat hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger eine fast ausschließlich betriebliche Nutzung der Fahrzeuge nicht nachgewiesen habe. Die eingereichten Aufstellungen genügten nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Selbst wenn man der Auffassung folge, dass dieser Nachweis auch durch andere Unterlagen erbracht werden könne, sei dieser nicht gelungen. Der Kläger habe bereits die Gesamtfahrleistungen für die maßgeblichen Zeiträume nicht nachgewiesen. Angesichts der nach den eigenen Berechnungen des Klägers nur geringfügigen Unterschreitung der 10 %-Grenze seien strenge Maßstäbe an den Nachweis anzulegen. Aus den eingereichten Auflistungen ergebe sich nicht zwingend der Umfang der betrieblichen Fahrten des Klägers. Da seine Mitarbeiterin diese nachträglich anhand der Terminkalender erstellt habe, sei nicht sichergestellt, dass der Kläger für alle im Kalender enthaltenen Termine den jeweils fraglichen Audi Q5, ein anderes Fahrzeug oder öffentliche Verkehrsmittel genutzt habe. Schließlich könne der Umstand, dass weitere Fahrzeuge für Privatfahrten zur Verfügung gestanden hätten, lediglich den für die Privatnutzung eines Fahrzeugs bestehenden Anscheinsbeweis erschüttern, nicht aber einen Nachweis für den Umfang betrieblicher Fahrten ersetzen.
(FG Münster, Pressemitteilung vom 15.08.2019 zu Urteil vom 10.07.2019 – 7 K 2862/17; BFH-Az.: VIII R 24/19)

Übernahme von Steuerberatungskosten bei Nettolohnvereinbarung kein Arbeitslohn

Die Übernahme von Steuerberatungskosten des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber führt nicht zu Arbeitslohn, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Nettolohnvereinbarung abgeschlossen haben und der Arbeitnehmer seine Steuererstattungsansprüche an den Arbeitgeber abgetreten hat. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden und damit seine bisherige, anders lautende Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 – VI R 2/08) aufgegeben.

Im Streitfall hatte der Arbeitgeber, bei dem es sich um ein inländisches Tochterunternehmen eines weltweit tätigen Konzerns handelte, mit den nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern des Konzerns Nettolohnvereinbarungen abgeschlossen. Der Arbeitgeber übernahm die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen der entsandten Arbeitnehmer durch eine vom Konzern beauftragte Steuerberatungsgesellschaft. Die Arbeitnehmer traten ihre Steuererstattungsansprüche an den Arbeitgeber ab. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führte und setzte gegenüber dem Arbeitgeber pauschale Lohnsteuer fest.
Dem folgte der BFH nicht. Er entschied, dass der Arbeitgeber die Steuerberatungskosten nicht zur Entlohnung der Arbeitnehmer, sondern in seinem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse übernommen hatte. Der Arbeitgeber war aufgrund der mit den Arbeitnehmern abgeschlossenen Nettolohnvereinbarungen verpflichtet, die Einkommensteuer der Arbeitnehmer wirtschaftlich zu tragen. Durch die Einschaltung der Steuerberatungsgesellschaft wollte der Arbeitgeber eine möglichst weitgehende Reduzierung der Einkommensteuern der Arbeitnehmer und damit seiner eigenen Lohnkosten erreichen. Die Arbeitnehmer hatten ihre Steuererstattungsansprüche an den Arbeitgeber abgetreten. Entscheidend war daher, dass nur der Arbeitgeber von dem wirtschaftlichen Ergebnis der Steuerberatung profitieren konnte.
Bei einer derartigen Sachlage stellt die Übernahme der Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen keinen Arbeitslohn dar. Dabei ist nicht von Bedeutung, dass in dem konkreten Streitfall die Arbeitnehmer aus dem Ausland entsandt wurden. Für einen reinen Inlandssachverhalt wäre ebenso zu entscheiden.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 51 vom 16.8.2019 zu Urteil vom 9.5.2019 – VI R 28/17)

Betriebsausgaben einer selbstständigen Tagesmutter

Kann eine selbständig tätige Tagesmutter Aufwendungen für ihr Eigenheim, in dem sie mehrere Kinder betreut, anteilig als Betriebsausgaben geltend machen?

Die Klägerin betreut und verpflegt zu Hause als selbständig tätige Tagesmutter 4-5 Kinder zu unterschiedlichen Zeiten ab 7.30 Uhr. Sie und ihr Ehemann sind Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einer Gesamtfläche von 163,70 qm. Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2011 Gebäudeaufwendungen (Renovierungskosten, Kosten für eine neue Kücheneinrichtung, Schuldzinsen für den Hauskauf und Abschreibung für Abnutzung des Gebäudes) anteilig neben der von der Verwaltung anerkannten Betriebsausgabenpauschale geltend. Sie berechnete einen betrieblichen Anteil von 56,68 % unter Einbezug einer ausschließlich betrieblichen Nutzung jeweils eines ca. 9 qm großen Kinder- und Spielzimmers und eines ca. 25 qm großen Spielzimmers, einer ausschließlich privaten Nutzung des Schlafzimmers und eines Arbeitszimmers und einer betrieblichen Nutzung aller, ca. 56 qm großen Räume im Erdgeschoss, die in zeitlicher Hinsicht hälftig betrieblich genutzt würden. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte nach einer Außenprüfung neben den Pauschalen keine Aufwendungen, die sowohl den betrieblichen als auch den privaten Bereich betrafen. Die Aufwendungen, die auf die ausschließlich betrieblich genutzten Schlaf- und Spielzimmer entfielen, seien geringer als die Pauschale.
Die Klägerin klagte erfolglos. Nach rechtskräftigem Urteil kann die Klägerin neben den Pauschbeträgen nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Dezember 2007 keine tatsächlichen Gebäudeaufwendungen geltend machen. Diese seien betrieblich und privat veranlasst und als Aufwendungen für den privaten Haushalt nicht anteilig als Betriebsausgaben abzugsfähig. Im Streitfall gebe es keinen sachgerechten Aufteilungsmaßstab. Das Gebäude werde abwechselnd betrieblich und privat genutzt. Eine zeitliche Zuordnung sei nicht möglich. Nach Auffassung des Gerichts erweist sich der von der Klägerin angewandte „Maßstab – eine Kombination aus flächenmäßiger und zeitlicher Aufteilung der Gesamtkosten“ „im Ergebnis als nicht praktikabel bzw. der konkreten Lebenswirklichkeit angemessen“. Die Berechnung sei zu pauschal, ohne die individuell vereinbarten und tatsächlichen Anwesenheitszeiten der Kinder in den einzelnen Räumen zu berücksichtigen. Sie blende die private Nutzungsmöglichkeit am Abend und in der Nacht aus. Eine „unter Anwendung eines zeitlichen Maßstabes vorgenommene flächenmäßige Aufteilung der Räumlichkeiten“ stoße „an ihre Grenzen“ und sei „im Ergebnis nicht praktikabel“.
(FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 15.08.2019 zu Urteil vom 07.05.2019 – 8 K 751/17)

Widerruf eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans

Der 1. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg hat sich mit der Rechtsnatur, der Auslegung und dem Widerruf einer zwischen dem beklagten Finanzamt (FA) und dem Kläger außergerichtlich vereinbarten Schuldenbereinigung befasst. Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Der Kläger war beim FA und anderen Gläubigern hoch verschuldet. Zur Rückführung der Steuerschulden von 190.152,18 Euro schlossen das FA und der Kläger im Oktober 2016 eine Vereinbarung zur Schuldenbereinigung. Darin verpflichtete sich der Kläger zu monatlichen Zahlungen von 600 Euro bis Dezember 2020. Das FA verpflichtete sich, bei Einhaltung des Schuldenbereinigungsplans die Steuerforderungen und aufgelaufenen Säumniszuschläge zu erlassen. Vereinbart war auch, dass bis zum 31.12.2020 dem Kläger zufallende Erbschaften oder Pflichtteilsansprüche im Verhältnis der ursprünglichen Forderungen aller Gläubiger zur Hälfte an das Finanzamt ausgekehrt werden (Nr. 2 der Vereinbarung). Nachdem das FA erfahren hatte, dass dem Kläger aus einer Erbschaft im November 2016 erhebliche Vermögensgegenstände zugefallen waren, widerrief es mit Schreiben vom 23. Februar 2018 die getroffene Vereinbarung. Nachdem eine Verständigung mit dem Kläger gescheitert war, widerrief das FA die Vereinbarung zur Schuldenbereinigung mit Schreiben vom 17. April 2018 „endgültig“. Der Kläger widersprach dem Widerruf. Im Mai 2018 leitete das FA die Zwangsvollstreckung ein, worauf der Kläger beim Finanzgericht Klage erhob. Er begehrte die Feststellung, dass der Widerruf der Vereinbarung zur Schuldenbereinigung unwirksam sei und die Vereinbarung fortbestehe. Das FA sei verpflichtet, die Vollstreckung aus den der Vereinbarung zur Schuldenbereinigung zugrundeliegenden Bescheiden einzustellen.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Klage sei unzulässig, soweit der Kläger feststellen lassen wolle, dass der Widerruf der Vereinbarung zur Schuldenbereinigung durch das FA unwirksam sei. Die Feststellungsklage sei gegenüber einer Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Vereinbarung subsidiär. Das FA habe dem Kläger mit der widerrufenen Vereinbarung zur Schuldenbereinigung einen (einstweiligen) Vollstreckungsaufschub i. S. v. § 258 der Abgabenordnung (AO) gewährt. Dieser Vollstreckungsaufschub sei durch das FA mit Schreiben vom 23. Februar 2018 und vom 17. April 2018 widerrufen worden. Der Widerruf stelle als actus contrarius zum (hoheitlich gewährten) Vollstreckungsaufschub ebenfalls einen Steuerverwaltungsakt dar. Zudem habe sich das FA in seinen Schreiben vom 23. Februar und 17. April 2018 ausdrücklich des Rechtsinstituts des Widerrufs nach § 131 AO bedient, um die Regelungswirkung eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes zu beseitigen. Das Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung könne zwar bei Würdigung der Gesamtumstände ein Indiz gegen das Vorliegen eines Verwaltungsaktes sein, nehme für sich allein – wie der Regelung in § 356 Abs. 2 AO e contrario zu entnehmen sei – einem Verwaltungsakt aber nicht den Regelungscharakter.
Der Annahme eines Vollstreckungsaufschubs und damit der Verwaltungsaktqualität seines Widerrufs stehe auch nicht entgegen, dass der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan der Gestaltungsfreiheit des Gläubigers und des Schuldners unterliege. Dessen Rechtgrundlage sei in §§ 307 ff. Insolvenzordnung (InsO) zu suchen, auch wenn das gerichtliche Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet sei. Zwar habe der Schuldenbereinigungsplan die materiell-rechtliche Wirkung eines Vergleichs i. S. v. § 794 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 308 Abs. 1 Satz 2 InsO. Dennoch könne der Schuldenbereinigungsplan hoheitliche Maßnahmen wie einen Vollstreckungsaufschub enthalten, deren Voraussetzungen und Bestand im Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) zu prüfen seien.
Der Kläger habe keinen Anspruch gegen das FA, die Vollstreckung aus den der Vereinbarung zur Schuldenbereinigung zugrundeliegenden Bescheiden einzustellen. Die Klage sei insofern unbegründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf einen Vollstreckungsaufschub zustehe. Die Vollstreckung sei weder nach § 258 AO unbillig noch setzte sich das FA in Widerspruch zu seinem ursprünglich bis zum 31. Dezember 2020 gewährten Vollstreckungsaufschub. Denn die Wirkung des Vollstreckungsaufschubs sei durch die Nichtbefolgung der in Nr. 2 getroffenen Vereinbarung durch den Kläger (ex nunc) entfallen. Im Übrigen habe das FA den Vollstreckungsaufschub nur unter der (auflösenden) Bedingung der Nichteinhaltung der Verpflichtungen des Klägers aus der Vereinbarung i. S. v. § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO gewährt. Dem FA sei für den Kläger erkennbar daran gelegen gewesen, dass die Vollstreckung nur solange aufgeschoben wird, wie die unter Nr. 2 der Vereinbarung vorgesehene Zusagen durch den Kläger eingehalten wird. Die begünstigende Wirkung des Vollstreckungsaufschubs sei mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) entfallen, als die (auflösende) Bedingung eingetreten sei. Eines Widerrufs des Vollstreckungsaufschubs hätte es vor diesem Hintergrund nicht bedurft. Werde der Verwaltungsakt allerdings – so wie vorliegend – trotzdem klarstellend aufgehoben, handele es sich bei dem Aufhebungsbescheid um einen selbständigen Verwaltungsakt. Im Rahmen dieses deklaratorischen Widerrufs sei keine erneute Ermessensentscheidung zu treffen, so dass die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides nur vom Eintritt der auflösenden Bedingung abhänge.
Selbst wenn Nr. 2 der Vereinbarung nicht als Bedingung, sondern als Auflage zu dem gewährten Vollstreckungsaufschub zu verstehen sein sollte, wäre der Widerruf rechtmäßig. Nach § 131 Abs. 2 Nr. 2 AO könne ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage i. S. v. § 120 Abs. 2 Nr. 4 AO verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Das sei hier der Fall, weil der Kläger trotz seiner Erbschaft die Nr. 2 der Vereinbarung zur Schuldentilgung nicht eingehalten habe.
(FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 12.08.2019 zu Urteil vom 28.03.2019 – 1 K 1519/18; BFH-Az.: VII B 52/19)