Steuerschulden: Zoll vollstreckt Forderung in Höhe von mehr als 1,4 Millionen Euro

Das Sachgebiet C beim Hauptzollamt Frankfurt am Main konnte eine Forderung gegen einen in Thailand wohnhaften deutschen Staatsbürger erfolgreich vollstrecken. Dieser schuldete einem nordrhein-westfälischen Finanzamt seit dem Jahr 2019 über 1,4 Millionen Euro Einkommensteuer, Solidaritäts- sowie Säumniszuschläge.

Der Reisende hatte eigenständig 27,3 Kilogramm Gold im Wert von mehr als 1,5 Millionen Euro zur Ausfuhr nach Dubai angemeldet. Er konnte zwar glaubhaft machen, das in seinem Handgepäck mitgeführte Gold legal erworben zu haben und zur Bestreitung seines Lebensunterhalts in Thailand zu benötigen, jedoch ergab eine interne Abfrage die offene Steuerforderung.

Das Gold wurde im Rahmen der Vollstreckung der Forderung des nordrhein-westfälischen Finanzamts zur Sicherung der Begleichung der aktuellen Steuerschuld einbehalten. Sollte der Reisende die offene Steuerforderung binnen sechs Wochen nicht begleichen, wird das sichergestellte Gold zu deren Begleichung verwertet.

Der Zoll erinnert in seiner Pressemitteilung zu diesem Vorfall daran, dass Mitführende, die mit Barmitteln im Gesamtwert von 10.000 Euro oder mehr nach Deutschland ein- beziehungsweise aus Deutschland ausreisen, diesen Betrag beim Zoll schriftlich anmelden müssen.

Gleichgestellte Zahlungsmittel wie Gold müssen bei der Einreise nach oder Ausreise aus Deutschland auf Befragung der Zollbediensteten mündlich angezeigt werden.

zoll.de, Pressemitteilung vom 22.7.2022

BFH: Verfahrensdauer von Klagen in Steuerberaterprüfungssachen

Die Angemessenheit der Dauer eines Klageverfahrens zur Überprüfung von Ergebnissen der Steuerberaterprüfung ist schon aufgrund der hohen Bedeutung und Grundrechtsrelevanz für den Betroffenen und der besonderen Eilbedürftigkeit einzelfallbezogen zu betrachten. Die für den Regelfall finanzgerichtlicher Klageverfahren geltende Vermutung, dass die Dauer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach Klageeingang mit der Bearbeitung beginnt und diese nicht mehr nennenswert unterbricht, ist hier nicht anwendbar.

Wenn der Verfahrensbeteiligte aufgrund einer Sachstandsanfrage eines anderen Verfahrensbeteiligten zunächst die Reaktion des Gerichts abwartet, kann die Verzögerungsrüge im Einzelfall auch mehr als gut sechs Monate zurückwirken.

Die Erkrankung eines Richters kann nur eine kurzfristige Verzögerung rechtfertigen; grundsätzlich sind die nach den Regelungen über die Geschäftsverteilung zur Vertretung berufenen Richter zur Förderung des Verfahrens verpflichtet (Anschluss an BVerwG-Urteil vom 11.07.2013 – 5 C 27/12 D, BayVBL 2014, 149, Rz 44).

BFH, Urteil vom 23.3.2022, X K 2/20

Rente: VdK fordert Vollbesteuerung erst ab 2070

Steuerzahler sollen ihre Rentenbeiträge ab dem kommenden Jahr voll absetzen können – das sehen neue Pläne des Bundesfinanzministers Christian Lindner vor.

Nach Berechnungen des Finanzministeriums werden die betroffenen Bürgerinnen und Bürger dadurch 2023 um rund 3,2 Milliarden Euro entlastet. Im Jahr 2024 geht es demnach noch um 1,76 Milliarden Euro.

VdK-Präsidentin Verena Bentele erklärt dazu: „Die Pläne des Bundesfinanzministers Christian Lindners sind noch nicht zu Ende gedacht. Uns fehlt nach wie vor, dass eine Doppelbesteuerung in der Übergangsphase der Rentenbesteuerung, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, verhindert wird. Gerade in Zeiten mit hohen Inflationsraten begrüßen wir zwar die Vorziehung der Beitragsfreistellung von 2025 auf 2023 um zwei Jahre. Problematisch an Lindners Plänen bleibt, dass alleine durch diese Maßnahme künftige Fälle von Doppelbesteuerungen nicht komplett ausgeschlossen sind. Nach der aktuellen gesetzlichen Regelung beginnt die Vollbesteuerung der Renten im Jahr 2040. Wir fordern, dass die Vollbesteuerung der Renten erst ab dem Jahr 2070 greift, um Fälle von Doppelbesteuerung zu verhindern.“

VdK, Mitteilung vom 5.8.2022

Kein Wegfall der Erbschaftsteuerbefreiung bei unzumutbarer Selbstnutzung des Familienheims

Zieht der überlebende Ehepartner aus dem geerbten Familienheim aus, weil ihm dessen weitere Nutzung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, entfällt die ihm beim Erwerb des Hauses gewährte Erbschaftsteuerbefreiung nicht rückwirkend. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) zu § 13 Abs. 1 Nr. 4b des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) entschieden. Gleiches gilt für die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, die erbende Kinder begünstigt.

Die Klägerin hatte mit ihrem Ehemann ein Einfamilienhaus bewohnt und wurde nach dessen Tod aufgrund Testaments Alleineigentümerin. Nach knapp zwei Jahren veräußerte sie das Haus und zog in eine Eigentumswohnung. Die Klägerin berief sich gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht (FG) erfolglos darauf, sie habe wegen einer depressiven Erkrankung, die sich nach dem Tod ihres Ehemannes gerade durch die Umgebung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses verschlechtert habe, dieses auf ärztlichen Rat verlassen. Das FG war der Ansicht, es habe keine zwingenden Gründe für den Auszug gegeben, da der Klägerin nicht die Führung eines Haushalts schlechthin unmöglich gewesen sei.

Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Grundsätzlich setzt die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG voraus, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt, es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. „Zwingend“, so der BFH, erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Diese könne auch gegeben sein, wenn der Erbe durch den Verbleib im Familienheim eine erhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands zu gewärtigen habe. Das FG hat deshalb im zweiten Rechtsgang, ggf. mit Hilfe ärztlicher Begutachtung, die geltend gemachte Erkrankung einschließlich Schwere und Verlauf zu prüfen.

BFH, Pressemitteilung vom 04.08.2022 zu Urteil vom 01.12.2021, II R 1/21

Übergewinnsteuer: Unabhängiger Beirat legt Stellungnahme vor

Der unabhängige Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hat eine Stellungnahme zur Übergewinnsteuer vorgelegt. Der Beirat hat sich vor dem Hintergrund der zuletzt intensiveren politischen Debatte über die Besteuerung vorwiegend krisenbedingter außergewöhnlich hoher Gewinne mit dem Thema befasst und rät in seiner Stellungnahme dringend davon ab, eine sogenannte Übergewinnsteuer einzuführen.

Dabei hat der Rat insbesondere folgende Schlüsselfaktoren identifiziert:

  • Übergewinne in der Praxis abzugrenzen und auf dieser Grundlage besteuern zu wollen, führt zu willkürlichen Belastungen und Verzerrungen in der Produktionsstruktur, wodurch schädliche Verzerrungswirkungen drohen.

  • Wirtschaftliche Aktivitäten und die daraus resultierenden Erträge sind grundsätzlich zufälligen Schwankungen ausgesetzt. In diesem zufälligen Auf und Ab wird es unausweichlich Perioden geben, in denen ein „Übergewinn“ entsteht, und Perioden mit „Untergewinn“. Würde der Staat in den Perioden des „Übergewinns“ erwartbar argumentieren, dass dieser ungerechtfertigt sei und steuerlich abgeschöpft werden sollte, dann sänken Investitionsanreize und wohlfahrtssteigernde Aktivitäten unterblieben.

  • Hinzu kommt, dass rapide steigende Preise und die daraus erwachsenen Gewinnerwartungen Anreize bieten, die Produktionskapazitäten gerade dort auszubauen, wo die Knappheiten besonders groß sind. Solche Anpassungen sind aus volkswirtschaftlicher Sicht in hohem Maße wünschenswert, weil sie die knappen Ressourcen der Ökonomie in die Verwendungen lenken, in denen sie den höchsten Mehrwert erbringen. Eine Übergewinnsteuer, die alle Gewinne, die aus dem höheren Preis resultieren, wegbesteuert, würde genau diese Anreize zur sozial wünschenswerten Kapazitätsausweitung zunichtemachen.

  • Dieser Effekt wird noch durch die innovationsfeindliche Wirkung verstärkt. Innovationswettläufe generieren typischerweise viele Verlierer und einige wenige Gewinner. Würden Gewinne der Innovationssieger ex post „wegbesteuert“, bestünde ex ante kein Anreiz mehr, sich an produktiven Innovationswettläufen zu beteiligen.

  • Das Vertrauen ins Steuersystem basiert auf dessen Regelgebundenheit. Besteuert wird, wer ein positives Einkommen bzw. Gewinne erzielt. In welchen Sektoren, mit welchen Produkten und in welchen Phasen des Weltgeschehens Gewinne erzielt werden, spielt für die Höhe der Besteuerung keine Rolle. Eine ad hoc-Besteuerung einzelner Aktivitäten würde viel von diesem lange gewachsenen Vertrauen zerstören.

Die aktuelle Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats zur Übergewinnsteuer wird in der Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen veröffentlicht und kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

Bundesfinanzministerium, Pressemitteilung vom 5.8.2022