Entscheidung über Gestaltungsmissbrauch bei Cum-Cum-Geschäften

Kapitalertragsteuer) getroffen hat.

Bei den Cum-Cum-Geschäften werden Aktien ausländischer Anteilseigner vor dem Dividendenstichtag an inländische Gesellschaften, zumeist Banken, verkauft oder verliehen und nach dem Dividendenstichtag zurückübertragen mit dem Ziel, die gesetzlich vorgesehene pauschale Versteuerung ausländischer Dividendenerträge zu umgehen.

Der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts hat entschieden, dass bei der Übertragung der Aktien über den Dividendenstichtag aufgrund der vertraglichen Gestaltung lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition an den Aktien, eine leere Eigentumshülle, verschafft worden ist und die Geschäfte von vornherein darauf angelegt waren, dem ursprünglichen Aktieninhaber die Erträge aus den Aktien im wirtschaftlichen Sinne zukommen zu lassen. Dies hat zur Folge, dass der ausländische Aktieninhaber wirtschaftlicher Eigentümer und damit Anteilseigner geblieben ist, dem die Dividendenerträge, die zum Kapitalertragsteuerabzug berechtigen, zuzurechnen sind. Der klagenden inländischen Gesellschaft wurde damit durch das Gericht mangels wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien der beantragte Kapitalertragsteuerabzug versagt.

Zusätzlich hat der Senat zur Beseitigung der sonstigen steuerlichen Folgen des gescheiterten Cum-Cum-Gestaltungsmodells für die vertraglichen Vereinbarungen einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO bejaht. Nach § 42 AO ist eine Gestaltung rechtsmissbräuchlich, wenn sie – gemessen an dem erstrebten wirtschaftlichen Ziel – einen unangemessenen Weg wählt, der nur einer den Wertungen des Gesetzgebers widersprechenden Steuerminderung dienen soll, ohne dass sonstige beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die Gestaltung vorliegen. Die Beurteilung als Gestaltungsmissbrauch führt steuerlich zur Rückabwicklung der Geschäfte.

Der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts beschäftigte sich außerdem mit der Frage, ob bei einem Teil der Aktiengeschäfte neben der Verhinderung der Besteuerung der Dividendenerträge durch den ausländischen Anteilseigner mit der Weitergabe der Aktien an eine dritte Gesellschaft im Tausch gegen Zinserträge aus Staatsanleihen die Steuerfreistellung der Dividendenerträge nach § 8b Abs. 1 KStG erreicht und somit die Vorschrift des § 8b Abs. 7 KStG, der eine Besteuerung der Dividendenerträge für Banken und sonstige Finanzinstitute vorsieht, umgangen werden sollte.

Einzelheiten ergeben sich aus den schriftlichen Urteilsgründen, die derzeit noch nicht vorliegen. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen.

(FG Hessen, Pressemitteilung vom 30.01.2020 zu Urteil vom 28.01.2020 – 4 K 890/17)

Vorsteuerabzug für ein Arbeitszimmer: Entspricht das Erfordernis der fristgebundenen Abgabe einer unternehmensbezogenen Zuordnungsentscheidung dem Unionsrecht?

Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob das Unionsrecht einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, nach der im Falle eines sog. Zuordnungswahlrechtes beim Leistungsbezug der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt nicht getroffen wurde. Er hat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung gebeten.

Der Kläger, der einen Gerüstbaubetrieb unterhält, errichtete ein Einfamilienhaus mit einer Gesamtnutzfläche von ca. 150 m2, wovon auf ein Zimmer („Arbeiten“) ca. 17 m2 entfielen (Fertigstellung 2015). Erst in der am 28.09.2016 beim FA eingegangenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2015 – nicht aber in den zuvor eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen – machte der Kläger für die Errichtung des Arbeitszimmers anteilig Vorsteuern geltend. Das FA versagte den Vorsteuerabzug wegen der nicht rechtzeitig (bis zum 31. Mai des Folgejahres als gesetzlicher Abgabetermin der Steuererklärung) erfolgten Zuordnung des Zimmers zum Unternehmensvermögen.

Der BFH vertritt im Vorlagebeschluss die Auffassung, dass nach den von ihm zur Zuordnungsentscheidung entwickelten Kriterien die Revision des Klägers gegen das klageabweisende Urteil unbegründet wäre. Zweifelhaft sei jedoch, ob ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen dürfe. Zwar gehe das Unionsrecht in Art. 168a Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ausdrücklich von einer „Zuordnung“ von Gegenständen aus. Es enthalte jedoch keine näheren Regelungen hierzu. Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll auch geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine nicht (rechtzeitig) getroffene Zuordnungsentscheidung hat. Sollte der EuGH die bisherige (nationale) Handhabung als zu restriktiv ansehen, würde das die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs bei unternehmerischer Tätigkeit und sog. gemischter Nutzung erleichtern.

In einem weiteren Verfahren, das den Erwerb einer Photovoltaikanlage durch einen Privatmann betrifft, hat der BFH mit Beschluss vom selben Tage (Az. XI R 7/19) ebenfalls den EuGH angerufen.

(BFH, Pressemitteilung Nr. 5 vom 30.1.2020 zu Beschluss vom 18.9.2019 – XI R 3/19)