Freibetrag für Mitarbeiterbeteiligung: Bundesregierung sieht Verbesserungspotenzial

Die Bundesregierung sieht bei den Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in Deutschland noch Verbesserungspotenzial. Die Verdoppelung des steuerlichen Freibetrags auf 720 Euro sei ein wichtiges Element für die weitere Verbreitung und Inanspruchnahme der Mitarbeiterkapitalbeteiligung, heißt es in der Antwort (19/21644) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/21403) der FDP-Fraktion.

Davon profitierten nicht nur Mitarbeiter in Startups, sondern alle Mitarbeiter von Unternehmen, die ein solches Modell anböten. Geplant sei, die Anhebung des steuerlichen Freibetrags auf 720 Euro in diesem Jahr auf den Weg zu bringen, sodass Anteilsübertragungen möglichst schon 2021 begünstigt seien.

(Bundestag, hib-Meldung Nr. 866/2020 vom 24.08.2020)

zum Dokument: Antwort 19/21644 der Bundesregierung

Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Familienheimfahrten mit teilentgeltlich vom Arbeitgeber überlassenen Firmenwagen

Soweit ersichtlich als erstes Finanzgericht hat der 9. Senat des Niedersächsischen FG zu der Frage Stellung genommen, ob ein Abzug von Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten auch dann aufgrund der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG ausgeschlossen ist, wenn dem Arbeitnehmer für die Überlassung eines Firmenwagen tatsächlich Kosten entstehen (im Streitfall: pauschaler monatlicher Zuzahlungsbetrag zzgl. einer kilometerabhängigen Tankkostenzuzahlung).

Zuvor hatte der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28. Februar 2013 (VI R 33/11, BFHE 240, 342, BStBl 2013 II S. 629) entschieden, dass ein Werbungskostenabzug bei unentgeltlicher Überlassung eines Firmenwagens mangels eigenen Aufwands ausgeschlossen ist.

Im Streitfall hatte ein Arbeitgeber dem Kläger (Arbeitnehmer) im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses – auch für die Durchführung von Privatfahrten – einen Firmenwagen überlassen. Die vertraglich vereinbarte pauschale monatliche Zuzahlung in Höhe vom 0,5 v. H. des Bruttolistenpreises und die monatlich einbehaltenen Beträge für die Nutzung der Tankkarte zu Privatfahrten (0,10 Euro bzw. 0,09 Euro pro gefahrenen Kilometer) berücksichtigte der Arbeitgeber bereits bei den monatlichen Lohnabrechnungen in Form der Minderung des zu versteuernden geldwerten Vorteils bis auf max. 0 Euro. Zuzahlungsüberhänge in einzelnen Monaten wurden jedoch aus technischen Gründen nicht auf andere Monate des Streitjahres, in denen geldwerte Vorteile verblieben, übertragen. Der Kläger nutzte den ihm überlassenen Pkw auch für wöchentliche Familienheimfahrten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung.

Vergeblich begehrte der Kläger beim beklagten Finanzamt (FA) den Abzug des tatsächlichen Aufwands für die Durchführung der Familienheimfahrten (0,10 Euro bzw. 0,09 Euro pro gefahrenen Kilometer) als Werbungskosten.

Auch die Klage beim Niedersächsischen FG hatte in diesem Punkt keinen Erfolg. Die Klage war nur insoweit begründet, als das FG noch die in einzelnen Monaten entstandenen Zuzahlungsüberhänge auf andere Monate des Streitjahres übertrug, in denen ein positiver zu versteuernder geldwerter Vorteil verblieben war. Für danach noch verbleibende Zuzahlungsüberhänge kam weder eine Berücksichtigung als negative Einnahmen noch als Werbungskosten in Betracht (entsprechend BFH, Beschluss vom 15. Januar 2018, VI B 77/17, BFH/NV 2018, 521).

Im Übrigen erachtete der 9. Senat die Klage als unbegründet. Führt der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber überlassenen Kfz wöchentliche Familienheimfahrten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung durch, verbleibt es nach Überzeugung des 9. Senats auch dann bei dem Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG, wenn die Überlassung teilentgeltlich erfolgt und dem Arbeitnehmer damit tatsächliche Aufwendungen für die Durchführung der Fahrten entstehen. Unter anderem hat sich der 9. Senat dabei am Wortlaut dieser Vorschrift orientiert. Der Gesetzgeber unterscheide nicht zwischen unentgeltlicher und teilentgeltlicher Überlassung mit der Folge, dass alle Arten von Überlassung von dem Abzugsverbot erfasst werden (so auch die Auffassung der Finanzverwaltung in R 9.10 Abs. 2 Lohnsteuerrichtlinien).

(FG Niedersachsen, Mitteilung vom 21.08.2020 zu Urteil vom 08.07.2020 – 9 K 78/19; Az. der Revision beim BFH: VI R 35/20)

Fehlende Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohen Geschäftsführervergütungen

Gewährt eine gemeinnützige Körperschaft ihrem Geschäftsführer unverhältnismäßig hohe Tätigkeitsvergütungen, liegen sog. Mittelfehlverwendungen vor, die zum Entzug ihrer Gemeinnützigkeit führen können. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Ob im Einzelfall unverhältnismäßig hohe Vergütungen anzunehmen sind, ist durch einen sog. Fremdvergleich zu ermitteln. Als Ausgangspunkt hierfür können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden, ohne dass dabei ein „Abschlag“ für Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen vorzunehmen ist. Da sich der Bereich des Angemessenen auf eine Bandbreite erstreckt, sind nur diejenigen Bezüge als unangemessen zu bewerten, die den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20% übersteigen. Liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings erst dann gerechtfertigt, wenn es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt.

Im Streitfall hatte das Finanzamt einer gGmbH, die sich in der psychiatrischen Arbeit engagiert und in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche erbringt, wegen unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2005 – 2010 versagt. Das Finanzgericht (FG) hatte die dagegen erhobene Klage abgewiesen. Der BFH bestätigte diese Entscheidung im Wesentlichen. Die Revision der Klägerin war allein in Bezug auf die Streitjahre 2006 und 2007 erfolgreich, weil das FG für das Jahr 2006 nicht berücksichtigt hatte, dass die Angemessenheitsgrenze lediglich geringfügig (um ca. 3.000 Euro) überschritten war und es für das Jahr 2007 unterlassen hatte, bei der Angemessenheitsprüfung einen Sicherheitszuschlag anzusetzen.

Das Urteil ist von weitreichender Bedeutung für die Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften, da es die Grundlagen für die Ermittlung von noch zulässigen Geschäftsführerbezügen aufzeigt und diese Grundsätze auch auf andere Geschäftsbeziehungen mit gemeinnützigen Körperschaften (z.B. Miet-, Pacht-, Darlehensverträge) angewendet werden können.

(BFH, Pressemitteilung Nummer 035/20 vom 20.08.2020 zu Urteil vom 12.03.2020 – V R 5/17)

DIHK: Jahressteuergesetz bringt Änderungen für Unternehmen

Änderungen bringen Vereinfachungen und erweitern für die Unternehmen den Spielraum zur Bildung von Investitionsabzugsbeträgen (früher „Ansparabschreibung“) sowie Sonderabschreibungen.

Dabei schlagen die Verbände einen Ausbau der Neuregelung vor. So könne etwa eine Erhöhung der abzugsfähigen Kosten und der Gewinnobergrenze gerade in Zeiten der Corona-Pandemie Investitionen ankurbeln und das Instrument für noch mehr Unternehmen öffnen.

Pauschalversteuerung auch für Mitarbeiter-BahnCards

Ein weiterer Verbesserungsvorschlag betrifft die Mobilität im Bahnverkehr: Die Bundeswehr kann sich bei Freifahrtberechtigungen für Soldaten im Nah- und Fernverkehr künftig über eine Pauschalversteuerung von 25 Prozent freuen, die sich nicht auf den Werbungskostenabzug auswirkt.

Eine entsprechende, unbürokratische Regelung wünschen sich die Verbände auch für Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern BahnCards überlassen – nicht nur im Interesse des Gleichheitsgrundsatzes, sondern auch als Beitrag für eine umweltfreundliche Mobilität und flexible Arbeits- und Mobilitätskonzepte.

Zustimmung für Digitalisierungsansätze …

Als positiv bewertet die Wirtschaft unter anderem, dass den Betreibern elektronischer Marktplätze die qualifizierte Überprüfung einer inländischen Umsatzsteuer-Identnummer ihrer Kunden ohne den Austausch von Bestätigungen in Papierform möglich sein soll.

Auch die Pläne, den Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern künftig auf Basis der Dateninfrastruktur der Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) umzusetzen, stoßen auf die Zustimmung der Verbände.

… aber keine Gleichschaltung von Buchhaltungs-Software

Sehr kritisch äußern sie sich allerdings zu einer Änderung der Abgabenordnung, die eine Vereinheitlichung von Schnittstellen und Datenspeicherung vorsieht: Steuerrelevanten Unterlagen, die ein Unternehmen digital erstellt, sollen künftig nach einem gemeinsamen Standard gespeichert und exportiert werden. Einheitliche Datensatzbeschreibungen und digitale Schnittstellen hierfür soll das Bundesfinanzministerium über Rechtsverordnungen festlegen.

Die Wirtschaftsvertreter befürchten nun, dass im Ergebnis die Unternehmen aller Branchen, Größen und Rechtsformen in Zukunft nur noch mit einem einzigen digitalen Buchhaltungs- respektive Archivsystem arbeiten müssen, das von der Finanzverwaltung vorgegeben wird – oder alternativ eigene Entwicklungen aufwendig in eine andere Form konvertieren.

Erhebliche Einschränkung der unternehmerischen Freiheit

Dabei handele es sich um ein „sehr großes und aufwendiges Projekt, das die unternehmerische Freiheit ganz erheblich einschränken würde“, heißt es in der Stellungnahme. Die Verbände fordern deshalb, den „massiven Einführungs- und laufender Erfüllungsaufwand“ im Gesetzentwurf zu beziffern und vom Normenkontrollrat verifizieren zu lassen.

(Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Mitteilung vom 19.8.2020)

Kindergeldanspruch besteht auch für ein während der Ausbildung erkranktes Kind

Für ein volljähriges Kind, das während seiner Berufsausbildung erkrankt, besteht Anspruch auf Kindergeld auch dann, wenn das voraussichtliche Ende der Erkrankung nicht nachgewiesen wird.

Der 1999 geborene Sohn der Klägerin begann zum 1. August 2015 eine Ausbildung zum Zweiradmechaniker, die nach dem Ausbildungsvertrag am 31. Januar 2019 enden sollte. Im September 2018 erlitt er bei einem Arbeitsunfall einen Schädelbasisbruch und befand sich bis Ende November 2018 in klinischer Behandlung. Danach durchlief er einen Reha-Plan mit dem Ziel der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als Zweiradmechaniker in Ausbildung. In diesem Rahmen fanden im September 2019 eine Arbeitserprobung und im Februar 2020 eine weitere berufsvorbereitende Maßnahme statt. Der Berufsausbildungsvertrag wurde nicht formal beendet.

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2018 auf, da der Sohn der Klägerin aufgrund der Erkrankung seine Ausbildung in absehbarer Zeit nicht aktiv fortsetzen könne. Das voraussichtliche Ende der Erkrankung sei nicht durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen.

Die hiergegen erhobene Klage hatte vollumfänglich Erfolg. Das Gericht hat den Berücksichtigungstatbestand der Berufsausbildung beim Sohn der Klägerin ab Oktober 2018 und auch über das geplante Ende der Berufsausbildung im Januar 2019 hinaus als erfüllt angesehen. Abzustellen sei zwar nicht auf das formale Weiterbestehen des Ausbildungsverhältnisses, sondern auf tatsächliche Ausbildungsmaßnahmen. Eine krankheitsbedingte Unterbrechung sei jedoch grundsätzlich unschädlich. Dem liege der Gedanke zugrunde, dass ein ausbildungswilliges Kind, das aus objektiven Gründen an Ausbildungsmaßnahmen gehindert sei, ebenso berücksichtigt werden müsse wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht.

Der Sohn der Klägerin sei aufgrund seiner Erkrankung objektiv daran gehindert gewesen, Ausbildungsmaßnahmen durchzuführen, sei aber weiterhin ausbildungswillig gewesen. Dies zeige sich an den seit der Entlassung aus der Klinik vorgenommenen Maßnahmen, die auf das Ziel der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als Zweiradmechaniker in Ausbildung gerichtet gewesen seien. Ein Nachweis über das voraussichtliche Ende der Erkrankung sei nicht erforderlich, da es allein auf die tatsächlichen Umstände ankomme.

(FG Münster, Mitteilung vom 17.08.2020 zu Urteil vom 01.07.2020 – 11 K 1832/19; Revision BFH-Az.: III R 43/20)

Zahlungshinweise für Steuervorauszahlungen entfallen ab Dezember: Hessische Steuerverwaltung empfiehlt die Teilnahme am SEPA-Lastschriftverfahren

Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, die Vorauszahlungen auf ihre Einkommen- oder Körperschaftsteuer leisten müssen, wurden bisher zu den jeweiligen Stichtagen quartalsweise auf die fälligen Zahlungen hingewiesen.

Die regelmäßigen Zahlungshinweise werden nun zum Fälligkeitstermin 10. September 2020 letztmalig verschickt. Ab Dezember 2020 wird der Versand der Zahlungshinweise für Steuervorauszahlungen in Hessen, wie bereits in anderen Steuerverwaltungen auch, komplett eingestellt. Damit auch künftig fällige Beträge pünktlich gezahlt werden und keine Säumniszuschläge entstehen, empfiehlt die Steuerverwaltung die Teilnahme am SEPA-Lastschriftverfahren.

„Weniger Post vom Finanzamt und die Umstellung auf das Lastschriftverfahren – das macht nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Verwaltung das Leben leichter, sondern spart sogar Geld und schont zudem die Umwelt“, erläuterte der hessische Finanzminister Michael Boddenberg. Durch die Maßnahme kann das Land Hessen jährlich rund 600.000 Euro an Porto- und Papierkosten sparen.

Der Finanzminister erklärte weiter: „Die Teilnahme am Lastschriftverfahren bietet viele Vorteile: Termine und die genaue Höhe der jeweiligen Steuervorauszahlung müssen nicht selbst ständig im Blick gehalten werden. Im Fall einer nachträglichen Änderung der Höhe der Vorauszahlungen erfolgt automatisch eine Rücküberweisung der zu viel gezahlten Beträge.“

Ein weiterer Vorteil: Bei dem Verfahren kann selbst entschieden werden, ob die Teilnahme für alle Vorauszahlungen zu einer Steuernummer gilt oder ob es auf bestimmte Steuerarten und Vorauszahlungen beschränkt werden soll.

Ein ausfüllbares SEPA-Lastschriftmandat ist der letztmaligen Übersendung der Zahlungshinweise zum dritten Quartal 2020 beigefügt oder online abrufbar unter finanzamt.hessen.de.

(Hessisches Ministerium der Finanzen, Pressemitteilung vom 19.8.2020)

Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung für die Anmietung von Messestellplätzen

Die Klägerin, eine GmbH, stellt Produkte her und vertreibt sie durch ein stehendes Händlernetz. Sie mietete auf verschiedenen turnusmäßig stattfindenden Messen Ausstellungsflächen an und präsentierte dort ihre Produkte. Das Finanzamt rechnete die hierauf entfallenden Aufwendungen anteilig nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG dem Gewerbeertrag hinzu, da die Flächen dem fiktiven Anlagevermögen zuzuordnen seien. Dem trat die Klägerin mit dem Einwand entgegen, dass die Flächen für ihre Tätigkeit nicht betriebsnotwendig seien.

Die Klage hatte Erfolg. Das Gericht hat ausgeführt, dass die angemieteten Messestellplätze nicht die für den Hinzurechnungstatbestand erforderliche Eigenschaft als fiktives Anlagevermögen aufwiesen. Für ihren Geschäftsbetrieb habe die Klägerin nicht permanent Messestände vorhalten müssen. Dies folge daraus, dass sie die von ihr hergestellten Produkte nicht selbst an Endkunden, sondern durch ein Händlernetz vertrieb, dessen Mitglieder zumindest teilweise ebenfalls auf den Messen anwesend waren. Die Messebesuche hätten für die Klägerin lediglich Werbezwecken gedient. Im Übrigen führe der Vergleich zu Reiseveranstaltern, bei denen der BFH im Urteil vom 25. Juli 2019 (III R 22/16) die Anmietung von Hotels bzw. Zimmerkontingenten für eine ganze Saison nicht als fiktives Anlagevermögen angesehen habe, im Streitfall erst recht nicht zur Annahme fiktiven Anlagevermögens.

(FG Münster, Mitteilung vom 17.08.2020 zu Urteil vom 09.06.2020 – 9 K 1816/18; Nichtzulassungsbeschwerde BFH-Az. III B 83/20)

Steuerbetrug nicht nachgewiesen: Vorsteuerabzug darf nicht versagt werden

Hat das Finanzamt nicht dargetan, dass ein Steuerbetrug begangen worden ist, kommt eine Versagung des Vorsteuerabzugs nach der sog. Missbrauchs-Rechtsprechung des EuGH nicht in Betracht.

Die Nichtabfrage der USt-IdNr. des Empfängers zeitnah zur ersten innergemeinschaftlichen Lieferung und darauffolgend in regelmäßigen Abständen während der laufenden Lieferbeziehung kann nach den Umständen des Einzelfalls eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellen, die Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG ausschließt.

Wird die Abfragemöglichkeit nach § 18e UStG sorgfaltspflichtwidrig nicht wahrgenommen, ergibt sich aus sachlichen Billigkeitsgründen kein über § 6a Abs. 4 UStG hinausgehender Vertrauensschutz.

(BFH, Urteil vom 11.3.2020 – XI R 38/18)

Gericht muss „Internetquellen“ genau bezeichnen und sichern

Bei dem Verweis auf „Internetquellen“ kann ein Verstoß gegen das Gesamtergebnis des Verfahrens vorliegen. Das geht aus einem aktuell veröffentlichten BFH-Beschluss hervor.

Die Richter erklärten, das erstentscheidende Finanzgericht (Niedersächsisches FG, Urteil vom 22.10.2019, 8 K 10133/18) habe die Pflicht verletzt, seine Entscheidung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO), wenn es für die Bestimmung streitiger Schätzungsgrundlagen auf „allgemein zugängliche Quellen im Internet“ zurückgreift, diese aber weder dauerhaft sichert noch in nachprüfbarer Weise bezeichnet.

Der Fall betraf den (inzwischen verstorbenen) Eigentümer eines Eiscafés. Das Finanzamt hatte bei einer Außenprüfung mehrere formelle Kassen- und Aufzeichnungsmängel festgestellt und eine sog. Ausbeutekalkulation vorgenommen, im Rahmen derer der Prüfer insbesondere den Zuckereinkauf berücksichtigte. Das Kalkulationsergebnis wich von den erklärten Umsätzen ab. Hiervon soll, so das Finanzgericht, der Prüfer verschiedene Abschläge vorgenommen, sein Ergebnis mit den Rohgewinnaufschlagsätzen der amtlichen Richtsatzsammlung verglichen und hieran insoweit angepasst haben, als er für alle drei Streitjahre einen Aufschlagsatz von 430 % zugrunde legte.

Das Finanzgericht ging von einer Schätzungsbefugnis des Finanzamts aus und hielt das Schätzungsergebnis für rechtmäßig. Die vom Prüfer berücksichtigten Zuckeranteile ergäben sich „aus allgemeinen zugänglichen Quellen im Internet“. Da diese weder genauer benannt noch ihre Inhalte gesichert worden waren, muss das Finanzgericht nun erneut entscheiden.

(BFH, Beschluss vom 23.4.2020 – X B 156/19)

Vorsteuerabzug für die Renovierung eines Home-Office

Vermietet ein Arbeitnehmer eine Einliegerwohnung als Home-Office an seinen Arbeitgeber für dessen unternehmerische Zwecke, kann er grundsätzlich die ihm für Renovierungsaufwendungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer steuermindernd geltend machen.

Dies gilt nicht nur für die Aufwendungen zur Renovierung des beruflich genutzten Büros oder Besprechungsraums, sondern auch für Aufwendungen eines Sanitärraums; ausgeschlossen vom Abzug sind dagegen die Aufwendungen für ein mit Dusche und Badewanne ausgestattetes Badezimmer. So entschied der Bundesfinanzhof (BFH).

Die Kläger sind Eigentümer eines Gebäudes, das sie im Obergeschoss selbst bewohnen. Eine Einliegerwohnung mit Büro, Besprechungsraum, Küche und Bad/WC im Erdgeschoss vermieteten sie als Home-Office des Klägers umsatzsteuerpflichtig an dessen Arbeitgeber. Die Kläger renovierten das Home-Office und bezogen hierfür Handwerkerleistungen, von denen 25.780 € auf die Renovierung des Badezimmers entfielen. Die hierauf entfallende Umsatzsteuer machten sie im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärung als Vorsteuer geltend. Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung ordnete das Finanzamt die Aufwendungen für das Badezimmer dem privaten Bereich zu und erkannte die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge nicht an.

Das Finanzgericht gab der Klage nur insoweit statt, als es um die Aufwendungen für die Sanitäreinrichtung (v.a. Toilette und Waschbecken) ging. Die dagegen eingelegte Revision, mit der die Kläger einen weitergehenden Vorsteuerabzug begehrten, wies der BFH als unbegründet zurück. Danach berechtigen Aufwendungen zur Renovierung eines an den Arbeitgeber vermieteten Home-Office grundsätzlich zum Vorsteuerabzug, soweit es beruflich genutzt wird. Bei einer Bürotätigkeit kann sich die berufliche Nutzung auch auf einen Sanitärraum erstrecken, nicht jedoch auf ein mit Dusche und Badewanne ausgestattetes Badezimmer.

(BFH, Pressemitteilung Nummer 030/20 vom 30.07.2020 zu Urteil vom 07.05.2020 – V R 1/18)