Fristverlängerung bei den Schlussabrechnungen der Corona-Hilfen

Es geht voran: Die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) konnte in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Steuerberaterverband (DStV) erreichen, dass die Frist für die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen bis zum 30. Juni 2023 verlängert wird. Hierfür gab das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 18. August 2022 grünes Licht. In Zeiten von Fristenballungen bei der Grundsteuer, den Jahresabschlüssen und Einkommensteuererklärungen eine wichtige Entlastung für alle Steuerberater*innen und ihre Teams.

„Der 31. Dezember 2022 war als bisherige Frist für die Abgabe der Schlussabrechnungen einfach utopisch, wenn man bedenkt, was wir in diesem Jahr alles bearbeiten müssen. Schön, dass die Politik dies erkannt hat“, so BStBK-Präsident Prof. Hartmut Schwab. Er hebt weiter positiv hervor: „Im Einzelfall können prüfende Dritte sogar bis zum 31. August 2023 eine Fristverlängerung bis spätestens zum 31. Dezember 2023 über das digitale Antragsportal beantragen, wie von uns gefordert.“

Die Fristverlängerung gilt für beide Pakete der Schlussabrechnung. Darüber hinaus soll ein „Gleichlauf“ mit den Fristen für die Steuererklärungen 2021 bis zum 31. August 2023 durch einen zweimonatigen Übergangszeitraum ermöglicht werden.

Bundessteuerberaterkammer, Pressemitteilung 11/2022 vom 19.8.2022

BFH: Verfahrensdauer von Klagen in Steuerberaterprüfungssachen

Die Angemessenheit der Dauer eines Klageverfahrens zur Überprüfung von Ergebnissen der Steuerberaterprüfung ist schon aufgrund der hohen Bedeutung und Grundrechtsrelevanz für den Betroffenen und der besonderen Eilbedürftigkeit einzelfallbezogen zu betrachten. Die für den Regelfall finanzgerichtlicher Klageverfahren geltende Vermutung, dass die Dauer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach Klageeingang mit der Bearbeitung beginnt und diese nicht mehr nennenswert unterbricht, ist hier nicht anwendbar.

Wenn der Verfahrensbeteiligte aufgrund einer Sachstandsanfrage eines anderen Verfahrensbeteiligten zunächst die Reaktion des Gerichts abwartet, kann die Verzögerungsrüge im Einzelfall auch mehr als gut sechs Monate zurückwirken.

Die Erkrankung eines Richters kann nur eine kurzfristige Verzögerung rechtfertigen; grundsätzlich sind die nach den Regelungen über die Geschäftsverteilung zur Vertretung berufenen Richter zur Förderung des Verfahrens verpflichtet (Anschluss an BVerwG-Urteil vom 11.07.2013 – 5 C 27/12 D, BayVBL 2014, 149, Rz 44).

BFH, Urteil vom 23.3.2022, X K 2/20

Rente: VdK fordert Vollbesteuerung erst ab 2070

Steuerzahler sollen ihre Rentenbeiträge ab dem kommenden Jahr voll absetzen können – das sehen neue Pläne des Bundesfinanzministers Christian Lindner vor.

Nach Berechnungen des Finanzministeriums werden die betroffenen Bürgerinnen und Bürger dadurch 2023 um rund 3,2 Milliarden Euro entlastet. Im Jahr 2024 geht es demnach noch um 1,76 Milliarden Euro.

VdK-Präsidentin Verena Bentele erklärt dazu: „Die Pläne des Bundesfinanzministers Christian Lindners sind noch nicht zu Ende gedacht. Uns fehlt nach wie vor, dass eine Doppelbesteuerung in der Übergangsphase der Rentenbesteuerung, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, verhindert wird. Gerade in Zeiten mit hohen Inflationsraten begrüßen wir zwar die Vorziehung der Beitragsfreistellung von 2025 auf 2023 um zwei Jahre. Problematisch an Lindners Plänen bleibt, dass alleine durch diese Maßnahme künftige Fälle von Doppelbesteuerungen nicht komplett ausgeschlossen sind. Nach der aktuellen gesetzlichen Regelung beginnt die Vollbesteuerung der Renten im Jahr 2040. Wir fordern, dass die Vollbesteuerung der Renten erst ab dem Jahr 2070 greift, um Fälle von Doppelbesteuerung zu verhindern.“

VdK, Mitteilung vom 5.8.2022

Kein Wegfall der Erbschaftsteuerbefreiung bei unzumutbarer Selbstnutzung des Familienheims

Zieht der überlebende Ehepartner aus dem geerbten Familienheim aus, weil ihm dessen weitere Nutzung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, entfällt die ihm beim Erwerb des Hauses gewährte Erbschaftsteuerbefreiung nicht rückwirkend. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) zu § 13 Abs. 1 Nr. 4b des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) entschieden. Gleiches gilt für die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, die erbende Kinder begünstigt.

Die Klägerin hatte mit ihrem Ehemann ein Einfamilienhaus bewohnt und wurde nach dessen Tod aufgrund Testaments Alleineigentümerin. Nach knapp zwei Jahren veräußerte sie das Haus und zog in eine Eigentumswohnung. Die Klägerin berief sich gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht (FG) erfolglos darauf, sie habe wegen einer depressiven Erkrankung, die sich nach dem Tod ihres Ehemannes gerade durch die Umgebung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses verschlechtert habe, dieses auf ärztlichen Rat verlassen. Das FG war der Ansicht, es habe keine zwingenden Gründe für den Auszug gegeben, da der Klägerin nicht die Führung eines Haushalts schlechthin unmöglich gewesen sei.

Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Grundsätzlich setzt die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG voraus, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt, es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. „Zwingend“, so der BFH, erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Diese könne auch gegeben sein, wenn der Erbe durch den Verbleib im Familienheim eine erhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands zu gewärtigen habe. Das FG hat deshalb im zweiten Rechtsgang, ggf. mit Hilfe ärztlicher Begutachtung, die geltend gemachte Erkrankung einschließlich Schwere und Verlauf zu prüfen.

BFH, Pressemitteilung vom 04.08.2022 zu Urteil vom 01.12.2021, II R 1/21

Übergewinnsteuer: Unabhängiger Beirat legt Stellungnahme vor

Der unabhängige Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hat eine Stellungnahme zur Übergewinnsteuer vorgelegt. Der Beirat hat sich vor dem Hintergrund der zuletzt intensiveren politischen Debatte über die Besteuerung vorwiegend krisenbedingter außergewöhnlich hoher Gewinne mit dem Thema befasst und rät in seiner Stellungnahme dringend davon ab, eine sogenannte Übergewinnsteuer einzuführen.

Dabei hat der Rat insbesondere folgende Schlüsselfaktoren identifiziert:

  • Übergewinne in der Praxis abzugrenzen und auf dieser Grundlage besteuern zu wollen, führt zu willkürlichen Belastungen und Verzerrungen in der Produktionsstruktur, wodurch schädliche Verzerrungswirkungen drohen.

  • Wirtschaftliche Aktivitäten und die daraus resultierenden Erträge sind grundsätzlich zufälligen Schwankungen ausgesetzt. In diesem zufälligen Auf und Ab wird es unausweichlich Perioden geben, in denen ein „Übergewinn“ entsteht, und Perioden mit „Untergewinn“. Würde der Staat in den Perioden des „Übergewinns“ erwartbar argumentieren, dass dieser ungerechtfertigt sei und steuerlich abgeschöpft werden sollte, dann sänken Investitionsanreize und wohlfahrtssteigernde Aktivitäten unterblieben.

  • Hinzu kommt, dass rapide steigende Preise und die daraus erwachsenen Gewinnerwartungen Anreize bieten, die Produktionskapazitäten gerade dort auszubauen, wo die Knappheiten besonders groß sind. Solche Anpassungen sind aus volkswirtschaftlicher Sicht in hohem Maße wünschenswert, weil sie die knappen Ressourcen der Ökonomie in die Verwendungen lenken, in denen sie den höchsten Mehrwert erbringen. Eine Übergewinnsteuer, die alle Gewinne, die aus dem höheren Preis resultieren, wegbesteuert, würde genau diese Anreize zur sozial wünschenswerten Kapazitätsausweitung zunichtemachen.

  • Dieser Effekt wird noch durch die innovationsfeindliche Wirkung verstärkt. Innovationswettläufe generieren typischerweise viele Verlierer und einige wenige Gewinner. Würden Gewinne der Innovationssieger ex post „wegbesteuert“, bestünde ex ante kein Anreiz mehr, sich an produktiven Innovationswettläufen zu beteiligen.

  • Das Vertrauen ins Steuersystem basiert auf dessen Regelgebundenheit. Besteuert wird, wer ein positives Einkommen bzw. Gewinne erzielt. In welchen Sektoren, mit welchen Produkten und in welchen Phasen des Weltgeschehens Gewinne erzielt werden, spielt für die Höhe der Besteuerung keine Rolle. Eine ad hoc-Besteuerung einzelner Aktivitäten würde viel von diesem lange gewachsenen Vertrauen zerstören.

Die aktuelle Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats zur Übergewinnsteuer wird in der Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen veröffentlicht und kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

Bundesfinanzministerium, Pressemitteilung vom 5.8.2022

Bundesfinanzministerium: Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 veröffentlicht

In verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts hat sich fachlich notwendiger Gesetzgebungsbedarf ergeben. Dies betrifft insbesondere notwendige Anpassungen an EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie Reaktionen auf Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Darüber besteht ein Erfordernis zur Umsetzung eines unvermeidlich entstandenen technischen Regelungsbedarfs. Hierzu gehören Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen, Folgeänderungen, Anpassungen aufgrund von vorangegangenen Gesetzesänderungen und Fehlerkorrekturen.

Hierzu gehören insbesondere folgende Maßnahmen:

  • Schaffung einer Rechtsgrundlage zum Aufbau eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer, § 139b Abgabenordnung (AO)

  • weitgehende Abschaffung Registerfälle für die Zukunft und rückwirkende Abschaffung Registerfälle für Drittlizenzen (Ausnahme: § 10 Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG)), § 49 Einkommensteuergesetz (EStG)

  • Aufhebung der Begrenzung des Spitzensteuersatzes auf 42 Prozent für die Gewinneinkünfte des Jahres 2007 zur Umsetzung der Vorgaben des BVerfG-Beschlusses 2 BvL 1/13, § 32c EStG

  • Anhebung des linearen AfA-Satzes für die Abschreibung von Wohngebäuden auf 3 Prozent, § 7 Absatz 4 EStG

  • vollständiger Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab 2023, § 10 Absatz 3 EStG

  • Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags, § 20 Absatz 9 EStG

  • Anhebung des Ausbildungsfreibetrags, § 33a EStG

  • Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlages

  • Vollendung der Familienkassenreform, § 72 EStG, § 5 Finanzverwaltungsgesetz (FVG)

  • Verfahrensverbesserungen bei der Riester-Förderung

  • Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes an die Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14. Juli 2021

Sowie im Bereich der Umsatzsteuer:

  • Schaffung einer nationalen Vorschrift zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/284 des Rates vom 18. Februar 2020 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG im Hinblick auf die Einführung bestimmter Anforderungen für Zahlungsdienstleister

  • Umsetzung der Verpflichtung zur elektronischen Bereitstellung über Verwaltungsportale nach dem Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) vom 14. August 2017 (Bundesgesetzblatt Teil 1 (BGBl. I) Seite 3122, 3138)

Zudem wird weiterem fachlich gebotenen Regelungsbedarf im Steuerrecht nachgekommen. Dazu gehören insbesondere die Klarstellung von Zweifelsfragen sowie Folgeänderungen, Fehlerkorrekturen und sonstiger redaktioneller Änderungsbedarf.

> Zum Referentenentwurf auf der Homepage des BMF (PDF)

BMF, Mitteilung vom 28.7.2022

Kein Kindergeld für Finanzbeamtin im gehobenen Dienst bei nebenberuflichem Studium der Rechtswissenschaften

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat, ist eine Kindergeldgewährung wegen eines Jurastudiums des Kindes nicht mehr möglich, wenn das Kind nach Abschluss der Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin ein längerfristiges Dienstverhältnis in der Finanzverwaltung aufnimmt, das deutlich über 20 Wochenarbeitsstunden umfasst, und das Studium nur in den danach verbleibenden arbeitsfreien Zeiten durchführt.

Die Klägerin ist die Mutter einer 1999 geborenen Tochter, die im August 2020 ein duales Studium zur Diplom-Finanzwirtin erfolgreich abschloss. Anschließend nahm die Tochter eine Tätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung auf, die zunächst 40 Wochenstunden und ab Dezember 2020 28 Wochenstunden umfasste. Im Oktober 2020 begann die Tochter ein Studium der Rechtswissenschaften. Die Familienkasse lehnte eine Kindergeldgewährung wegen des Universitätsstudiums ab September 2020 ab, da sie der Auffassung war, dass die Tochter ihre Erstausbildung bereits mit dem dualen Studium zur Diplom-Finanzwirtin abgeschlossen habe. Das Studium der Rechtswissenschaften sei eine Zweitausbildung, die wegen der zu umfangreichen Erwerbstätigkeit der Tochter kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden könne. Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage ab. Der BFH hielt die Revision der Klägerin für unbegründet. Er folgte dem FG im Ergebnis, aber nur teilweise in der Begründung. Volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden nach Abschluss einer Erstausbildung während einer Zweitausbildung kindergeldrechtlich nur berücksichtigt, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehen (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes). Ob mehrere Ausbildungen zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden können oder es sich um eine Erst- und eine Zweitausbildung handelt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst setzt eine einheitliche Erstausbildung einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten voraus. Diesen hatte das FG im Hinblick auf den kurzen zeitlichen Abstand und die inhaltliche Nähe der beiden Studiengänge zu Recht bejaht. Zudem muss die Ausbildung im zweiten Abschnitt noch die Haupttätigkeit des Kindes darstellen und nicht hinter die Erwerbstätigkeit zurücktreten. Insofern ist eine Gesamtbetrachtung durchzuführen. Da das FG festgestellt hat, dass die Tochter bereits ein längerfristiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hatte, für das der Ausbildungsberuf „Diplom-Finanzwirtin“ Voraussetzung war, allenfalls gleichviel Zeit in die Ausbildung und in die Erwerbstätigkeit investierte und sich die Ausbildungszeiten nach den arbeitsfreien Zeiten richteten, sprach die Gesamtbetrachtung für eine berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildung (Zweitausbildung). Daher kam es auf den Umfang der Erwerbstätigkeit an, der über der Grenze von 20 Wochenstunden lag.

BFH, Mitteilung vom 28.07.2022 zu Urteil vom 07.04.2022, III R 22/21

Abrechnungsgesellschaft: Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung zur gesondert und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Schließen sich mehrere Windkraftanlagenbetreiber zu einer Abrechnungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen, um gegenüber den Energieversorgern an einem gemeinsamen Zählpunkt abzurechnen, besteht aufgrund der Gewerblichkeit dieser Tätigkeit die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung zur gesondert und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

Die Zahlungen bzw. die Weiterleitungen der anteiligen Einspeisevergütungen an die Gesellschafter sind Teil der Gewinnverteilung und stellen keine Sonderbetriebseinnahmen der Gesellschafter dar.

FG Niedersachsen, Urteil vom 23.2.2022, Az. 7 K 118/19, rechtskräftig

Erbschaft- und Schenkungsteuer 2021 um 30 % gestiegen

Im Jahr 2021 wurden mit 26,7 Milliarden Euro erstmals seit der Erbschaftsteuerreform 2016 wieder mehr geschenktes Betriebsvermögen festgesetzt als im Vorjahr. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hat sich das festgesetzte geschenkte Betriebsvermögen im Vorjahresvergleich mehr als verdoppelt (+128,8 %). Darunter wurde geschenktes Betriebsvermögen im Wert von mehr als 26 Millionen Euro mit insgesamt 19,1 Milliarden Euro festgesetzt. Das ist mehr als eine Verfünffachung des festgesetzten Wertes im Vergleich zum Vorjahr. Das festgesetzte geschenkte Grundvermögen (unbebaute und bebaute Grundstücke) stieg im Jahr 2021 auf 14,1 Milliarden Euro (+25,8 %). Das geschenkte übrige Vermögen (zum Beispiel Anteile an Kapitalgesellschaften, Bankguthaben, Wertpapiere) betrug 12,8 Milliarden Euro (+23,1 %).

Durch Schenkungen insgesamt wurden im Jahr 2021 Vermögensübertragungen in Höhe von 54,6 Milliarden Euro festgesetzt. Das waren 59,5 % mehr als im Vorjahr.

Nach einem Höchststand im Jahr 2014 stiegen damit die Vermögensübertragungen durch Schenkungen erstmals wieder seit der Erbschaftsteuerreform im Jahr 2016 an und erreichten das Niveau des Jahres 2017. Seit der Erbschaftsteuerreform im Jahr 2016, bei der die Verschonungsregelungen für die Übertragung von Betriebsvermögen beschränkt wurden, waren insbesondere Schenkungen von Betriebsvermögen rückläufig.

Vermögensübertragungen durch Erbschaften um 26,2 % gestiegen

Das steuerlich berücksichtigte geerbte Vermögen ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 26,2 % auf 63,4 Milliarden Euro gestiegen. Hier wurden insbesondere 23,9 Milliarden Euro (+11,8 %) Grundvermögen und 34,5 Milliarden Euro (+13,1 %) übriges Vermögen übertragen. Auch das festgesetzte geerbte Betriebsvermögen wuchs nach einem Rückgang im Jahr 2018 im dritten Jahr in Folge. Im Jahr 2021 stieg es im Vergleich zum Vorjahr um 89,2 % auf 7,4 Milliarden Euro. Darunter hat sich das festgesetzte geerbte Betriebsvermögen über 26 Millionen Euro von 0,2 Milliarden Euro im Vorjahr auf 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2021 erhöht.

Geerbtes und geschenktes Vermögen um 39,7 % höher als im Vorjahr

Insgesamt haben die Finanzverwaltungen in Deutschland im Jahr 2021 Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen in Höhe von 118,0 Milliarden Euro veranlagt. Das steuerlich berücksichtigte geerbte und geschenkte Vermögen stieg damit um 39,7 % gegenüber dem Vorjahr. Die festgesetzte Erbschaft- und Schenkungsteuer erhöhte sich um 30,0 % auf 11,1 Milliarden Euro. Dabei entfielen auf die Erbschaftsteuer 9,0 Milliarden Euro (+32,8 %) und auf die Schenkungsteuer 2,1 Milliarden Euro (+19,0 %).

Die im Vorjahresvergleich höheren Festsetzungen der Erbschaft- und Schenkungsteuer beruhen zum einen auf einem Anstieg des übertragenen Betriebsvermögens auf 34,2 Milliarden Euro (+118,8 %). Darunter hat sich das übertragene Betriebsvermögen über 26 Millionen Euro (Großerwerbe) im Vergleich zum Vorjahr auf 22,4 Milliarden Euro fast versechsfacht. Zum anderen wurden im Jahr 2021 Anteile an Kapitalgesellschaften in Höhe von 7,6 Milliarden Euro (+46,5 %) und Grundvermögen von 38,0 Milliarden Euro (+16,6 %) veranlagt. Das restliche übrige Vermögen erhöhte sich auf 39,7 Milliarden Euro (+11,2 %). Das übertragene land- und forstwirtschaftliche Vermögen von 1,6 Milliarden Euro stieg im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 % an. Aus der Gesamtsumme des übertragenen Vermögens von 121,1 Milliarden Euro ergibt sich nach Berücksichtigung von Nachlassverbindlichkeiten und sonstigem Erwerb (Erwerb durch Vermächtnisse, Verträge zugunsten Dritter, geltend gemachte Pflichtteilansprüche usw.) das steuerlich berücksichtigte Vermögen von 118,0 Milliarden Euro.

Methodischer Hinweis:

Die Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik kann keine Informationen über alle Vermögensübergänge liefern, da die meisten Erbschaften, Vermächtnisse und Schenkungen innerhalb der Freibeträge liegen. Für diese wird in der Regel keine Steuer festgesetzt, sodass sie in der Statistik nicht enthalten sind. Die Daten werden in den Finanzämtern im Rahmen der Steuerfestsetzung erhoben. Die dargestellten Werte fließen erst zu einem späteren Zeitpunkt als Steuereinnahmen zu.

Destatis, Mitteilung vom 20.7.2022

Horizontale Verlustausgleichsbeschränkung und Progressionsvorbehalt

Eine horizontale Verlustausgleichsbeschränkung geht auch bei Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften der Anwendung des besonderen Steuersatzes gemäß § 32b EStG („Progressionsvorbehalts“) vor

Der 8. Senat des FG Düsseldorf hatte die Berücksichtigung negativer sonstiger Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu beurteilen.

Der Kläger hielt eine Beteiligung an einer in der Immobilienbranche tätigen KG in seinem Privatvermögen. Im Streitjahr veräußerte die KG eine in Österreich belegene Immobilie und erzielte daraus einen Verlust. Der auf den Kläger entfallende Verlustanteil wurde nach Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in Höhe von -20.542 Euro als sonstige, nach DBA steuerfreie Progressionseinkünfte festgestellt. Auf dieser Grundlage erließ der Beklagte im weiteren Verfahren in gleicher Höhe einen (Folge-)Bescheid über die gesonderte Feststellung des Verlustes aus privaten Veräußerungsgeschäften für Zwecke des Progressionsvorbehalts.

Im darauffolgenden Einspruchs- und Klageverfahren begehrte der Kläger eine Berücksichtigung der negativen Progressionseinkünfte zur Ermittlung des auf das zu versteuernde Einkommen anzuwendenden Steuersatzes. Der Beklagte hingegen argumentierte, dass die gesetzlich normierte Verlustausgleichsbeschränkung bei privaten Veräußerungsgeschäften auch eine Verlustberücksichtigung im Rahmen des negativen Progressionsvorbehaltes hindere.

In seinem Urteil vom 14.04.2022 befand der 8. Senat, dass die Einkommensteuer im Streitjahr zu Recht ohne Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts festgesetzt worden sei. Für nach DBA steuerfreie Einkünfte sei der Anwendungsbereich des § 32b EStG zwar dem Grunde nach eröffnet. Die Ermittlung des nach dieser Vorschrift besonderen Steuersatzes knüpfe allerdings an die im EStG normierte Einkünfteermittlung an und habe auch insoweit entsprechende Verlustausgleichsbeschränkungen zu berücksichtigen.

Bereits als unzulässig beurteilte das Gericht die mit der Klage verbundene selbstständige Anfechtung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des Verlustes aus privaten Veräußerungsgeschäften für Zwecke des Progressionsvorbehalts. Insofern fehle es an einer Klagebefugnis, denn mit der Feststellung des (der Höhe nach unstreitigen) Verlusts sei der Kläger nicht beschwert. Der Feststellungsbescheid habe insbesondere keinen nachteiligen Einfluss auf die Einkommensteuer des Streitjahres, denn die Entscheidung über die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes würde im Einkommensteuerbescheid selbst und nicht im Feststellungsbescheid für Zwecke des Progressionsvorbehalts getroffen.

FG Düsseldorf, Mitteilung vom 14.07.2022 zum Urteil 8 K 1836/18 vom 14.04.2022 (rkr)