Vortragsfähiger Gewerbeverlust einer GmbH geht anteilig auf atypisch stille Gesellschaft über

Der für eine GmbH festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust geht auf eine atypisch stille Gesellschaft über, soweit die GmbH an ihr beteiligt ist. Dies hat der 14. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.

Die Klägerin ist eine GmbH, die ein Bauunternehmen betreibt und als „Inhaberin des Handelsgewerbes mit zwei still beteiligten Gesellschaftern“ klagt. Durch die stille Beteiligung der beiden Gesellschafter am Handelsgewerbe der GmbH ist zum 1. Januar 2010 eine atypisch stille Gesellschaft entstanden. Für die GmbH war auf den 31. Dezember 2009 ein vortragsfähiger Gewerbeverlust nach § 10a GewStG von knapp 500.000 Euro festgestellt worden.

Das Finanzamt lehnte es ab, diesen Gewerbeverlust auf die atypisch stille Gesellschaft zu übertragen. Lediglich auf Ebene der GmbH könne der Verlust vorgetragen werden. Demgegenüber machte die Klägerin geltend, dass die Verluste insoweit zu übertragen seien, als die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts an der stillen Gesellschaft beteiligt sei.

Der 14. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage stattgegeben. Der zum 31. Dezember 2009 für die GmbH festgestellte Verlust sei anteilig mit dem auf sie entfallenden Gewerbeertrag der atypisch stillen Gesellschaft zu verrechnen. Die zunächst erforderliche Unternehmeridentität liege in Bezug auf die GmbH vor. Die Einbringung des Betriebs einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (bzw. atypisch stille Gesellschaft) stelle insoweit gerade keinen Unternehmerwechsel dar. Die Personengesellschaft sei zwar Schuldnerin der Gewerbesteuer, Unternehmer ihres Betriebs seien aber ihre Gesellschafter. Lediglich in Bezug auf die beiden eingetretenen stillen Gesellschafter liege ein partieller Unternehmerwechsel vor. Darüber hinaus liege auch die erforderliche Unternehmensidentität vor. Der vormals von der GmbH ausgeübte Gewerbebetrieb (Bauunternehmen) sei identisch mit dem Gewerbebetrieb der atypisch stillen Gesellschaft. Dieser sei im Ganzen übergegangen. Die atypisch stillen Gesellschafter hätten sich ausnahmslos am gesamten Handelsgewerbe der GmbH beteiligt. Dies zeige sich insbesondere daran, dass die GmbH Inhaberin des Handelsgewerbes geblieben sei und auch als solche geklagt habe.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

FG Münster, Pressemitteilung vom 15.12.2021 zum Urteil 14 K 2364/21 G,F vom 05.11.2021 (nrkr – BFH-Az.: IV R 25/21)

Umsatzsteuerliche Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise: Verlängerung bis zum 31. Dezember 2022

I.

Die folgenden umsatzsteuerlichen Billigkeitsregelungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise sind bis zum 31. Dezember 2021 befristet:

1. Unentgeltliche Wertabgaben hinsichtlich medizinischem Material oder Personal

Folgende Regelungen wurden mit dem BMF-Schreiben vom 9. April 2020 (unter VII.) veröffentlicht sowie mit dem BMF-Schreiben vom 18. Dezember 2020 erweitert und verlängert:

a) „Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, wie insbesondere Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste, Pflege-und Sozialdienste, Alters-und Pflegeheime sowie weitere öffentliche Institutionen wie Polizei und Feuerwehr, wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen.“

b) „Beabsichtigt ein Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die Leistungen ausschließlich und unmittelbar für die unentgeltliche Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, wie insbesondere Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rettungsdiensten, Pflege- und Sozialdiensten, Alters-und Pflegeheimen sowie weiteren öffentlichen Institutionen wie Polizei und Feuerwehr zu verwenden, sind die entsprechenden Vorsteuerbeträge unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG im Billigkeitswege entgegen Abschn. 15.15 Absatz 1 UStAE zu berücksichtigen. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird nach dem vorangegangenen Absatz im Billigkeitswege nicht besteuert.“

2. Umsatzsteuerbefreiung für die Überlassungen von Sachmitteln und Räumen sowie von Arbeitnehmern

Auch folgende Regelung wurde mit dem BMF-Schreiben vom 9. April 2020 (unter VII.) veröffentlicht sowie mit dem BMF-Schreiben vom 18. Dezember 2020 präzisiert und verlängert:

„Die umsatzsteuerbaren Überlassungen von Sachmitteln und Räumen sowie von Arbeitnehmern sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14, 16, 18, 23 und 25 UStG als eng verbundene Umsätze der steuerbegünstigten Einrichtungen untereinander umsatzsteuerfrei. Die Steuerbefreiung gilt nur für die Überlassung zwischen Einrichtungen, deren Umsätze nach der gleichen Vorschrift steuerbefreit sind, also z. B. für Überlassungen zwischen den in § 4 Nr. 16 UStG genannten Einrichtungen. Für die Anwendung der genannten Umsatzsteuerbefreiungen ist eine Anerkennung als gemeinnützige Einrichtung nicht erforderlich.“

3. Vorsteuerabzug bei Nutzungsänderung

Ferner haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder folgende Beschlüsse hinsichtlich der Nutzung von Gebäuden im Zusammenhang mit der Corona-Krise gefasst und verlängert:

a) „Für Nutzungsänderungen von Unternehmen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Krise wird gem. § 163 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen bis zum 31. Dezember 2020 von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG abgesehen, wenn und soweit der Sachverhalt in einer Nutzung zur Bewältigung der Corona-Krise begründet ist. Zeiten, in denen ein Gebäude aufgrund der Kontaktbeschränkungen oder ähnlicher durch Corona bedingte Gründe nicht vermietet werden kann, führen nicht zu einer Nutzungsänderung gegenüber dem Zeitraum vor den Kontaktbeschränkungen.“

b) „Die Billigkeitsregelung zur Nutzungsänderung von Unternehmen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Krise ist auch auf Vorsteuern aus laufenden Kosten anzuwenden.“

c) „Die Billigkeitsregelung ist auf in privater Rechtsform betriebene Unternehmen der öffentlichen Hand entsprechend anzuwenden, sofern die Nutzung unentgeltlich erfolgt.“

II.

Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden diese Billigkeitsregelungen bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7030 / 20 / 10004 :004 vom 14.12.2021

Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld: Steuerfreiheit endet zum Jahresende

Die Steuerfreiheit der Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld endet mit Ende des Jahres. Hierauf weist der Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt hin.

Hintergrund: Der Gesetzgeber bestimmt in § 3 Nr. 28a Einkommensteuergesetz, dass Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.02.2020 beginnen und vor dem 01.01.2022 enden, geleistet werden, steuerfrei sind.

Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 28a EStG sei begrenzt auf 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III, erläutert der Steuerberaterverband. Zunächst sei die Steuerbefreiung bis 31.12.2020 befristet gewesen. Mit dem Jahressteuergesetz 2020 habe der Gesetzgeber die Regelung bis zum 31.12.2021 verlängert.

Eine weitere zeitliche Verlängerung der Steuerbefreiung habe der Gesetzgeber dagegen (bislang) nicht beschlossen, so der Steuerberaterverband weiter. Damit gelte die Befreiungsregelung letztmalig für Lohnzahlungszeiträume, die vor dem 01.01.2022 enden. Ab Januar 2022 seien derartige Arbeitgeberzuschüsse steuerpflichtig.

Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt, PM vom 08.12.2021

Antragstellung im KfW-Sonderprogramm bis 30. April 2022 verlängert

Angesichts der aktuellen pandemischen Lage verlängern die Bundesregierung und die KfW die Frist zur Antragstellung im KfW-Sonderprogramm bis zum 30. April 2022 und erhöhen erneut die Kreditobergrenzen. Hierdurch steht das großvolumige KfW-Sonderprogramm weiterhin Unternehmen aller Größen und Branchen zur Deckung ihres Liquiditätsbedarf zur Verfügung.

Das KfW-Sonderprogramm ist am 23. März 2020 gestartet und leistet einen enormen Beitrag zur Abfederung der Corona-Krise. Zum Stichtag 25. November 2021 wurden Zusagen an über 145.000 Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von über 52 Mrd. Euro getätigt. Vom KfW-Sonderprogramm profitieren vor allem kleine und mittelständische Unternehmen.

Die Bundesregierung hat sich auf folgende Änderungen geeinigt:

1. Wir geben den Unternehmen zusätzliche Planungssicherheit, indem wir die Antragsfrist im KfW-Sonderprogramm, inklusive des KfW-Schnellkredits, über den 31. Dezember 2021 hinaus bis zum 30. April 2022 verlängern.

2. Im KfW-Sonderprogramm unterstützen wir Unternehmen künftig mit deutlich höheren maximalen Kreditbeträgen für Kleinbeihilfen. Im KfW-Schnellkredit betragen die Kreditobergrenzen künftig

  • für Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten 2,3 Mio. Euro (bisher 1,8 Mio. Euro)

  • für Unternehmen mit über zehn bis 50 Beschäftigten 1,5 Mio. Euro (bisher 1,125 Mio. Euro),

  • für Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten 850.000 Euro (bisher 675.000 Euro). Die maximale Kreditobergrenze je Unternehmensgruppe von 25 Prozent des Jahresumsatzes 2019 wird beibehalten.

Im KfW-Unternehmerkredit und ERP-Gründerkredit mit Laufzeiten von mehr als sechs Jahren erhöhen wir die Kreditobergrenze von bisher 1,8 Mio. Euro auf 2,3 Mio. Euro.

3. Die Maßnahmen werden von der KfW zum 1. Januar 2022 umgesetzt. Mit den Verbesserungen in der KfW-Corona-Hilfe setzen Bundesregierung und KfW die Möglichkeiten um, die die EU-Kommission mit der 6. Änderung des befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen („Temporary Framework“) geschaffen hat. Das KfW-Sonderprogramm steht Unternehmen zur Verfügung, die den Vorgaben des „Temporary Framework“ entsprechend nachweislich vor Ausbruch der Corona-Krise noch nicht in Schwierigkeiten waren. Eine Finanzierung von Unternehmen in Schwierigkeiten oder ohne tragfähiges Geschäftsmodell ist ausgeschlossen.

BMF, Pressemitteilung vom 3.12.2021

Zweifache Festsetzung von Hinterziehungszinsen

Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen für verkürzte Einkommensteuervorauszahlungen neben der Festsetzung von Hinterziehungszinsen für verkürzte Jahreseinkommensteuer desjenigen Veranlagungszeitraums, für den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären, bewirkt keine Doppelverzinsung desselben Steueranspruchs, wenn sich die den Festsetzungen zugrunde liegenden Zinsläufe nicht überschneiden.

Für den (bedingten) Vorsatz, durch die Nichtangabe von Einkünften in der Jahressteuererklärung eines Vorjahres auch Einkommensteuervorauszahlungen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO zu hinterziehen, ist grundsätzlich erforderlich, dass gegenüber dem Steuerpflichtigen regelmäßig Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt werden und ihm bekannt ist, dass Einkünfte, die in der Einkommensteuererklärung für einen früheren Veranlagungszeitraum nicht angegeben werden, auch für die Festsetzung der Vorauszahlungen nicht berücksichtigt werden. Die sichere Kenntnis, in welcher Höhe künftige Einkommensteuervorauszahlungen verkürzt werden, wenn in der Jahressteuererklärung eines Vorjahres Einkünfte nicht angegeben werden, ist für die Annahme des Vorsatzes nicht erforderlich.

BFH-Urteil vom 28.9.2021, Az. VIII R 18/18 (Leitsätze)

CDU/CSU will Fristverlängerung für Steuererklärungen

Die CDU/CSU-Fraktion fordert eine Verlängerung der Fristen für die Abgabe von Steuererklärungen für den Besteuerungszeitraum 2020 um weitere drei Monate in beratenen Fällen bis zum 31. August 2022. Bei Land- und Forstwirten soll diese Frist sogar bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden, heißt es in einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/205), der an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht.

Außerdem soll auf die Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren für die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse 2020 für kleine und mittlere Kapitalgesellschaften bis Ende Mai 2022 verzichtet werden. In dem Antrag mit dem Titel „Fristenballung bei steuerberatenden Berufen auflösen“ wird darauf hingewiesen, dass die im Zusammenhang mit dem Corona-Virus durch Zusatzaufgaben anfallenden Belastungen gerade kleine und mittlere Kanzleien vor kaum lösbare Probleme stellen würden. Eine Verlängerung von Fristen könne für eine Entspannung der Lage sorgen.

Bundestag, hib-Meldung 1121/2021 vom 08.12.2021

Corona: Weitere Verlängerung der verfahrensrechtlichen Steuererleichterungen

In weiten Teilen des Bundesgebietes entstehen durch das Coronavirus weiterhin beträchtliche wirtschaftliche Schäden. Es ist daher angezeigt, den Geschädigten erneut durch eine angemessene Verlängerung der steuerlichen Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten entgegenzukommen.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher im Hinblick auf Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, ergänzend zum BMF-Schreiben vom 19. März 2020 – IV A 3 – S 0336/19/10007: 002 (BStBl I S. 262) Folgendes:

1. Stundung im vereinfachten Verfahren

1.1 Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 31. Januar 2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zum 31. Januar 2022 fälligen Steuern stellen. Die Stundungen sind längstens bis zum 31. März 2022 zu gewähren. § 222 Satz 3 und 4 AO bleibt unberührt.

1.2 In den Fällen der Ziffer 1.1 können über den 31. März 2022 hinaus Anschlussstundungen für die bis zum 31. Januar 2022 fälligen Steuern im Zusammenhang mit einer angemessenen, längstens bis zum 30. Juni 2022 dauernden Ratenzahlungsvereinbarung gewährt werden.

1.3 Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für (Anschluss-)Stundungen nach den Ziffern 1.1 und 1.2 sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Die Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.

1.4 Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in den vorgenannten Fällen verzichtet werden.

2. Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen (Vollstreckungsaufschub) im vereinfachten Verfahren

2.1 Wird dem Finanzamt bis zum 31. Januar 2022 aufgrund einer Mitteilung des Vollstreckungsschuldners bekannt, dass der Vollstreckungsschuldner nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen ist, soll bis zum 3. März 2022 von Vollstreckungsmaßnahmen bei bis zum 31. Januar 2022 fällig gewordenen Steuern abgesehen werden.

In diesen Fällen sind die im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. März 2022 entstandenen Säumniszuschläge grundsätzlich zu erlassen.

2.2 Bei Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung ist in den Fällen der Ziffer 2.1 eine Verlängerung des Vollstreckungsaufschubs für die bis zum 31. Januar 2022 fälligen Steuern längstens bis zum 30. Juni 2022 einschließlich des Erlasses der bis dahin insoweit entstandenen Säumniszuschläge möglich.

2.3 Die Finanzämter können den Erlass der Säumniszuschläge durch Allgemeinverfügung (§ 118 Satz 2 AO) regeln.

3. Anpassung von Vorauszahlungen im vereinfachten Verfahren

Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 30. Juni 2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer 2021 und 2022 stellen. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.

4. Stundung, Vollstreckungsaufschub und Anpassung von Vorauszahlungen in anderen Fällen

Für Anträge auf (Anschluss-)Stundung oder Vollstreckungsaufschub außerhalb der Ziffern 1.1 und 1.2 bzw. 2.1. und 2.2 sowie auf Anpassung von Vorauszahlungen außerhalb der Ziffer 3 gelten die allgemeinen Grundsätze und Nachweispflichten. Dies gilt auch für Ratenzahlungsvereinbarungen über den 30. Juni 2022 hinaus.

Dieses Schreiben ergänzt das BMF-Schreiben vom 19. März 2020 – IV A 3 – S 0336/19/10007: 002 – (BStBl I S. 262) und tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 18. März 2021 – IV A 3 – S 0336/20/10001 :037 – (BStBl 2021 I S. 337).

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0336 / 20 / 10001 :045 vom 07.12.2021

Kein Grundsteuererlass bei baurechtswidriger Nutzung

Kein Grundsteuererlass bei baurechtswidriger Nutzung

Eine Grundstückseigentümerin hat keinen Anspruch auf den Erlass der Grundsteuer, wenn sie durch ein ihr zurechenbares Verhalten die Ursache für eine Ertragsminderung ihrer Gewerbeimmobilie selbst herbeigeführt hat. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz.

Die Klägerin ist Eigentümerin einer in einem Gewerbegebiet der beklagten Stadt liegenden Immobilie, die baurechtlich bis auf die Hausmeisterwohnung nur gewerblich als Bürogebäude genutzt werden darf. Sie bat um Grundsteuererlass, da von acht Einheiten des Gebäudes nur eine vermietet worden sei und die Kaltmiete 600 Euro betrage. Die Beklagte lehnte den begehrten Grundsteuererlass ab und führte aus, die Klägerin habe sich nicht nachhaltig um die Vermietung des Objekts bemüht. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Grundsteuer, so die Koblenzer Richter, könne nach den gesetzlichen Bestimmungen bei einer Minderung der erzielbaren Mieteinnahmen um mindestens 50 % teilweise erlassen werden, aber nur dann, wenn der Eigentümer die Minderung der Mieteinnahmen nicht zu vertreten hätte. Dies sei hier allerdings nicht der Fall. Der Klägerin sei bei Erwerb des Gebäudes, das bereits seit 20 Jahren im Eigentum ihrer Familie gestanden habe, bekannt gewesen, dass eine Vermietung mit Blick auf die baurechtlichen Vorschriften nur zu Gewerbezwecken in Betracht komme. Das Objekt wiese indes eine deutliche Prägung als reines Wohnhaus auf, was einer Vermietung der Einheiten zu Gewerbezwecken (Büronutzung) entgegenstehe. Die Klägerin habe aber keine baulichen Maßnahmen ergriffen, um die Einheiten einer gewerblichen Nutzung zuzuführen. Habe sie es somit unterlassen, das Objekt in einen Zustand zu versetzen, der sich zur Vermietung für die erlaubte Nutzung der Räumlichkeiten eigne, habe sie die Ursache für den Leerstand des Gebäudes selbst zu verantworten.

Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

VG Koblenz, Pressemitteilung vom 01.12.2021 zum Urteil 5 K 256/21.KO vom 16.11.2021

Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen sind steuerpflichtig

Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied, die Gewinne des Klägers seien sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Kryptowährungen seien immaterielle Wirtschaftsgüter. Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts sei weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen.

Der Kläger erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für 2017 Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen. Den Handel betrieb sein Sohn treuhänderisch für ihn. Der Kläger hatte sich mit einer Geldzahlung am Portfolio seines Sohnes beteiligt. Der Sohn handelte auch treuhänderisch für seine Mutter und in seinem eigenen Namen. Eltern und Sohn waren sich über die jeweiligen Beteiligungsquoten an dem Gesamtdepot einig. Der Sohn kaufte zunächst mit US Dollar (USD) die Kryptowährung Bitcoin. Mit Teilen der Bitcoin-Bestände handelte er direkt, andere nutzte er zum Erwerb weiterer Kryptowährungen. Er war hierzu bei sechs internetbasierten Handelsplattformen angemeldet. Er erwarb und veräußerte Kryptowährungen innerhalb eines Jahres. Die Gewinne berücksichtigte der Beklagte als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Der Kläger legte Einspruch ein. Es liege kein „anderes Wirtschaftsgut“ und damit kein Veräußerungsgeschäft vor. Kryptowährungen seien kein Wirtschaftsgut. Außerdem gebe es bei der Besteuerung von Einkünften aus dem Handel mit Kryptowährungen ein strukturelles Vollzugsdefizit, das dem Gesetzgeber zurechenbar sei. Eine Besteuerung hänge von der Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen ab. Mitteilungspflichten über den Übergang von Bitcoin und anderen Kryptowährungen von oder auf einen Steuerpflichtigen gebe es nicht. Eine Kryptobörse unterliege nicht dem automatisierten Kontenabruf.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg wies die Klage ab.

Die Gewinne des Klägers seien sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Kryptowährungen seien immaterielle Wirtschaftsgüter. Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts sei weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Er umfasse „sämtliche vermögenswerten Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt“, „die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind“ und der „Erwerber des gesamten Betriebs in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde“. Der Kläger habe beim Erwerb der Kryptowährungen zumindest einen vermögenswerten Vorteil erlangt. Im Blockchain der Kryptowährung werde dem Kläger verbindlich ein Anteil an der Währung zugerechnet. Dieser stehe ihm, dem Inhaber des öffentlichen und des privaten Schlüssels, zu und sei mit der Chance auf Wertsteigerung sowie dem Einsatz als Zahlungsmittel verbunden. Die Kryptowährung sei einer gesonderten Bewertung zugänglich. Deren Wert werde anhand von Angebot und Nachfrage ermittelt. Der Kläger habe aus Kurssteigerungen Gewinne erzielt. Kryptowährungen seien übertragbar. Dies zeige deren Handel an speziellen (Internet-)Börsen. Die technischen Details der Kryptowährungen seien für die rechtliche Bewertung des Wirtschaftsguts nicht entscheidend.

Ein strukturelles Vollzugsdefizit liege nicht vor, auch wenn sich die meisten Handelsplattformen für Kryptowährungen im Ausland befänden. Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug sei die Finanzverwaltung grundsätzlich auf eine erhöhte Mitwirkung der Steuerpflichtigen angewiesen. Nationalstaatliche Souveränität könne der deutsche Gesetzgeber nicht verändern. Zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe sowie Sammelauskunftsersuchen zur Einholung der erforderlichen Auskünfte bei Internethandelsplattformen seien möglich. Kryptobörsen seien als multilaterales Handelssystem Finanzdienstleistungsinstitute. „Als solches unterliegen sie der Identifizierungspflicht“. Betreibe die Kryptobörse auch Finanzkommissionsgeschäfte, sei sie sogar ein Kreditinstitut und unterliege somit dem Kontenabruf. Auch wenn sich private Veräußerungsgeschäfte mit Kryptowährungen, die es im Streitjahr erst seit ca. 8 Jahren gebe, nur schwer aufdecken ließen, reiche dies für sich alleine noch nicht zur Begründung eines strukturellen Vollzugsdefizits aus. Der Gesetzgeber könne nicht auf jede (technische) Neuerung sofort regulatorisch reagieren. Er dürfe zunächst deren Entwicklung abwarten und müsse „erst dann reagieren, wenn sich gravierende Missstände zeigen“. Solche habe es bis zum Streitjahr nicht gegeben.

Die Revision wurde zugelassen, da die entscheidungserheblichen Fragen noch nicht höchstrichterlich entschieden seien. Das Aktenzeichen beim BFH ist noch nicht bekannt.

FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 01.12.2021 zum Urteil 5 K 1996/19 vom 11.06.2021 (nrkr)

Verwertung von Markenrechten und Internetdomains ist gewerbliche Tätigkeit

Die Verwertung von Markenrechten und Internetdomains stellt eine gewerbliche Tätigkeit dar mit der Folge, dass in diesem Bereich erzielte Verluste einkommensteuerlich zu berücksichtigen sind. Dies hat der 13. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.

Der Kläger ließ seit dem Jahr 1998 Markenrechte auf Vorrat gegen Zahlung einer entsprechenden Gebühr auf seinen Namen eintragen, die er an potenzielle Interessenten verkaufen wollte. Er entwickelte außerdem neue Markennamen, ließ diese schützen und erwarb in einigen Fällen auch die dazu passende Internetdomain. Nach den Vorstellungen des Klägers sollten ihm Interessenten die entsprechenden Markenrechte und Internetdomains abkaufen, um diese selbst zu nutzen. Er erwartete, dass etwaige Interessenten aufgrund einer Registeranfrage von den entgegenstehenden Rechten des Klägers erfahren und dann mit ihm in Verkaufsverhandlungen eintreten würden. Der Kläger aktivierte die Aufwendungen für die Sicherung der Markenrechte als immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Für die Jahre 1999 bis 2007 berücksichtigte das Finanzamt Einkünfte aus der Verwertung von Markenrechten nebst Domains. Vor dem Hintergrund, dass Markenrechte im Allgemeinen nach zehn Jahren erlöschen, sofern sie nicht entgeltlich verlängert werden, entschloss sich der Kläger im Jahr 2009 dazu, die auslaufenden Markenrechte nicht zu verlängern. Für die Jahre 2009 und 2010 ermittelte der Kläger ausgehend von den jeweiligen Buchwerten der Markenrechte und Domains Anlagenabgänge und gab in seinen Einkommensteuererklärungen Verluste aus seiner Tätigkeit an.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der erklärten Verluste ab mit der Begründung, dass die Tätigkeit der Verwertung von Markenrechten nebst Domains keine gewerbliche Tätigkeit darstelle. Es fehle seit Ankauf der Schutzrechte an einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, da der Kläger eine Kontaktaufnahme seiner potenziellen Kunden erwarte. Mit seiner hiergegen erhobenen Klage machte der Kläger insbesondere geltend, dass er mit Gewinnerzielungsabsicht tätig gewesen sei und sich marktgerecht verhalten habe.

Der 13. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage stattgegeben. Die Verluste aus der Tätigkeit der Verwertung von Markenrechten nebst Domains seien zu berücksichtigen, da es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine gewerbliche Tätigkeit gehandelt habe. Der Kläger habe die Tätigkeit selbstständig und nachhaltig ausgeübt. Er habe sich auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Dem stehe nicht entgegen, dass er die Übertragung der zu seinen Gunsten eingetragenen Markenrechte nicht am Markt beworben habe, denn nach dem in den Streitjahren bestehenden Markenrecht wäre dies für eine Verwertung der vom Kläger erlangten formalen Registereintragung hinderlich gewesen. Es habe gerade zum Geschäftskonzept des Klägers gehört, den Eindruck zu erwecken, er habe sich aufgrund eines entsprechenden Angebots des Interessenten nunmehr zur Veräußerung einer von ihm genutzten Marke entschlossen. Der Kläger habe auch mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit sei schließlich auch nicht der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen. Dabei seien die allgemeinen Grundsätze zu Grunde zu legen, die sich am „Bild des Handels“ und des „produzierenden Unternehmers“ orientierten. Danach spreche entscheidend für eine Gewerblichkeit der Tätigkeit des Klägers, dass er die Markenrechte nicht bloß an- und verkauft, sondern diese durch Registereintragung selbst geschaffen habe. Dadurch sei er „produzentenähnlich“ tätig gewesen. Die Tätigkeit des Klägers sei auch nicht auf eine langfristige Fruchtziehung angelegt gewesen, sondern auf eine Generierung von Erträgen durch möglichst kurzfristige Übertragung der zu seinen Gunsten eingetragenen Markenrechte auf Dritte.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

FG Münster, Pressemitteilung vom 01.12.2021 zu Urteil vom 15.09.2021, 13 K 3818/18