Anforderungen an die zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug erforderliche Rechnung

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Insbesondere muss die Rechnung eine ausreichende Leistungsbeschreibung enthalten

Im entschiedenen Fall hatten die Rechnungen, mit denen die Klägerin und Beschwerdeführerin den Vorsteuerabzug begehrte, keine ausreichende Leistungsbeschreibung enthalten, anhand derer man hätte erkennen können, was Gegenstand der Leistung war.

Ergänzende Unterlagen, zu deren Berücksichtigung über die Rechnungen hinaus das erstentscheidende Finanzgericht (FG) des Saarlandes hätte verpflichtet sein können, lagen nach den tatsächlichen Feststellungen des FG mangels schriftlicher Vereinbarungen ebenfalls nicht vor, so dass auch auf einer solchen Grundlage ein Vorsteuerabzug in den Streitjahren nicht möglich war.

(BFH, Beschluss vom 18.5.2020 – XI B 105/19)

Aufwendungen für eine Erstausbildung nicht als Werbungskosten abzugsfähig

Aufwendungen für die Erstausbildung sind ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nicht (mehr) als Werbungskosten abziehbar, wenn das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat.

Im Streitfall hatte eine Studentin Aufwendungen für ihr Erststudium als Werbungskosten geltend gemacht. Da sie in den Streitjahren keine bzw. nur geringfügige Einkünfte erzielte, wollte sie die dadurch entstehenden Verluste mit künftigen, nach dem Studium erzielten Einkünften verrechnen. Der BFH wollte der Klage der Studentin stattgeben, sah sich daran aber auf Grund des § 9 Abs. 6 EStG gehindert, der mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 in das EStG aufgenommen worden ist. Danach sind die Aufwendungen für eine Erstausbildung nicht als Werbungskosten abziehbar. Deren Abzug kommt nur als Sonderausgaben begrenzt auf 4.000 € bzw. ab dem Jahr 2012 auf 6.000 € in Betracht. Da der Sonderausgabenabzug nicht zu einem vortragsfähigen Verlust führt, wirken sich — wie auch im Fall der Studentin — die Aufwendungen auf Grund der während der Ausbildung erzielten geringen Einkünfte regelmäßig nicht bzw. nicht in vollem Umfang steuerlich aus.

Der BFH hielt § 9 Abs. 6 EStG für verfassungswidrig und holte im Rahmen eines sog. Normenkontrollverfahrens die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ein. Nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 19.11.2019 2 BvL 22-27/14 entschieden hat, dass der Ausschluss des Werbungskostenabzugs von Berufsausbildungskosten für eine Erstausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hat der BFH das zunächst ausgesetzte Verfahren der Studentin wieder aufgenommen und deren Klage abgewiesen.

Beim BFH war eine Vielzahl von Revisionen zu derselben Rechtsfrage anhängig. Sie betrafen ebenfalls den Werbungskostenabzug der Aufwendungen für das Erststudium sowie insbesondere den Werbungskostenabzug der Aufwendungen für die Pilotenausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfand. Diese Verfahren wurden nach der Entscheidung des BVerfG auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des BFH zurückgenommen und durch Einstellungsbeschluss erledigt.

(BFH, Pressemitteilung Nummer 029/20 vom 23.7.2020 zu Urteil vom 12.2.2020 – VI R 17/20)

Sachbezug oder Geldleistung – das ist hier die Frage

Seit Jahresbeginn sind Sachbezüge steuerlich neu definiert. In der Praxis herrscht gerade bei Gutscheinen und Geldkarten Verunsicherung. Nun liegt das BMF-Schreiben zur Abgrenzung von Sachbezug und Geldleistung im Entwurf auf dem Tisch. Es dürfte in vielen Fällen Klarheit bringen. In seiner Stellungnahme moniert der Deutsche Steuerberaterverband (DStV), dass die Verwaltungsmeinung bereits rückwirkend zum Jahresstart gelten soll.

Das Jahressteuergesetz 2019 normierte neue Beurteilungskriterien für Sachbezüge. Seither gelten unter anderem bestimmte Gutscheine und Geldkarten, die bis Ende letzten Jahres noch als Sachbezug behandelt wurden, als Geldleistung. Dies hat zur Folge, dass sie nicht unter die 44 Euro-Freigrenze für Sachbezüge oder die 60 Euro-Freigrenze für Aufmerksamkeiten zu besonderen Anlässen fallen. Vielmehr stellt die Abgabe an Arbeitnehmer steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

Von dieser strikten Sichtweise ausgenommen sind Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen. Gerade der Verweis auf die Regelungen des ZAG verunsichert die Praxis. Zwar gibt es ein Merkblatt zum ZAG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Nach Auffassung des Gesetzgebers sollte die aufsichtsrechtliche Einordnung aber nicht 1:1 für das Steuerrecht gelten. Insofern blieben in der Praxis Fragen offen.

Ein BMF-Schreiben soll nun Licht ins Dunkel bringen. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat sich hierzu in seiner DStV-Stellungnahme S 07/20 geäußert.
Gutscheine für Zeitungen und Zeitschriften nur für physische Produkte begünstigt

Gutscheine für Zeitungen und Zeitschriften in Papier sollen nach dem vorliegenden Entwurf die Voraussetzungen des ZAG (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b ZAG) erfüllen. Das heißt, sie können unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei zugewendet werden. Gutscheine oder Geldkarten, die auf den Download von Zeitungen und Zeitschriften begrenzt sind, sollen die genannte Voraussetzung des ZAG nicht erfüllen.

Diese Ungleichbehandlung von Gutscheinen und Geldkarten für Zeitungen und Zeitschriften in physischer Form einerseits und elektronischer Form andererseits erscheint dem DStV nicht sachgerecht. Er fürchtet neue Abgrenzungsschwierigkeiten: So etwa, wenn mit dem physischen Erwerb von Zeitungen und Zeitschriften gleichzeitig Online-Zugänge erworben werden. Er regt daher an, Gutscheine und Geldkarten für den Download von Zeitungen und Zeitschriften genauso zu behandeln, wie Gutscheine und Geldkarten für ihre physischen Pendants.
Achtung bei Gutscheinen und Geldkarten für persönliche Aufmerksamkeiten

Gutscheine oder Geldkarten, die aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (sog. Zweckkarten), gelten nach dem ZAG nicht als Zahlungsinstrument (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. c ZAG). Grundsätzlich können sie daher die Sachbezugseigenschaft erfüllen.

Der Entwurf des BMF stellt erfreulicherweise klar, dass unter anderem Papier-Essensmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. digitale Essensmarken) unter den Anwendungsbereich fallen sollen. Gutscheine, die ausgegeben werden, um die 44 Euro-Freigrenze bzw. die Richtlinienregelung des R 19.6 LStR (Aufmerksamkeiten) oder die Pauschalversteuerung nach § 37b EStG in Anspruch zu nehmen, sollen per se hingegen keine Zweckkarten darstellen.

Dies verwundert insofern, als die BaFin unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten bei Karten für persönliche Aufmerksamkeiten ausdrücklich von Zweckkarten ausgeht. Der DStV hat in seiner Stellungnahme angeregt, dieser Sichtweise auch unter lohn- und einkommensteuerlichen Gesichtspunkten zu folgen. Andernfalls könnten Geldkarten bzw. Gutscheine für persönliche Aufmerksamkeiten nur noch dann als Sachbezug gelten, wenn sie eine der engen übrigen Ausnahmen nach dem ZAG erfüllen.
Konkretisierungen könnten rückwirkend gelten

Die Grundsätze des BMF-Entwurfs sollen bereits ab Jahresbeginn 2020 gelten. Problematisch ist, dass viele Arbeitgeber Mitarbeitern seitdem (aus ihrer Sicht) Sachbezüge zugewendet haben dürften, die nunmehr – nach den ersten Hinweisen zur Verwaltungsauffassung – als Barlohn hätten bewertet werden müssen. Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen Arbeitgeber sich an dem Merkblatt der BaFin orientiert haben. Steuerpflichtigen fehlte schließlich bislang ein Anhaltspunkt, inwieweit die lohn- bzw. einkommensteuerliche Würdigung von diesen Ausführungen abweichen würde.

Für Arbeitgeber heißt das: Hoher Korrekturaufwand. Neben lohnsteuerlichen Korrekturen ist insbesondere die Berichtung der Sozialversicherungsbeiträge umständlich und mitunter eine finanzielle Belastung. So darf ein unterbliebener Beitragsabzug der Arbeitnehmeranteile nur bei den drei nächsten Entgeltabrechnungen nachgeholt werden. Für weiter zurückliegende Monate muss der Arbeitgeber auch die Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen übernehmen.

In Anbetracht der ohnehin durch die Corona-Krise angespannte Unternehmenslage spricht sich der DStV dafür aus, dass die geplanten Grundsätze der Finanzverwaltung erst ab der Veröffentlichung des Schreibens angewendet werden sollten.

DStV, Mitteilung vom 21.07.2020

Schätzung von Einkünften aus Kapitalvermögen

Aus dem Vorhandensein eines bestimmten Vermögens kann nicht ohne Weiteres mit der für die Feststellung einer Steuerhinterziehung erforderlichen Sicherheit auf das Vorhandensein dieses Vermögens bereits zu einem früheren Zeitpunkt – lediglich in abgezinster Höhe – geschlossen werden.

Dazu bedarf es vielmehr der weiteren Feststellung, dass ein zwischenzeitlicher Vermögenszuwachs ausgeschlossen werden kann, entschied der BFH und führt weiter aus:

Das Vorhandensein eines Vermögens zu einem bestimmten Zeitpunkt reicht – selbst bei Annahme eines verminderten Beweismaßes wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten – nicht aus, um dem Steuerpflichtigen den entsprechenden Kapitalstamm auch in den Folgejahren unverändert als Grundlage der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass das Depotkonto im betreffenden Zeitraum nicht mehr vorhanden war.

Der Grundsatz in dubio pro reo schließt es aus, die – grundsätzlich zulässige Schätzung der Höhe der hinterzogenen Steuern auf ein reduziertes Beweismaß und bloße Wahrscheinlichkeitserwägungen zu stützen und an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens auszurichten.

Erforderlich ist vielmehr, dass das FG auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO) von der Höhe der Steuerhinterziehung in jedem Jahr der Schätzung überzeugt ist.

(BFH, Urteil vom 3.12.2019 – VIII R 23/16)

Veräußerung eines Mobilheims löst Grunderwerbsteuer aus

Der 8. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 18. Juni 2020 (Az. 8 K 786/19 GrE,F) entschieden, dass die Übertragung eines Mobilheims grunderwerbsteuerpflichtig ist.

Die Klägerin erwarb im Jahr 2018 ein „Kleinwochenendhaus“auf einem Pachtgrundstück nebst Zubehör für 10.000 Euro und verpflichtete sich zugleich, mit dem Grundstückseigentümer einen Pachtvertrag abzuschließen. Über das Haus existiert ein vom Deutschen Mobilheim Verband e.V. ausgestellter „Mobilheimbrief“, der u. a. eine Fahrgestellnummer und die Maße des Hauses (8,35 m Länge, 3,10 m Breite, 2,98 m Höhe) sowie dessen Gewicht (4.250 kg) enthält. Es steht auf Holzbalken und ist an die Kanalisation und das Stromnetz angeschlossen. Im Pachtvertrag, der für zehn Jahre abgeschlossen wurde, verpflichtete sich die Klägerin unter anderem, den Verpächter bei einer Veräußerung des Hauses zu informieren, damit dieser entscheiden könne, mit wem er einen Pachtvertrag abschließt. Die Klägerin zog in das Haus ein und meldete dort ihren Wohnsitz an.

Das Finanzamt unterwarf den Vorgang der Grunderwerbsteuer und ging dabei von einer Bemessungsgrundlage i. H. v. 9.000 Euro (Kaufpreis abzgl. 1.000 Euro für Inventar) aus. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass es sich bei dem Mobilheim nicht um ein Gebäude handele, weil es keine feste Verbindung zum Grundstück aufweise. Zudem sei der Wert des Inventars höher anzusetzen, weil sie einen vorhandenen Zaun, eine Terrasse und Bepflanzung übernommen habe.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Vertrag über das Mobilheim unterliege – so der 8. Senat des Finanzgerichts Münster – der Grunderwerbsteuer.

Das Mobilheim sei zunächst als Gebäude auf fremdem Grund und Boden (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG) anzusehen. Es weise die für die Gebäudeeigenschaft erforderliche feste Verbindung zur Grundfläche sowie die nötige Ortsfestigkeit und Beständigkeit auf. Aus dem Gewicht des Hauses (4.250 kg) und dessen Alter von fast 40 Jahren sei davon auszugehen, dass es nur mit großem Aufwand und nicht ohne Risiko einer Zerstörung transportiert werden könne. Zudem müsse vorher die Terrasse entfernt werden. Für eine ortsfeste Aufstellung spreche auch, dass es sich seit mindestens 30 Jahren an derselben Stelle befinde, an die Kanalisation sowie an das Stromnetz angeschlossen und umzäunt sei.

Der Senat ließ offen, ob es sich bei dem über das Mobilheim abgeschlossenen Vertrag um einen Kaufvertrag im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG oder um einen Vertrag im Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG handele, der die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis einräume. Wäre das Gebäude als Scheinbestandteil anzusehen, hätte die Klägerin zivilrechtliches Eigentum durch einen Kaufvertrag über ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden erworben. Anderenfalls wäre das Mobilheim zwar Grundstücksbestandteil, aber die Klägerin hätte durch den Vertrag eine eigentümerähnliche Stellung erlangt, denn der Verpächter beanspruche kein Eigentum am Gebäude und die Klägerin dürfe es abtransportieren.

Schließlich sei die Höhe der Bemessungsgrundlage im Hinblick auf den für das Inventar angesetzten Abzugsbetrag nicht zu beanstanden, da die Klägerin den Wert des Zaunes, der Terrasse und der Bepflanzung nicht konkretisiert habe.

(FG Münster, Mitteilung vom 15.07.2020 zu Urteil vom 18.06.2020 – 8 K 786/19)