Gericht muss „Internetquellen“ genau bezeichnen und sichern

Bei dem Verweis auf „Internetquellen“ kann ein Verstoß gegen das Gesamtergebnis des Verfahrens vorliegen. Das geht aus einem aktuell veröffentlichten BFH-Beschluss hervor.

Die Richter erklärten, das erstentscheidende Finanzgericht (Niedersächsisches FG, Urteil vom 22.10.2019, 8 K 10133/18) habe die Pflicht verletzt, seine Entscheidung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO), wenn es für die Bestimmung streitiger Schätzungsgrundlagen auf „allgemein zugängliche Quellen im Internet“ zurückgreift, diese aber weder dauerhaft sichert noch in nachprüfbarer Weise bezeichnet.

Der Fall betraf den (inzwischen verstorbenen) Eigentümer eines Eiscafés. Das Finanzamt hatte bei einer Außenprüfung mehrere formelle Kassen- und Aufzeichnungsmängel festgestellt und eine sog. Ausbeutekalkulation vorgenommen, im Rahmen derer der Prüfer insbesondere den Zuckereinkauf berücksichtigte. Das Kalkulationsergebnis wich von den erklärten Umsätzen ab. Hiervon soll, so das Finanzgericht, der Prüfer verschiedene Abschläge vorgenommen, sein Ergebnis mit den Rohgewinnaufschlagsätzen der amtlichen Richtsatzsammlung verglichen und hieran insoweit angepasst haben, als er für alle drei Streitjahre einen Aufschlagsatz von 430 % zugrunde legte.

Das Finanzgericht ging von einer Schätzungsbefugnis des Finanzamts aus und hielt das Schätzungsergebnis für rechtmäßig. Die vom Prüfer berücksichtigten Zuckeranteile ergäben sich „aus allgemeinen zugänglichen Quellen im Internet“. Da diese weder genauer benannt noch ihre Inhalte gesichert worden waren, muss das Finanzgericht nun erneut entscheiden.

(BFH, Beschluss vom 23.4.2020 – X B 156/19)