Automatischer Informationsaustausch: 1,5 Mio. Steuerdatensätze erhalten

Beim automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA) sind im September vergangenen Jahres von ausländischen Behörden 1,5 Millionen Datensätze nach Deutschland übermittelt worden.

Der zwischen Deutschland und 49 Staaten bzw. Gebieten vorgenommene Austausch soll im kommenden September erneut vorgenommen werden. Diesmal erfolge der Austausch zwischen Deutschland und 102 Staaten beziehungsweise Gebieten, teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/3630) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der FDP (19/3094) mit.
Mit der Zuordnung der übermittelten Daten zu den jeweiligen Steuerpflichtigen durch das Bundeszentralamt für Steuern zeigt sich die Bundesregierung sehr zufrieden: „Die Ergebnisse liegen weit über dem Durchschnitt sonst üblicher Ergebnisse bei automatisierten Zuordnungsläufen.“
Mit der Auswertung der Daten in den Landesfinanzbehörden soll Mitte 2020 begonnen werden. In den Datensätzen sei ein Volumen von Einkünften in Höhe von 58 Milliarden Euro und von Kontoständen in Höhe von 85 Milliarden Euro enthalten. Die Daten würden allerdings keine Bemessungsgrundlage für die Besteuerung in Deutschland enthalten, sondern seien lediglich ein Anhaltspunkt für die Veranlagung von Kapitalerträgen aus dem Ausland und Ausgangspunkt für weitere Prüfungen.
Die Bundesregierung weist darauf hin, aufgrund des Informationsaustausches bestehe ein „hohes Entdeckungsrisiko für Steuerpflichtige, die nicht alle entsprechenden Einkünfte in ihrer Steuererklärung angeben“.
(Bundestag, hib-Nr. 569/2018 vom 07.08.2018)

Kindergeldanspruch bei Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin endet erst mit Abschluss des Berufspraktikums und nicht schon mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse

Nach dem Urteil vom 24.4.2018, Az. 10 K 112/18, entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg erneut gegen die Dienstanweisung der Familienkasse und für den Kindergeldberechtigten.

Die Tochter des Klägers machte eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin. Die Ausbildung bestand aus einer zweijährigen schulischen Ausbildung und einem anschließenden einjährigen Berufspraktikum. Der Ausbildungsvertrag für das Berufspraktikum hatte eine Laufzeit bis zum 31. August 2015. Die Tochter bestand die staatliche Abschlussprüfung im Juli 2015; noch im Juli 2015 wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt. Zum 1. September 2015 wurde die Tochter in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Die beklagte Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2015 auf und forderte das für diesen Monat gezahlte Kindergeld zurück. Das Ausbildungsverhältnis habe mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse im Juli 2015 geendet. Der Kläger erhob nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied im Verfahren 1 K 307/16 am 7. März 2018 zugunsten des Klägers und setzte Kindergeld für die Tochter für den Monat August 2015 fest. Die den Kindergeldanspruch begründende Berufsausbildung der Tochter sei nicht bereits mit der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse beendet gewesen, sondern erst mit Ablauf der festgelegten Ausbildungszeit. Nach der Verordnung des Kultusministeriums Baden-Württemberg über die Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialpädagogik (Erzieherverordnung) erfordert die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin neben einer zweijährigen schulischen Ausbildung ein anschließendes einjähriges Berufspraktikum. Dieses habe die Tochter am 31. August 2015 abgeschlossen. Erst danach sei sie berechtigt gewesen, ihre Berufsbezeichnung zu führen. Das Berufsbildungsgesetz stehe nicht entgegen. Die bundesrechtliche Vorschrift, nach der eine bestandene Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ende, komme im Streitfall nicht zur Anwendung. Denn die Tochter habe die Berufsausbildung an einer dem Landesrecht Baden-Württemberg unterstehenden berufsbildenden Schule durchlaufen. Im Übrigen bestehe kein Grund, die Berufsausbildung zur Erzieherin anders zu behandeln als die Ausbildungsberufe in der Kranken-, Alten- und Entbindungspflege.
Die Entscheidung ist rechtskräftig. Ebenso wie in einer anderen Kindergeldklage (vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 24.4.2018, Az. 10 K 112/18) entschied das Finanzgericht damit gegen die Dienstanweisung der Familienkasse und für den Kindergeldberechtigten.
(FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 17.07.2018 zu Urteil vom 07.03.2018 – 1 K 307/16)

Abzugsverbot für Schuldzinsen: Begrenzung auf Entnahmenüberschuss

Beim Abzugsverbot für betrieblich veranlasste Schuldzinsen ist die Bemessungsgrundlage auf den periodenübergreifenden Entnahmenüberschuss zu begrenzen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung zu § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.

Nach § 4 Abs. 4a EStG sind – unter den dort im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen – betrieblich veranlasste Schuldzinsen nicht abziehbar, sondern dem Gewinn hinzuzurechnen, wenn die Entnahmen die Summe aus Gewinn und Einlagen übersteigen und damit sog. Überentnahmen vorliegen. Die Bemessungsgrundlage für das Abzugsverbot ergibt sich aus der Summe von Über- und Unterentnahmen während einer Totalperiode beginnend mit dem ersten Wirtschaftsjahr, das nach dem 31. Dezember 1998 geendet hat, bis zum aktuellen Wirtschaftsjahr. § 4 Abs. 4a EStG beruht auf der gesetzgeberischen Vorstellung, dass der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf als er erwirtschaftet und eingelegt hat. Damit kommt es zu einer Einschränkung des Schuldzinsenabzugs für den Fall, dass der Steuerpflichtige mehr entnimmt als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht.
Die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen stellte bei ihrer Einführung zum Veranlagungszeitraum 1999 eine Antwort des Gesetzgebers auf Steuergestaltung durch Zwei- und Mehrkontenmodelle (Verlagerung privat veranlasster Schuldzinsen in die betriebliche Sphäre) dar. Sie ist nach einhelliger Auffassung im Wortlaut zu weit geraten, weil bei ihrer mechanischen Anwendung bereits ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen könnte.
Im Streitfall führte der Kläger einen Kraftfahrzeughandel. Er erzielte in den Jahren von 1999 bis 2008 teils Gewinne, teils Verluste, und tätigte Entnahmen und Einlagen in ebenfalls stark schwankender Höhe. Zugleich waren im Betrieb Schuldzinsen angefallen. Das Finanzamt (FA) und mit ihm das Finanzgericht (FG) versagte in den beiden Streitjahren 2007 und 2008 für einen Teil der Schuldzinsen den Betriebsausgabenabzug, weil Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG vorgelegen hätten. Die Berechnung des FA entsprach den Vorgaben des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 17. November 2005 IV B 2 -S 2144- 50/05 (BStBl I 2005, 1019). Daher kam es zu einer Verrechnung mit in den Vorjahren unberücksichtigt gebliebenen Verlusten im Wege einer formlosen Verlustfortschreibung.
Der BFH ist dem nicht gefolgt. Er begrenzt im Wege der teleologischen Reduktion die nach den Überentnahmen ermittelte Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen auf den von 1999 bis zum Beurteilungsjahr erzielten Entnahmenüberschuss und damit auf den Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen. So wird sichergestellt, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage für § 4 Abs. 4a EStG nicht erhöht und damit der Gefahr vorgebeugt, dass ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen kann. Zudem wird der Verlust des aktuellen Jahres nicht anders bewertet als der Verlust aus Vorjahren. Dies kann für den Steuerpflichtigen in bestimmten Jahren günstiger, in anderen Jahren aber auch nachteiliger sein als der Verrechnungsmodus des BMF. Die Entscheidung ist insbesondere für Einzelunternehmer und Personengesellschaften im Bereich des Mittelstands von großer Bedeutung. Da es gleichgültig ist, in welchem Jahr innerhalb der Totalperiode Gewinne oder Verluste erzielt sowie Entnahmen oder Einlagen getätigt wurden, ist der Steuerpflichtige zu einer vorausschauenden Planung seiner Entnahmen auch in Gewinnjahren veranlasst, damit diese sich nicht durch spätere Verluste in steuerschädliche Überentnahmen verwandeln.
Im Streitfall hat der BFH der Klage des Steuerpflichtigen entgegen dem FG-Urteil teilweise stattgegeben. Zwar lagen kumulierte Überentnahmen im Zeitraum zwischen 1999 und dem Streitjahr 2007 in Höhe von 696.931 Euro (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008 in Höhe von 630.908 Euro) vor. Der Kläger hatte in diesem Zeitraum aber nur insgesamt 391.467 Euro (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008: 419.913 Euro) mehr entnommen als eingelegt. Da dieser Entnahmenüberschuss die kumulierten Überentnahmen unterschreitet, bildet er die Bemessungsgrundlage für die nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen. Die beim Steuerpflichtigen entstandenen Verluste führen somit nicht zu Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen beliefen sich damit im Streitjahr 2007 auf 23.488,02 Euro (6 % von 391.467 Euro) und im Streitjahr 2008 auf 25.194,78 Euro (6 % von 419.913 Euro).
(BFH, Pressemitteilung Nr. 39 vom 18.7.2018 zu Urteil vom 14.3.2018 – X R 17/16)

Kindergeld für ein berufsbegleitendes Masterstudium

Kindergeld für ein bis 25-jähriges Kind in Berufsausbildung wird nur gewährt, wenn es nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung nicht erwerbstätig ist.

Im Streitfall hatte die Tochter der Klägerin ihr Bachelorstudium im Studiengang Betriebswirtschaftslehre mit der Studienrichtung Dienstleistungsmanagement an der Dualen Hochschule am 30. September 2015 mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Ihr Ausbildungsbetrieb beschäftigt sie seit 1. Oktober 2015 als Angestellte in Vollzeit. Zeitgleich begann die Tochter ein berufsbegleitendes Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie mit geplantem Abschluss Master of Science Wirtschaft und Psychologie. Nach Auffassung der Familienkasse besteht seit Oktober 2015 kein Anspruch auf Kindergeld mehr. Das Masterstudium sei ein weiterbildender Studiengang. Dieser führe die Erstausbildung nicht fort.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied zugunsten der Klägerin mit Urteil vom 16. Januar 2018 (Az. 6 K 3796/16; Revision anhängig III R 26/18). Im Streitfall habe die Tochter ihre erstmalige Berufsausbildung noch nicht mit dem Bachelorabschluss beendet. Abgeschlossen sei deren erstmalige Berufsausbildung erst mit Abschluss des Masterstudiums. Eine erstmalige Berufsausbildung müsse nicht bereits „mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein“. Entscheidend seien das angestrebte Berufsziel und ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsganges darstelle. Das angestrebte Berufsziel einschließlich des damit erforderlichen Ausbildungsabschlusses müsse „spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der (vorangegangenen) Ausbildungsmaßnahme feststehen und aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein“. Im Streitfall stünden die Ausbildungsabschnitte zueinander in einem engen sachlichen sowie zeitlichen Zusammenhang. Es bestehe eine inhaltliche Verknüpfung, da beide Studien auf typische kaufmännische Aufgaben in der Wirtschaft, insbesondere in den Bereichen Personal, Organisation und Marketing, vorbereiteten. Der Begriff Berufsausbildung enthalte kein einschränkendes Erfordernis eines zeitlichen Mindestumfangs. Erforderlich sei eine Ausbildungsmaßnahme, die als Grundlage für den angestrebten Beruf geeignet sei. Hierfür spreche auch die Zusage des Arbeitsgebers, das Masterstudium finanziell zu fördern. An einer ernsthaften und nachhaltigen Vorbereitung auf den angestrebten Beruf fehle es nicht schon, wenn das Kind neben der Ausbildungsmaßnahme arbeite. Der stringente Verlauf des absolvierten Studiums belege die ernsthafte und nachhaltige Durchführung.
(FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 17.07.2018 zu Urteil vom 16.01.2018 – 6 K 3796/16; BFH-Az.: III R 26/18)

Eine nur nach ausländischem Recht zulässige Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses führt zu einer Zuwendung durch den Erben

Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass eine – nach britischem Recht zulässige – nach dem Tod des Erblassers abweichend vom Testament getroffene Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses („Deed of Variation“) eine freigiebige Zuwendung durch den Erben darstellt.

Der Kläger ist Enkel der Erblasserin, einer britischen Staatsangehörigen, die in Spanien lebte. Sie hatte als Alleinerben ihren Sohn, den Vater des Klägers, eingesetzt. Nach dem Tod der Großmutter machte der Vater von der nach britischem Recht bestehenden Möglichkeit Gebrauch, eine von der Erbfolge abweichende schriftliche Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses gemeinsam mit dem „personal representative“ (vergleichbar mit einem Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter) abzuschließen. Danach erhielten der Kläger und sein Bruder Anteile an den im Nachlass befindlichen Grundstücken. Der gesamte Nachlass wurde in Großbritannien versteuert.
Das inländische Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kläger eine Schenkung von seinem Vater erhalten habe und setzte Schenkungsteuer ohne Anrechnung britischer Erbschaftsteuer fest. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass ihm sein Vater kein eigenes Vermögen zugewandt habe, sondern Vermögen der Erblasserin.
Der Senat wies die Klage ab. Die Zuwendung der Grundstücksanteile an den Kläger stelle keinen Erwerb von Todes wegen von der Großmutter dar. Die nach britischem Recht auf den Todestag der Erblasserin zurück zu beziehende „Deed of Variation“ sei nach deutschem Recht nicht zulässig. Sie sei vielmehr mit einer Abtretung nach § 2033 BGB vergleichbar. Dabei könne ein Miterbe jedoch nur über seinen Anteil am Nachlass verfügen, nicht aber über seinen Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen. Demgegenüber sei die „Deed of Variation“ nicht wie eine nach deutschem Recht zulässige Ausschlagung gegen Abfindung zu behandeln, weil sich eine Ausschlagung nur auf die gesamte Erbschaft, nicht aber auf einen Teil davon beziehen könne. Darüber hinaus könne der Ausschlagende nicht bestimmen, dass ein anderer die Erbschaft erhalten soll. Schließlich entspreche die „Deed of Variation“ auch nicht einem Erbvertrag oder einem Erbvergleich, weil hierin Regelungen zwischen den Erben getroffen würden. Dritte würden danach nicht zu Erben. Da der Kläger nach deutschem Steuerrecht nicht als Erbe, sondern als Beschenkter anzusehen sei, komme eine Anrechnung der britischen Erbschaftsteuer nach § 21 ErbStG nicht in Betracht.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Münster, Mitteilung vom 16.07.2018 zu Urteil vom 12.04.2018 – 3 K 2050/16)