Verminderter Sonderausgabenabzug bei Prämiengewährung durch gesetzliche Krankenkassen

Erhält ein Steuerpflichtiger von seiner gesetzlichen Krankenkasse eine Prämie, die auf einem Wahltarif gemäß § 53 Abs. 1 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) beruht, mindern sich die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Seit April 2007 haben die gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit, ihren Versicherten sog. Wahltarife, d.h. Selbstbehaltungstarife in begrenzter Höhe oder Kostenerstattungstarife anzubieten. Im Streitfall hatte der Kläger einen Wahltarif mit Selbstbehalten gewählt, aufgrund dessen er eine Prämie je Kalenderjahr bis zur Höhe von 450 Euro erhalten konnte. Die von ihm im Gegenzug zu tragenden Selbstbehalte waren auf 550 Euro begrenzt, so dass er seiner Krankenkasse in dem für ihn ungünstigsten Fall weitere 100 Euro zu zahlen hatte. Im Streitjahr 2014 erhielt der Kläger eine Prämie von 450 Euro, die er bei den von ihm geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträgen nicht berücksichtigte. Das Finanzamt sah in der Prämienzahlung eine Beitragsrückerstattung und setzte dementsprechend geringere Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 2 des Einkommensteuergesetzes an. Einspruch und Klage des Klägers blieben ohne Erfolg.
Der BFH bestätigte das finanzgerichtliche Urteil. Danach ist die Prämienzahlung nach § 53 Abs. 1 SGB V eine Beitragsrückerstattung, die die Vorsorgeaufwendungen des Steuerpflichtigen mindert. Der BFH begründet dies damit, dass sich die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen reduziere. Diese sei wesentliche Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug.
Die Prämie ist damit anders zu behandeln als Bonusleistungen, die gesetzliche Krankenkassen ihren Mitgliedern zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens gemäß § 65a SGB V gewähren. Diese mindern die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nicht (BFH-Urteil vom 1. Juni 2016 X R 17/15, BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989). Den Unterschied sieht der BFH darin, dass der Bonus eine Erstattung der vom Versicherten selbst getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen ist und damit nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes steht. Demgegenüber beruhe die Prämie auf der Übernahme des Risikos, der Krankenkasse ggf. weitere, jedoch der Höhe nach begrenzte Beitragszahlungen leisten zu müssen.
Die Beurteilung der Prämie entspricht damit der einer Beitragsrückerstattung einer privaten Krankenversicherung. In beiden Fällen erhält der Versicherte eine Zahlung von seiner Krankenkasse, da diese von ihm nicht oder in einem geringeren Umfang in Anspruch genommen wurde. Dadurch werden im Ergebnis seine Beitragszahlungen reduziert. Im Falle der Beitragserstattungen erkauft der Versicherte dies mit selbst getragenen Krankheitskosten; im streitgegenständlichen Wahltarif ist der Preis des Klägers das Risiko, weitere Zahlungen in Höhe von maximal 100 Euro erbringen zu müssen.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 45 vom 5.9.2018 zu Urteil vom 6.6.2018 – X R 41/17)

Absagen zur Weihnachtsfeier gehen steuerlich nicht zu Lasten der feiernden Kollegen

Absagen von Kollegen anlässlich einer Betriebsveranstaltung (hier: Weihnachtsfeier) gehen steuerrechtlich nicht zu Lasten der tatsächlich Feiernden. Dies hat der 3. Senat des FG Köln entschieden.

Die Klägerin plante Ende des Jahres 2016 die Durchführung eines gemeinsamen Kochkurses als Weihnachtsfeier. Nach dem Konzept des Veranstalters durfte jeder Teilnehmer unbegrenzt Speisen und Getränke verzehren. Von den ursprünglich angemeldeten 27 Arbeitnehmern sagten zwei kurzfristig ab, ohne dass dies zu einer Reduzierung der bereits veranschlagten Kosten durch den Veranstalter führte.
Die Klägerin berechnete im Rahmen der Lohnversteuerung die Zuwendung an die einzelnen Arbeitnehmer, indem sie die ursprünglich angemeldeten 27 Arbeitnehmer berücksichtigte. Demgegenüber verlangte das Finanzamt, dass auf die tatsächlich teilnehmenden 25 Arbeitnehmer abzustellen sei, so dass sich ein höherer zu versteuernder Betrag ergab.
Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Nach der Urteilsbegründung sei es nicht nachvollziehbar, weshalb den Feiernden die vergeblichen Aufwendungen des Arbeitgebers für sog. „No-Shows“ zuzurechnen seien. Dies gelte im vorliegenden Fall gerade deshalb, weil die Feiernden keinen Vorteil durch die Absage ihrer beiden Kollegen gehabt hätten. Denn nach dem Veranstaltungskonzept habe jeder Teilnehmer ohnehin nach seinem Belieben unbegrenzt viele Speisen und Getränke konsumieren dürfen. Mit seinem Urteil stellte sich der 3. Senat des FG Köln ausdrücklich gegen eine bundeseinheitliche Anweisung des Bundesfinanzministeriums an die Finanzämter (vgl. Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 14.10.2015, IV C 5 – S-2332 / 15 / 100001 (BStBl I 2015, 832).
(FG Köln, Pressemitteilung vom 03.09.2018 zu Urteilvom 27.06.2018 – 3 K 870/17; Az. der Revision: VI R 31/18)

Hinzurechnung von Aktienverlusten im Jahr 2003 keine unzulässige Rückwirkung

Der 10. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass die in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i. d. F. des Korb-II-Gesetzes vom 22. Dezember 2003 angeordnete Hinzurechnung von Verlusten aus Aktiengeschäften für das Jahr 2003 keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung darstellt. Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einem Wertpapier-Sondervermögen sind danach nicht abzugsfähig. Nach der früheren Rechtslage waren entsprechende Gewinne steuerfrei, während sich Verluste steuermindernd auswirken.

Die Klägerin veräußerte im Jahr 2003 – vor Einbringung des Gesetzesentwurfs des Korb-II-Gesetzes in den Bundestag – Anteilsscheine an mehreren Spezialfonds und erlitt hieraus Verluste. Das Finanzamt rechnete diese Verluste bei der Körperschaftsteuerveranlagung für 2003 unter Anwendung der Neuregelung dem zu versteuernden Einkommen hinzu. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass die rückwirkende Anordnung der Hinzurechnung für 2003 verfassungsrechtlich unzulässig sei.
Dem folgte der Senat nicht und wies die Klage ab. Die Anwendungsregelung stelle für 2003 eine verfassungsrechtlich zulässige Rückwirkung dar. Da die Körperschaftsteuer bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung Ende Dezember 2003 noch nicht entstanden war, handele es sich um eine sog. unechte Rückwirkung. Das Vertrauen der Klägerin in die bisherige Gesetzesfassung sei nicht schutzwürdig gewesen, weil die Rechtslage schon vorher umstritten gewesen sei und zu späteren Zeitpunkten divergierende finanzgerichtliche Entscheidungen zu dieser Frage ergangen seien. Teilweise sei die Auffassung vertreten worden, dass der in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG a. F. enthaltene Verweis auf § 8b Abs. 2 KStG weiter zu verstehen sei und auch die Abzugsbeschränkung für Gewinnminderungen umfasse. Danach hätte die Neuregelung lediglich deklaratorische Bedeutung gehabt. Diese Auffassung sei gut vertretbar gewesen, weil die reine Wortlautauslegung negative Wertentwicklungen in systemwidriger und unbilliger Weise gegenüber positiven Wertentwicklungen steuerlich begünstigt habe. Das schutzwürdige Vertrauen der Anleger trete gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der Systemwidrigkeit zurück.
(FG Münster, Mitteilung vom 15.08.2018 zu Urteil vom 20.06.2018 – 10 K 3981/16; BFH-Az.: I R 22/18)

Umsatzsteuer: BFH erleichtert für Unternehmen den Vorsteuerabzug aus Rechnungen

Eine Rechnung muss für den Vorsteuerabzug eine Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten, unter der er postalisch erreichbar ist. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat, ist es nicht mehr erforderlich, dass die Rechnung weitergehend einen Ort angibt, an dem der leistende Unternehmer seine Tätigkeit ausübt.

Bei der Umsatzsteuer setzt der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen anderer Unternehmer eine Rechnung voraus, die –neben anderen Erfordernissen– die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers angibt (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes).
Im ersten Fall (V R 25/15) erwarb der Kläger, ein Autohändler, Kraftfahrzeuge von einem Einzelunternehmer, der „im Onlinehandel“ tätig war, ohne dabei ein „Autohaus“ zu betreiben. Er erteilte dem Kläger Rechnungen, in denen er als seine Anschrift einen Ort angab, an dem er postalisch erreichbar war.
Im zweiten Fall (V R 28/16) bezog die Klägerin als Unternehmer in neun Einzellieferungen 200 Tonnen Stahlschrott von einer GmbH. In den Rechnungen war der Sitz der GmbH entsprechend der Handelsregistereintragung als Anschrift angegeben. Tatsächlich befanden sich dort die Räumlichkeiten einer Anwaltskanzlei. Die von der GmbH für die Korrespondenz genutzte Festnetz- und Faxnummer gehörten der Kanzlei, die als Domiziladresse für etwa 15 bis 20 Firmen diente. Ein Schreibtisch in der Kanzlei wurde gelegentlich von einem Mitarbeiter der GmbH genutzt.
Der BFH bejahte in beiden Fällen den Vorsteuerabzug mit ordnungsgemäßen Rechnungen. Für die Angabe der „vollständigen Anschrift“ des leistenden Unternehmers reiche die Angabe eines Ortes mit „postalischer Erreichbarkeit“ aus. Die Rechtsprechungsänderung beruht auf dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Geissel und Butin vom 15. November 2017 C 374/16 und C 375/16, EU:C:2017:867, das auf Vorlage durch den BFH ergangen ist.
Die Rechtsprechungsänderung ist für Unternehmer, die nach ihrer Geschäftstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, von großer Bedeutung. Die Frage, ob bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs ordnungsgemäße Rechnungen vorliegen, ist bei ihnen regelmäßig Streitpunkt in Außenprüfungen. Die neuen Urteile des BFH erleichtern die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 42 vom 1.8.2018 zu Urteilen vom 21.6.2018 – V R 25/15 und V R 28/16)

Keine Senkung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen

Die Bundesregierung plant keine Senkung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen, der seit 1982 unverändert sechs Prozent beträgt.

Wie es in der Antwort der Bundesregierung (19/3423) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/3091) heißt, orientiert sich der Rechnungszins als ertragsteuerliche Größe an der Eigenkapitalverzinsung und nicht am Fremdkapitalzins. Eine Absenkung des Rechnungszinses würde nur zu einem Einmaleffekt führen. Unternehmen würden zwar während der Rückstellungsphase entlastet. „In späteren Jahren müssten sie jedoch mehr Steuern bezahlen“, erklärt die Bundesregierung.
Eine Senkung des Zinssatzes von sechs auf fünf Prozent würde nach Angaben der Regierung zu steuerlichen Mindereinnahmen in Höhe von 11,4 Milliarden Euro führen. Bei einer Halbierung des Satzes käme es zu Ausfällen in Höhe von 40 Milliarden Euro.
(Deutscher Bundestag, hib-Meldung Nr. 555/2018 vom 30.07.2018)

Umsatzsteuer: EuGH-Vorlage zu Sportvereinen

Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen, die Sportvereine gegen gesondertes Entgelt erbringen. Er hat daher ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet.

Im Streitfall erbrachte der Kläger, ein Golfverein, verschiedene Leistungen gegen gesondert vereinbartes Entgelt. Dabei handelte es sich insbesondere um die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee), um die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten und um die Durchführung von Golfturnieren, bei denen der Kläger Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte. Das beklagte Finanzamt sah diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig an. Demgegenüber bejahte das Finanzgericht eine Steuerfreiheit, die sich zwar nicht aus dem nationalem Recht, aber aus dem Unionsrecht und dabei aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ergebe.
Hieran zweifelt der BFH. Aus der Rechtsprechung des EuGH (EuGH-Urteil British Film Institute vom 15. Februar 2017 C-592/15, EU:C:2017:117) könne abgeleitet werden, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL keine unmittelbare Wirkung zukomme, so dass sich Steuerpflichtige auf diese Bestimmung nicht berufen können, um sich gegen eine Steuerpflicht nach nationalem Recht zu wehren.
Sollte der EuGH eine unmittelbare Wirkung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL verneinen, würde dies zu einer Rechtsprechungsänderung führen. Denn der BFH hat in der Vergangenheit eine unmittelbare Wirkung und Berufbarkeit bejaht. Dies führte insbesondere zu einer aus dem Unionsrecht abgeleiteten Steuerfreiheit für die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee) und für die leihweise Überlassung von Golfbällen.
Nicht streitig ist in der nunmehr beim EuGH anhängigen Rechtssache, ob Golfvereine, die von ihren Mitgliedern Vereinsbeiträge erheben, auch insoweit steuerpflichtige Leistungen erbringen.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 41 vom 25.07.2018 zu Beschluss vom 21.6.2018 – V R 20/17)

Keine Grunderwerbsteuer auf Einbauküche und Markisen

Werden zusammen mit einer Immobilie gebrauchte bewegliche Gegenstände verkauft, wird hierfür keine Grunderwerbsteuer fällig. Dies gilt für Gegenstände die werthaltig sind, und wenn keine Anhaltspunkte für unrealistische Kaufpreise bestehen. Dies hat der 5. Senat des Finanzgerichts Köln entschieden.

Die Kläger hatten ein Einfamilienhaus für 392.500 Euro erworben und im notariellem Kaufvertrag vereinbart, dass von dem Kaufpreis 9.500 Euro auf die mitverkaufte Einbauküche und Markisen entfielen. Das Finanzamt erhob auch auf diesen Teilbetrag Grunderwerbsteuer, weil es den für die gebrauchten Gegenstände vereinbarten Preis für zu hoch hielt. Den Klägern sei es nur darum gegangen, die Grunderwerbsteuer zu sparen.
Hiergegen wehrten sich die Kläger erfolgreich vor dem Finanzgericht Köln. Der 5. Senat führt in seinem Urteil aus, dass die in einem Kaufvertrag gesondert vereinbarten Kaufpreise grundsätzlich der Besteuerung zu Grunde zu legen seien. Dies gelte jedenfalls solange keine Zweifel an der Angemessenheit der Preise bestünden. Das Finanzamt müsse nachweisen, dass für die beweglichen Gegenstände keine realistischen Verkaufswerte angesetzt worden seien. Insoweit handele es sich um steuerbegründende Umstände, für die das Finanzamt die Feststellungslast trage. Zur Ermittlung des Werts seien weder die amtlichen Abschreibungstabellen noch die auf Verkaufsplattformen für gebrauchte und ausgebaute Gegenstände geforderten Preise als Vergleichsmaßstab geeignet.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
(FG Köln, Pressemitteilung vom 20.07.2018 zu Urteil vom 08.11.2017 – 5 K 2938/16)

Werbungskosten für Homeoffice bei Vermietung an Arbeitgeber

Vermietet der Steuerpflichtige eine Einliegerwohnung als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke, kann er Werbungskosten nur geltend machen, wenn eine objektbezogene Prognose die erforderliche Überschusserzielungsabsicht belegt, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat.

Nach der BFH-Rechtsprechung wird bei der Vermietung zu gewerblichen Zwecken die Absicht des Steuerpflichtigen, auf Dauer einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erzielen zu wollen, nicht vermutet. Die zweckentfremdete Vermietung von Wohnraum an den Arbeitgeber zu dessen betrieblichen Zwecken hat der BFH nun erstmals als Vermietung zu gewerblichen Zwecken beurteilt. Er widerspricht insoweit der Auffassung der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Dezember 2005 IV C 3-S 2253-112/05, BStBl I 2006, 4)
Die Kläger sind Eigentümer eines Gebäudes, das sie im Obergeschoss selbst bewohnen. Eine Einliegerwohnung mit Büro, Besprechungsraum, Küche und Bad/WC im Erdgeschoss vermieteten sie als Homeoffice des Klägers für 476 Euro monatlich an dessen Arbeitgeber. Der Mietvertrag war zeitlich an den Arbeitsvertrag des Klägers und an die Weisung des Arbeitgebers gebunden, die Tätigkeit in diesen Büroräumen zu betreiben. Die Kläger machten aus der Vermietung einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 29.900 Euro geltend. Enthalten waren hierin Aufwendungen in Höhe von 25.780 Euro für die behindertengerechte Renovierung des Badezimmers mit Dusche und Badewanne. Das Finanzamt ließ die Renovierungskosten nicht zum Abzug zu. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage teilweise stattgegeben.
Demgegenüber hob der BFH das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Aufgrund der im Mietvertrag vereinbarten Nutzung handele es sich nicht um die Vermietung von Wohnraum, sondern (zweckentfremdet) um die Vermietung zu gewerblichen Zwecken, da die Räume dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Erfüllung von dessen betrieblichen Zwecken überlassen wurden und der Kläger hinsichtlich der Nutzung dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers unterlag. Zu berücksichtigen war dabei auch die Koppelung des Mietvertrages an das Bestehen des Dienstverhältnisses. Das FG muss nun noch feststellen, ob der Kläger einen Gesamtüberschuss erzielen konnte.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 43 vom 20.8.2018 zu Urteil vom 17.4.2018 – IX R 9/17)

Gesetzentwurf gegen Steuerbetrug beim Online-Handel

Das Bundeskabinett hat den vom Bundesministerium der Finanzen vorgelegten Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs beim Handel mit Waren im Internet beschlossen. Die Regelung ist Teil des Jahressteuergesetzes 2018. Ab Januar 2019 sollen Betreiber elektronischer Marktplätze bestimmte Daten ihrer Händler erfassen. Außerdem besteht für die Betreiber ein Haftungsrisiko für nicht entrichtete Umsatzsteuer aus dem Handel über ihre Plattform.

Die Digitalisierung verändert viele Lebensbereiche. Das gilt auch für den Handel, der immer stärker über digitale Plattformen abgewickelt wird. Aufgabe der Politik ist es dafür zu sorgen, dass zentrale staatliche Prinzipien trotz veränderter Bedingungen und neuer Möglichkeiten durchgesetzt werden. Das Bundeskabinett hat daher am 1. August 2018 auf Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz den Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs beim Handel mit Waren im Internet beschlossen.
Bereits ab Januar 2019 sollen alle Betreiber elektronischer Marktplätze dazu verpflichtet werden, bestimmte Daten der Verkäufer zu erfassen, um eine Prüfung der Steuerbehörden zu ermöglichen. Darüber hinaus können Betreiber für nicht entrichtete Umsatzsteuer aus dem Handel über ihre Plattform in Haftung genommen werden. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Steuergerechtigkeit in Deutschland, zur Sicherung staatlicher Einnahmen und zum Schutz von Unternehmen vor Wettbewerbsverzerrungen.
Vor allem in Drittländern ansässige Unternehmen, die in Deutschland steuerlich nicht registriert sind, verletzen auf elektronischen Marktplätzen häufig ihre hier bestehenden steuerlichen Pflichten. Insbesondere führen sie für ihre Umsätze, die sie in Deutschland aus den Verkäufen erzielen, keine Umsatzsteuer ab. Dadurch gehen Deutschland wichtige Steuereinnahmen verloren. Da die Bundesländer für die Kontrolle und Erhebung der Umsatzsteuer zuständig sind, ist eine enge Zusammenarbeit von zentraler Bedeutung. Deshalb haben Bund und Länder in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe eine nationale Regelung im Einklang mit EU-Recht erarbeitet. Die Bundesregierung geht damit entschlossen gegen den Umsatzsteuerbetrug im Onlinehandel vor. Der Gesetzentwurf umfasst zwei Kernelemente:
Alle Betreiber elektronischer Marktplätze sollen dazu verpflichtet werden, bestimmte Daten von Verkäufern zu erfassen, u. a. Name, vollständige Anschrift, Steuernummer, Versand- und Lieferadresse, Zeitpunkt und Höhe des Umsatzes.
Die Betreiber sollen für nicht entrichtete Steuern aus Lieferungen haften, die über den eigenen elektronischen Marktplatz rechtlich begründet wurden. Hiervon können sie sich befreien, wenn sie gewisse Aufzeichnungspflichten erfüllen oder steuerunehrliche Händler von ihrem Marktplatz ausschließen.
Das Gesetzgebungsverfahren soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, sodass die neue Regelung am 1. Januar 2019 in Kraft treten kann. Damit geht Deutschland entschlossen gegen den Steuerbetrug beim Online-Handel vor, noch bevor voraussichtlich im Jahr 2021 parallel erarbeitete europäische Maßnahmen wirksam werden können.
(BMF, Mitteilung vom 01.08.2018)

Ehe für Alle – Splittingtarif rückwirkend für alle Jahre seit 2001

Der 1. Senat des Finanzgerichts (FG) Hamburg hat der Klage eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares stattgegeben, das die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer begehrte, und zwar rückwirkend ab dem Jahr 2001.

Die Kläger hatten nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz) am 1. August 2001 im Jahr 2001 eine Lebenspartnerschaft begründet, die sie nach Inkrafttreten des Eheöffnungsgesetzes (EheöffnungsG) im November 2017 in eine Ehe umwandelten. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft nach der Umwandlung in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Partner maßgeblich. Weil die Zusammenveranlagung nach dem Splittingtarif in vielen Fällen zu einer Verringerung der Steuerlast führt, beantragten die Kläger, die für Eheleute vorgesehene Zusammenveranlagung nachträglich für alle Jahre seit Beginn ihrer Lebenspartnerschaft, also ab 2001. Weil beide Partner bis in das Jahr 2012 bereits mit bestandskräftigen Bescheiden jeweils einzeln zur Einkommensteuer veranlagt worden waren, lehnte das Finanzamt die – rückwirkende – Zusammenveranlagung ab.
Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Das EheöffnungsG bestimme in Art. 3 Abs. 2, dass nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Lebenspartner der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend sei. Nach der Umwandlung seien die Lebenspartner so zu stellen, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Das EheöffnungsG sei ein außersteuerliches Gesetz und damit grundsätzlich geeignet, ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung darzustellen, das eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide ab 2001 rechtfertige. Diese Rückwirkung sei direkt aus Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG herzuleiten. Die Bestandskraft sei kein derart tragendes Prinzip des Rechts, dass eine Änderung bestandskräftiger Bescheide infolge einer Gesetzesänderung in jedem Fall einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung der Rückwirkung bedürfe.
Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Hamburg, Pressemitteilung vom 20.08.2018 zu Urteil vom 31.07.2018 – 1 K 92/18)