Keine Ein-Prozent-Regelung für sogenannte Werkstattwagen

Bevor wir hier die frohe Botschaft von einer positiven Entscheidung des Bundesfinanzhofs mit Ross und Reiter benennen, gilt es zunächst zu klären, was denn ein Werkstattwagen ist. Darunter versteht man die typischen Handwerkerwagen, die mehr Laderaum als Sitze haben und nach ihrer ganzen Ausstattung mehr dazu geeignet sind, Güter und Werkzeug zu transportieren, als dass eine Privatnutzung sinnvoll erschiene. Ein Opel Combo oder andere Kastenwagen wie ein VW-Transporter T4 mit Ladefläche sind hier typische Beispiele, um nur zwei zu nennen. Gerne würde der Fiskus für solche Werkstattwagen einen Privatanteil ansetzen – er ist nun jedoch zum wiederholten Male vom Bundesfinanzhof ausgebremst worden.

So führten die Richter in ihrer Entscheidung vom 17.02.2016 unter dem Aktenzeichen X R 32/11 wie folgt aus: Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit einem Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen, wenn nicht nach Satz 3 der oben genannten einkommensteuerlichen Vorschrift ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorliegt.

Soweit der Grundsatz, wovon es jedoch Ausnahmen gibt, die der Fiskus gerne übersieht.

Ausgenommen sind nämlich Kraftfahrzeuge, für die der Erfahrungssatz, sie würden typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt werden, nicht gilt. Mit anderen Worten, wenn man annehmen kann, dass der Wagen privat nicht genutzt wird, kann die Ein-Prozent-Regelung außen vor bleiben. Das betrifft namentlich Lastkraftwagen und Zugmaschinen, wobei allerdings nicht die Klassifizierung des Kfz-Steuerrechts und des Straßenverkehrsrechts maßgebend ist. Maßgebend ist, ob das betreffende Fahrzeug aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und Einrichtung typischerweise so gut wie ausschließlich zur Beförderung von Gütern bestimmt ist, da derartige Fahrzeuge allenfalls gelegentlich und ausnahmsweise auch für private Zwecke eingesetzt werden. Da der typische Werkstattwagen darunter fällt, muss ohne den konkreten Gegenbeweis einer privaten Nutzung auch ohne Fahrtenbuch keine Ein-Prozent-Methode durchgeführt werden.

Insoweit beruft sich der aktuell erkennende 10. Senat des obersten deutschen Finanzgerichts auf eine schon ältere Entscheidung aus dem Jahr 2008. Seinerzeit hatte nämlich bereits der 6. Senat mit Urteil vom 18.12.2008 unter dem Aktenzeichen VI R 34/07 klargestellt, dass ein Fahrzeug, das aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und Einrichtung typischerweise so gut wie ausschließlich nur zur Beförderung von Gütern bestimmt ist, nicht der Ein-Prozent-Regelung unterliegt. Damit meinte das Gericht auch den sogenannten Werkstattwagen.

Folglich gilt bei dem typischen Werkstattwagen ein anderer Grundsatz. Nämlich der, dass hier im Normalfall eben keine Ein-Prozent-Regelung anzusetzen ist, auch wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch für den Werkstattwagen nicht gegeben ist.

Aber Vorsicht: Eine generelle Befreiung von der Ein-Prozent-Regelung ist damit nicht gegeben. Wenn der Fiskus die Privatnutzung des Werkstattwagens nachweisen kann, dann muss auch hier ein Privatanteil versteuert werden. Dies kann dann über das Fahrtenbuch funktionieren oder in Ermangelung eines solchen mittels Ein-Prozent-Regelung. Insoweit sind die Feststellungen im individuellen Einzelfall maßgebend. In diesem Zusammenhang haben die Richter des Bundesfinanzhofs aber auch bereits in 2008 klargestellt, dass die Feststellungslast, ob der Werkstattwagen auch privat genutzt wird, beim Finanzamt liegt. Dieses kann sich nicht auf den sogenannten Beweis des ersten Anscheins berufen, sondern muss Konkretes für den Beweis der Privatnutzung liefern. Insbesondere darf es grundsätzlich nicht verlangen, dass die rein betriebliche Nutzung des Werkstattwagens vom Unternehmer nachzuweisen ist.