Konkludenter Antrag auf Ist-Besteuerung reicht aus

Für Unternehmer gilt in der Umsatzsteuer regelmäßig die Soll-Besteuerung statt der Ist-Besteuerung. Dies bedeutet, dass die Umsätze nach vereinbarten Entgelten besteuert werden. In der Folge muss der Unternehmer die Umsatzsteuer bereits dann an das Finanzamt abführen, wenn die Leistung ausgeführt ist. Der Zahlungszeitpunkt seiner Kunden ist hingegen vollkommen irrelevant, weshalb es für den Unternehmer regelmäßig zu einer Vorfinanzierung der Umsatzsteuer kommt. Im Zeitpunkt der Leistungsausführung muss er die Umsatzsteuer bereits an das Finanzamt entrichten, ohne jedoch bis zu diesem Zeitpunkt Geld von seinen Kunden erhalten zu haben.

Da diese Soll-Besteuerung unter dem Strich immer mit dem Problem der Vorfinanzierung verbunden ist, hat der Gesetzgeber in bestimmten Fällen auch vorgesehen, dass eine Ist-Besteuerung möglich ist. Das Finanzamt kann insoweit dem Unternehmer auf Antrag gestatten, die Steuer nicht nach vereinbarten Entgelten, sondern nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen. In diesem Fall spricht man dann von der Ist-Besteuerung, weil die Steuer erst dann an das Finanzamt abgeführt werden muss, wenn der Kunde auch bezahlt hat. (Die Eselsbrücke dabei: Die Umsatzsteuer muss erst und nur soweit abgeführt werden, wie das Geld schon da IST.) Möglich ist ein solcher Antrag auf Ist-Versteuerung immer dann, wenn…

  • …der Gesamtumsatz des Unternehmens im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 Euro betragen hat oder
  • …der Unternehmer aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen von der Verpflichtung, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, befreit ist, oder
  • … Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs (Steuerberater, Rechtsanwälte, etc.) im Sinne des Einkommensteuergesetzes erzielt werden.

Sofern eine dieser Voraussetzung gegeben ist, muss die Ist-Besteuerung nur noch beantragt werden, und das Problem der Umsatzsteuer-Vorfinanzierung ist aus der Welt.

In einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. August 2015 unter dem Aktenzeichen V R 47/14 ging es darum, ob ein solcher Antrag auch ausdrücklich gestellt werden muss. Erfreulicherweise hat der Bundesfinanzhof dies verneint. Nach der aktuellen Entscheidung gilt: Ein Antrag auf Ist-Besteuerung kann auch konkludent gestellt werden. Einen solchen konkludenten Antrag sieht der Bundesfinanzhof bereits als gegeben, wenn aus der Steuererklärung deutlich erkennbar zu entnehmen ist, dass die Umsätze auf Grundlage vereinnahmter Entgelte, also aufgrund der Ist-Besteuerung, erklärt worden sind. Dies ist bereits deutlich genug erkennbar, wenn das Finanzamt auf die eingereichte Einnahmenüberschussrechnung zurückgreifen kann und mittels Abgleich der jeweiligen Kosten so problemlos festzustellen vermag, ob im Bereich der Umsatzsteuer die Soll-Besteuerung oder die Ist-Besteuerung angewendet wurde.

Erfreulicherweise führt der Bundesfinanzhof dann weiter aus, dass dies als konkludenter Antrag auf Anwendung der Ist-Besteuerung ausreicht. Zudem sagen die obersten Finanzrichter der Republik: Hat ein Steuerpflichtiger einen hinreichend deutlichen Antrag auf Genehmigung der Ist-Besteuerung an das Finanzamt gestellt, hat die antragsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist.

Mit einfachen Worten gilt daher: Wenn Sie Ihre Erklärung nach vereinnahmten Entgelten anfertigen und abgeben, und das Finanzamt widerspricht nicht, haben Sie damit Ihren konkludenten Antrag auf Ist-Besteuerung genehmigt bekommen.

Steuertip Istversteuerung