Stückzinsen nach Einführung der Abgeltungsteuer

Stückzinsen sind nach Einführung der Abgeltungsteuer ab dem Veranlagungszeitraum 2009 als Teil des Gewinns aus der Veräußerung einer sonstigen Kapitalforderung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig. Dies gilt auch, wenn die veräußerte Kapitalforderung vor dem 1. Januar 2009 erworben wurde. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteilen zu § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 (nunmehr § 52 Abs. 28 Satz 16, Halbsatz 2 EStG) entschieden.

Stückzinsen sind das vom Erwerber an den Veräußerer der Kapitalforderung gezahlte Entgelt für die auf den Zeitraum bis zur Veräußerung entfallenden Zinsen des laufenden Zinszahlungszeitraums. Im Streitfall VIII R 31/15 vereinnahmte die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, im Streitjahr 2009 bei der Veräußerung einer Kapitalforderung offen ausgewiesene Stückzinsen. Sie hatte die veräußerte Kapitalforderung vor dem 1. Januar 2009 erworben. Die Klägerin war der Auffassung, die Stückzinsen seien aufgrund der Übergangsregelung in § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG i.d.F. JStG 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I 2008, 2794) nicht steuerbar. Die erst durch das JStG 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768) eingeführte Regelung in § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG, nach der Stückzinsen, die nach dem 31. Dezember 2008 zufließen, der Besteuerung unterliegen, führe zu einer verfassungswidrigen echten Rückwirkung. Der BFH trat dem entgegen. Nach seinem Urteil ist § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010 keine verfassungswidrige rückwirkende, sondern eine verfassungsgemäße klarstellende Regelung.

Der BFH ordnet Stückzinsen, die nach dem 31. Dezember 2008 zufließen, als Teil des Gewinns aus der Veräußerung einer Kapitalforderung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ein. Die spätere Festschreibung der Steuerpflicht der Stückzinsen durch das JStG 2010 habe lediglich die bestehende Rechtslage klargestellt. Die Stückzinsen seien bis zum Ende des Veranlagungszeitraums 2008 und auch ohne die Regelung in § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG i.d.F. JStG 2010 nach Einführung der Abgeltungsteuer und damit ab dem Veranlagungszeitraum 2009 steuerpflichtige Kapitaleinkünfte gewesen.

Im Fall VIII R 22/15 war die Steuerpflicht von Stückzinsen im Streitjahr 2010 streitig, die vor der Einführung des § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG durch das JStG 2010 vereinnahmt worden waren. Der BFH sieht in der Neuregelung für diesen Veranlagungszeitraum ebenfalls keine verfassungswirkende rückwirkende, sondern eine verfassungsgemäße Vorschrift, die die bestehende Rechtslage klarstellt.

(BFH, Pressemitteilung Nr. 57 vom 12.12.2019 zu Urteil vom 7.5.2019 – VIII R 22/15)

Abzinsung von Verbindlichkeiten im Jahr 2010 noch verfassungsgemäß

Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht die Verpflichtung, unverzinsliche Betriebsschulden mit 5,5 % abzuzinsen, für Wirtschaftsjahre bis einschließlich 2010 als verfassungsgemäß an. Mit Urteil vom 22.05.2019 – X R 19/17 hat er zudem einer nachträglich vereinbarten Verzinsung die steuerliche Anerkennung versagt.

Die Klägerin erhielt im Jahr 2010 für ihren Gewerbebetrieb von einem Bekannten ein langfristiges und zunächst nicht zu verzinsendes Darlehen über ca. 250.000 Euro. Während einer Außenprüfung, in der es um eine bilanzielle Gewinnerhöhung aufgrund der fehlenden Verzinsung ging, legten die Vertragspartner eine ab dem 01.01.2012 beginnende Verzinsung von jährlich 2 % fest. Später hoben sie den ursprünglichen Darlehensvertrag auf und vereinbarten rückwirkend ab 2010 eine Darlehensgewährung zu 1 % Zins. Das Finanzgericht (FG), das das Darlehen steuerlich dem Grunde nach anerkannte, ließ die nachträglich getroffenen Verzinsungsabreden bilanziell unberücksichtigt, so dass sich für das Streitjahr ein einkommen- und gewerbesteuerpflichtiger Abzinsungsgewinn ergab.

Der BFH bestätigte im Revisionsverfahren insoweit die Entscheidung der Vorinstanz. Durch das Abzinsungsgebot für unverzinsliche Verbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) werde steuerlich berücksichtigt, dass eine erst in Zukunft zu erfüllende Verpflichtung weniger belaste als eine sofortige Leistungspflicht und mangels Gegenleistung für den Zahlungsaufschub nicht mit dem Nenn-, sondern dem geringeren Barwert zu passivieren sei. Zeitlich nach dem jeweiligen Bilanzstichtag getroffene Zinsabreden könnten – selbst wenn sie zivilrechtlich rückwirkend erfolgten – wegen des bilanzsteuerrechtlichen Stichtagsprinzips sowie des allgemeinen steuerlichen Rückwirkungsverbots erst für künftige Wirtschaftsjahre berücksichtigt werden.

Die von den Klägern gerügte Verfassungswidrigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG teilte der BFH für das Streitjahr nicht. Jedenfalls im Jahr 2010 habe sich das niedrigere Marktzinsniveau noch nicht derart strukturell verfestigt, dass es dem Gesetzgeber nicht noch zuzubilligen gewesen wäre, aus Vereinfachungsgründen an dem statischen Abzinsungssatz von 5,5 % festzuhalten. Der vergleichsweise heranzuziehende Zins am Fremdkapitalmarkt habe Ende des Jahres 2010 noch knapp unter 4 % gelegen.

Der BFH konnte in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden und hat daher den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen. Zu einem weiteren, von einem Schwager der Klägerin gewährten Darlehen hat das FG im zweiten Rechtsgang festzustellen, ob dieses im Hinblick auf die Anforderungen an Angehörigenverträge überhaupt dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist.

(BFH, Pressemitteilung Nr. 65 vom 10.10.2019 zu Urteil vom 22.5.2019 – X R 19/17)

Geforderte Fristverlängerung bei der Umstellung von Registrierkassen kommt

Nach einer bundesgesetzlichen Regelung müssen ab 1. Januar 2020 alle Registrierkassen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung geschützt werden, die bis zum Beginn des neuen Jahres aber voraussichtlich noch nicht flächendeckend am Markt verfügbar sein wird.

Deswegen war zuletzt bei vielen Betroffenen Unsicherheit entstanden. „Das bayerische Finanzministerium hat sich seit längerem dafür stark gemacht, diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen und den Betrieben eine möglichst lange Frist zu gewähren“, erklärte Finanzminister Albert Füracker. „Niemand kann Unmögliches leisten. Die Übergangsfrist mindestens bis zum 30. September 2020 war dringend notwendig, um Klarheit für unsere Gastwirte und alle anderen bargeldintensiven Betriebe zu schaffen.“ Diese Frist hatten auch die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft gefordert.

Die Neuregelung im Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (Kassengesetz) dient dem Zweck, Kassenbuchungen zu sichern und damit eine verlässliche Grundlage für eine gleichmäßige Besteuerung zu schaffen. Sie betrifft alle Betriebe, die ihre Bargeldeinnahmen mittels einer elektronischen Registrierkasse aufzeichnen. Mit einem Beschluss auf Bund-Länder-Ebene hat sich die Finanzverwaltung nun auf eine zeitlich befristete Nichtbeanstandungsregelung bis 30. September 2020 verständigt.

Nunmehr muss mit Nachdruck daran gearbeitet werden, die technischen Sicherheitseinrichtungen schnellstmöglich auf den Markt zu bringen. „Wir werden die Entwicklung genau beobachten und uns auch weiterhin für eine wirksame und gleichzeitig praktikable Handhabung einsetzen“, so der Finanzminister abschließend.

(Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Pressemitteilung vom 25.09.2019)

Fahrten von Profisportlern im Mannschaftsbus können Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit sein

Profi-Sportmannschaften reisen zu Auswärtsterminen regelmäßig in Mannschaftsbussen an. Das FG Düsseldorf hat entschieden, dass die Fahrzeiten im Mannschaftsbus zur Arbeitszeit der Sportler und Betreuer gehören können. Zahlt ihr Arbeitgeber für die Beförderungszeiten einen Zuschlag für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, ist dieser steuerfrei.

Die Klägerin ist eine Profi-Sportmannschaft. Die bei ihr angestellten Spieler und Betreuer sind arbeitsvertraglich verpflichtet, zu auswärts stattfindenden Terminen im Mannschaftsbus anzureisen. Eine individuelle Anreise ist ihnen nicht erlaubt. Die Klägerin zahlte ihren Arbeitnehmern Zuschläge zu Sonntags-, Feiertags- und Nacharbeit steuerfrei aus.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Lohnzuschlag für das rein passive Verhalten der Arbeitnehmer während der Fahrt im Mannschaftsbus steuerpflichtig sei. Die Beförderungszeiten seien nicht mit einer belastenden Tätigkeit der Arbeitnehmer verbunden. Die Klägerin wurde zur Nachzahlung von Lohnsteuer aufgefordert.

Dagegen hat sich die Klägerin erfolgreich zur Wehr gesetzt. Das Finanzgericht Düsseldorf hat ihrer Klage stattgegeben und eine Steuerfreiheit der ausgezahlten Lohnzuschläge bejaht. Die Anwendung der einschlägigen Steuerbefreiungsvorschrift setze eine tatsächlich geleistete Arbeit an einem Sonntag, Feiertag oder zur Nachtzeit voraus. Hierfür sei lediglich eine vergütungspflichtige Arbeitszeit erforderlich. Das passive Verhalten der Spieler und Betreuer während der Beförderung im Mannschaftsbus erfülle diese Voraussetzung. Sie seien arbeitsvertraglich zur Teilnahme an den Fahrten verpflichtet; hierfür hätten sie Zuschläge von der Klägerin erhalten.

(FG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 05.09.2019 zu Urteil vom 11.07.2019 – 14 K 1653/17; BFH-Az.: VI R 28/19)

Umsatzsteuerpflicht für Gutachtertätigkeit im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zweifelhaft

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel, ob die nach nationalem Recht bestehende Umsatzsteuerpflicht für Gutachten, die eine Krankenschwester zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit im Auftrag des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK) erbringt, mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Er hat daher den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung gebeten.

Im Streitfall erstellte die Klägerin, eine Krankenschwester mit medizinischer Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in Pflege-Qualitätsmanagement, für den MDK Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Nach Auffassung des Finanzamts ist diese Tätigkeit weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei.
Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie) sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden, steuerfrei.
Da die Leistungsgewährung der Pflegekasse zur Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit gehört und die Leistung der Klägerin der Vorbereitung dieser Leistungsgewährung dient, will der BFH mit dem Vorabentscheidungsersuchen zunächst klären lassen, ob die Gutachtertätigkeit ein eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundener Umsatz ist, auch wenn sie nicht gegenüber dem Hilfsbedürftigen, sondern an eine Person erbracht wird, die sie benötigt, um seine eigene Leistung an den Patienten oder Hilfsbedürftigen zu erbringen. Ist dies zu bejahen, wird weiter zu klären sein, welche Anforderungen an die unternehmerbezogene Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter zu stellen sind, die der BFH nach der Richtlinie als für die Steuerfreiheit erforderlich ansieht. Diese könnte aus der Stellung als Subunternehmer, aus einer pauschalen Übernahme der Kosten durch Kranken- und Pflegekassen oder aus Vertragsbeziehungen abzuleiten sein.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 56 vom 5.9.2019 zu Beschluss vom 10.4.2019 – XI R 11/17)

Keine verdeckte Gewinnausschüttung bei Nebeneinander von Pensionszahlungen und Geschäftsführervergütung

Der 10. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass Pensionszahlungen an einen beherrschenden Gesellschafter, der daneben als Geschäftsführer tätig ist und hierfür ein Gehalt bezieht, nicht zwingend eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) darstellen.

Der Alleingesellschafter der Klägerin, einer GmbH, war bis zum Jahr 2010 zu deren Geschäftsführer bestellt. Nach seiner Abberufung aus Altersgründen erhielt der Alleingesellschafter auf der Grundlage einer Pensionszusage von der Klägerin monatliche Pensionszahlungen. Im Jahr 2011 wurde der Alleingesellschafter erneut zum Geschäftsführer bestellt. Als Vergütung erhielt er monatliche Zahlungen, die weniger als 10 % seiner früheren Geschäftsführervergütung betrugen. Die Pension zahlte die Klägerin ebenfalls weiter. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Pensionszahlungen als vGA zu qualifizieren seien und änderte den Körperschaftsteuerbescheid entsprechend. Im Rahmen ihrer hiergegen erhobenen Klage machte die Klägerin u.a. geltend, dass die Wiedereinstellung ihres Gesellschafters als Geschäftsführer aus betrieblichen Gründen erfolgt sei. Die Tätigkeit seiner Nachfolgerin als Geschäftsführerin habe zu Konflikten mit den Auftraggebern geführt und es habe die Gefahr des Verlustes von Aufträgen bestanden.
Der 10. Senat hat der Klage stattgegeben. Die gleichzeitige Zahlung des Geschäftsführergehaltes und der Pension führe nicht zu einer vGA. Zwar vertrete der Bundesfinanzhof die Auffassung, dass der eigentliche Zweck einer Pensionszusage verfehlt werde, wenn bei fortbestehender entgeltlicher Geschäftsführeranstellung Altersbezüge geleistet würden. Im Streitfall sei aber dennoch der Fremdvergleich als gewahrt anzusehen und die Zahlung des Geschäftsführergehaltes neben den Pensionsleistungen nicht als gesellschaftlich veranlasste Vorteilszuwendung einzuordnen. Bei Beginn der Pensionszahlung sei die Wiedereinstellung des Alleingesellschafters noch nicht beabsichtigt gewesen. Die erneute Geschäftsführertätigkeit sei allein im Interesse der Klägerin erfolgt.
Das vereinbarte neue Geschäftsführergehalt habe letztlich nur Anerkennungscharakter und sei kein vollwertiges Gehalt, da Gehalt und Pension in der Summe nur ca. 26 % der vorherigen Gesamtbezüge betragen hätten. Auch fremde Dritte hätten eine Anstellung zu einem geringen Gehalt zusätzlich zur Zahlung der Pensionsbezüge vereinbart.
(FG Münster, Pressemitteilung vom 02.09.2019 zu Urteil vom 25.07.2019 – 10 K 1583/19; BFH-Az.: I R 41/19)

Riesterrente: Rückforderung von Altersvorsorgezulagen vom Zulageempfänger

Ist ein Altersvorsorgevertrag über eine sog. Riesterrente vom Anbieter abgewickelt worden, kann die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) rechtsgrundlos geleistete Zulagebeträge vom Zulageempfänger zurückfordern. Nach dem zu § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) ergangenen Urteil des Bundesfinanzhof s(BFH) kommt es auf ein Verschulden des Zulageempfängers nicht an.

Im Streitfall hatte die Klägerin bei einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen. Aufgrund der Angabe des Anbieters, die Klägerin sei unmittelbar zulageberechtigt, zahlte die ZfA jährlich Zulagebeträge, die der Anbieter dem Konto der Klägerin gutschrieb. Nach Beendigung des Altersvorsorgevertrages stellte die ZfA im Rahmen einer Überprüfung die fehlende Zulageberechtigung der Klägerin für drei Beitragsjahre fest und forderte die insoweit gewährten Altersvorsorgezulagen von ihr zurück. Den Einwand der Klägerin, sie treffe kein Verschulden, da die unzutreffenden Zulageanträge von ihrem Anbieter herrührten und die ZfA die Auszahlungen ohne inhaltliche Prüfung vorgenommen habe, ließ das FG nicht gelten. Es war vielmehr der Ansicht, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin auf Rückzahlung lägen vor.
Der BFH hat die Vorentscheidung bestätigt. § 37 Abs. 2 AO über die Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Leistungen sei auch bei Altersvorsorgezulagen anzuwenden, da speziellere Regelungen – jedenfalls nach der bis zum 31.12.2017 geltenden Rechtslage – nicht eingriffen. Insbesondere komme eine Rückforderung über den Anbieter (vgl. § 90 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes) nicht in Betracht, da das Konto der Klägerin beim Anbieter infolge der Beendigung des Altersvorsorgevertrages nicht mehr existiert habe und damit auch nicht mehr belastet werden konnte. Ob die Klägerin oder – wie sie behaupte – ihr Anbieter die fehlerhafte Mitteilung über die Zulageberechtigung zu vertreten habe, sei für § 37 Abs. 2 AO unerheblich, da die Vorschrift kein Verschulden voraussetze. Der Umstand, dass die ZfA über mehrere Jahre hinweg eine Auszahlung von Zulagen allein aufgrund der ihr vom Anbieter übermittelten Daten veranlasst und erst nachträglich eine Prüfung der Zulageberechtigung der Klägerin vorgenommen habe, führe auch nicht zur Verwirkung des Rückforderungsanspruchs. Denn dieser Geschehensablauf entspreche in typischer Weise der gesetzlichen Ausgestaltung des Zulageverfahrens. Die Klägerin sei daher in ihrem Vertrauen auf das Behaltendürfen der unberechtigt erhaltenen Zulagen nicht schutzwürdig.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 55 vom 29.8.2019 zu Urteil vom 9.7.2019 – X R 35/17)

Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, allerdings ohne Kostenübernahme für ein Alten- oder Pflegeheim

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, der mit seinen Eltern eine sog. „Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen“ vereinbart, aber die Übernahme von Kosten für ein Alten- oder Pflegeheim ausschließt, keinen vollen Sonderausgabenabzug für die zugesagten Versorgungsleistungen erhalten kann, weil die Leistungen in einem solchen Fall nicht als sog. dauernde Last (= voller Sonderausgabenabzug), sondern nur als Rente (= Sonderausgabenabzug nur in Höhe des Ertragsanteils) qualifiziert werden können.

Mit notariellem Hofübergabevertrag vom 16. Dezember 1998 übernahm der Kläger zum 31. Dezember 1998 den elterlichen Weinbaubetrieb (Rheinhessen). In dem Vertrag verpflichtete er sich, seinen Eltern beginnend ab dem 1. Januar 1999 einen Beitrag zu deren Lebensunterhalt in Höhe von 6.000 DM (3.067,75 Euro) monatlich als „dauernde Last“ zu zahlen. Für den Fall einer Änderung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Klägers und/oder des Unterhaltsbedarfs der Eltern wurde zwar eine Anpassung der Zahlung vorgesehen. Ein Mehrbedarf wegen des Verlassens ihrer Wohnung, z. B. wegen einer Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim, wurde allerdings ausdrücklich ausgeschlossen. In seinen Einkommensteuererklärungen machte der Kläger die Zahlungen an seine Eltern als dauernde Last geltend, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a) Satz 1 EStG in voller Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Dies wurde vom beklagten Finanzamt bis zum Streitjahr 2007 nicht beanstandet. Im Einkommensteuerbescheid für 2007 beschränkte das Finanzamt den Sonderausgabenabzug der Zahlungen erstmals auf 20 % (= 7.363 Euro), weil es die Zahlungen als Leibrente qualifizierte, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a) Satz 2 EStG nur mit dem Ertragsanteil abzugsfähig sind. Einspruch und Klage des Klägers blieben erfolglos.

Auch das FG sah in den Zahlungen nur eine Leibrente, weil die Versorgungsleistungen nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht in dem für eine dauernde Last erforderlichen Umfang hätten abgeändert werden können. Im Vertrag sei der durch den Auszug aus der eigenen Wohnung bedingte finanzielle Mehrbedarf ausdrücklich ausgeschlossen worden, also insbesondere der im Alter häufig vorkommende Fall, dass die Aufnahme in ein Alten- oder Pflegeheim finanziert werden müsse. Die auf diese Weise eingeschränkte Änderungsmöglichkeit führe dazu, dass die Leistungen nicht (mehr) als dauernde Last, sondern nur als Leibrente zu qualifizieren seien. Das FG ließ die (beim Bundesfinanzhof einzulegende) Revision gegen das Urteil zu, weil höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob eine „Abänderbarkeit“ der Versorgungsleistung auch dann (noch) angenommen werden kann, wenn ein Mehrbedarf wegen außerhäuslicher Pflege ausgeschlossen ist.

(FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 28.08.2019 zu Urteil vom 30.07.2019 – 5 K 2332/17)

Kapitalabfindung von Kleinbetragsrenten aus Altersvorsorgeverträgen: Anwendung des ermäßigten Steuersatzes

Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten erfordert zusätzlich die Außerordentlichkeit dieser Einkünfte. Das geht aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) hervor.

Hierfür sei im Falle der Kapitalisierung von Altersbezügen entscheidend, dass eine solche Zusammenballung der Einkünfte in dem betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich nicht dem typischen Ablauf entspreche. Ob darüber hinaus in dem konkreten Vertrag die Möglichkeit einer Kapitalabfindung bereits von Anfang an vorgesehen gewesen sei oder nicht, habe demgegenüber nur indizielle Bedeutung, so die Richter.

Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Kapitalabfindungen von Kleinbetragsrenten aus Altersvorsorgeverträgen könne in der Zeit vor dem Inkrafttreten des § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG nicht allein mit der Begründung verneint werden, eine solche Kapitalisierungsmöglichkeit sei in dem betreffenden Altersvorsorgevertrag von Anfang an vorgesehen gewesen, erklärten sie weiter.

(BFH, Urteil vom 11.6.2019 – X R 7/18)

Vermietung und Verpachtung: Umschuldung eines Fremdwährungsdarlehens

Nimmt der Steuerpflichtige ein Darlehen auf, um ein Fremdwährungsdarlehen abzulösen, welches er zur Anschaffung eines Vermietungsobjekts verwendet hat, sind die Schuldzinsen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen, soweit das Darlehen zur Bezahlung des bei der Umschuldung realisierten Währungskursverlusts verwendet worden ist. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit jetzt veröffentlichtem Urteil entschieden.

Im entschiedenen Fall war streitig, in welcher Höhe Schuldzinsen bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können.

Der Kläger erwarb 2002 eine Eigentumswohnung und zog selbst ein. Die Anschaffungskosten (54.000 Euro) finanzierte er mit Bankkredit. Im Jahr 2005 erwarb er im selben Haus eine weitere Wohnung für Kaufpreis: 56.500 Euro. Der Kläger nahm bei der A-Bank ein Darlehen in Schweizer Franken (CHF) bis zum Gegenwert von 105.000 Euro auf und verwendete das Darlehen (nach Umtausch in Euro) dazu, die 2002 erworbene Eigentumswohnung umzuschulden und den Kaufpreis für die 2005 erworbene Eigentumswohnung zu entrichten. Auch die hinzu erworbene Wohnung nutzten die Kläger zu eigenen Wohnzwecken.

Im Jahr 2011 schuldete der Kläger das Fremdwährungsdarlehen um. Wegen der Währungskursentwicklung (CHF/EUR) hatte sich die Rückzahlungsverpflichtung (in Euro) auf 139.309,58 Euro erhöht. Der Kläger nahm deshalb ein Darlehen bei einer Bausparkasse über 139.000 Euro auf und verwendete die Valuta dazu, um Schweizer Franken zu erwerben und das Fremdwährungsdarlehen zurückzuzahlen. Im Streitjahr 2014 zahlte der Kläger auf das Darlehen bei der Bausparkasse Zinsen in Höhe von 6.672 Euro.

Im Frühjahr 2013 zog der Kläger um. Seitdem vermietet er die 2002 und 2005 erworbenen Wohnungen.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2014 machte der Kläger u.a. die Zinsaufwendungen aus dem Darlehen der Bausparkasse als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus der Vermietung der zwei Wohnungen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Zinsen nur anteilig (Umschuldung von Anschaffungskosten 105.000 Euro, Währungsverlust 34.000 Euro) und wies den Einspruch der Kläger zurück. Schuldzinsen, die mit dem Währungsverlust in Zusammenhang stünden, seien nicht abziehbar.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Der BFH wies die Revision gegen das erstinstanzliche Urteil als unbegründet zurück. Das angefochtene Urteil lasse keine Rechtsfehler erkennen, erklärten die Richter.

(BFH, Urteil vom 12.3.2019 – IX R 36/17)