Im vorläufigen Insolvenzverfahren unter Eigenverwaltung entstandene Umsatzsteuer ist keine Masseverbindlichkeit

Der 15. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass das Finanzamt die während des vorläufigen Insolvenzverfahrens unter Eigenverwaltung entstandene Umsatzsteuer nicht als Masseverbindlichkeit gegenüber dem späteren Insolvenzverwalter festsetzen darf.

Der Kläger war zum vorläufigen Sachwalter über das Vermögen einer GmbH bestellt worden, nachdem diese die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung beantragt hatte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde er zum Insolvenzverwalter bestellt und focht im vorläufigen Insolvenzverfahren von der GmbH geleistete Umsatzsteuerzahlungen an, was zu einer Erstattung der Beträge führte. Diese Beträge setzte das Finanzamt nunmehr gegenüber dem Kläger als Masseverbindlichkeit fest, meldete sie aber zugleich als Insolvenzforderung an. Der Kläger wandte sich gegen die Festsetzung mit der Begründung, dass es sich nicht um Masseverbindlichkeiten handele.
Das Gericht gab der Klage vollumfänglich statt. Das Finanzamt habe die im vorläufigen Insolvenzverfahren unter Eigenverwaltung entstandenen Umsatzsteuern nicht als Masseverbindlichkeiten gegenüber dem späteren Insolvenzverwalter festsetzen dürfen, da es sich lediglich um Insolvenzforderungen handele. Durch die erfolgreiche Insolvenzanfechtung lebe die ursprünglich erloschene Steuerforderung zwar wieder auf; sie könne jedoch nicht als Masseverbindlichkeit qualifiziert werden.
Zunächst sei nicht davon auszugehen, dass im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung ausschließlich Masseverbindlichkeiten begründet werden können, da ansonsten die Insolvenzmasse zulasten aller Gläubiger aufgezehrt werden würde. Es handele sich auch nicht um eine von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit dessen Zustimmung begründete Verbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 2 bzw. Abs. 4 InsO, weil bei der vorläufigen Eigenverwaltung gerade kein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt werde. Diese Vorschriften seien auch nicht analog anzuwenden, weil einem vorläufigen Sachwalter – im Gegensatz zum vorläufigen Insolvenzverwalter – keine insolvenzspezifischen Befugnisse zugewiesen seien und der Gesetzgeber diese unterschiedliche Rechtsstellung bewusst eingeführt habe.
Aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folge kein Gebot, den vorläufigen Sachwalter mit einem vorläufigen Insolvenzverwalter gleichzustellen. Vielmehr habe der Gesetzgeber durch die Einräumung der Möglichkeit einer vorläufigen Eigenverwaltung das Ziel verfolgt, Schuldnern den Zugang zu diesem Verfahren zu erleichtern und durch Erhaltung ihrer Verfügungsbefugnisse das Vertrauen ihrer Geschäftspartner zu sichern. Auch das Unionsrecht gebiete keine derartige Gleichstellung. Da die vorläufige Eigenverwaltung von einer Entscheidung des Insolvenzgerichts abhinge, handele es sich nicht um eine für eine europarechtswidrige Beihilfe erforderliche selektive Vorteilsgewährung. Ein Wettbewerbsvorteil ergebe sich ebenfalls nicht, weil die Umsatzsteuer unabhängig davon einen durchlaufenden Posten darstelle, ob sie als Masseverbindlichkeit oder als Insolvenzforderung qualifiziert wird.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Münster, Mitteilung vom 15.04.2019 zu Urteil vom 12.03.2019 – 15 K 1535/18)

Steuern und Sozialabgaben auf Arbeitseinkommen sind in Deutschland leicht gesunken

In Deutschland sind im vergangenen Jahr die Steuern und Sozialabgaben auf Arbeitseinkommen im Vergleich zu 2017 leicht gesunken, sie liegen aber weiter deutlich über dem OECD-Durchschnitt.

Dies geht aus der jüngsten Ausgabe der OECD-Studie Taxing Wages hervor, die heute veröffentlicht wurde. Im OECD-Schnitt war der Rückgang etwas signifikanter, getragen von einer deutlich gesunkenen Abgabenquote in einigen OECD-Ländern.
So lag in Deutschland der Anteil von Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitskosten für alleinstehende Durchschnittsverdiener 2018 bei 49,5 Prozent, nach Belgien der zweithöchste Wert innerhalb der OECD. Im Durchschnitt der OECD-Länder liegt der sogenannte Steuerkeil bei 36,1 Prozent der Arbeitskosten. Die Arbeitskosten setzen sich aus Bruttolohn und den Sozialabgaben der Arbeitgeber zusammen. Bei den Sozialabgaben werden Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil berücksichtigt. 2017 lagen diese Werte im Schnitt der OECD-Länder bei 36,3 Prozent und für Deutschland bei 49,6 Prozent.
Deutlich geringer fällt in Deutschland dagegen die Abgabenquote für Familien mit nur einem Erwerbstätigen aus. Hier werden, bezogen auf die Arbeitskosten, 34,4 Prozent an Steuern und Sozialabgaben (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) abgeführt. In Frankreich und Italien sind es dagegen mehr als 39 Prozent. Die geringere Belastung von Familien mit nur einem Erwerbstätigen ergibt sich durch Ehegattensplitting und beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen.
(Pressemitteilung der OECD vom 11.4.2019)

Zur Studie „Taxing Wages 2019“ auf der Internetseite der OECD

Keine Wiedereinsetzung bei vom Steuerberater vergessener Anfechtung sämtlicher Änderungsbescheide nach einer Betriebsprüfung

Legt ein Steuerberater für seinen Mandanten nur gegen einen Teil der aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheide Einspruch ein, kommt hinsichtlich der „übersehenen“ Bescheide keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht. Dies hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.

Das Finanzamt erließ aufgrund einer Betriebsprüfung für die Streitjahre 2013 bis 2015 gegenüber dem Antragsteller geänderte Umsatzsteuer-, Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide. Mit den Einkommensteuerbescheiden waren auch Festsetzungen des Solidaritätszuschlags, der Kirchensteuer, eines Verspätungszuschlags sowie Zinsen verbunden. Der Steuerberater des Antragstellers legte gegen die Bescheide über Einkommensteuer, Kirchensteuer, Verspätungszuschlag und Zinsen sowie die Gewerbesteuermessbescheide Einsprüche ein. Nach Ablauf der Einspruchsfrist gab er zudem eine Einspruchsbegründung hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide ab.
Die zugleich beantragte Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt in Bezug auf die Umsatzsteuer ab, weil die Einsprüche verspätet eingelegt worden seien. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, weil die Einspruchsfrist fahrlässig versäumt worden sei. Der Antragsteller berief sich demgegenüber auf handschriftliche Vermerke seines Steuerberaters, wonach auch gegen die Umsatzsteuerbescheide Einsprüche hätten eingelegt werden sollen, was lediglich im Einspruchsschreiben übersehen worden sei.
Der Senat lehnte den gerichtlichen Aussetzungsantrag ab. Er sei bereits unzulässig, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis in Bezug auf die Umsatzsteuerbescheide fehle, denn diese seien bestandskräftig. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor, da der Antragsteller die Einspruchsfrist nicht schuldlos versäumt habe. Sein Steuerberater, dessen Verschulden dem Antragsteller zuzurechnen sei, habe vielmehr die an ihn als Rechtskundigen zu stellenden strengen Sorgfaltsanforderungen nicht erfüllt. Bei einer gewissenhaften Bearbeitung des Einspruchs habe ihm die fehlende Anfechtung der Umsatzsteuerbescheide auffallen müssen. Gerade in Fällen einer Vielzahl zeitgleich ergehender Verwaltungsakte sei von Steuerberatern ein besonders sorgfältiges Handeln zu verlangen.
(FG Münster, Mitteilung vom 15.04.2019 zu Beschluss vom 25.03.2019 – 5 V 483/19)

Maßgeblichkeit ausländischer Buchführungspflichten im deutschen Besteuerungsverfahren

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine auf ausländischem Recht beruhende Buchführungspflicht eines Steuerpflichtigen zugleich als Mitwirkungspflicht im (inländischen) Steuerverfahren zu beurteilen ist.

Nach der Vorschrift des § 140 der Abgabenordnung (AO) sind Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten aus anderen als Steuergesetzen auch für Besteuerungszwecke zu erfüllen. Dadurch werden insbesondere die Buchführungspflichten nach dem deutschen Handelsgesetzbuch in steuerliche Mitwirkungspflichten „transformiert“. Das entlastet einerseits den Gesetzgeber, der nicht erst spezifische Buchführungspflichten schaffen muss. Für den Steuerpflichtigen ergibt sich der Vorteil, dass er die ohnehin zu fertigenden Buchführungsunterlagen zugleich auch für Steuerzwecke verwenden kann. Der BFH hat nun entschieden, dass auch etwaige ausländische Buchführungspflichten durch § 140 AO in steuerliche Mitwirkungspflichten transformiert werden.
Der vom BFH entschiedene Fall betrifft eine liechtensteinische Aktiengesellschaft mit inländischen Vermietungseinkünften, die nach liechtensteinischem Recht buchführungspflichtig ist. Das Finanzamt wollte die Gesellschaft zusätzlich zur Buchführung nach deutschem Steuerrecht verpflichten. Der BFH hat entschieden, dass eine solche Verpflichtung nicht erforderlich ist, weil die Gesellschaft bereits nach § 140 AO für Steuerzwecke zur Buchführung verpflichtet ist.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 22 vom 17.4.2019 zu Urteil vom 14.11.2018 – I R 81/16)

Spitzensteuersatz: 2018 4,1 Millionen Personen betroffen

4,1 Millionen Personen sind im Jahr 2018 zumindest mit Teilen ihres zu versteuernden Einkommens dem Spitzensteuersatz unterworfen worden. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (BT-Drs. 19/8837) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (BT-DRs. 19/8291) mit.

Das Einkommensteueraufkommen aller Steuerpflichtigen, die mit Teilen ihres zu versteuernden Einkommens mindestens dem Spitzensteuersatz unterworfen werden, habe im Jahr 2018 rund 149,3 Milliarden Euro betragen.
(Deutscher Bundestag, PM vom 15.04.2019)

Falschgeld und Werbungskostenabzug

Werbungskosten abziehen. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden.

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der für die Vermittlung von Maschinenverkäufen von seinem Arbeitgeber Provisionen erhält. Er fiel auf einen Kaufinteressenten herein, der behauptete, eine internationale Investorengruppe zu vertreten, die als Vorbedingung für den Kauf der Maschinen die Durchführung eines Geldwechselgeschäfts mit 500-Euro-Scheinen verlange, weil die Investorengruppe sich ihres entsprechenden Bestandes an 500-Euro-Noten wegen des gerüchteweise insbesondere in Italien bevorstehenden Einzugs solcher Banknoten entledigen wolle. Nachdem die Verkaufsverhandlungen in einen vom Vorgesetzten des Klägers unterschriebenen Vorvertrag gemündet waren, traf sich der Kläger ohne Wissen seines Vorgesetzten mit dem Interessenten im europäischen Ausland in einem Hotel. Dort übergab er diesem 250.000 Euro in 200-Euro-Banknoten und erhielt im Gegenzug ebenfalls 250.000 Euro, jedoch in 500-Euro-Banknoten. Das von dem Kläger mitgeführte Geld stammte aus dessen privatem Bereich. Zunächst stellte der Kläger die Echtheit des erhaltenen Geldes direkt im Zuge der Übergabe im Hotel mithilfe eines Gerätes fest. Später erkannte er jedoch, dass das erhaltene Geld nach der Übergabe noch im Hotel und von ihm unbemerkt in offensichtliches Falschgeld ausgewechselt worden war. Das Finanzamt lehnte den geltend gemachten Werbungskostenabzug in Höhe von 250.000 Euro ab, da das Geldwechselgeschäft ohne das Wissen des Arbeitgebers durchgeführt worden und dem eigentlichen Kaufvertrag nur vorgeschaltet gewesen sei. Zudem sei der strafrechtliche Charakter des Geldwechselgeschäfts ganz offensichtlich gewesen.
Das Hessische Finanzgericht gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Denn der vom Kläger erlittene Verlust aus dem Geldwechselgeschäft sei ausschließlich beruflich veranlasst gewesen. Eine private Mitveranlassung habe nicht bestanden. So erhalte der Kläger ausweislich des Arbeitsvertrages Verkaufsprovisionen für den Abschluss von Verkäufen über die von seinem Arbeitgeber angebotenen Maschinen. Wenn der Verkauf der Maschinen in Millionenhöhe an die angebliche Investorengruppe zustande gekommen wäre, hätte der Kläger von seinem Arbeitgeber eine entsprechende Provision erhalten, was der Vorgesetzte in der mündlichen Verhandlung als Zeuge bestätigt habe. Der Interessent habe den Abschluss des Kaufvertrages zudem von dem Geldwechselgeschäft im Sinne einer Vorbedingung abhängig gemacht und den Vorvertrag auch erst im Zuge des Gelwechsels im Hotel unterschrieben. Der Kläger habe damit das Geld in der Erwartung gewechselt, Arbeitslohn in Form einer Provision zu erlangen. Die erforderliche Kausalität zwischen Geldwechselgeschäft und Provision liege damit vor.
Dass das Geldwechselgeschäft dem Kaufvertrag vorgeschaltet gewesen sei, lasse die berufliche Veranlassung des Wechselgeschäfts nicht entfallen. Auch seien eine etwaige Fahrlässigkeit des Klägers und der fehlende wirtschaftliche Sinn des Wechselgeschäftes für den Werbungskostenabzug unerheblich. In Betrugsfällen sei die objektive Untauglichkeit der Aufwendungen auch nicht erkennbar. Für ein etwaiges strafbares Verhalten des Klägers und insbesondere für ein kriminelles Zusammenwirken des Klägers mit dem Interessenten sei nach den konkreten Umständen nicht ersichtlich.
(FG Hessen, Pressemitteilung vom 09.04.2019 zu Urteil vom 11.03.2019 – 9 K 593/18; nrkr)

FG Münster: Weg vor das Finanzgericht in vielfacher Hinsicht lohnenswer

Der Weg zum Finanzgericht Münster kann sich in vielfacher Hinsicht für die Steuerpflichtigen lohnen. Das zeigt die aktuelle Verfahrensstatistik des Finanzgerichts Münster für das Jahr 2018.

Die Erfolgsquote für die Steuerpflichtigen lag im Jahr 2018 insgesamt bei rund 49 % und hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr nochmals erhöht. Nahezu jede zweite Klage hatte also ganz oder teilweise Erfolg. Das Finanzgericht Münster gewährt als eines von drei nordrhein-westfälischen Finanzgerichten Rechtsschutz in Steuersachen und Kindergeldangelegenheiten, d.h. es ist zuständig für Klagen von Steuerbürgern gegen Maßnahmen der Finanzämter sowie für Verfahren gegen die für die Kindergeldfestsetzung verantwortlichen Familienkassen. Insgesamt wurden im Jahr 2018 über 3.700 solcher Verfahren vor dem Finanzgericht Münster durchgeführt. Eine streitige Entscheidung (Urteil) ist dabei nur in 20 % der Fälle ergangen. 80 % der Verfahren sind dagegen unstreitig, mithin durch eine vollständige oder teilweise Abhilfe seitens des Finanzamts oder Klagerücknahme erledigt worden.
Dieser hohe Anteil einvernehmlicher Streitbeilegungen beruht vor allem auf der Vielzahl von Erörterungsterminen, die die Richterinnen und Richter des Finanzgerichts gemeinsam mit den Beteiligten durchführten. Dabei handelt es sich um ein persönliches Gespräch am „runden Tisch“, an dem die zuständige Richterin/der zuständige Richter, die Klägerseite und Vertreter des beklagten Finanzamts bzw. der beklagten Familienkasse teilnehmen. In vielen Fällen konnten die Beteiligten dabei den Vorteil des „kurzen Weges“ in Anspruch nehmen, denn auch im Jahr 2018 wurde von den Richterinnen und Richtern vielfach von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Erörterungstermin vor Ort im jeweiligen Finanzamt anzusetzen.
Alle drei nordrhein-westfälischen Finanzgerichte sind schließlich Vorreiter in der Justiz in dem Bemühen, den Bürgerinnen und Bürgern einen zeitgemäßen Weg zum Rechtsschutz in Steuersachen zu eröffnen. In allen drei Gerichten wurde erfolgreich die elektronische Akte eingeführt. In Münster arbeiten schon seit Mitte letzten Jahres alle Senate digital. Auch für den elektronischen Rechtsverkehr ist das Finanzgericht Münster „startklar“.
(FG Münster, Pressmitteilung Nr. 6 vom 2.4.2019)

Keine Anfechtung der Kapitalertragsteuer-Anmeldung nach Einkommensteuerfestsetzung

Die Anmeldung der Kapitalertragsteuer durch ein Geldinstitut kann von dem Gläubiger der Kapitalerträge nicht mehr im Wege einer Drittanfechtungsklage angefochten werden, wenn die Kapitalerträge aufgrund eines Antrags nach § 32d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bereits in die Steuerfestsetzung mit einbezogen wurden und die abgeführte Kapitalertragsteuer auf die Steuerschuld angerechnet wurde.

Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Fall entschieden, in dem der Steuerpflichtige mit einer Drittanfechtungsklage der Kapitalertragsteuer-Anmeldung des Geldinstituts die Erstattung der Abgeltungsteuer erreichen wollte.
Im Streitfall behielt das Geldinstitut aufgrund einer „Entflechtung (Spin-off)“ von Aktien einer amerikanischen Kapitalgesellschaft Kapitelertragsteuer ein. Der Kläger war der Auffassung, dass die Entflechtung der Wertpapiere nicht steuerpflichtig sei und erhob nach dem Erlass des Einkommensteuerbescheids, in den die Kapitalerträge aufgrund eines Antrags nach § 32d Abs. 4 EStG einbezogen worden waren, eine Drittanfechtungsklage gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des Geldinstituts. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verworfen.
Der BFH hat die FG-Entscheidung bestätigt und die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zwar war der Kläger als Gläubiger der Kapitalerträge grundsätzlich befugt, die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des Geldinstituts anzufechten. Jedoch hatte sich diese durch den Erlass des Einkommensteuerbescheids erledigt, da dieser aufgrund des Antrags nach § 32d Abs. 4 EStG den Regelungsgehalt der Kapitalertragsteuer-Anmeldung aufgenommen hat. Die Klage war danach mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Grundsätzlich hält der BFH die Beschränkung der Drittanfechtungsklage gegen eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung auch verfassungs- und europarechtlich für zulässig. Nicht entschieden hat der BFH über die Frage, wie eine Drittanfechtungsklage ohne einen Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG zu beurteilen wäre und ob aufgrund der ab dem Veranlagungszeitraum 2016 geltenden Bindung des Geldinstituts an die Verwaltungsauffassung nach § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG der Prüfungsumfang bei einer Drittanfechtungsklage weiter eingeschränkt wird.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 20 vom 10.4.2019 zu Urteil vom 20.11.2018 – VIII R 45/15)

Swapzinsen führen nach Ablösung der Immobiliendarlehen nicht zu nachträglichen Werbungskosten

Aufgrund von Swapvereinbarungen geleistete Zinsausgleichszahlungen sind nicht als nachträgliche Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen, wenn das Mietobjekt veräußert und das Immobiliendarlehen abgelöst wurde. Dies hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.

Die Klägerin, eine Immobilien-GbR, schloss zunächst unabhängig von einem konkreten Projekt ein Zinsswapgeschäft ab. Hierbei handelt es sich um eine Zinswette, bei der Geldbeträge in Abhängigkeit von einem Referenzzinssatz ausgetauscht werden. Zwei Jahre später finanzierte sie ein Bauprojekt mit Darlehen. Hierfür wurden Zinssätze in Anlehnung an die Zinsswapgeschäfte vereinbart. Nach Fertigstellung vermietete die Klägerin das Therapiezentrum zunächst an eine Betriebsgesellschaft. Später veräußerte sie die Immobilie. Aus dem Veräußerungserlös tilgte sie die Darlehen. Die Swapzinsen, die in den beiden auf die Veräußerung folgenden Jahren anfielen, setzte die Klägerin als nachträgliche Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung an. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug.
Die hiergegen erhobene Klage wies der 7. Senat des Finanzgerichts Münster ab. Zwar entfalle ein einmal begründeter wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit Vermietungseinkünften nicht allein deshalb, weil die mit den Darlehensmitteln angeschaffte Immobilie veräußert werde. Nachträgliche Schuldzinsen, die auf ein solches Darlehen entfielen, seien grundsätzlich auch nach einer Veräußerung der Immobilie weiter als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden könnten. Für einen fortbestehenden (wirtschaftlichen) Veranlassungszusammenhang zwischen laufenden Zinsausgleichszahlungen aus einem Swapgeschäft und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei aber Voraussetzung, dass eine fortbestehende inhaltliche Verknüpfung zwischen Immobilienfinanzierung einerseits und Swapgeschäft andererseits vorliege. Daran fehle es im Streitfall. Die Swapvereinbarungen hätten keinen Hinweis auf das von der Klägerin geplante Therapiezentrum enthalten. Mit der Ablösung der Darlehen sei außerdem die Voraussetzung weggefallen, die Zinsausgleichszahlungen im Rahmen eines einheitlichen Finanzierungskonzeptes als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Münster, Pressemitteilung Nr. 5 vom 2.4.2019 zu Urteil vom 20.2.2019 – 7 K 1746/16 F)

Zur Besteuerung des Veräußerungsgewinns nach langjähriger Eigennutzung bei einer kurzzeitigen Zwischenvermietung

Ist der Gewinn aus der Veräußerung einer nach langjähriger Eigennutzung kurzzeitig vermieteten Eigentumswohnung innerhalb von 10 Jahren seit deren Erwerb steuerpflichtig? Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg verneinte dies.

§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative Einkommensteuergesetz (EStG) erfordere „nach seinem klaren Wortlaut – anders als die 1. Alternative – keine Ausschließlichkeit der Eigennutzung.“ Es genüge „eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren.“ Diese müsse – mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahres – nicht während des gesamten Kalenderjahres vorgelegen haben. Es genüge unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ein zusammenhängender Zeitraum der Eigennutzung, der sich über drei Kalenderjahre erstrecke.
Für diese Auslegung spreche auch die Gesetzesbegründung. Der Gesetzgeber habe eine „ungerechtfertigte Besteuerung von Veräußerungsvorgängen bei Aufgabe des Wohnsitzes (z. B. wegen Arbeitsplatzwechsels) vermeiden“ wollen. Diesem Zweck widerspreche es, den Veräußerungsgewinn bei einer kurzzeitigen Zwischenvermietung bis zur Veräußerung zu besteuern. Sei im Übrigen die (längerfristige) Vermietung vor Beginn des Dreijahreszeitraums unschädlich, sei nicht nachvollziehbar, warum eine kurzzeitige Vermietung bis zur Veräußerung am Ende einer langjährigen Eigennutzung zur Steuerpflicht führen sollte. Eine kurzzeitige Vermietung am Ende des Dreijahreszeitraums müsse „erst recht“ dazu führen, dass die Veräußerung nicht steuerbar sei. Entgegen der Ansicht des beklagten Finanzamts sei nicht zwischen einem steuerunschädlichen Leerstand und einer steuerschädlichen Vermietung zu differenzieren.
Der Kläger hatte 2006 eine Eigentumswohnung erworben und diese bis April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Von Mai 2014 bis Dezember 2014 vermietete er diese an Dritte. Mit notariellem Kaufvertrag vom 17. Dezember 2014 veräußerte er die Eigentumswohnung. Das beklagte Finanzamt ermittelte einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 44.338 Euro. Hiergegen wandte sich der Kläger. Seiner Ansicht nach war die Veräußerung nicht steuerbar, da er die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorausgegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe. § 23 EStG erfordere keine „ausschließliche“ Nutzung zu eigenen Wohnzwecken.
Das Finanzamt legte Nichtzulassungsbeschwerde ein (BFH-Az.: IX B 28/19). Daher ist das Urteil des FG noch nicht rechtskräftig.
(FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 01.04.2019 zu Urteil vom 07.12.2018 – 13 K 289/17; BFH-Az.: IX B 28/19)