Kosten eines Jagdscheins sind keine Werbungskosten

Aufwendungen für eine Jägerprüfung stellen keine Werbungskosten einer angestellten Landschaftsökologin dar. Dies hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.

Die Klägerin war als Landschaftsökologin tätig. Im Streitjahr legte sie die Jägerprüfung ab. Die Aufwendungen für den Erwerb des Jagdscheins in Höhe von knapp 3.000 Euro machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend. Hierzu legte die Klägerin eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers vor, wonach es sich bei der Jägerprüfung um eine beruflich veranlasste Zusatzqualifizierung handele und die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit u. a. einen faunistischen Spürhund einsetze.

Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen nicht. Hiergegen trug die Klägerin vor, dass die Jägerprüfung ihr für den Beruf notwendiges Wissen über Wildtiere und deren Lebensräume vermittelt habe. Darüber hinaus sei der Jagdschein für die Arbeit mit dem faunistischen Spürhund erforderlich. Privat besitze sie weder eine Waffe noch eine Jagdpacht.

Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster folgte der Auffassung der Klägerin nicht und wies die Klage ab. Der Senat führte zur Begründung aus, dass die Aufwendungen für die Jägerprüfung nicht beruflich veranlasst gewesen seien. Ebenso wie der Erwerb eines Führerscheins für Kraftfahrzeuge sei der Erwerb eines Jagdscheins nur dann beruflich veranlasst, wenn dieser unmittelbare Voraussetzung für die Berufsausübung sei. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, da sie als Landschaftsökologin im Rahmen ihrer Berufstätigkeit nicht an Jagden teilnehme und auch keine Jagdwaffe mit sich führe. Eine Berücksichtigung als vorweggenommene Werbungskosten komme ebenfalls nicht in Betracht, da die Klägerin nicht dargelegt und nachgewiesen habe, dass sie eine berufliche Veränderung anstrebe. Die erworbenen Kenntnisse seien typischerweise nicht nur im beruflichen, sondern auch im privaten Bereich nutzbar. Dies gelte unabhängig davon, dass die Klägerin derzeit privat nicht der Jagd nachgehe. Mangels objektiven Ausbildungsmaßstabs komme auch eine Aufteilung der Kosten nicht in Betracht.

(FG Münster, Pressemitteilung vom 15.02.2019 zu Urteil vom 20.12.2018 – 5 K 2031/18)

Unternehmerischer Beurteilungsspielraum bei erweiterter gewerbesteuerlicher Kürzung für Grundstücksunternehmen

Nach der sog. erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, der Gewerbeertrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Im Ergebnis werden damit Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer freigestellt.

Dabei stellt sich in der Praxis häufig die Frage, ob Nebentätigkeiten des Unternehmens – wie z. B. die Mitvermietung fremden Grundbesitzes – Teil einer wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksnutzung oder eine wirtschaftlich eigenständige und damit für die Inanspruchnahme der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung schädliche Betätigungen sind.

Hierzu hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass bei der Beurteilung dieser Frage dem Steuerpflichtigen ein unternehmerischer Beurteilungsspielraum zukommt und die Nebentätigkeit nicht die einzig denkbare oder im Vergleich zu sämtlichen Nutzungsmöglichkeiten die wirtschaftlich sinnvollste Grundstücksnutzung sein muss.

Zum Vermögen der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, das zum Teil im Wege einer Anwachsung auf sie übergegangen war, gehörten im Streitzeitraum verschiedene Grundstücke, die an Dritte vermietet wurden. Im Streitfall ging es um die Überlassung eines eigenen Grundstücks (Flurstück 1) und eines Teils des Nachbargrundstücks (Flurstück 2). Die Grundstücke waren mit Erbbaurechten und diese mit Untererbbaurechten belastet. Untererbbauberechtigte des Flurstücks 1 waren die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin, Untererbbauberechtigte des Flurstücks 2 eine KG. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Teilfläche des Flurstücks 2 bestand eine Grunddienstbarkeit über ein ausschließliches Geh- und Fahrtrecht zugunsten der Klägerin. Daneben bestand eine schuldrechtliche Abrede, wonach bei Nutzung der auf der Teilfläche errichteten Halle zur Warenannahme (Lieferschlauch) ein Entgelt geschuldet wurde. Die Klägerin vermietete beide Flurstücke in einem einheitlichen Mietvertrag an eine GmbH und zahlte ein Nutzungsentgelt an die KG. Im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung versagte das beklagte Finanzamt die beantragte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags.

Der 8. Senat des Finanzgerichts Münster gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Die Klägerin und ihre Rechtsvorgängerin hätten ausschließlich eigenen Grundbesitz genutzt und verwaltet. Die Überlassung des Lieferschlauchs sowie der dazugehörigen Grundstücksfläche gehöre als unschädliche Nebentätigkeit zur Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Maßnahmen, die in rechtlich und wirtschaftlich engem Zusammenhang mit dem Grundbesitz stünden und dazu dienten, die wirtschaftliche Nutzung des Grundbesitzes mit seinen Besonderheiten zu ermöglichen und von naheliegenden Risiken freizuhalten, seien als unternehmerisch sinnvolle Nutzung der Verwaltung des eigenen Grundbesitzes zuzurechnen. Im Übrigen sei die Nebentätigkeit angesichts der verhältnismäßig geringen Einnahmen aus der Überlassung des Lieferschlauchs auch in quantitativer Hinsicht als geringfügig anzusehen.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

(FG Münster, Pressemitteilung vom 15.02.2019 zu Urteil vom 06.12.2018 – 8 K 3685/17)

Sachverständigengutachten zur Bestimmung der ortsüblichen Marktmiete

Die ortsübliche Vergleichsmiete zur Feststellung einer nur verbilligten Vermietung darf nicht durch ein Sachverständigengutachten auf der Grundlage statistischer Annahmen nach der sog. EOP-Methode bestimmt werden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. Mit der EOP-Methode wird aufgrund statistischer Annahmen die von einem normal qualifizierten Betreiber zu erwirtschaftende Pacht ermittelt.

Die Klägerin erwarb ein Grundstück mit historischem Altbestand, der als Gaststätte genutzt wird. Nach umfangreicher und kostspieliger Sanierung des Gebäudes verpachtete sie das Grundstück zum Betrieb einer Gaststätte u.a. an ihren Ehemann. Das Finanzamt (FA) nahm auf der Grundlage von Internet-Recherchen eine verbilligte Verpachtung an und kürzte die Werbungskosten entsprechend. Das Finanzgericht (FG) beauftragte einen Sachverständigen mit der Ermittlung der ortsüblichen Marktpacht. Die Beteiligten gingen übereinstimmend davon aus, dass sich aufgrund der Besonderheiten des Objekts keine vergleichbaren Objekte finden lassen, so dass die Marktpacht nicht nach der sog. Vergleichsmethode bestimmt werden kann. Der Sachverständige ermittelte deshalb im Wesentlichen auf der Grundlage der EOP-Methode einen Vergleichswert, der zur Abweisung der Klage führte.

Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Für die verbilligte Überlassung von Gewerbeobjekten gilt als allgemeiner Grundsatz ein Aufteilungsgebot. Die anteilig auf die unentgeltliche Überlassung entfallenden Aufwendungen können nicht abgezogen werden. Ob eine verbilligte Vermietung oder Verpachtung vorliegt, ist im Wesentlichen Tatfrage. Das FG muss die vereinbarte Miete oder Pacht der ortsüblichen Marktmiete oder -pacht gegenüberstellen. Letztere muss es von Amts wegen ermitteln. Dazu kann das Gericht ein Sachverständigengutachten einholen. Grundsätzlich gibt es keine rechtlichen Vorgaben, nach welcher Methode der Sachverständige vorgehen muss. Eine Grenze ist aber überschritten, wenn der Sachverständige aufgrund der von ihm gewählten Methode letztlich etwas anderes ermittelt als die ortsübliche Marktmiete oder -pacht. Das ist der Fall, wenn er im Wesentlichen darauf abstellt, welche Miete oder Pacht auf der Grundlage statistischer Annahmen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vom Mieter oder Pächter im Durchschnitt erwirtschaftet werden kann (sog. EOP-Methode). Mit solchen Erwägungen kann der Markt allenfalls global abgebildet werden. Das Gesetz verlangt aber, auf den örtlichen Markt zu blicken.

Das FG muss nun die ortsübliche Marktpacht noch einmal feststellen. Dafür genügt eine Schätzung unter Mitwirkung eines ortskundigen, erfahrenen Sachverständigen oder Maklers. Die damit verbundene höhere Unsicherheit ist hinzunehmen. Kann sich das FG auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen nicht die für eine Schätzung erforderliche Überzeugung bilden, geht dies zu Lasten des FA, das die objektive Beweislast zu tragen hat.

(BFH, Pressemitteilung Nr. 6 vom 20.2.2019 zu Urteil vom 10.10.2018 – IX R 30/17)

Vom Arbeitgeber eingeräumte Genussrechte können zu Kapitalerträgen führen

Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass Genussrechtserträge, die ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält, auch dann als Kapitaleinkünfte und nicht als Arbeitslohn zu behandeln sind, wenn die Genussrechte nur leitenden Mitarbeitern angeboten werden.

Der Kläger schloss mit seiner Arbeitgeberin, für die er als Marketingleiter tätig ist, verschiedene Genussrechtsvereinbarungen ab. Anlass hierfür war ein Investitionsvorhaben der Arbeitgeberin, das zum Teil aus Eigenmitteln erbracht werden sollte, wozu die ausschließlich Arbeitnehmern angebotenen Genussrechte dienten. Die jährlichen Erträge waren auf 18 % des Nennwerts der Einlage begrenzt. In den Streitjahren 2013 und 2014 wurde diese Grenze überschritten, sodass der Kläger Erträge in Höhe von 18 % seiner Einlagen erhielt.

Das Finanzamt behandelte diese Erträge als Arbeitslohn, weil die Vereinbarungen nur leitenden Mitarbeitern angeboten worden und die Renditen unangemessen hoch gewesen seien. Der Kläger begehrte demgegenüber eine Besteuerung mit dem für Einkünfte aus Kapitalvermögen geltenden niedrigeren Steuersatz.

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster teilte die Auffassung des Klägers, dass seine Erträge aus den Genussrechten zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Sie seien nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst. Eine solche Veranlassung ergebe sich nicht allein daraus, dass die Beteiligungsmöglichkeiten nur leitenden Angestellten angeboten werden. Vielmehr sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger das Genussrechtskapital aus seinem eigenen Vermögen erbracht und ein effektives Verlustrisiko getragen habe. Die Erträge hätten ihm auch dann zugestanden, wenn er beispielsweise aufgrund von Krankheit oder Elternzeit tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht hätte. Vor dem Hintergrund, dass es sich um nicht besichertes Kapital gehandelt habe, erscheine die Maximalrendite von 18 % auch nicht unangemessen hoch.

(FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2019 zu Urteil vom 07.12.2018 – 4 K 1366/17)

Entwurf der Erbschaftsteuer-Richtlinien – von alten und neuen Problemen

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat in einer Stellungnahme auf drängenden gesetzlichen und untergesetzlichen Anpassungsbedarf beim Entwurf der Erbschaftsteuer-Richtlinien hingewiesen.

Am 20.12.2018 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die lang ersehnten einheitlichen Erbschaft- und Schenkungsteuerrichtlinien 2019 (ErbStR 2019) in einer Entwurfsfassung veröffentlicht. Die Finanzverwaltung hat diverse Erlasse eingearbeitet. Der Fokus lag aus Sicht der Praxis jedoch auf den Ausführungen zu den im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2016 geänderten Regelungen.

Dass der Entwurf der ErbStR 2019 nicht allen drängenden Praxisproblemen Rechnung tragen kann, mag bisweilen dem Gesetzeswortlaut des ErbStG geschuldet sein. Allerdings wirft er bedauerlicherweise zusätzliche Probleme auf. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat daher in seiner Stellungnahme S 01/19 auf drängenden gesetzlichen und untergesetzlichen Anpassungsbedarf hingewiesen. Folgende Punkte wurden u. a. adressiert:

90 %-Test führt zu unsachgemäßen Ergebnissen

Um überhaupt von erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigungen zu profitieren, darf das begünstigungsfähige Vermögen nicht zu 90 % oder mehr aus Verwaltungsvermögen bestehen (90 %-Test). Bei der Ermittlung der Quote werden jedoch zu viele Faktoren ausgeblendet. So findet beispielsweise bei den Finanzmitteln keine Schuldenverrechnung statt.

Die derzeitige Berechnungsmethode führt dazu, dass in der Praxis Begünstigungen verwehrt bleiben, wenn der Betrieb zum Steuerentstehungszeitpunkt etwa hohe Forderungsbestände ausweist. Insbesondere Handelsunternehmen dürften darunter leiden.

Die in diesen Fällen entstehende ungünstige Kapitalstruktur würde jeglicher Begünstigung im Weg stehen. Das Unternehmen müsste im Erb- bzw. Schenkungsfall voll besteuert werden. Dies ist aus Sicht des DStV nicht hinnehmbar.

Fallbeileffekt des 90 %-Tests verfassungsrechtlich bedenklich

Abgesehen von unsachgemäßen Ergebnissen ist der 90 %-Test aus einem weiteren Grund abzulehnen. Seine unzweifelhafte Fallbeilwirkung scheint aus Sicht des DStV im Lichte des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 (Az. 1 BvL 21/12 ) verfassungsrechtlich zweifelhaft.

Zwar versucht der Gesetzgeber die Norm zu rechtfertigen, weil sie Gestaltungsmöglichkeiten ausräumen soll, die verfassungswidrig sein könnten. Die Begründung des Gesetzgebers ( BT-Drs. 18/8911 , S. 40) ist jedoch aus Sicht des DStV nicht spezifisch genug. Sie lässt nicht erkennen, welche Gestaltungen als missbräuchlich zu erachten sind und demnach den 90 %-Test rechtfertigen könnten.

Soweit etwa Finanzmittel die 15 %-Grenze übersteigen, werden sie ohnehin als schädliches Verwaltungsvermögen eingestuft und einer vollständigen Besteuerung unterworfen. Auch andere Vermögensgegenstände sind, soweit sie als Verwaltungsvermögen eingestuft werden, komplett zu besteuern. Eine generelle Versagung der Verschonung für begünstigungsfähiges Vermögen von bis zu 10 % erscheint weder gerechtfertigt noch folgerichtig.

Der DStV regt aufgrund der rechtssystematischen Widersprüche und der oben beschriebenen Praxisauswirkungen an, den 90 %-Test gesetzgeberisch zu streichen. Sollte den verfassungsrechtlichen Bedenken nicht gefolgt werden, müsste aus Sicht des DStV zumindest eine Nettobetrachtung bei der Ermittlung der 90 %-Grenze erfolgen.

Einstufung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen als schädliches Verwaltungsvermögen inadäquat

Der Entwurf der Richtlinie bestimmt, dass zu den Zahlungsmitteln unter anderem die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zählen. Mit dieser Vorgabe folgt der Entwurf den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2013 (BStBl I 2013 S. 1272).

In der Praxis führt diese Klassifizierung bei Unternehmen mit einem hohen Bestand von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zu erheblichen Verwerfungen. Trotz des 15 %-Freibetrags und der Abzugsmöglichkeit des gemeinen Werts der Schulden kann es vorkommen, dass Forderungen aus Lieferungen und Leistungen als vollständig zu besteuerndes Verwaltungsvermögen einzuordnen sind.

Dieser Belastungseffekt erscheint nach dem Zweck der neuen Regelungen zum Verwaltungsvermögen – der Herausfilterung von für nicht verschonungswürdig gehaltenem Vermögen – sinnwidrig. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind ausschließlich betrieblich veranlasst und zählen daher ertragsteuerlich zum notwendigen Betriebsvermögen. Private Gründe sind bei dieser Art von Forderungen nicht erkennbar. Insofern ist ein Verdacht auf missbräuchliche Gestaltungen und damit die Qualifizierung dieser Forderungen als schädliches Vermögen nicht zu rechtfertigen.

Der DStV rät daher dringend, die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen aus der Aufzählung in der Richtlinie zur Bestimmung der Finanzmittel zu streichen.

Folgen des Brexits nicht ausreichend berücksichtigt

Der steuerliche Verschonungsabschlag für begünstigtes Vermögen knüpft an verschiedene Voraussetzungen. Dazu zählt die Einhaltung der Mindestlohnsumme. Der Richtlinienentwurf enthält bedauerlicherweise keine Ausführungen, welche Folgewirkungen sich etwa in diesem Zusammenhang durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union („Brexit“) ergeben.

Es wäre aus Sicht des DStV falsch, britische Tochtergesellschaften im ersten Schritt bei der Ermittlung der Ausgangslohnsumme zu berücksichtigen, sie jedoch im zweiten Schritt nach einem Brexit bei der Berechnung der jährlichen Lohnsumme außen vor zu lassen. Dies würde dazu führen, dass die inländischen Lohnsummen im Ergebnis stärker steigen müssten als die gesetzlich vorgeschriebenen 400 % oder 700 %, um die Mindestlohnsumme zu erreichen.

Ebenso erscheint eine rückwirkende Kürzung der Ausgangslohnsumme nicht zweckmäßig. Sie könnte sich insbesondere in den Fällen nachteilig auswirken, in denen die Lohnsummen englischer Tochtergesellschaften stärker steigen als die des inländischen Betriebs. Mit der rückwirkenden Kürzung der Ausgangslohnsumme würde einem Unternehmer die Möglichkeit genommen, frühzeitig Einfluss auf die notwendige Lohnentwicklung im Inland zu nehmen. Der DStV regt bis zur Einführung einer gesetzlichen Regelung der Übergangsprobleme des Brexits hilfsweise eine entsprechende Richtlinienanpassung an.

Restriktive Verwaltungsauffassung bei Vermögensumschichtungen überzeugt nicht

Sog. junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind stets vollständig erbschaft-/schenkungsteuerpflichtig. Sie entstehen durch einen Einlageüberhang von Finanzmitteln bzw. durch Zuführung von Gegenständen des Verwaltungsvermögens innerhalb von zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt. Im Richtlinienentwurf wird der Standpunkt vertreten, dass auch Umschichtungen zwischen verbundenen Unternehmen diese begründen können.

Überträgt beispielsweise eine Muttergesellschaft ein fremdvermietetes Grundstück auf ihre Tochtergesellschaft im Jahr vor der Erbschaft, liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung junges Verwaltungsvermögen bei der Tochtergesellschaft vor. Das Problem betrifft insofern nicht nur große Konzerne, sondern bereits einstöckige Strukturen.

Diese Auffassung widerspricht nach Ansicht des DStV dem Leitgedanken der Verbundvermögensaufstellung, wonach der Verbund für Zwecke der Ermittlung des Verwaltungsvermögens als Einheit zu betrachten ist. Bei der Verbundvermögensaufstellung einerseits eine Einheit zu fingieren, zugleich aber bei Umschichtungen die Verbundbetrachtung zu ignorieren, überzeugt rechtssystematisch nicht. Dies kann zu einem Lock-in-Effekt führen: Betriebswirtschaftlich notwendige und sinnvolle Vermögensumschichtungen werden unterlassen, weil die Sorge besteht, dass im Erbfall junge Finanzmittel bzw. junges Verwaltungsvermögen vorliegt.

Der DStV hat deshalb nachdrücklich eine Verwerfung dieser Verwaltungsauffassung gefordert.

(DStV, Mitteilung vom 01.02.2019)

ADRs: Steuererstattungen werden untersucht

In den USA von Finanzinstituten vorab herausgegebene Hinterlegungsscheine für Aktien, die auch als „American Depository Receipts“ (ADRs) bezeichnet werden, sind möglicherweise unter anderem in Deutschland für unrechtmäßige Erstattungen von Kapitalertragsteuer genutzt worden.

Die Bundesregierung teilt in ihrer Antwort (19/7484) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/6767) mit: „Die Nutzung der ausgegebenen Papiere für Steuergestaltungen ist nach Auffassung der Bundesregierung bei Würdigung der Feststellungen der SEC naheliegend.“

Die Bundesregierung erläutert in der Antwort auch die Funktionsweise von ADRs. Danach werden an US-Börsen gehandelte Hinterlegungsscheine für ausländische Aktien ausgegeben, die bei einer Depotbank am Heimatmarkt der Aktien verwahrt werden. ADRs würden nach Genehmigung durch die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC eine Wertpapierkennnummer erhalten und könnten an US Börsen gehandelt werden. Bei Ausgabe der ADRs werde zeitgleich die festgelegte Zahl der Aktien, für die die registrierten ADRs ausgegeben werden sollen, bei der Verwahrstelle eingeliefert. ADRs könnten vorab ausgegeben werden, wenn die Einlieferung von den für die Hinterlegung bestimmten Aktien bei der Verwahrstelle verzögert erfolge.

Konkrete Fälle, in denen in Deutschland über vorab ausgegebene ADRs Erstattungen von nicht abgeführter Kapitalertragsteuer erwirkt worden seien, sind der Bundesregierung nicht bekannt. Das Bundeszentralamt für Steuern prüfe, ob es zu unberechtigten Erstattungen gekommen sei. Diese Prüfungen würden andauern. Zudem habe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die SEC gebeten, ihre gewonnenen Erkenntnisse zu übermitteln.

(Bundestag, hib-Meldung Nr. 156/2019 vom 13.02.2019)

Keine Verkürzung des Reinvestitionszeitraums für eine § 6b-Rücklage durch Verschmelzung

Der 13. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass eine Rücklage nach § 6b EStG auch dann auf den Rechtsnachfolger übergeht, wenn die Verschmelzung exakt vier Jahre nach Rücklagenbildung stattfindet.

Die Klägerin war Organgesellschaft einer anderen GmbH, die zum Bilanzstichtag 30. Juni 2007 einen Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks in eine § 6b-Rücklage eingestellt hatte. Im Juni 2011 veräußerte die Klägerin an eine KG, deren alleinige Kommanditistin sie war, ein Grundstück. Im folgenden Wirtschaftsjahr wurde die Mutter-GmbH auf die Klägerin zum Stichtag 1. Juli 2011 verschmolzen. In ihrer letzten Bilanz zum 30. Juni 2011 löste die Mutter die Rücklage nur teilweise gewinnerhöhend auf. Im Übrigen ging sie davon aus, dass die Rücklage auf die Klägerin übergegangen sei und diese sie auf die KG zur Übertragung auf die Anschaffungskosten für das Grundstück übertragen könne.
Das Finanzamt löste die Rücklage demgegenüber in vollem Umfang in der Steuerbilanz zum 30. Juni 2011 bei der Mutter-GmbH gewinnerhöhend auf und nahm zusätzlich einen Gewinnzuschlag von 24 % vor. Da die Umwandlungsbilanz erst nach der Steuerbilanz aufzustellen sei, könne die Rücklage in der Umwandlungsbilanz nicht mehr ausgewiesen werden. Die Verschmelzung führe nicht dazu, dass die Rücklage wieder auflebe.
Die hiergegen von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Mutter-GmbH erhobene Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Nach Auffassung des Senats habe die Rücklage bei der Mutter nicht gewinnerhöhend aufgelöst werden dürfen, weil sie mit Ablauf des 30. Juni 2011 dort nicht mehr bestanden habe, sondern auf die Klägerin übergegangen sei. Für die Auffassung des Finanzamts, dass der Vermögensübergang auf die Klägerin aufgrund der Verschmelzung erst eine logische Sekunde nach Ablauf des Wirtschaftsjahres der Mutter erfolgt sei, bestehe keine Rechtsgrundlage. Eine zeitliche Reihenfolge sei auch nicht dem Umstand zu entnehmen, dass die Steuerbilanz die technische Grundlage für die Umwandlungsbilanz darstelle. Vielmehr widerspreche die Versagung der Übertragung der Rücklage der gesetzlichen Wertung, weil anderenfalls der Reinvestitionszeitraum von 48 Monaten verkürzt werde.
Zur Frage, ob die Klägerin die Rücklage ihrerseits auf die KG übertragen könne, nahm der Senat nicht Stellung. Diese Frage sei vielmehr im Rahmen des Feststellungsbescheids für die KG zu entscheiden. Die vom Senat zugelassene Revision ist am Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 39/18 anhängig.
(FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2019 zu Urteil vom 17.09.2018 – 13 K 2082/15; BFH-Az.: XI R 39/18)

Kosten für einen Schulhund sind teilweise Werbungskosten

Eine Lehrkraft kann die Aufwendungen für einen sog. Schulhund anteilig von der Steuer absetzen. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden.

Die Klägerin ist Lehrerin an einer weiterführenden Schule. Sie setzt ihren privat angeschafften Hund im Unterricht als sog. Schulhund ein. In Abstimmung mit der Schulleitung begleitet der speziell ausgebildete Hund die Klägerin an jedem Unterrichtstag in die Schule. Im Rahmen einer tiergestützten Pädagogik wird der Hund in den Unterricht und die Pausengestaltung integriert. Die Schule wirbt aktiv mit diesem „Schulhundkonzept“.
Die Beteiligten stritten darüber, ob und in welcher Höhe die Kosten für den Unterhalt des Hundes (z. B. Futter- und Tierarztkosten) als Werbungskosten der Klägerin anzuerkennen sind. Die Klägerin begehrte den vollständigen Abzug der Aufwendungen. Sie vertrat die Auffassung, dass ihr Schulhund – ebenso wie ein Polizeihund – ein Arbeitsmittel sei. Das beklagte Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug ab, weil die Aufwendungen nicht ausschließlich beruflich veranlasst seien und eine Abgrenzung zum privaten Bereich nicht möglich sei.
Das Gericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Aufwendungen in Höhe eines geschätzten beruflichen Anteils von 50% als Werbungskosten anerkannt. Die Richter entschieden, dass ein privat angeschaffter Schulhund nicht mit einem Polizeihund vergleichbar sei. Ein Polizeihund stehe im Eigentum des Dienstherrn und werde dem jeweiligen Polizisten zugewiesen, wobei der Polizist auch in der privaten Nutzung des Hundes an Weisungen des Dienstherrn gebunden sei.
Der Senat hielt eine Aufteilung der Aufwendungen in einen privat veranlassten und einen beruflich veranlassten Anteil für erforderlich und möglich. Die beiden Veranlassungsbeiträge seien nicht untrennbar. Der Hund werde in der Zeit, in der er in der Schule sei, ausschließlich beruflich genutzt. Eine Aufteilung der Aufwendungen anhand der Zeiten der beruflichen und der nicht beruflichen Nutzung hielt der Senat für nicht sachgerecht. Bei einem Tier sei eine fortlaufende Pflege erforderlich. Anders als bei einem Gegenstand sei eine schlichte „Nichtnutzung“ daher nicht möglich. Außerdem könnten die Zeitanteile außerhalb der Schulzeiten nicht vollständig einer privaten Nutzung zugeordnet werden. Der Senat schätzte den beruflichen Nutzungsanteil des Hundes daher auf 50%.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; die vom Finanzgericht zugelassene Revision wurde eingelegt und ist unter dem Az. VI R 52/18 anhängig.
(FG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 07.02.2019 zu Urteil vom 14.09.2018 – 1 K 2144/17; BFH-Az.: VI R 52/18)

Kein Kindergeld für „AOK-Betriebswirt“

Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass ein nach Abschluss der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten aufgenommener Ausbildungsgang zum AOK-Betriebswirt nicht mehr Teil einer einheitlichen mehraktigen Berufsausbildung ist.

Der volljährige Sohn der Klägerin bestand im Juni 2013 die Prüfung zum Sozialversicherungsfachangestellten. Im Folgemonat nahm er erfolgreich an einem Potenzialanalyseverfahren der AOK teil, woraufhin er im Oktober 2014 den betriebsinternen Studiengang zum AOK-Betriebswirt neben einer Vollzeitbeschäftigung bei der AOK aufnahm. Nach den Zulassungsrichtlinien kann hiermit frühestens ein Jahr nach der Prüfung zum Sozialversicherungsfachangestellten begonnen werden. Der Studiengang ist staatlich nicht anerkannt und kann auch nicht im Rahmen anderer staatlich anerkannter Studiengänge angerechnet werden.

Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag der Klägerin ab Oktober 2014 ab, weil der Sohn bereits eine Ausbildung abgeschlossen habe. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass bereits das zeitnah durchgeführte Potenzialanalyseverfahren als Teil des Studiums anzusehen sei und deshalb ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten bestehe.

Das Gericht wies die Klage ab. Ein Kindergeldanspruch bestehe nicht, weil der Sohn der Klägerin einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgegangen sei und eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen habe. Der AOK-interne Studiengang zum AOK-Betriebswirt sei bereits deshalb nicht Teil einer mehraktigen erstmaligen Berufsausbildung, weil er nicht staatlich anerkannt und ohne die Beteiligung staatlicher Stellen konzipiert worden sei. Bei einer mehraktigen Berufsausbildung sei es erforderlich, dass der zweite Abschnitt nach Abschluss einer öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildung ebenfalls im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges stattfinde. Da die Leistungsnachweise auch nicht in staatlich anerkannten Studiengängen angerechnet werden können, ließ der Senat offen, ob im Falle einer solchen Anrechnungsmöglichkeit auch interne Fortbildungen Teil einer mehraktigen erstmaligen Berufsausbildung sein können. Der Senat ließ auch dahinstehen, ob der enge zeitliche Zusammenhang daran scheitere, dass der Studiengang erst ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten begonnen werden könne.

Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

(FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2019 zu Urteil vom 13.12.2018 – 3 K 577/18)

Mindestlohngesetz gilt auch für ausländische Transportunternehmen

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat die Klagen polnischer Speditionen gegen die Geltung des Mindestlohngesetzes zurückgewiesen und damit zugleich die Kontrollbefugnisse der Zollbehörden gegenüber nur vorübergehend im Inland tätigen Transportunternehmen bestätigt.

Das Mindestlohngesetz ordnet an, dass Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet sind, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen. Die umstrittene Frage, ob das auch dann gilt, wenn die Tätigkeit im Inland nur kurze Zeit andauert, wie das bei ausländischen Fernfahrern der Fall sein kann, bejahten die Cottbuser Richter. Aus ihrer Sicht verstößt die Pflicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns weder gegen Europarecht noch gegen Verfassungsrecht.

Das Gericht hat die Revision gegen die Urteile zugelassen.

(FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 06.02.2019 zu den Urteilen 1 K 1161/17 und 1 K 1174/17 vom 16.01.2019)