Beschränkte Steuerpflicht bei Zinseinnahmen aus Wandelanleihen

Das Finanzgericht Düsseldorf hat entschieden, dass Zinseinnahmen aus Wandelanleihen zu den inländischen Einkünften im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht gehören, wenn der Schuldner der Erträge seinen Sitz im Inland hat.

Die Klägerin ist im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig. In den Streitjahren 2012 und 2013 erzielte sie Zinserträge aus Wandelanleihen. Emittentin der Anleihe und Schuldnerin der Kapitalerträge war die im Inland ansässige Beigeladene. Bei der Auszahlung der Zinsen an die Klägerin hatte die Beigeladene keine Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt.
Das beklagte Finanzamt erließ daraufhin einen Bescheid, mit dem es die Beigeladene für die Kapitalertragsteuer in Haftung nahm. Dagegen richtete sich die Klage der Anlegerin. Sie machte geltend, dass die Zinsen keine inländischen Kapitaleinkünfte seien. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beigeladene ihr die Zinsen ohne Einbehalt von Kapitalertragsteuer ausgezahlt habe.
Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die Beigeladene zu Recht als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen worden sei. Die Zinsen aus der Wandelanleihe gehörten zu den inländischen Einkünften der Klägerin. Die Beigeladene hätte daher bei Auszahlung der Zinsen Kapitalertragsteuer einbehalten und abführen müssen.
Die Qualifikation als inländische Einkünfte ergebe sich aus der Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a letzter Halbsatz EStG. Zur Begründung stellte der Senat maßgeblich auf den Wortlaut des Gesetzes ab; Wandelanleihen seien in dieser Vorschrift ausdrücklich genannt. Dadurch seien die Zinsen aus Wandelanleihen – im Gegensatz zu den übrigen Einnahmen aus sonstigen Kapitalforderungen – ausdrücklich dem Buchst. a der Vorschrift zugeordnet. Die Ausnahmeregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa Satz 2 EStG sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht einschlägig.
Auch die historische Auslegung des Gesetzes spreche für diese Auslegung. Unabhängig von der Ausnahmeregelung für Teilschuldverschreibungen sei für Erträge aus Wandelanleihen eine beschränkte Steuerpflicht geschaffen worden. Der Gesetzgeber habe Einkünfte aus Wandelanleihen ohne Rücksicht auf eine dingliche Sicherung der beschränkten Steuerpflicht unterwerfen wollen, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz, Geschäftssitz oder Sitz im Inland hat.
Die vom Finanzgericht zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. I R 6/18 anhängig.
(FG Düsseldorf, Mitteilung vom 05.11.2018 zu Urteil vom 06.12.2017 – 2 K 1289/15; BFH-Az.: I R 6/18)

Gesetzentwurf: Änderung des Umwandlungsgesetzes

Vor dem Hintergrund des Brexits hat die Bundesregierung den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vorgelegt (19/5463).

Danach soll das Umwandlungsgesetz (UmwG) unter anderem um Vorschriften über die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften ergänzt werden.
Wie es in dem Entwurf heißt, kann sich der bevorstehende Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union negativ auf Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft nach britischem Recht auswirken, die ihren Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Die Regelungen des Entwurfs sollen den vom Brexit betroffenen Unternehmen eine Umwandlung zum Beispiel in eine Kommanditgesellschaft (KG) ermöglichen, an der sich – je nach Kapitalausstattung der betreffenden Gesellschaft – entweder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt – UG) als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen könnte. Darüber hinaus soll eine Übergangsregelung für alle zum Zeitpunkt des Brexits bereits begonnenen Verschmelzungsvorgänge geschaffen werden.
(Bundestag, hib-Meldung Nr. 842/2018 vom 06.11.2018)

Ablaufhemmung nach Erstattung einer Selbstanzeige

Die einjährige Verlängerung der Festsetzungsfrist nach Abgabe einer Selbstanzeige schließt eine weitergehende Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehungen nicht aus, wenn die Steuerfahndung noch vor dem Ablauf der zehnjährigen Festsetzungsfrist für Steuerhinterziehungen mit Ermittlungen beginnt und die spätere Steuerfestsetzung für die nacherklärten Besteuerungsgrundlagen auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs setzt dies aber voraus, dass diese Ermittlungshandlungen konkret der Überprüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen dienen. Der Streitfall betraf Kapitalerträge aus bei einer liechtensteinischen Stiftung geführten Depots, zu denen der Steuerfahndung eine 2007 angekaufte Steuer-CD vorlag.

Im Streitfall verdächtigte die Steuerfahndung die Kläger nach Auswertung einer angekauften Steuer-CD der Steuerhinterziehung von Kapitalerträgen aus den bei einer liechtensteinischen Stiftung unterhaltenen Kapitalanlagen für den Zeitraum von 1996 bis 2006, hatte aber zunächst keine konkreten Ermittlungen zu den einzelnen Besteuerungsgrundlagen aufgenommen. Die Kläger gaben im Januar 2008 für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2006 eine Selbstanzeige ab, in der sie Kapitaleinkünfte nur für diesen Zeitraum nacherklärten. Im Mai 2008 gaben die Kläger eine Selbstanzeige hinsichtlich der für die Streitjahre 1996 und 1997 nicht erklärten Kapitaleinkünfte ab. Für diese Streitjahre hatten die Kläger ihre Steuererklärungen im Jahr 1998 abgegeben, so dass die reguläre zehnjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2008 endete. Als im Juni 2010 für 1996 und 1997 Änderungsbescheide erlassen wurden, wurde streitig, ob die Bescheide für diese Streitjahre nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen waren, da sowohl die Zehnjahresfrist als auch die einjährige Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Selbstanzeigen gemäß § 171 Abs. 9 der Abgabenordnung (AO) zu diesem Zeitpunkt abgelaufen waren. Das Finanzgericht (FG) verneinte den Eintritt der Festsetzungsverjährung. Es stellte fest, die Steuerfahndung habe noch vor Ende des Jahres 2008 bei den Klägern Unterlagen zu den hinterzogenen Kapitalerträgen angefordert, deren Gegenstand allerdings nicht näher konkretisiert werden könne. Die zehnjährige Festsetzungsfrist habe sich hierdurch nach § 171 Abs. 5 AO bis zu dem Zeitpunkt verlängert, zu dem die geänderten Steuerbescheide für die Streitjahre unanfechtbar geworden seien, weil in der Anforderung der Unterlagen Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung zu sehen seien.
Der BFH gab hingegen den Klägern Recht. Er hob die Entscheidung des FG auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Das FG habe nicht festgestellt, ob die Steuerfahndung zu den nacherklärten Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre 1996 und 1997 noch vor Ablauf des Jahres 2008 mit konkreten Ermittlungen begonnen habe. Ermittlungsmaßnahmen im Zusammenhang mit den nacherklärten Besteuerungsgrundlagen anderer Veranlagungszeiträume könnten die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 AO für die Streitjahre nicht auslösen. Das FG habe im zweiten Rechtsgang aufzuklären, ob und welche konkreten Ermittlungshandlungen von der Steuerfahndung noch vor Ablauf des Jahres 2008 zu den für die Streitjahre nacherklärten Kapitalerträgen ausgeführt worden seien.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 55/18 vom 31.10.2018 zu Urteil vom 03.07.2018 – VIII R 9/16)

Abzug von Refinanzierungszinsen für notleidende Gesellschafterdarlehen

Verzichtet ein Gesellschafter unter der auflösenden Bedingung der Besserung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft auf sein Gesellschafterdarlehen, um deren Eigenkapitalbildung und Ertragskraft zu stärken, sind bei ihm weiterhin anfallende Refinanzierungszinsen nicht als Werbungskosten im Zusammenhang mit früheren Zinseinkünften abziehbar, wie der Bundesfinanzhof entschieden hat. Die nunmehr durch die Beteiligungserträge veranlassten Refinanzierungszinsen sind vielmehr nur auf Antrag zu 60 % als Werbungskosten abziehbar.

Nimmt für die Veranlassungszeiträume ab 2009 ein mindestens zu 10 % am Stammkapital beteiligter Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ein Darlehen bei einer Bank auf, um selbst ein verzinsliches Gesellschafterdarlehen an die Kapitalgesellschaft auszureichen, sind die Schuldzinsen für das Refinanzierungsdarlehen grundsätzlich als Werbungskosten durch die Erträge aus dem Gesellschafterdarlehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes – EStG -) veranlasst. Diese Werbungskosten können ohne die Beschränkungen des ansonsten geltenden Werbungskostenabzugsverbots (§ 20 Abs. 9, 2. Halbsatz EStG) bei den tariflich besteuerten Kapitaleinkünften des Gesellschafters abgezogen werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG). Dies gilt, wie der BFH jetzt klargestellt hat, auch, wenn die Kapitalgesellschaft die geschuldeten Zins- und Tilgungszahlungen aus dem Gesellschafterdarlehen nicht erbringt.
Verzichtet der Gesellschafter aber gegenüber der Kapitalgesellschaft auf sein Gesellschafterdarlehen gegen Besserungsschein, kann dies für Schuldzinsen, die auf das Refinanzierungsdarlehen gezahlt werden, bis zum Eintritt des Besserungsfalls zu einem Wechsel des Veranlassungszusammenhangs der Aufwendungen weg von den Kapitalerträgen aus dem Gesellschafterdarlehen hin zu den Beteiligungserträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Ein solcher Wechsel des Veranlassungszusammenhangs tritt insbesondere ein, wenn der Gesellschafter durch den Verzicht auf Zins- und Tilgungsansprüche aus dem Gesellschafterdarlehen die Eigenkapitalbildung und Ertragskraft der Gesellschaft stärken will. Der Wechsel des Veranlassungszusammenhangs hat zur Folge, dass die Schuldzinsen aus dem Refinanzierungsdarlehen nunmehr dem Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9, 2. Halbsatz EStG unterliegen.
Um wenigstens 60 % der Refinanzierungszinsen abziehen zu können, muss der Gesellschafter spätestens mit Abgabe der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr des Forderungsverzichts gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG die Anwendung des sog. Teileinkünfteverfahrens (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) für die Dividenden aus der Kapitalgesellschaft und die damit im Zusammenhang stehenden Werbungskosten beantragen, was im Streitfall nicht erfolgt war. Dies sollte zur Vermeidung von Nachteilen in der Sanierungspraxis bedacht werden.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 56/18 vom 31.10.2018 zu Urteil vom 24.10.2017 – VIII R 19/16)

BFH: Bekanntgabe von Verwaltungsakten – Zugangsvermutung

Die Zugangsvermutung für die Bekanntgabe schriftlicher Verwaltungsakte gilt auch bei der Übermittlung durch private Postdienstleister, wie der Bundesfinanzhof zu § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) entschieden hat.

Bei der Einschaltung eines privaten Postdienstleisters, der mit einem Subunternehmer tätig wird, ist allerdings zu prüfen, ob nach den bei den privaten Dienstleistern vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann. Damit kommt es zu einer erheblichen Einschränkung der Zugangsvermutung.
Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Diese in der AO geregelte Zugangsvermutung findet sich wortgleich auch in anderen Verfahrensordnungen wieder (z. B. § 41 Abs. 2 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und § 37 Abs. 2 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch). Die Regelungen stammen aus einer Zeit als die Deutsche Bundespost für die Beförderung von Briefen noch das gesetzliche Monopol hatte und man regelmäßig davon ausgehen konnte, dass ein Brief nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Deutschen Post AG innerhalb von drei Tagen den Empfänger erreicht.
Im Streitfall ging es um die Einhaltung der Klagefrist, die einen Monat beträgt und mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beginnt. Auf der Einspruchsentscheidung vom 5. November 2015 hatte die beklagte Familienkasse vermerkt „abgesandt am: 06.11.2015“ (Freitag). Nach Auskunft der Familienkasse wurde die versandfertige Ausgangspost am Freitag zwischen 12:30 Uhr und 13:00 Uhr durch einen privaten Kurierdienst als Subunternehmer eines privaten Postdienstleisters abgeholt. Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Kläger am 10. Dezember 2015 Klage. Im Klageverfahren trug er vor, dass die Einspruchsentscheidung ihm erst am 12. November 2015 zugegangen sei. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab.
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück, da die tatsächlichen Feststellungen nicht ausreichten, um die Rechtzeitigkeit der Klageerhebung beurteilen zu können. Dabei stellte der BFH darauf ab, dass bei privaten Zustelldiensten im Rahmen der Lizenzierung die Einhaltung konkreter Postlaufzeiten nicht geprüft werde. Daher müsse ermittelt werden, ob nach den bei dem privaten Dienstleister vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn neben dem im Streitfall beauftragten privaten Zustelldienst, der bei bundesweiten Zustellungen regelmäßig nur über Verbundgesellschaften tätig werde, ein weiteres Dienstleistungsunternehmen zwischengeschaltet werde. Insoweit sei die Einschaltung privater Postdienstleister bei der Frage von Bedeutung, ob die Zugangsvermutung als widerlegt gelte, weil hierdurch möglicherweise ein längerer Postlauf die Folge sei.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 53/18 vom 24.10.2018 zu Urteil vom 14.06.2018 – III R 27/17)

BFH erleichtert Steuerabzug einer bis zum 10. Januar geleisteten Umsatzsteuervorauszahlung für das Vorjahr

Umsatzsteuervorauszahlungen, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlt werden, sind auch dann im Vorjahr steuerlich abziehbar, wenn der 10. Januar des Folgejahres auf einen Sonnabend oder Sonntag fällt. Dies hat der Bundesfinanzhof entgegen einer allgemeinen Verwaltungsanweisung entschieden.

Grundsätzlich sind Betriebsausgaben und Werbungskosten in dem Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Ausnahmsweise gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die beim Steuerpflichtigen kurze Zeit, d. h. zehn Tage, nach Beendigung des Kalenderjahres angefallen sind, gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als in dem Kalenderjahr abgeflossen, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Sie können damit bereits in diesem Jahr abgezogen werden. Auch die vom Unternehmer an das Finanzamt (FA) gezahlte Umsatzsteuer ist eine Betriebsausgabe, die dieser Regelung unterliegt.
Im Streitfall hatte die Klägerin die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 am 8. Januar 2015 geleistet und diese Zahlung unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG als Betriebsausgabe des Jahres 2014 geltend gemacht. Das FA meinte demgegenüber, diese Vorschrift sei nicht anzuwenden. Die Klägerin habe zwar innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, die Umsatzsteuervorauszahlung müsse aber auch innerhalb dieses Zeitraums fällig gewesen sein. Daran fehle es. Die Vorauszahlung sei wegen § 108 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) nicht am Sonnabend, dem 10. Januar 2015, sondern erst an dem folgenden Montag, dem 12. Januar 2015 und damit außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums fällig geworden.
Der BFH gab der Klägerin Recht und gewährte den Betriebsausgabenabzug für 2014. Auch wenn man fordere, dass die Umsatzsteuervorauszahlung innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums fällig sein müsse, sei diese Voraussetzung im Streitfall erfüllt. Denn bei der Ermittlung der Fälligkeit sei allein auf die gesetzliche Frist des § 18 Abs. 1 Satz 4 des Umsatzsteuergesetzes abzustellen, nicht hingegen auf eine mögliche Verlängerung der Frist gemäß § 108 Abs. 3 AO. Diese Verlängerung sei im Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 EStG nicht anwendbar, da es sich um eine Zufluss- und Abflussfiktion, nicht aber um eine Frist handele, sodass sich die Frage nach einer Verlängerung erübrige.
Mit seiner Entscheidung wendet sich der BFH gegen die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2017 § 11 EStG H 11, Stichwort Allgemeines, „Kurze Zeit“). Das Urteil ist immer dann von Bedeutung, wenn der 10. Januar auf einen Sonnabend oder Sonntag fällt, das nächste Mal somit im Januar 2021.
(BFH, Pressemitteilung Nr. 54/18 vom 24.10.2018 zu Urteil vom 27.06.2018 – X R 44/16)

Zum Vorsteuerabzug bei Abrissleistungen

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat entschieden, dass einem Unternehmer kein Vorsteuerabzug aus einer Abrissleistung zusteht, wenn das Gebäude zwar früher umsatzsteuerpflichtig genutzt wurde, die Abrissleistung aber (auch) mit zukünftigen Leistungen im Zusammenhang stand und bei diesen zukünftigen Leistungen nicht belegt ist, dass sie zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem sich ein Gebäude für ein Autohaus mit dazugehöriger Reparaturwerkstatt und Tankstelle befand. Das Grundstück wurde in der Vergangenheit zunächst jahrzehntelang umsatzsteuerpflichtig vermietet. Aufgrund des maroden Zustandes des Gebäudes endete das letzte Mietverhältnis zum 3. Quartal 2012. Im März 2013 wurde eine Abbruchgesellschaft mit dem Abriss des Gebäudes beauftragt.
Die Klägerin war der Auffassung, dass sie die Vorsteuern aus der Abrissrechnung geltend machen könne. Das Gebäude sei immer und auch bis zuletzt umsatzsteuerpflichtig vermietet gewesen. Außerdem sei geplant, ein neues Gebäude zu errichten und dies steuerfrei zu vermieten. Das Finanzamt verneinte die Vorsteuerabzugsberechtigung, da nicht belegt sei, dass die geplante Nutzung tatsächlich steuerpflichtig erfolgen solle. Das Gericht lehnte den Vorsteuerabzug ab. Dabei ging es davon aus, dass ein umsatzsteuerrechtlich relevanter Zusammenhang der Abrisskosten nicht mit den früheren (umsatzsteuerpflichtigen) Umsätzen, sondern mit (zukünftigen) geplanten Umsätzen bestehe.
Bezüglich dieser zukünftigen Umsätze sei jedoch nicht hinreichend belegt, dass es sich dabei um den Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze handle.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen.
(FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.10.2018 zu Urteil vom 10.05.2018 – 4 K 10124/17)

Doppelte Haushaltsführung mit der ganzen Familie

Eine doppelte Haushaltsführung kann auch dann anzuerkennen sein, wenn Ehegatten mit dem gemeinsamen Kind zusammen am Beschäftigungsort wohnen. Dies hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.

Die miteinander verheirateten Kläger sind seit 1998 in Westfalen berufstätig und lebten dort in den Streitjahren mit ihrer kleinen Tochter hier in einer angemieteten 3-Zimmer-Dachgeschosswohnung. In ihrem mehr als 300 km entfernten Heimatdorf ist die Klägerin Miteigentümerin eines mit einem Bungalow bebauten Grundstücks. Der Bungalow wird von der Mutter sowie von der Familie der Kläger bewohnt. Die Haus- und Zahnärzte der Kläger und der Tochter befinden sich in der Umgebung des Heimatdorfes und der Kläger ist dort Mitglied im Angelverein. Ferner trugen die Kläger laufende Kosten und Instandhaltungsmaßnahmen am Bungalow.
Das Finanzamt gewährte den Werbungskostenabzug für die Kosten für wöchentliche Fahrten in das Heimatdorf und die Unterkunft am Beschäftigungsort nicht, da nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass der Lebensmittelpunkt inzwischen am Beschäftigungsort liege und die Kläger in ihrem Heimatdorf auch keinen eigenen Hausstand unterhielten.
Der 7. Senat gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Unabhängig von dem ab dem Streitjahr 2014 geltenden neuen Reisekostenrecht hätten die Kläger in ihrem Heimatdorf einen eigenen Hausstand unterhalten und seien dort nicht als Gäste der Mutter anzusehen. Dies ergebe sich aus dem Alter der Kläger und den von ihnen übernommenen laufenden Kosten und den durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen. Die Kläger hätten auch ihren Lebensmittelpunkt im Heimatdorf beibehalten, weil sich dort deren gesamtes Privatleben abspiele und sie sich sogar getrennt voneinander im Heimatdorf aufhielten. Auch der Vergleich der Wohnsituationen spreche nicht gegen die Annahme eines Lebensmittelpunkts, denn durch die Gartennutzungsmöglichkeit weise das Grundstück im Heimatdorf eine höhere Wohnqualität auf als die Dachgeschosswohnung am Beschäftigungsort.
(FG Münster, Pressemitteilung vom 15.10.2018 zu Urteil vom 26.09.2018 – 7 K 3215/16)

Im Inland belegene Windkraftanlage einer ausländischen Gesellschaft kann als inländische Betriebsstätte i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG angesehen werden

Der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hat entschieden, dass eine im Inland belegene Windkraftanlage einer ausländischen Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen als eine inländische Betriebsstätte i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG angesehen werden kann.

Die Klägerin war eine Kommanditgesellschaft dänischen Rechts, die im Inland eine Windkraftanlage betrieb. Der Sitz der Klägerin befand sich in Dänemark. Die kaufmännische Führung, die Buchführung und der Zahlungsverkehr der Klägerin wurden durch eine dänische Gesellschaft als Projektinitiatorin von Dänemark aus erledigt. Die Klägerin selbst verfügt weder über ein Büro noch über eigene Mitarbeiter. Die kaufmännischen Entscheidungen der Klägerin wurden durch den Direktor der Komplementärin getroffen, der Angestellter bei der dänischen Projektinitiatorin war und von deren Büroräumen aus handelte. Durch den Direktor der Komplementärin wurden zudem die von der Klägerin abgeschlossenen Verträge unterzeichnet. Die Wartung und Betriebsführung wurden von zwei GmbHs durchgeführt. Der Strom wurde aufgrund eines langfristigen Vertrags an nur eine dänische Abnehmerin geliefert.
Im Streitfall war es i. S. d. § 13b Abs. 7 Satz 5 UStG zweifelhaft, ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 13b Abs. 7 Satz 1 und 2 UStG erfüllte. Zwischen den Beteiligten war streitig, ob die im Inland belegene Windkraftanlage der Klägerin die Voraussetzungen an eine inländische Betriebsstätte und eine feste Niederlassung erfüllt und die Klägerin damit als im Inland ansässiger Unternehmer anzusehen ist. Nach Auffassung des Senats hatte die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 13b Abs. 7 Satz 5 UStG, da sie weder ein im Ausland ansässiger Unternehmer i. S. d. § 13b Abs. 7 Satz 1 UStG noch ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer i. S. d. § 13b Abs. 7 Satz 2 UStG war. Denn bei der von der Klägerin im Inland betriebenen Windkraftanlage handelte es sich um eine inländische Betriebsstätte, die im Streitjahr 2017 an den streitigen Stromlieferungen beteiligt war.
Der 4. Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen V R 20/18 anhängig.
(FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.10.2018 zu Urteil vom 17.05.2018 – 4 K 47/17; BFH-Az.: V R 20/18)

Kindergeld steigt 2019 um zehn Euro

Familien sollen in den nächsten Jahren steuerlich stark entlastet werden. Dies plant die Bundesregierung mit dem von ihr eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (19/4723). Damit sinkt die Steuerbelastung in den Jahren 2019 und 2020 um rund 9,8 Milliarden Euro (volle Jahreswirkung).

Zu den einzelnen Maßnahmen gehört eine Erhöhung des Kindergeldes um zehn Euro monatlich ab 1. Juli 2019. Allein dies führe zu Mehrausgaben von rund 3,3 Milliarden Euro, erwartet die Bundesregierung, die die Bedeutung der familienpolitischen Maßnahmen betont: „Familien halten unsere Gesellschaft zusammen. Familien zu stärken und zu entlasten, ist deshalb ein wichtiges Ziel.“ Die Erhöhung des Kindergeldes führt im Gegenzug allerdings zu einer Anrechnung bei den Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, sodass der Staat dort 2019 rund 130 Millionen Euro und ab 2020 rund 260 Millionen Euro spart.
(Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 08.10.2018)